Ringo Starr Das Herz der Beatles Einleitung Ringo Starr war der Beatle mit Herz. Er stieß 1962 zu den Beatles und hatte einen wesentlichen Anteil daran, dass diese Popgruppe so rasch populär wurde. Obwohl Paul McCartney und John Lennon musikalisch gesehen die treibenden Kräfte waren und vorne standen, bekam Ringo Starr schon früh die meiste Fanpost. Man empfand Ringo als niedlich, er regte das Kindchenschema an. Ihn mochten die jungen Mädchen ebenso wie die Großmütter. Er hatte etwas an sich, was man bei Stars nur selten findet: Eine gewisse Wärme und natürliche Ausstrahlung, einen starken Sinn für Humor, Familiensinn und letztendlich auch, wie die Jahre zeigen sollten, die Fähigkeit, ein guter Freund zu sein. Sein bekanntestes Lied bei den Beatles war da nicht zufällig With A Little Help From My Friends, ein augenzwinkernder Hinweis darauf, dass John und Paul und George sich um ihn zeitlebens kümmerten, Lieder für ihn schrieben und auch von Anfang an als Gleichberechtigten behandelten, obwohl er zweifelsohne weit weniger begabt war als jeder der anderen. Dass diese Diven Ringo so freundlich behandelten, lag aber auch an seinem Charakter. Er hatte die Fähigkeit, Einzelgänger zu Freunden zu machen. Weil er mit ihnen fühlte, weil er sie in sein Herz schloss. Nebenbei gesagt ist Ringo aber durchaus ein erfolgreicher Komponist und Arrangeur geworden, der auch Nummer-1-Hits geschrieben hat. Er verblasst 1 nur im Vergleich zu den anderen, deren musikalisches Werk bis zum heutigen Tag in der Geschichte des Pop einmalig geblieben ist. Irgendetwas von seinen Talenten wird auch in sein Schlagzeugspiel eingeflossen sein. Ein Drummer hält die Gruppe zusammen, und das tat Ringo von Anfang an. Das galt auch für die Gruppendynamik unter den Musikern. Die Beatles wären weit früher auseinandergebrochen, wenn Ringo sie nicht immer wieder zusammengeschweißt hätte. Er tat das auch nach dem offiziellen Ende der Gruppe, indem er als einziger Kontakt zu allen hielt und sie auch immer wieder für seine Platten einspannen konnte. So waren die Soloalben von Ringo über viele Jahre die einzigen, auf denen einer oder auch mehrere Beatles mitspielten und für die jeder von ihnen Lieder schrieb. Dass Ringo ein Mensch im besten Sinn war, konnte man auch an seiner Reaktion sehen, als er 1980 von John Lennons Tod erfuhr. Während Paul McCartney der Presse sagte: „Zieht einen ziemlich runter, was?“ und dann ins Plattenstudio ging, und George Harrison sich nach der frühmorgendlichen Nachricht, dass auf John ein Attentat verübt worden war, einfach im Bett umdrehte und weiterschlief, brach Ringo sofort seinen Urlaub ab und flog nach New York, um Yoko Ono und ihrem Sohn in dieser schweren Stunde beizustehen. Ringo hat immer viele Freunde im Showgeschäft gehabt und konnte viele von ihnen auch davon überzeugen, mit ihm in seiner All Starr Band durch die Welt zu tingeln. Selbst die Zusammenarbeit mit Paul McCartney, dem schwierigen musikalischen Genie, hält bis zum heutigen Tag an, und wer die beiden nebeneinander bei Fernsehinterviews sieht, wundert 2 sich, wie jugendlich und vital Ringo als Siebzigjähriger aussieht – und immer noch Platten macht. Dieses Buch erzählt Ringos Leben von den Anfängen bis zu seinem 70. Geburtstag im 2010. Es enthält zahlreiche Links zu YouTube, die belegen, wie viele Hits Ringo in den Jahren gesungen hat, darunter auch einige Eigenkompositionen für die Beatles, die erfolgreich waren. Auch der nur selten gewürdigte Beitrag Ringos zu einigen der größten Erfolge, die die Beatles hatten, wird mit Beispielen belegt. Durch seinen Wortwitz hat Ringo die anderen immer wieder in ihrer Arbeit inspiriert, aber auch häufig zum Lachen gebracht. Weniger bekannt ist, wie stark manche Lieder von dem Drummer im Hintergrund geprägt waren, der mit unsichtbaren Fäden die größte Band zusammenhielt, die die Welt je gekannt hat: Mit den Fäden der Liebe. Kindheit Ringo Starr wird am 7. Juli 1940 unter dem Namen Richard Parkin Starkey geboren in der Madryn Street Nr. 9 in Toxteth, einem Stadtteil von Liverpool. Sein Vater heißt Richard und seine Mutter Elsie. Ringo: „Ich habe mein erstes Photo mit fünf Monaten gemacht. Davon abgesehen habe ich es nicht nur gemacht, sondern auch aufgegessen. Was ziemlich egoistisch von mir war, weil es dadurch eine Riesenlücke im Album meiner Mutter gab, das sie von mir anlegte, und das sie noch unendlich lang geführt 3 hat. Mein Vater hat das dann in Ordnung gebracht mit einem Bild, auf dem ich versuchte, auf dem Pudel unseres Nachbarn zu reiten.“ Als Ringo drei Jahre alt ist, verlässt sein Vater die Familie. Seine Mutter heiratet bald darauf Harry Graves, der ein netter Stiefvater ist und Ringos Interesse für Musik weckt. Ringo ist ein kränkliches Kind. Mit sechs Jahren bekommt er eine Blinddarmentzündung, die nicht rechtzeitig erkannt wird. Erst als das Kind ins Koma fällt, erkennt man, dass der Wurmfortsatz durchgebrochen ist und eine lebensbedrohliche Bauchfellentzündung vorliegt. Mit dreizehn Jahren erkrankt Ringo ein zweites Mal schwer an einer Lungenentzündung, schwebt mehrere Wochen zwischen Leben und Tod und bleibt zwei Jahre lang in einem Sanatorium, bis er wieder geheilt ist. Ringo, viele Jahre später: „Als ich 14 Jahre alt war, lag ich im Krankenhaus, und um uns zu unterhalten, haben sie eine Stationsband gegründet und eine Lehrerin kam vorbei mit einer großen Tafel, auf der gelbe und rote Punkte waren. Wenn sie auf die roten, gelben oder grünen Punkte gedrückt hat, haben die Triangel oder Trommeln gespielt. Es war eine lustige kleine Band, und ich habe da nie mitgemacht, außer, sie hat mir eine Trommel gegeben. Für die Trommeln habe ich gekämpft. Das hat mein Interesse am Trommeln geweckt, und dazu habe ich auf den Schrank neben meinem Bett Takt geschlagen. Mir hat die Idee, Schlagzeug zu spielen, immer schon gefallen, und wenn ich Musik gehört habe, habe ich dazu auf Sachen geklopft. Als ich vom Krankenhaus nach Hause gekommen bin, habe ich mir aus Keksschachteln mit Draht ein Set gemacht und darauf mit Holzscheiten getrommelt.“ 4 Das Schlagzeugspiel ist für Ringo von Anfang an etwas, das mit Lebensfreude und dem Überleben zu tun hat. Er kann das gut. Er lacht, wenn er Schlagzeug spielt, und er ist bei seinem Spiel unglaublich präzise. Dieses Gespür und diese Verlässlichkeit wird ihn später in Liverpool als Drummer bekannt machen, und auch bei den Beatles wird Ringo vor allem als untrüglicher Taktgeber dienen, der keine Soli braucht, um sich gut zu fühlen. Das einzige „Solo“, das er spielen wird, wird auf der zweiten Seite des letzten Albums zu hören sein – in dem Medley auf Abbey Road. Ringo kann auch Solo, aber ihm kommt es vor allem darauf an, einen guten Song zu begleiten und durch Rhythmus zu verschönern. Hinter dem Schlagzeug zu sitzen ist für ihn Lebensfreude, und keine harte Arbeit. Ringo hat als Kind auch keine großartigen Lehrer, die ihn in die Kunst des Schlagzeugspiels einweisen könnten: „Mein erstes Schlagzeug habe ich mit 18 Jahren bekommen, zu Weihnachten. Es hat 30 Kröten gekostet und hatte eine riesige einseitige Basstrommel dabei, die die ganze Nachbarschaft verrückt gemacht hat. Mein Schlagzeug war bunt zusammengewürfelt und so an die 25 Jahre alt, aber ich war sehr stolz darauf. Wenn ich mich dahintergesetzt habe, konnte mich keiner sehen, weil die Trommel so groß war. Wenn man mir sagen würde, dass sie einen Durchmesser von zwei Meter gehabt hätte, würde ich es glauben. Ich hatte dann drei Unterrichtsstunden, als klar war, dass ich Feuer gefangen hatte. Ich musste zu diesem kleinen Mann gehen, der in einem Haus saß und Schlagzeug spielte und der sagte: Besorg' dir mein Manuskript. Ein Heft, das er veröffentlicht hatte. Er hatte alles hineingeschrieben, was er vom Schlagzeugspiel wusste, und da bin ich nicht mehr 5 hingegangen, das hat mir nicht gefallen. Es war alles so formell.“ Ringo ist als Kind viel zu Hause, da er weiterhin stark unter Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten leidet und nur sehr wenige Nahrungsmittel verträgt – darunter ironischerweise vor allem Bohnen. Er geht nicht gern in die Natur – das wird sein Leben lang so bleiben. Ringo ist ein Stubenhocker, und wenn er ausgeht, dann in geschlossene Räume, in Bars und Clubs. Und damit hat er vielleicht recht. Das einzige Mal, dass ihm sein Darm wieder Probleme macht, findet in einer Zeit statt, in der er viel draußen ist und Golf spielt. In seiner Kindheit wird für Ringo sein Zimmer zum Zentrum der Welt werden. Hier kümmert sich seine Mutter um ihn, ohne ihn dabei allerdings besonders zu verwöhnen. Ringo wird später im Leben zu mütterlichen Partnerinnen neigen und dabei kein Problem damit haben, wenn diese deutlich größer sind als er, und ihn bevormunden. So kann er noch aufholen, was ihm seine Mutter nicht geben konnte. Ringo: „Ich wollte ein Rad haben und tauschte es dann gegen einen Handwagen um, um meine Trommeln zu transportieren, und meine Mutter sagte immer: Ich habe eine Menge Geld für ein Rad gekauft und irgendein Junge hat diesen Handwagen im Hinterhof zusammengeschraubt und ihn dir für gutes Geld angedreht. Es war bei meiner Mutter und mir so: Wenn ich was wollte, dann habe ich so lange gefragt, bis ich es bekommen habe. Ich musste nie hungern oder frieren. Ich bin ein Einzelkind. Die Leute sagen, dass sie mich verzogen haben, aber das war nicht so. Meine Mutter hat gearbeitet und sie war die einzige, die Geld hatte, und deshalb habe ich nie um große Dinge gebeten, sondern nur um kleine.“ 6 Dadurch, dass Ringo als Kind (ganz im Gegensatz zu später!) wenig Freunde hat und auch in der Schule nicht geformt oder auf einen Beruf vorbereitet wird, fürchtet man in der Familie, dass sich „Ritchie“ zeitlebens an den Schürzenzipfel seiner Mutter klammern könnte. Der junge Mann aber ist sorglos. Er spürt schon, dass er irgendetwas mit Musik machen wird, weiß aber noch nicht, was. In dieser Zeit wird es in Liverpool Mode, Skiffle- Gruppen zu gründen, die ein Mittelding zwischen Country und Rock'n'Roll spielen, meist auf selbstgemachten Instrumenten.
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