HERBST 2020 WWW.ZENITH.ME DOSSIER 10 JAHRE ARABISCHER FRÜHLING DAS ARABISCHE JAHRZEHNT ÜBER EINE ZEITENWENDE ش�ك ً (Danke) را Das Dossier zu 10 Jahren Arabischer Frühling (S. 40–121) wurde gefördert durch 2 3 Das arabische Jahrzehnt Was 2011 begann, ist noch längst nicht vorbei ILLUSTRATION: TAREK AYA 4 DOSSIER · 10 JAHRE ARABISCHER FRÜHLING 5 INHALT DOSSIER 10 JAHRE ARABISCHER FRÜHLING Erinnern 44 Unser Frühling, euer Scheitern Wir wollten ein Teil des Arabischen Frühlings sein 6 Ruhm, Exil und Depression Portrait von Wael Ghonim 46 Die Geister unter der Stadt In Mosul liegen noch immer Leichen in den Trümmern 7 Aus dem Hintergrund Portrait von Sima Abbedrabboh 52 Zeitsprung – Andauernde Proteste Z 8 Auf mich könnt ihr nicht bauen 53 Mittendrin Drei Jahrzehnte als Journalist in Syrien Portrait von Abdul Baset Al-Sarout Zeitsprung – Revolution und Bürgerkrieg 12 54 Ein Umsturz kommt selten allein ehn Jahre sind vergangen, seit Proteste und Aufstände die sturm der Massen trotzen und – wie während der aktuellen Die ägyptischen Revolutionen in den Schulbüchern 13 »Ben Alis Flucht war feige« Arabische Welt veränderten. Über die epochale Bedeutung Corona-Pandemie – immer wieder Vorwände suchen, um Interview mit Amel Karboul, Ministerin a.D. Weitermachen des Arabischen Frühlings lässt sich streiten, ebenso über Demonstrationen und freie Meinungsäußerung zu unter- dessen Bilanz. Vordergründing sieht sie so aus: Nur in einem drücken. Auch dies ist eine Folge: In Syrien ließ das Regime 16 Wir werden es wieder schaffen! 58 Wir sind Schmuggler Mit Reggae-Konzerten gegen das Regime Lina Attalah, über das, was sie antreibt einzigen Land hat sich seit 2011 eine fragile Demokratie ent- die Proteste brutal niederschlagen. Es folgte ein bewaff- wickelt. Deutlich mehr Länder der Region erlebten Krieg- neter Aufstand mit Unterstützung regionaler Mächte und 18 »Wir müssen wieder ganz von vorne beginnen« 61 Mutter Tahrir schaos oder die Restauration repressiver, autoritärer Re- schließlich ein weltpolitischer Konflikt, der mittlerweile Portrait von Faisal Swehli Portrait von Laila Soueif gime. Aber vielleicht ist das Entscheidende am Arabischen seit einem Jahrzehnt andauert. 19 Zeitsprung – Bürgerkrieg und Repression 62 Der Tod macht große Literatur Frühling eher, dass er Alternativen aufzeigte. Möglichkei- Viele der Hoffnungsträger von einst, aber auch viele Be- Schriftsteller verarbeiten die Krise ten, Politik, Staat und Gesellschaft anders zu gestalten. richterstatter sind seitdem verschwunden oder weiterge- Sprechen Sie Revolution? 20 So jedenfalls blickt die ägyptische Journalistin Lina At- zogen. Einer, der den Krieg und das internationale Ringen Das zenith-Glossar zur arabischen Straße 64 Plan B Wie das Beirut von morgen aussehen müsste talah im vorliegenden Dossier auf Ägypten, wo die Hoff- um Syrien von Anfang an beobachtet hat, ist der Journalist Aufarbeiten nungen auf Demokratie der Ernüchterung über eine auto- Ibrahim Hamidi, diplomatischer Korrespondent von As- 69 »Ich fühlte mich wie in einem Computerspiel« ritäre Regression gewichen sind: als eine Möglichkeit von harq al-Awsat und Syrer aus der Provinz Idlib. In diesem ze- 24 Zeugen der Anklage Aya Tarek zu ihren Illustrationen In Koblenz stehen die Schlächter vor Gericht vielen. Nur deshalb sieht sie noch einen Sinn in ihrer Ar- nith-Dossier erzählt der sonst um Objektivität und Distanz 70 Keine Partei, kein Problem beit – wissend, dass auch bessere Szenarien möglich sind bemühte Hamidi seine persönliche Geschichte. (Seite 8) 28 Öffnet den Markt! Der Präsident möchte ein Parlament ohne Parteien (Seite 58). Der Arabische Frühling – Beginn einer Zeitenwende? Diese Wenn der Schwarzmarkt boomt Vor zehn Jahren entfaltete sich dieser Möglichkeitsraum. Frage steck t i m Ker n d ieses Hef t s. Wi r geben da r i n den Men- 71 Zeitsprung – Übergang und Überleben 30 »Alles beginnt mit dem Tod junger Menschen« Dass die arabischen Staaten mal anders beherrscht wer- schen Raum, die 2011 oder 2019 dabei waren. Sie erinnern Interview mit der Künstlerin Lara Baladi 72 Frühling im Oktober den könnten als durch Autokraten wie Ben Ali in Tunesien, sich, reflektieren, wie die Ereignisse von damals aufgearbei- Die Menschen im Irak wollen sich endlich sicher fühlen Mubarak in Ägypten, Saleh im Jemen oder Gaddafi in Liby- tet werden können, und fragen, wie es weitergehen kann. 33 Zeitsprung – Restauration und Staatszerfall 74 Bilder, Bots und Bouteflika en, war bis zu diesem Zeitpunkt zwar theoretisch möglich, Nicht zuletzt prägten die Kernforderungen der Revolutio- 34 Neue Bässe braucht das Land Wenn junger Medienaktivisten das Regime entlarven gleichwohl jedoch kaum vorstellbar. nen – Freiheit und soziale Gerechtigkeit – im letzten Jahr- Die kreative Explosion der Musik in Libyen Das ist heute anders. Seit 2019 gibt es neue Massenproteste zehnt auch die Arbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung im Na- 76 »Wir brauchen Frauenquoten« hen und Mittleren Osten und Nordafrika. Das Dossier zum 38 Das grüne Tuch Interview mit der Sudan-Expertin Kholood Khair in der Region, diesmal allerdings in Ländern, an denen die Portrait von Ibrahim Shebani »erste Welle« des Arabischen Frühlings vorbeirollte. So un- zehnjährigen Jubiläum der Umbrüche entstand in Koopera- 79 Agenda 2021 terschiedlich die Umstände in Algerien, im Sudan, im Irak tion mit und mit Unterstützung der FES und ihrer zahlrei- 39 Das Paradies ist immer anderswo Die junge Generation will jetzt mitgestalten und im Libanon auch sein mögen: Der Traum von einem chen regionalen Büros. Eine Reise von Dortmund in den Dschihad 80 Zähne zeigen, Europa möglichen Wandel wäre ohne 2011 wohl kaum so stark. Die inhaltliche und redaktionelle Gesamtverantwortung Die Reformer brauchen unsere Hilfe mehr als je zuvor Anders ist heute auch der Blick auf Despoten, die dem An - liegt wie immer bei zenith. 6 DOSSIER · ERINNERN DOSSIER · ERINNERN 7 GENERATION 2011 GENERATION 2011 Ruhm, Exil und Depression Aus dem Hintergrund Wael Ghonim war so etwas wie der Netzwerker des ägyptischen Aufstands 2011. Die Syrerin Sima Abbedrabboh scheint gleichzeitig für und gegen Was aus dem Aktivisten nun wurde, gibt seinen Mitstreitern Rätsel auf die Aufstände gearbeitet zu haben. Wie kann das gehen? VON MAGDOLIN HARMINIA VON ANNIKA SCHARNAGL s liegt nicht mehr als ein Jahr zwi- brüdern verbunden war, und Feldmarschall Abdel Fatah ie Syrerin Sima Abedrabboh schafft zu verwirklichen. Sie will der jungen Generation eine Zukunft schen diesen Bildern: 2018 präsen- Al -Sisi ließ sich 2014 zum Präsidenten wählen. Für viele es, auf zwei Stühlen gleichzeitig zu ermöglichen, in der Stimmen bei Wahlen Wirkung erzielen, tierte sich Wael Ghonim beim Oslo Ägypter bedeutete die Wahl die endgültige Rückehr des al- sitzen und sich von einem Interes- und mehr Frauen ermutigen, für ihre Rechte einzustehen. Freedom Forum als nachdenklicher ten Regimes und das Ende der revolutionären Träme. Gho- senskonflikt nicht zerreißen zu las- Aber mit Aktivismus allein kommt sie nicht über die Runden. Aktivist des Arabischen Frühlings, nim ging aus Kairo ins Exil nach Kalifornien, kein leichter sen. Im Jahr 2010 arbeitet sie als Re- 2015 kehrt Abedrabboh auf ihren Posten in den Emiraten seit dem Jahr 2019 zeigt er sich auf Schritt, wie er bei seiner Rede in Oslo bekannte: »Scham gierungsberaterin in den Vereinigten zurück. Der Standort Dubai und die feste Arbeitsstelle brin - Twitter barbrüstig und dauerbrab- und Schuldgefühle überwältigten mich, ich habe meine Sa- Arabischen Emiraten (VAE), als sie gen für sie als Aktivistin schließlich auch Vorteile: Einerseits E belnd mit Aussagen, die sich nie- che und meine Freunde im Stich gelassen. Das hat mich in D ihr Engagement als Aktivistin des ist sie Anlaufstelle für Demonstranten aus den Ländern der mandem so leicht erschließen. Wie eine tiefe Depression geworfen – ein Zusammenbruch, der Arabischen Frühlings beginnt. Da- Region, die ihr Informationen zuspielen, anderseits ist sie passt das zusammen? mir klar gemacht hat, dass meine Sele gebrochen wurde.« bei scheint es fast so, als würde sie durch ihre Arbeit finanziell unabhängig von Geldgebern und In Oslo bezeichnete sich Ghonim als Ghonims zuletzt verwirrende Auftritte in den sozialen Medi- gleichzeitig für und gegen die Auf- deren Einfluss. »Zufallsberühmtheit« – eingeladen war er als eine Ikone des en lösten bei ehemaligen Weggefährten Besorgnis aus: Eini- stände in der Region arbeiten. Denn die VAE entwickeln sich Doch um diese gegensätzlichen Rollen auszufüllen, muss die Aufstands in Ägypten. Seine Karriere als Aktivist war alles ge zweifelten seine psychische Gesundheit an, spekulierten, in dieser Zeit zu einer Kraft, die autoritäre Systeme wie etwa Syrerin einen hohen Preis bezahlen. Ihre Ehe endet nach 18 andere als typisch. Als Google-Angestellter er leide an enem Posttraumatischen Stress - in Ägypten stärkt und versucht, den Umbrü- Jahren mit einer Scheidung, und sie steht rief Ghonim 2010 die Facebook- Seite »We -Syndrom. chen Einhalt zu gebieten. vor dem anhaltenden Problem, keine of- are all Khaled Said« ins Leben, in Erinnerung Abedrabboh wurde in Damaskus geboren, fiziell bekannte Stimme des Aufstands zu an den jungen Mann aus Alexandria, der in dort erhielt sie ihren Universitätsabschluss in Polizeigewahrsam zu Tode geprügelt wor- Archäologie. Es folgen weitere – in Frankreich den war. wird sie zur Fachübersetzerin ausgebildet, Nicht zuletzt dank dieser Seite gelang es, in London studiert sie Global Diplomacy. Ihr Tausende, letztlich sogar Millionen von Sprachtalent öffnet ihr viele Türen. Von Dubai Um
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