EVANGELISCH.DAH Gnadenkirche Bergkirchen . Dachau . Erdweg . Hebertshausen . Odelzhausen . Röhrmoos . Schwabhausen Friedenskirche Aufbrüche Gemeindebrief der evangelischen Kirchen im Landkreis Dachau Juli – Oktober 2021 2 INHALT AUGENBLICK MAL 3 AUGENBLICK MAL 3 GOTTESDIENSTE 18-20 Liebe Leserinnen und Leser, über einen mutigen Aufbruch in ein neues Leben. Aufbrüche grüne Bergwiesen, verzweigte Wander- wege, weiß-blau-bayerischer Himmel. Ein Aufbruch – der kann spannend, aufre- THEMA 4-9 LANDKREIS 21 Den Blick in die Ferne gerichtet, so sitzt sie gend, manchmal aber auch schmerzhaft Kleine Brücke Dachau - Schlesien da. Eine mir unbekannte Frau. Den Ruck- sein. Er macht neugierig, nervös oder trau- „dann hör doch einfach auf“ … BESONDERES 22-23 sack hat sie noch auf den Schultern. Oder rig, manchmal auch eine Mischung aus Biblische Aufbrüche schon wieder? Hat sie sich gerade erst ganz verschiedenen Gefühlen. VERSÖHNUNGSKIRCHE 24-25 hingesetzt, um zu rasten? Oder ist sie kurz So war es bei mir. Auch für mich stand davor, wieder aufzubrechen und weiterzu- unlängst ein Aufbruch an, hinein ins Neue, JUGEND 10-11 ORGELSANIERUNG 26-27 gehen? Wer weiß … zu Ihnen nach Dachau, in die Friedenskir- Das Bild auf der Titelseite weckt in mir che. Die erste eigene Pfarrstelle. Nicht KINDER 12 LEIERKASTEN 28-29 eine Sehnsucht, vor allem in Verbindung mehr Vikarin, sondern Pfarrerin. Endlich! mit der letzten Seite des neuen Gemeinde- Da schwingen ganz unterschiedliche Ge- FAMILIEN 13 KIRCHENVORSTÄNDE 30 briefes. Da wächst in mir der Wunsch nach fühle mit: Aufregung und Neugier: Wie einem Aufbruch zurück in die Normalität. wird die neue Gemeinde sein? Aber auch SENIOREN 14-15 FREUD UND LEID 31 Ein wenig dem „coronalen“ Alltagstrott Nervosität: Wie wird der Anfang sein, wie entfliehen, endlich wieder mal in den Ur- können wir uns kennenlernen in der jetzi- SPENDENDANK 16 KONTAKT 32-33 laub fahren. Einfach los – aufbrechen – gen Situation…? Zugleich war und ist da unterwegs sein. Und das ohne vorher die eine große (Vor-)Freude! BLICK ZURÜCK 17 ADRESSEN / PFARRAMT 34-35 Inzidenzzahlen zu prüfen oder nachzuse- Freude über das herzliche Willkommen bei hen, ob das Reiseziel zu einem Risikoge- meiner Ordination und die Begegnungen, biet gehört. Bald wird auch das hoffentlich die schon stattgefunden haben. möglich sein. Dann können wir wieder Freude über die Gottesdienste, die wir unbeschwerter aufbrechen – in den Ur- Sie finden in diesem Gemeindebrief wieder miteinander vor Ort oder im laub, zu Freunden, in den Biergarten, wo ein neues Emblem für unsere Kirche. Streaming feiern. immer es uns hinzieht. Und Vorfreude auf so vieles, was noch Hingezogen hat sich auch Dieter Würl kommen wird. Auf weitere Begegnungen gefühlt, und zwar zu seiner Geburtsstadt und Gespräche mit Ihnen, kommende Wir denken über unsere Kirchtürme hinaus Bunzlau in Niederschlesien. Mit 4 Jahren Veranstaltungen, die Konfirmationen, ... und sind untereinander verbunden. musste er sie verlassen und kam nach Dachau. Die Neugier auf Bunzlau bleibt Es ist ein Aufbruch in und so bricht er mutig auf zu einer span- nenden Suche, bei der er mehr findet als besonderen Wir empfinden dies sein Elternhaus. Zeiten für Sie als eine runde Sache. Manchmal braucht es erst einen völligen und für mich. Ich freu mich Zusammenbruch, um aufzubrechen und neu zu beginnen. So war es bei Alfred End- darauf, gemein- res, der in die Alkoholsucht rutschte und sam mit Ihnen Impressum fast daran starb. Seinen ersten Gedanken unterwegs Redaktion: Cécile Koch, Thomas Körner, Ulrike Markert, Klaus Schultz · als er aus dem Koma erwacht ist, können zu sein! Gestaltung/Satz: [email protected] Druck: [email protected] · Sie im Interview nachlesen, das Cécile Redaktionsschluss nächste Ausgabe: 13. September 2021 Koch geführt hat. Ein ehrliches Gespräch Ihre Pfarrerin Lisa Bühler 4 THEMA THEMA 5 Kleine Brücke Dachau - Schlesien in der Nähe des späteren Hauses meiner Ich besuche die Familie seither fast jedes Hoffnungsvolle Blicke in eine friedlichere Zukunft Eltern. Das alles hat mich sehr berührt, Jahr. Auch meine Frau war schon mit da- gerade auch die Freundlichkeit und Offen- bei. Felix ist leider schon verstorben, Hen- Dachau ist meine Heimat- sprechende Dame am ande- heit, mit der sie einem Besucher aus Da- ryka wird im August 93 Jahre alt. Inzwi- stadt. Geboren wurde ich ren Ende, hörte sich mein chau angesichts ihres eigenen familiären schen wohnt ihr Sohn Andreas, der ganz aber nicht hier, sondern Anliegen an und versprach Hintergrundes begegneten. gut deutsch spricht, mit im Haus. 1941 in Bunzlau in Nieder- mir bei der Suche zu helfen, Um die Gastfreundschaft nicht überzu- Auch dieses Jahr werde ich mich, so Gott schlesien. Heute gehört es sobald ich wieder in der Stadt strapazieren, verabschiedete ich mich will, wieder auf die Reise machen. Es ist zu Polen und heißt Bolesla- sei. Der Polizist schrieb mir nach gut einer Stunde. Dabei sprachen die jedes Mal ein spannender Aufbruch zu wiec. In Dachau fühle ich ihre für mich schwierig zu beiden noch die Einladung aus, doch wie- alten Freunden und neuen Einblicken. mich mit meiner Familie verstehende Adresse auf und der zu kommen, sobald ich wieder in Po- Dieter Würl wohl. Aber auf Bunzlau, das zeigte mir auf der Straßenkar- len sei. Das habe ich gerne angenommen. ich mit vier Jahren verlas- te meinen noch vor mir lie- sen musste, war ich immer genden Weg. neugierig. Zehn Tage später war ich „dann hör doch einfach auf“… Ab Ende der 80-er Jahre wieder in der Stadt, und wir Oder: Warum es nicht immer leicht ist, aufzubrechen hatte ich beruflich regel- begaben uns auf die Suche. mäßig in Polen zu tun. Häufig fuhr ich mit Frau Martha, so hieß die Dame, war auch in Vor zehn Jahren bekam ich eine Email von Alfred Endres : Das war ein verzweifelter dem Auto über eine Straße, die gerade- Bunzlau geboren, nach dem Krieg, aber in meinem Verlag, dass wenige Kilometer Hilferuf meiner Mutter. Ich habe zu ihr wegs über meinen Geburtsort führt. Klar, Polen geblieben und die Frau des örtlichen von mir entfernt ein „Autorenkollege“ zu immer ein gutes Verhältnis gehabt und ihr dass ich dort gelegentlich auch eine Rast Polizeichefs geworden. Sie war deshalb finden sei. Als ich damals aufbrach, ahnte in jungen Jahren bereits gesagt dass ich einlegte, mich ein bisschen umschaute auch, wie man heute sagt, gut vernetzt. ich nicht, dass ich einen wertvollen Freund keinen Weg finde vom Bier loszukommen. und auch Dinge entdeckte, die ich von In einem Stadtteil waren wir plötzlich vor fürs Leben finden würde. Aber um meinen Sie wusste bereits von all dem und war so alten Fotos meiner Eltern kannte. einem mir bekannt erscheinenden Haus Aufbruch geht es hier nicht… hilflos, dass ihr irgendwann dieser Satz Aber das reichte mir nicht. Ich wollte mein Ich bat Frau Martha zu läuten und zu fra- rausrutschte. Elternhaus finden und nach Möglichkeit gen. Nach einer Weile kam sie tatsächlich C.K.: Wenn man Dein Buch liest, Deinen auch besuchen. In etwa erinnerte ich in Begleitung eines älteren Ehepaares zum Kindheitserlebnissen folgt, dann wirkt mich, wo wir gewohnt hatten. Mein Vater Gartenzaun und ich erzählte meine Ge- alles gut bürgerlich und geordnet. Dein gab mir den Straßennamen und die Haus- schichte. Frau Martha übersetzte brav. Vater mit eigener Fahrradwerkstatt, Ernäh- nummer mit auf den Weg. Aber Nach etwa einer Viertelstunde baten mich rer der Familie, Deine Mutter schmeißt damit war nicht viel anzufangen. Deutsche die Herrschaften ins Grundstück und da- den Haushalt… Was ist da schief gelaufen? Straßennamen gibt es dort nicht mehr. nach, sehr freundlich, ins Haus zu Tee und A.E. : Das Bewusstsein für Sucht fehlte in Ziemlich hilflos und weil ich bei schon Gebäck. An dem Tisch, an dem ich schon den 70er und 80er Jahren völlig. Jedenfalls einbrechender Dunkelheit noch knapp als Kleinkind gesessen hatte, wurde ich bei uns zu Hause. Rauchen war gesell- vier Stunden bis zu meinem Zielort Posen nach Fotos meiner Familie gefragt und schaftsfähig, ja teilweise sogar angesehen vor mir hatte, ging ich auf gut Glück - und gebeten über meine Eltern zu erzählen. (siehe Helmut Schmidt), Trinken galt als auch etwas angespannt - zur Polizeiwache. Und dann erzählten Henryka und Felix, Cécile Koch : Fredy, ich habe selten ein normal und in Bayern war Bier das be- Ich hatte ja kein alltägliches Anliegen. so hießen die beiden, aus ihrem Leben. Buch gelesen, bei dem der Titel so gut rühmte Grundnahrungsmittel. Dass ihr Fast wie erwartet verstand mich der dienst- Henryka hatte das Warschauer Ghetto gepasst hat, wie bei Dir. Denn, tatsächlich, schüchterner Sohn bald zu Depressionen habende Polizist nur schlecht. Aber er überlebt. Felix hatte als Zwangsarbeiter schießt einem beim Lesen immer wieder neigen sollte, bemerkten meine Eltern brachte ein freundliches „Warte, Kamerad“ in Deutschland gearbeitet, genauer gesagt dein Titel in den Kopf. Mal will man Dich nicht. Zu schwer war der eigene Kampf hervor und ging ans Telefon. Nach einigen beim Bau der Bahnlinie München – Ingol- anschreien, mal schütteln… Hast Du des- ums materielle Überleben. Minuten meldete sich eine deutsch- stadt in der Nähe von Dachau, wohl ganz halb diesen Titel gewählt? 6 THEMA THEMA 7 C.K.: Jahrelang war Dachau Dein Lebens- überlebt UND Du hast neu angefangen. C.K. : Die Chance auf so einen Aufbruch nicht outen möchtest. Schau im Netz nach mittelpunkt. Hier hast Du gearbeitet. Warst Bist aufgebrochen in ein neues anderes zum Neuanfang ist nicht vielen gegeben. Infos, informiere dich über anonyme erfolgreich und geschätzt. Zu Beginn… Leben. Wie war das für Dich? Was waren Es ist kein Privileg, sondern eine Verant- Hilfsmöglichkeiten, und wenn du genug A.E. : ...fiel mir alles in den Schoß. Ein toller Deine ersten Schritte? wortung. Kein Geschenk, sondern ein Mut hast, dann wende dich an einen Arzt Job, nette Kollegen, gute berufliche Aus- A.E. : Auch wenn ich nicht wusste, welche Status, den man sich jeden Tag neu erar- deines Vertrauens.
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