DER ZERRISSENE Von Johann Nepomuk Nestroy

DER ZERRISSENE Von Johann Nepomuk Nestroy

MATERIALMAPPE DER ZERRISSENE von Johann Nepomuk Nestroy Ansprechperson für weitere Informationen Mag.ᵃ Julia Perschon | Theatervermittlung T +43 2742 90 80 60 694 | M +43 664 604 99 694 [email protected] | www.landestheater.net INHALTSVERZEICHNIS VORWORT ………………………………………………………………………… 3 1. ZUR PRODUKTION ……………………………………………………….... 4 2. INHALT ………………………………………………………………………… 5 3. HERRN VON LIPS´ ZERRISSENHEIT …………………………………. 7 4. JOHANN NEPOMUK NESTROY: BIOGRAFIE ………………………….. 8 5. NESTROY ZU RADIKAL FÜR ÖSTERREICH? ………………………….. 10 6. POSSE …………………………………………………………………………. 13 7. COUPLETS ………………………………………………………………….. 13 8. SPRACHE BEI NESTROY …………………………………………………… 13 9. GLOSSAR …………………………………………………………………… 14 10. TEXTAUSZUG …………………………………………………………………… 15 11. TEAM ……………………………………………………………………………. 17 12. VOR- UND NACHBEREITUNG …………………………………………….. 23 2 VORWORT Liebe Pädagoginnen und Pädagogen, liebe Besucherinnen und Besucher, ist unser Glück tatsächlich vom Geld abhängig? Was ist dann zu viel, wie viel zu wenig? Bedeutet Wohlstand Freiheit oder Gefangenschaft? Und was, wenn sich das Verhältnis von Arm und Reich mit einem Schlag umkehrte? Diese und andere Fragen beleuchtet Johann Nepomuk Nestroy in seiner wortgewandten Posse DER ZERRISSENE auf lustvolle Weise und mit dem für ihn bezeichnenden, subversiven Witz. Wir lernen in dieser Posse Herrn von Lips kennen, dem mangelt´s – so könnte man meinen, an nichts – und doch leidet der in grenzenlosem Reichtum und Luxus schwimmende Junggeselle an entsetzlicher Langeweile. Was wäre da geeigneter als der kühne Entschluss, die nächstbeste Frau vom Fleck weg zu heiraten? Die mehrfach preisgekrönte österreichische Filmregisseurin Sabine Derflinger (u. a. „Vorstadtweiber“ und „Tatort“) wird Nestroys temporeiche Verwechslungskomödie auf die große Bühne des Landestheaters bringen. Als Vorlage dient der Originaltext von Nestroy mit seiner spezifischen Sprache. In der vorliegenden Materialmappe finden eine ausführliche Inhaltsangabe des Stückes, Hintergrundinformationen zu Johann Nepomuk Nestroy, einen Textauszug, Übungen zu Vor- und Nachbereitung u.v.m. Ich stehe Ihnen jederzeit gerne für Fragen, Anregungen und Feedback zur Verfügung. Wünschen Sie sich abseits der Materialmappe eine persönliche Vor- oder Nachbereitung, komme ich gerne zu Ihnen an die Schule. In Verbindung mit der Buchung einer Vorstellung ist dieses Angebot kostenlos. Ich wünsche Ihnen und Ihren Schülerinnen und Schülern humorvolle Stunden im Landestheater Niederösterreich! Mit herzlichen Grüßen, Julia Perschon Theatervermittlung Landestheater Niederösterreich 3 1. ZUR PRODUKTION Der Zerrissene von Johann Nepomuk Nestroy Premiere: Sa 17.03.2018 Vorstellungen für Schulklassen Di 17.04.2018, Do 17.05.2018, Fr 18.05.2018 jeweils um 10.30 Uhr Besetzung Lips, ein Kapitalist Gerald Votava Stifler, Freund von Lips Tim Breyvogel Sporner, Freund von Lips Tobias Artner Wixer, Freund von Lips Stanislaus Dick Madame Schleyer Cathrine Dumont Gluthammer, ein Schlosser Michael Scherff Krautkopf, Pächter auf einer Besitzung des Herrn von Lips Haymon Maria Buttinger Kathi, Anverwandte von Krautkopf Josephine Bloéb Staubmann (Justiziar) Othmar Schratt Anton, Bediensteter bei Lips Helmut Wiesinger Musiker Helmut Stippich Inszenierung Sabine Derflinger Bühne Ina Peichl Kostüme Isabella Derflinger Video Petra Zöpnek Ausstattungsassistenz Tamara Raunjak Dramaturgie Kai Krösche Regieassistenz Victoria Halper Kartenbestellung niederösterreich kultur karten Rathausplatz 19 3100 St. Pölten T 02742 90 80 80 600 [email protected] 4 2. INHALT DER ZERRISSENE von Johann Nepomuk Nestroy ist eine Posse mit Gesang in drei Akten. Die Erstaufführung fand am 09. April 1844 im Theater an der Wien als „Benefiz-Vorstellung“ für Nestroy statt. Johann Nepomuk Nestroy war neben Shakespeare und Moliere nicht nur Autor, sondern auch Schauspieler und schrieb kaum eines seiner 83 Theaterstücke ohne Vorlage. Der Stoff für das Stück DER ZERRISSENE stammt von dem französischen Text L'homme blasé (Der gelangweilte Mann) von Félix-Auguste Duvert und Augustin-Théodore de Lauzanne. Ihm verdanktNestroy die Hauptzüge der Handlung. Aber was er aus dem französischenHandlungsgerüst macht, ist von feinster sprachlicher Finesse und großem Witz. Die Regisseurin Sabine Derflinger arbeitet mit dem Originaltext von Nestroy. Hier finden Sie eine detaillierte Inhaltsangabe: Im Gartenpavillon des Herrn von Lips findet ein Fest mit großer Gesellschaft statt. Gluthammer ist auf dem Balkon mit der Anbringung eines Geländers beschäftigt, soll jedoch wegen des Lärms damit aufhören. Kathi, das Patenkind von Lips und eine Verwandte seines Freundes Krautkopf, kommt, um eine Schuld der verstorbenen Mutter zu bezahlen. Gluthammer berichtet von seinem Unglück: Am Tag vor seiner Hochzeit hat er seine Braut, Mathilde, verloren, seither fehlt ihm jede Spur von ihr und er glaubt an eine Entführung. „[…] ich war Strohwittiber, bin Strohwittiber geblieben, und das Stroh bring ich auf der Welt nicht mehr aus'n Kopf.“ (I. Act, 3. Scene)[3] Lips bezeichnet sich selbst in einem Monolog als „Zerrissenen“: Trotz oder gerade wegen seines Reichtums hat er keine Freude am Leben; er ist gelangweilt, mit Geld allen Schwierigkeiten – und Abenteuern – aus dem Weg gehen zu können. Aber ohne Geld will er auch nicht leben: „Armut ist ohne Zweifel das Schrecklichste, mir dürft' einer 10 Millionen hinlegen und sagen, ich soll arm sein dafür, ich nehmet's nicht.“ (I. Act, 5. Scene)[4] Im Gespräch mit seinen drei „Freunden“, Stifler, Sporner und Wixer, beschließt Lips, etwas ganz Verrücktes zu tun: Er will die erstbeste Frau, der er begegnet, heiraten. Dies ist die verwitwete Frau von Schleyer, die frühere Mathilde Flunck, der er einen Antrag macht. Gluthammer glaubt seine „entführte“ Braut Mathilde in der Gewalt des Herrn von Lips. Er rangelt wutentbrannt mit Lips und stürzt gemeinsam mit ihm vom Balkon hinab ins Wasser. Beide werden für tot gehalten. Lips, der überlebt hat, flüchtet sich zum Hof des Pächters Krautkopf, wo ihn Kathi freudig erkennt. Er will zur Tarnung als Knecht in dessen Dienst treten, was Krautkopf nur ungern tut. Aber auch Gluthammer ist nicht ertrunken, hält sich seinerseits für den Mörder von Lips und flüchtet sich ebenfalls zu seinem Freund Krautkopf. Dieser versteckt ihn vor der vermeintlichen Verfolgung auf seinem Pachthof. Gluthammer: „Man hat einen Preis auf meinen Kopf gesetzt.“ Krautkopf: „Ah, 's G'richt wirft 's Geld nicht so hinaus.“ (II. Act, 5. Scene) Kathi versorgt Lips liebevoll, Krautkopf Gluthammer eher unwillig. Stifler, Sporner und Wixer, die im Testament des Herrn von Lips als Erben eingesetzt sind, besichtigen ihre neuen 5 Besitztümer. Alle äußern sich verächtlich über den vermeintlich verstorbenen „Freund“; dies hört auch der verkleidete Lips. Während alle den Hof besichtigen, versieht Lips sein herumliegendes Testament mit einer auf den Tag vor seinem Verschwinden datierten Änderung und setzt Kathi als Alleinerbin ein. Sogleich beginnt das Buhlen aller Anwesenden um die Hand der plötzlich guten Partie. Kathi will unter vier Augen Lips gerade ihre Zuneigung gestehen, als die drei Enterbten herbeitreten. Lips gibt sich als lebendig zu erkennen, wird nun aber als Mörder Gluthammers angesehen und eingesperrt. Auf der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit trifft er unter einer Luke im Boden auf das Kellerversteck des Schlossers. Die beiden, die einander ja tot wähnen, begegnen voller Schrecken dem vermeintlichen Geist. Erst Krautkopf bringt Klarheit in die Situation, also gibt es weder Mörder noch Ermordete. Die drei „Freunde“ beginnen gleich wieder, sich bei von Lips einzuschmeicheln, werden aber davongejagt. Lips versöhnt sich mit Gluthammer, gibt ihm ein Kapital und auch den Segen zur Verbindung mit Mathilde, was dieser dankend ausschlägt. Mit einer Umarmung zwischen Kathi und Lips und dem Eingeständnis beiderseitiger Liebe schließt das Stück. „Und in mir is eine Kathilieb' erwacht. Jetzt seh ich erst, dass ich nicht bloß in der Einbildung, dass ich wirklich ein Zerrissener war, die ganze ehliche Hälfte hat mir g'fehlt; […]“ (III. Act, 11. Scene) Szene aus DER ZERRISSENE. Unbekannter Grafiker der Epoche. In: Illustrirte Zeitung, Bd. 03 (1844), S. 61. 6 3. HERRN VON LIPS´ ZERRISSENHEIT Auszug aus einem Gespräch mit Hans Weigel am 17. November 1990 Julius Hans Weigel war ein österreichischer Schriftsteller und Theaterkritiker. Er lebte in Wien und in Maria Enzersdorf – ausgenommen von 1938 bis 1945, als er in der Emigration in der Schweiz lebte. Gibt es für den Begriff „Zerrissenheit“ eine geeignete Definition? Weigel: „Der Zerrissene“ ist eine Posse, die Nestroy einem französischem Stück entlehnt hat, das L`homme blasé – „der blasierte Mann“ heißt. „Zerrissenheit“ ist eigentlich in unserem Wortschatz kaum vorhanden. Wir meinen einen nervösen, einen belasteten, einen pathologischen Menschen, aber wir haben kaum je die Gewohnheit zu behaupten: „Das ist ein Zerrissener“. Selbst bei der Popularität dieses Stückes von Nestroy ist das Wort in unseren Wortschatz nicht übergegangen. Ich erinnere mich mit Freude an das Zitat „Zerrissen wie das Nacht'gwand von einem Bettelmann“. Das ist eine herrliche, plastische, poetische Umschreibung der äußeren Zerrissenheit. Was ist die innere Zerrissenheit? Weigel: Die innere Zerrissenheit ist das Übermaß der Nervosität, die psychische Belastung, es ist ein bißchen Hysterie und ein bißchen Pessimismus; vielleicht ist Melancholie eine der deckensten Umschreibungen. Inwieweit spielt der Begriff „Weltschmerz“ bei der Zerrissenheit eine Rolle? Weigel: Ja,

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