60. AUSGABE > MAGAZIN 2/2021 Bouqu te MAI BIS AUGUST 2021 Erinnerungen In Zeiten Von Corona Freundschaft Natur Fernweh Barbier von Utopia ERIKA RAUSER Heiter und nachdenklich – bunt gemixt icher gibt es hier kaum jemanden, dessen programm für uns zu organisieren, was aus- Tagesablauf infolge der Einschränkungen gesprochen kompliziert sein dürfte. In erster Sdurch die Pandemie nicht beeinträchtigt Linie, weil die bürokratischen Hürden in diesen ist. Vieles ist nicht mehr wie in „Zeiten vor Zeiten extrem hoch sind. Zudem müssen die Corona“, als es für uns den Besuch des Restau- Darbietungen draußen im Freien stattfinden, so rants und des Rosencafés und vielfältige Ver- dass alles vom Wetter abhängig ist. Besonders anstaltungen gab. Und nun? Wenn ich auf dem im Winter fiel mancher schöne Plan buchstäblich Flur oder beim Spaziergang mal jemanden aus ins Wasser oder in den Schnee. Aber nichtsdesto- unserem Haus treffe und frage: „Wie geht es?“ trotz gab es ein buntes Programm mit Musik, lautet die Antwort meistens: „Langweilig!“ Ja, Gesang, Stelzenkunst, Alphornbläsern, Klein- das kann man mit Fug und Recht behaupten! kunst usw. Mit seiner Musikorgel vermittelte der Marktbezieher Robrahn sogar Freimarktsstim- Halt! Stopp! Wenn die Kontakteinschränkung mung. Alle Achtung, ein origineller Einfall! die schwerste Beeinträchtigung für uns ist, dann haben wir angesichts der andernorts auf Wer die Möglichkeit hat, kann sich auch in einer der Welt vielfach herrschenden katastrophalen ruhigen Stunde das von Frau Bauriedl gestalte- Zustände wahrlich keinen Grund zur Klage. te digitale Programm anschauen bzw. anhören. Ich bin dankbar, in der Residenz in der Besonders schön finde ich die vielfältigen Foto- Contrescarpe zu leben, in der es durch größte strecken. Da war die Dame so manche Stunde Vorsicht und Sorgfalt bislang keinen Corona- unterwegs! Ausbruch größeren Ausmaßes gegeben hat. Die Bewohner wurden schon im Januar geimpft, An dieser Stelle möchte ich ein großes, auf- und die Mahlzeiten bekommen wir in die richtiges Dankeschön sagen! All das ist mit Wohnung gebracht. vielfältiger Kreativität und intensiven Mühen verbunden. Und nun wünsche ich gute Unter- Damit nun aber garantiert niemandem die haltung bei der ebenfalls von Frau Bauriedl Decke auf den Kopf fällt, ist Frau Bauriedl gestalteten neuen BOUQUET-Ausgabe! intensiv damit beschäftigt, ein Unterhaltungs- 2 Editorial Liebe Leserinnen und liebe Leser, Das Corona-Virus hat unser Leben verändert. können wir gut nachvollziehen, was er meinte. Die Leichtigkeit des Seins erscheint verflüchtigt. Eine Gesellschaft in Quarantäne ist buchstäblich Unser alltägliches Leben nach der Corona-Krise eine „geschlossene Gesellschaft“, in der die wird anders sein. Die Leichtigkeit und die Unbe- Menschen mit wenigen Ausnahmen ihr Leben fangenheit müssen sich neu entwickeln. In der zum Stillstand bringen. Sind sie in ihren Wohn- Corona-Krise hat sich der Alltag schnell verän- stätten isoliert und von Angst, Langeweile und dert. Viel Liebgewonnenes ist weg - oder zumin- Paranoia geplagt, besteht eine der wenigen übrig dest sehr anders. gebliebenen Aktivitäten in der Diskussion über das Virus und darüber, wie es die Welt verändern Die Liebe in Zeiten von Corona hat sich verändert. könnte. Es fehlt Nähe. Es fehlt die Umarmung. Es fehlt das Gespräch unter Freunden. Abstand ist An- Wie Camus beobachtete, zerstört eine Seuche stand - und die physische Distanz ist die neue die „Einzigartigkeit des Lebens eines jeden Men- Nähe und wahre Fürsorge. schen“, da sie die Bewusstheit seiner Verletzlich- keit verstärkt - und der Machtlosigkeit, seine Zu- Die Sehnsucht nach Reisen. kunft planen zu können. Reisen ist die Sehnsucht nach dem Leben, so ein Ausspruch von Kurt Tucholsky. Und nie war Wir haben für Sie ein Magazin zusammengestellt, die Sehnsucht nach Sonne, Strand und einem dass Ihnen das Liebgewonnene, das Alltägliche Tapetenwechsel größer als mitten im Lockdown. und die Freude in die Zukunft zu blicken und zu Doch wann wir unsere Reiseträume wieder ver- träumen, für ein paar Augenblicke zurück bringt. wirklichen können, steht derzeit noch in den Sternen. Viel Freude mit BOUQUET! Das erste, was die Seuche in unsere Stadt brach- Herzlichst te, war das Exil. So bemerkt der Erzähler in „Die Pest“ von Albert Camus. In diesen Tagen Sven Beyer - GeschäftsführerlResidenzdirektor Angela Bauriedl - Redaktion BOUQUET 3 Inhalt 2 Heiter und nachdenklich – bunt gemixt 3 Editorial 6 BOUQUET hörbar Pottcast der Residenz 6 9 Gedicht Der Mai BOUQUET hörbar Pottcast der Residenz 10 Gehen bis zum Geistesblitz 12 Gedichte Löwenzahn 13 Gedicht Verblühter Löwenzahn 10 14 Ziegenbock und Goldfisch Gehen bis zum Geistesblitz 16 Eine langweilige Geschichte 18 Gedicht Amore 19 Tach auch ... Neu in bremen 28 20 Der Barbier von Utopia Sehnsuchtsorte 22 Warnung! Enkeltrick 4 24 Nachbarn der Residenz Agnes Sander-Plump 26 Rolandmarke 27 Tach auch ... Roland 28 Sehnsuchtsorte 27 32 Argentinia Mi Amor Tach auch ... Roland 37 Kulinarik – Argentinien 40 Lissabon – Die Perle Portugals 42 Kulinarik – Lissabon 40 44 Italienische Impressionen Lissabon – Die Perle Portugals 46 Auf dem Vulkan 48 Die letzten Reisetage 50 Kulinarik – Neapel 52 Kulinarik – Mailand 44 Gedicht 54 Italienische Impressionen Abendgebet 5 6 BOUQUET hörbar Pottcast der Residenz Die Residenz hat auch einen: Ihren eigenen Pottcast der Residenz. Die BOUQUET wird für Sie hörbar. Autorinnen und Autoren lesen Ihnen Textbeiträge der BOUQUET vor. Es lesen für Sie: H. H. Claus Christine Renken | Karoline Lentz Angela Bauriedl Bernd Meier Wie können Sie die hörbar gemachte BOUQUET hören? Im Büro „Kultur & Kommunikation“ können Sie sich ein iPad ausleihen. Auf diesem iPad sind die hörbaren Beiträge aufgespielt. Die Bedienung ist einfach und wird Ihnen bei der Ausleihe erklärt. Wann ist die Ausleihe möglich? Montag – Freitag | Von 10.00-12.00 Uhr Wie kann ich erkennen, welcher Textbeitrag hörbar ist? Jeder hörbare Text ist mit dem Logo „Pottcast der Residenz“ versehen. Was ist ein Podcast – per Definition? Podcasts, das sind Überall-Audios und -videos. „Podcast“ ist ein Kunstwort, zusammengemixt aus dem Namen von Apples mobilen Abspielgerät iPod und Broadcast, dem englischen Begriff für Rundfunk oder Sendung. Damit ist auch schon die Definition geliefert: Ein Podcast ist ein Audio oder Video, das man sofort abspielen oder herunterladen, mitnehmen und genau dann hören oder anschauen kann, wenn Zeit dafür ist. Feste Sendezeiten gibt es nicht. Podcasts können minutenkurz oder stundenlang sein, man kann sie auf dem Computer zuhause, auf dem Smartphone, über WLAN-Radios oder internetfähige Fernseher abspielen. Für die Verwendung in der Residenz bedeutet dies: Wir haben für Sie unser Magazin hörbar gemacht und Sie können es sich ganz individuell an je- dem Ort und zu jeder Zeit anhören. Gerne senden wir Ihnen unseren „Pottcast der Residenz“ über unser Format „Silver Surfer“ zu. Kontakt: Angela Bauriedl T 3301 oder E-Mail: [email protected] 7 HEDE & DR. HANS RUMP 8 ERIKA RAUSER Gedicht Der Mai Im Galarock des heiteren Verschwenders, ein Blumenzepter in der schmalen Hand, fährt nun der Mai, der Mozart des Kalenders, aus seiner Kutsche grüßend, über Land. Es überblüht sich, er braucht nur zu winken. Er winkt! Und rollt durch einen Farbenhain. Blaumeisen flattern ihm voraus und Finken. Und Pfauenaugen flügeln hinterdrein. Die Apfelbäume hinterm Zaun erröten. Die Birken machen einen grünen Knicks. Die Drosseln spielen, auf ganz kleinen Flöten, das Scherzo aus der Symphonie des Glücks. Die Kutsche rollt durch atmende Pastelle. Wir ziehn den Hut. Die Kutsche rollt vorbei. Die Zeit versinkt in einer Fliederwelle. O, gäb es doch ein Jahr aus lauter Mai! Er nickt uns zu und ruft: „Ich komm ja wieder!“ Aus Himmelblau wird langsam Abendgold. Er grüßt die Hügel, und er winkt dem Flieder. Er lächelt. Lächelt. Und die Kutsche rollt. (Aus „Die 13 Monate“ von Erich Kästner) Das Gedicht wurde eingereicht von Erika Rauser. Sie lebt seit 2011 in der Residenz in der Contrescarpe. 9 DR. ELISABETH BARGFREDE Gehen bis zum Geistesblitz er seine Gedanken auf Wanderschaft ist einfach: Man läuft los, oft mit Freunden, be- schicken möchte, ist gut beraten, wenn gegnet noch anderen Menschen, entdeckt die Wer seine Beine bewegt. Natur und neue Orte. Oder man überlegt sich irgendeine Aufgabe, die es zu lösen gilt, sucht Gehen fördert die Kreativität. Das wussten schon nach schönen Steinen oder lauscht den Geräu- antike Philosophen wie Aristoteles (384-322 v. Chr.) schen. Die aktivierten Muskeln regen das Gehirn Seine Schüler werden nach der Wandelhalle, in an. Das Blut zirkuliert schneller, mehr Sauerstoff der sie nachdachten und diskutierten, als Peri- stur Verfügung. Nicht umsonst hat schon der patetiker bezeichnet. Schauspieler wissen, dass Philosoph Jean-Jacques Rousseau geschrieben, das Gehen hilft, Texte zu lernen. Warum das so er könne nur „im Gehen“ denken. ist, das ist eine Frage, die heute u.a. Hirnforscher beschäftigt. In seinem Buch über die Lebenskunst zitiert der Philosoph Wilhelm Schmid den französischen Experten weisen immer darauf hin, wie wichtig Philosophen und Politiker Michel de Montaigne es ist, den Geist bis ins hohe Alter fit zu halten, (1533-1592) mit der Bemerkung, der Geist rüh- „Fordern Sie Ihr Gehirn“, rät z.B. die Alzheimer re sich nicht, wenn die Beine sich nicht bewegen. Forschung Initiative. „Betrachten Sie es wie ei- Das diese Aussage richtig ist, bestätigt heute die nen Muskel, der trainiert werden muss, um dau- Hirnforschung. Abstraktes Denken und körper- erhaft leistungsfähig
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