45. 26. September 1983: Fraktionsvorstandssitzung

45. 26. September 1983: Fraktionsvorstandssitzung

DIE GRÜNEN – 10. WP Fraktionsvorstandssitzung: 26.9.1983 45. 26. September 1983: Fraktionsvorstandssitzung AGG, B.II.1, 5372. Überschrift: »DIE GRÜNEN IM BUNDESTAG, Protokoll der Sitzung der Frakti- onssprecher/innen v. 26.9.1983, Beginn: 14.30, Ende: 16.15«. Anwesend: Sprecherinnen und Sprecher der Fraktion: Beck-Oberdorf, Schily. Parlamentarische Geschäftsführung: Borgmann, Joschka Fischer, Potthast. Fraktionsgeschäftsführung: Vespe r. Sonstige: Pressestelle: Dick. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Hönigsberger, Kögel, Treulieb. 1. Geschäftsgang […] 1.3. Künftig sollen auf der Fraktionssprecher/innen-Sitzung in der Regel nur Vorgänge behandelt werden, zu denen rechtzeitig – mit Zustellung der Tagesordnung – schriftliche Anträge oder Stellungnahmen eingereicht werden; andernfalls kann ein Mitglied die Vertagung der Ange- legenheit verlangen. 1.4. Die für die Fraktionssitzung am 27.9.1983 geplante Strukturdebatte wird vorbereitet. U.a. soll vorgeschlagen werden, die Arbeitskreisstruktur der Fraktion zu festigen. Aus den Frakti- onssprecher/innen, den Geschäftsführern und den politisch verantwortlichen Sprecher/innen der Arbeitskreise soll nach Möglichkeit ein regelmäßig tagendes Gremium (erweiterte Frak- tionssprecher/innen-Sitzung) gebildet werden, das die politischen Leitlinien der Fraktion berät und die entsprechenden Entscheidungen der Fraktion vorbereitet. – Des weiteren soll auf der morgigen Sitzung über eine verbindliche Vertretungsregelung der Fraktion gegenüber dem BHA gesprochen werden.1 – Übereinstimmend wird es für notwendig gehalten, so bald wie möglich eine verbindlichere Fraktionsstruktur (etwa in Form einer Satzung oder Geschäftsordnung) zu finden; Michael Vesper soll hierzu einen Entwurf vorlegen. 1.5. Die Reise in die DDR wird voraussichtlich am 31.10./1. 11. 1983 stattfinden. Als Teilneh- mer/innen sind vorgesehen: Gert Bastian (?), Petra Kelly, Otto Schily, Dirk Schneider und Antje Vollmer. Das Treffen mit Honecker ist für den 1.11.1983 geplant.2 2. Mitteilungen und Berichte […] 2.2. Die Übersicht des Arbeitskreises I über die Arbeitsschwerpunkte von Abgeordneten, Nach- rücker/innen und wiss. Mitarbeitern/innen wird gelobt. Es wird angeregt, daß auch die ande- ren Arbeitskreise eine solche Übersicht erstellen, die insbesondere auch die Zuordnung der Nachrücker/innen zu den einzelnen Ausschüssen beinhaltet. Nur im Konfliktfall soll die Fraktion über die Zuordnung von Nachrückern/innen zu den Ausschüssen entscheiden. […] 1 Vgl. Anl. A und B. 2 Vgl. Anl. C. Copyright © 2017 KGParl 1 DIE GRÜNEN – 10. WP Fraktionsvorstandssitzung: 26.9.1983 4. Personalangelegenheiten 4.1. Marieluise Beck-Oberdorf, Gaby Potthast und Annemarie Borgmann berichten über das Frauentreffen vom 21.9.1983. Über die Konstituierung eines Arbeitskreises »Frauen« wird kontrovers diskutiert. Die Übernahme eines politischen Mandats durch Mitarbeiter/innen wird mehrheitlich entschieden abgelehnt. Falls ein Arbeitskreis »Frauen« gebildet werden sollte, so dürften darin nur die mit einem politischen Auftrag ausgestatteten Frauen der Fraktion – also Abgeordnete und Nachrückerinnen – entscheidend mitarbeiten. […] 4.3. Michael Vesper berichtet, auf dem (allerdings schlecht besuchten) Nachrücker/innen-Treffen vom 22.9.1983 sei Einvernehmen im Hinblick auf die Formulierung der Arbeitsverträge erzielt worden. Die Angelegenheit soll baldmöglichst der Fraktion zur Bestätigung vorgelegt werden.3 […] 8. Parlamentarische Angelegenheiten 8.1. Die Fraktionssprecher/innen bitten den AK Recht und Gesellschaft, eine kurze Stellung- nahme zum aktuellen Stand der Fraktionsaktivitäten zur Volksbefragung auszuarbeiten. Diese soll dem Bundesvorstand sowie den Landesverbänden zugeleitet werden. 8.2. Es besteht Einvernehmen, daß das Otto Schily gewährte Zutrittsrecht zu Sitzungen des Ver- teidigungsausschusses bis auf weiteres für ihn gelten soll. 8.3. Otto Schily teilt mit, daß er eine gemeinsame Sitzung des Verteidigungs-, Rechts- und Aus- wärtigen Ausschusses zur Nachrüstung beantragt hat. 8.4. Die Fraktionssprecher/innen nehmen zustimmend zur Kenntnis, daß beantragt werden soll, daß zur aktuellen Stunde zur Stahlkrise am 29. 9.1983 die beiden Redebeiträge der Fraktion von Nicht-Parlamentariern (Betriebsräten) gehalten werden dürfen.4 Anlage A 9. September 1983: Bilanz von 5 Monaten Geschäftsführendem Ausschuß (GA). AGG, B.II.1, 394. 1. Zur Einführung (v.a. für die vielen neuen BHA-Mitglieder) Seit dem Einzug einer GRÜNEN Bundestagsfraktion in das Bonner Parlament hat sich die Rolle des BHA im Parteigefüge der GRÜNEN in zweifacher Hinsicht verändert: 3 Vg. Dok. 44. 4 In der Sitzung vom 29. September 1983 beantragte Dieter Burgmann (GRÜNE), die den GRÜNEN zustehenden zwei Redebeiträge an anwesende Betriebsräte abtreten zu dürfen, und begründete den Vorstoß: »Ich weiß, das ist ein Bruch mit einem Tabu. Deshalb auch die Aufregung in diesem Hause. Aber es war ja auch möglich, daß beispielsweise der Präsident der USA hier sprach. Wir meinen, es muß auch möglich sein, daß deutsche Arbeiter in diesem Parlament einmal das Wort ergreifen. Das Grundgesetz schließt nicht ausdrücklich aus, daß Menschen ohne Mandat hier reden. Die Redezeit des Abgeordneten wird davon nicht berührt, da wir freiwillig zugunsten der Betroffenen auf unsere Redezeit verzichten.« Bundestagsvizepräsident Richard Stücklen wies den Antrag als unzu- lässig zurück. Vgl. BT Sten. Ber., Bd. 125, 25. Sitz. am 29. September 1983, S. 1649–1651, das Zitat S. 1649. Copyright © 2017 KGParl 2 DIE GRÜNEN – 10. WP Fraktionsvorstandssitzung: 26.9.1983 Zum einen ist der BHA nicht mehr d a s wichtigste Gremium der Strukturierung und Formulie- rung GRÜNER Bundespolitik, sondern er ist nur noch e i n Gremium, welches in dieser Funktion zudem aus vielfachen Gründen hinter die Bedeutung der Bundestagsfraktion zurückgetreten ist und noch zurücktreten wird. Zweitens ist der BHA, als (immer noch) oberstes Entscheidungsgremium der Partei zwischen den Bundesdelegiertenversammlungen, durch die Sindelfinger Beschlüsse mit der parteipolitischen Kontrolle der Fraktion beauftragt worden. Das Finden einer in zweifacher Hinsicht neuen politi- schen Rolle des BHA sollte durch die Bildung eines geschäftsführenden Ausschusses unterstützt werden. Der Diskussionsprozeß der Monate März/April im BHA – als Ausgangspunkt der Arbeit des GA – läßt sich wie folgt skizzieren: Eine Kontrolle der Fraktion im Sinne einer kleinlichen Einmischung in Personalentscheidungen oder zweitrangige interne Konflikte wurde abgelehnt. Die Kontrolle der Fraktion sollte auf für wesentlich erachtete Punkte beschränkt werden. Die übergroße Mehrheit des BHA war der Meinung, daß eine w i r k l i c h e p o l i t i s c h e Kontrolle der Fraktion nur dadurch gewährleistet werden könnte, daß inhaltliche Zielvorgaben und Impulse aus der Partei heraus (etwa durch the- menspezifische Bundesarbeitsgruppen) entwickelt und gefördert würden. Auch sollte ein Partei- gremium wie der BHA dazu in die Lage versetzt werden, nicht [zu] reagieren, sondern voraus- schauend zentrale politische Themen zu diskutieren, um dadurch den Meinungsbildungsprozeß der Gesamtpartei voranzutreiben. Nur wenn der BHA dieses neben seinen anderen Parteiauf- gaben leisten könnte, wäre er dazu in der Lage, aus dem Schatten der Bundestagsfraktion heraus- zutreten. Zu diesem Zweck sollte die Tagesordnung der BHA-Sitzung gestrafft und von solchen Anträgen und TOPs befreit werden, die auch ohne weiteres von anderen Parteiinstanzen entschie- den werden können. Zudem sollte ein 6wöchiger Tagungsrhythmus die Arbeitsfähigkeit des BHA verbessern. Aus der Kritik über die zuvor geübte Praxis heraus wurde beschlossen, daß der GA die Tagesordnung vordiskutieren und politisch gewichten sollte. Darüber hinaus sollte er durch eine relativ häufige Teilnahme an Fraktionssitzungen den Informationsfluß zwischen Fraktion und BHA verbessern helfen und auf die Umsetzung einiger essentieller Beschlüsse der letzten Bundes- delegiertenversammlung achten. 2. Der GA und die Bundestagsfraktion In den Monaten April/Mai/Juni haben einzelne oder mehrere Mitglieder des GA an fast allen Fraktionssitzungen teilgenommen. Gem. den BHA-Beschlüssen vom 26. März hat sich der GA für eine ausreichende Unterstützung der (in Sindelfingen beschlossenen) themenspezifischen BAGs und für ein erhebliches finanzielles Engagement der Fraktion beim Aufbau regionaler Bür- ger- und Basisbüros eingesetzt. Die Fraktion hat sich dazu bereit erklärt, 300000 DM im Jahre 1983 und 600 000 DM in den kommenden Jahren für BAGs zur Verfügung zu stellen. 800 000 DM werden seitens der Fraktion für die Finanzierung von Bürger- und Basisbüros bereitstehen. Die Forderung des BHA, diesen Betrag ab 1984 auf 1 Mio. aufzustocken, wird auf der Fraktions- sitzung am 20.9. beraten werden. Wie bereits im GA-Bericht vom 9.6.83 beschrieben, sind wir in der Verfolgung dieser BHA-Beschlüsse von einer ganzen Reihe von Fraktionsmitgliedern aktiv unterstützt worden. Man muß allerdings auch konstatieren, daß eine vom politischen Gewicht her nicht unerhebliche Strömung innerhalb der Fraktion BHA-Beschlüsse am liebsten ignorieren möchte und anscheinend eine völlige Autonomie der Fraktion gegenüber der Partei anstrebt. Die- ser Strömung ist eine strukturelle Verbesserung des politischen Meinungsbildungsprozesses innerhalb der Partei DIE GRÜNEN nahezu egal. Sie empfand auch die Anwesenheit von BHA- Vertretern auf Fraktionssitzungen als lästig oder gar lächerlich. Gerade wegen der Existenz einer Copyright © 2017 KGParl 3 DIE GRÜNEN – 10. WP Fraktionsvorstandssitzung: 26.9.1983 solchen Strömung

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