Chronologie Der Nibelungenrezeption

Chronologie Der Nibelungenrezeption

1 Die Rezeption des Nibelungenstoffes in Literatur, Kunst, Musik und Wissenschaft EINE SYNOPSE Zusammengestellt von Gunter E. Grimm (Universität Duisburg-Essen) Stand: Januar 2017 Die erste Spalte enthält eine farblich verschieden grundierte Übersicht über die historischen Epochen bzw. Phasen Europas von der Antike bis zur Gegenwart unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Geschichte, die eine historisch-politische Einordnung der betreffenden Werke ermögli- chen soll. Einige auf die Nibelungen-Rezeption bezogene Geschichtsdaten sind explizit aufgeführt. Die zweite Spalte nennt das Erscheinungsjahr der betreffenden Werke, in Ausnahmefällen die Entstehungsdaten. Die dritte Spalte enthält Titel aus der literarischen Rezeption des Nibelungen-Sagenkreises, in erster Linie belletristische Werke (Versepen, Roma- ne, Erzählungen, Dramen, Festspiele, Balladen, Gedichte, Parodien), aber auch Nacherzählungen und Kinderbücher. Die vierte Spalte enthält Werke der Bildenden Kunst, der Musik und der Filmkunst, die sich auf den Nibelungenstoff in der deutschen und der nordischen Version beziehen, die Eigenrezeption von Wagners „Ring des Nibelungen“ jedoch nicht einbeziehen. Da sich die Arbeit an Bildwerken oft über Jahre erstreckt, können in einigen Fällen nur Näherungsdaten angegeben werden, meist wurde das Jahr der Fertigstellung für die zeitliche Platzierung gewählt. Die fünfte Spalte enthält eine Auswahl der Editionen und Übersetzungen des Nibelungenlieds, sowie wichtige wissenschaftliche Monographien. Die mit Stern (*) versehenen Titel sind im Rahmen des Internetportals www.nibelungenrezeption.de bereits ins Netz gestellt. Die deutschsprachigen Titel sind recte, die fremdsprachigen Texte kursiv gesetzt. In blauer Schrift sind die in Auswahl genannten wichtigen wissenschaftlichen Schriften wiedergegeben, ebenso die Textausgaben und Übersetzungen. Kompositionen sind in grüner Farbe gekennzeichnet. Illustrationen zu Werkausgaben oder Nacherzählungen sind nur in Auswahl aufgenommen. Die Betreiber dieser Internetseite sind immer dankbar für Nennung weiterer einschlägiger Werk-Titel und – da nicht in jedem Fall die Autopsie der Werke möglich war – für Verbesserun- gen der bibliographischen Angaben. Email-Adresse: [email protected] 2 1 2 3 4 5 Geschichte Jahr Historische Quellen, Bildende Kunst, Editionen, Über- Dichtungen, Comics, Musik, setzungen, Mono- Nacherzählungen Film, Hörspiel graphien, Sach- bücher Bis 450 Altertum Tod des Cheruskerkönigs Armi- 19. o. 21 Quelle: v.a. Tacitus: „Annales” (Jahrbücher), 2. nius (Hermann der Cherusker) n. Chr. Buch „Arminius liberator haud dubie Germaniae et qui non primordia populi romani, sicut alii reges ducesque, sed florentissimum imperium lacessieret: proeliis am- biguus, bello non victus.” (Tacitus, Annales: II, 88: Armin, ohne Zweifel Deutschlands (Germaniens) Befreier, der das römische Volk nicht in seinen An- fängen bedrängt hat wie andere Könige und Heerfüh- rer, sondern in der höchsten Blüte seiner Herrschaft: In Schlachten mit schwankendem Erfolge, im Kriege nicht besiegt.) Um 200 n. Chr. Die später „Kriemhildenstuhl“ ge- nannte Schlucht auf der Wald- gemarkung von Bad Dürkheim ist ein ehemaliger Steinbruch, der um 200 n. Chr. von der in Mainz stationierten 22. Legion der römischen Armee betrieben wurde 3 Um 450 – um 1450 Mittelalter Zerstörung des rheinischen Bur- 436 n. Quelle: v.a. Gregor von Tours: „Decem libri gundenreichs (des Königs Chr. historiarum“ (Zehn Bücher Geschichten) Gundahar) durch hunnische Hilfstruppen des römischen Heermeisters Flavius Aëtius Tod des Hunnenkönigs Attila 453 n. Quelle: Jordanes: „De origine actibusque Geta- (reg. ab 434), altnord. Atli, mhd. Chr. rum“ oder„Getica“ (Über den Ursprung und die Etzel, angeblich in der Hoch- Taten der Goten) zeitsnacht mit der Gotin Ildicó („Hildchen“) Vor 516 „Lex Burgundionum“ (Erwähnung der Namen Gundahari, Gibica, Godomar, Gislahari Theoderich der Große, Ostgoten- 526 n. Quelle: Jordanes: „De origine actibusque Geta- könig (471-526), der „Dietrich Chr. rum“ von Bern“ der Sage Ermordung Sigiberts von 575 n. Quelle: Gregor von Tours: „Decem libri historia- Austrasien, verheiratet mit der Chr. rum“ (Zehn Bücher Geschichten); „Fredegar- Westgotin Brunichildis († 613), Chronik“. Möglicher Namenwechsel: Aus dem auf Betreiben der Königin Frede- Namen „Brunhild“ wird in der Dichtung „Grim- 4 gunde († 597) hild“ (eventuell aus Gründen des Stabreims mit den auf „g“ an- lautenden Namen der Burgun- derherrscher) Folterung und Tötung der Köni- 613 n. Quelle: „Fredegar-Chronik“ gin Brunichildis durch den frän- Chr. kischen König Chlothar II., Fredegundes Sohn 8.-10. Jh. „Beowulf“, altenglisches Epos (V. 875-902) 700-800: Kirchspiel Alskog auf Gotland/ (?) Schweden: „Odin auf Sleipnir“, Bildstein Karl der Große (742 - 814, re- gierte seit 768 zusammen mit seinem Bruder Karlmann, seit 771 als Alleinherrscher) 1. Hälfte Ardre (Insel Gotland): Bildstein mit Szenen des 9. Jh. „Alten Atliliedes“, Felsstein mit Ritzung „Gunnar in Atlis Schlangengrube“ Um 820 n. Holzschnitzerei „Gunnar in der Schlangengru- Chr. be“ (?) am Osebergwagen (Oslo) 5 10.-12. Jh. *„Edda“ [Lieder-Edda], Sammlung altisländi- Ramsundsberg, Södermansland/Schweden: scher Heldenlieder unterschiedlichen Alters, Sigurdszenen, Felsritzung, zwischen 1020 und aufgezeichnet um 1270 (1851 erste Übersetzung 1040 durch Karl Simrock). Es handelt sich um folgen- de Lieder: - Völundarkviða (Das Wölund-Lied) - Helgakviða Hjörvarðssonar (Das Lied von Helgi dem Sohn Hjörwards) - Helgakviða Hundingsbana fyrri (Das erste Lied von Helgi dem Hundingstöter) - Helgakviða Hundingsbana önnur (Das zweite Lied von Helgi dem Hundingstöter) - Sinfiötlalok (Sinfiötlis Ende) - Sigurdarkviða Fafnisbana fyrsta edha Gripiss- pá (Das erste Lied von Sigurd dem Fafnirstöter oder Gripirs Weissagung) - Sigurðarkviða Fafnisbana önnur (Das zweite Lied von Sigurd dem Fafnirstöter) - Fafnismál (Das Lied von Fafnir) - Sigrdrífumál (Das Lied von Sigrdrifa) - Brot af Brynhildarkviða (Bruchstück eines Brynhildenliedes) - Sigurdarkviða Fafnisbana thridja (Das dritte Lied von Sigurd dem Fafnirstöter) - Helreið Brynhildar (Brynhilds Helfahrt) - Guðrúnarkviða in fyrsta (Das erste Gudrun- Lied) - Drap Niflunga (Mord der Niflunge) - Guðrúnarkviða in önnur (Das zweite Gudrun- Lied) - Guðrúnarkviða in þriðja (Das dritte Gudrun- Lied) - Oddrúnargrátr (Oddruns Klage) - Atlakviða (Das alte Atli-Lied) - Altlamál (Das jüngere Atli-Lied) 6 - Guðrúnarhvöt (Gudruns Aufreizung) - Hamðismál (Das Lied von Hamdir) 10. Jh. „Waltharius manu fortis“, lateinisches Epos Andreas-Kirche auf der Isle of Man: Kreuz- schaft mit Darstellungen von Grani und Sigurd, Gunnar in der Schlangengrube 10. Jh. Kathedrale von York, Grabdeckel mit Darstel- lung von Gunnar in der Schlangengrube 10. Jh. (?) „Waldere“, Fragmente eines altenglischen Epos 11. Jh. Tandberg gard, Norwegen, Steinritzung (Favne mit eingebohrtem Schwert); Dräfle, Schweden, Bilderstein (Sigurd sticht sein Schwert in den Drachenleib); Ramsjo, Schweden, Bildstein (Sigurd sticht sein Schwert in den Drachenleib); Ramsunda, Schweden, Felsbild (Sigurd sticht sein Schwert in den Drachen, Sigurd mit Brat- spieß, Pferd Grane mit Andvares Schatz, Spre- chende Vögel); Gök , Schweden, Felsbild (Si- gurd stößt sein Schwert in den Drachen, Grane mit Andvares Schatz, Sprechender Vogel); Gran, Norwegen, Bildstein (Schmiedewerkzeug Regins) 12. Jh. Reliefs im Tympanon über der Tür des romani- schen Doms Santa María la Real in Sangües- a/Spanien: Tötung des Drachens, Schmiedung des Schwerts, Sigurd und Fafnirs Herz (?) 2. Hälfte Portalkapitel der zerstörten Kirche in Lunde, 12. Jh. Norwegen, Marmor (Sigurd tötet Favne) Um 1200 Saxo Grammaticus (um 1150-ca.1220): *„Gesta Portal der Stabkirche Hylestadt, Setesdal, Ost- Danorum“. Geschichte der Dänen. Geschichts- Adger/Norwegen, Holzschnitzerei (Regin in der werk; 1514 ediert von Christiern Pedersen, 1575 Schmiede, Sigurd bricht Regins Schwert, Si- ins Dänische übersetzt von Anders Sørensen gurd tötet Favne, Sigurd brät Favnes Herz, Vedel Sprechende Vögel, Pferd Grane mit Andvares 7 Schatz, Sigurd tötet Regin) Kaiser Friedrich Barbarossa (reg. 1152-1190) mit Bügelkrone, Reichs- apfel und Szepter zwischen seinen Söhnen Heinrich VI. (mit Königskro- ne) und Friedrich von Schwaben (mit Herzogshut). Miniatur aus der Histo- ria Welforum. Fulda, Hessische Landesbibliothek, Cod. D. 11, fol. 14r. Um 1200 Romanischer Kirchenstuhl von Blaker/ Norwe- gen: „Sigurds Drachenkampf“ 1191/1204 „Das Nibelungenlied“, mhd. Epos in 39 aventi- Portal der Stabkirche Austad, Setesdal, Ost- Nibelungenlied-Handschriften: Erhalten sind 34 Handschriften, darunter 9 Vollhss. und 23 uren, verfasst in Langzeilenstrophen (A: 2316, B: Adger/Norwegen, frühes 13. Jh. Fragmente. Vgl. http://www.handschriftencensus.de unter N. 2376, C: 2440 Strophen) Großbuchstaben verweisen auf frühe Pergamenthandschriften, Kleinbuchstaben auf späte Pergamente- bzw. Papierhandschrif- ten A: Nibelungenlied und Klage →München, Bayerische Staatsbib- liothek, Cgm 34 B: Nibelungenlied und Klage →St. Gallen, Stiftsbibliothek, Ms. 857; Fragmente →Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußi- scher Kulturbesitz, Ms. germ. fol. 1021; →Karlsruhe, Landes- bibliothek, Cod. K 2037 (diese Teile bilden zusammen eine Handschrift, wobei das Berliner Fragment lediglich fünf, das Karlsruher lediglich ein Blatt umfasst, der St. Galler Codex Ungarische Königsburg in Gran dagegen 318) C: Nibelungenlied und Klage →Karlsruhe, Badische Landesbib- (Esztergom) liothek (früher Donaueschingen, Fürstlich Fürstenbergische

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