Orn. Rundbrief Meckl.-Vorp. Bd. 45, H. 2-3, S. 275–284, 2005 275 Neues von der Jagd auf Federwild in Mecklenburg-Vorpommern Ralph Labes 1. Jagdzeitenverordnung desspezifische Regelung gesehen wurde. Im November 2004 ist in Mecklenburg-Vor- Weiterhin wurde die Jagdzeit u. a. für Reb- pommern eine neue Jagdzeitenverordnung huhn Perdix perdix, Ringelgans Branta bernicla, (JagdZVO M-V) in Kraft getreten. Diese Spießente Anas acuta, Berg- und Reiherente Verordnung ist befristet bis zum 31.12.2009. Aythya marila, A. fuligula, Samt- und Zunächst wurden Korrekturen aufgrund der Trauerente Melanitta fusca, M. nigra, also im Änderungen der Bundesjagdzeitenverord- Wesentlichen Zugvögel, aufgehoben (Tab. 1) nung aus dem Jahr 2002 vorgenommen. Die bislang bis zum 15.12.2004 befristete Dies betraf die Wildarten Ringel- und Türken- Aufhebung der Jagdzeit für die Wildart Reb- taube (Columba palumbus, Streptopelia decaoc- huhn wurde bis zum Außer-Kraft-Treten der to) sowie Lach-, Sturm-, Silber-, Mantel- und neuen Jagdzeitenverordnung am 31.12.2009 Heringsmöwe (Larus ridibundus, L. canus, L. verlängert. Für die Wildart Fasan Phasianus argentatus, L. marinus, L. fuscus), deren Jagd- colchicus wurde die bislang geltende Auf- zeiten durch den Bund verkürzt wurden, wes- hebung der Jagdzeit für die Henne nicht fort- halb kein Handlungsbedarf mehr für eine lan- geführt. Dies bedeutet, dass es nunmehr dem Tab. 1: Jagdzeiten von in Mecklenburg-Vorpommern vorkommendem Federwild nach § 2 Bundesjagdgesetz (Stand: JagdZVO M-V 2004). 1 Rebhuhn Perdix perdix Standwild (in M-V keine Bejagung bis 2009) 2 Fasan Phasianus colchicus Standwild (1. Okt.- 15. Jan.) 3Wachtel Coturnix coturnix Zugvogel* 4“Wildtauben” Columbidae Zugvögel1 (1. Nov. - 20. Feb.2) 5 Höckerschwan Cygnus olor Standwild (1. Nov.- 20. Feb.) 6„Wildgänse“ Gattungen Anser und Branta Zugvögel3 (1. Nov.- 15. Jan.)4 7„Wildenten“ Anatinae Zugvögel/Standwild5 (1. Okt.- 15. Jan.6) 8 Säger Gattung Mergus Zugvogel* 9Waldschnepfe Scolopax rusticola Zugvogel (in M-V 16. Okt.- 31. Dez.) 10 Blässhuhn Fulica atra Standwild (11. Sept.-20. Feb.) 11 Möwen Laridae Standwild/Zugvögel7 (1. Okt.- 10. Feb.)8 12 Haubentaucher Podiceps cristatus Zugvogel* 13 Graureiher Ardea cinerea Zugvogel* 14 Greifvögel Accipitridae Standwild/ Zugvogel* 15 Falken Falconidae Zugvogel* 16 Kolkrabe Corvus corax Standwild* 1 Turteltaube (Streptopelia turtur (L.) und Hohltaube (Columba oenas L.) keine Jagdzeit 2 Ringel- und Türkentaube (Columba palumbus und Streptopelia decaocto) 3 Weißwangengans (Branta leucopsis Bechst.), Zwerggans (Anser erythropus L.), Kurzschnabelgans (Anser bra- chyrhynchos Baill.) Brandgans (Tadorna tadorna (Pall.) keine Jagdzeit. Ringelgans (Branta bernicla) in M-V auch keine Jagdzeit. 4 Graugans (Anser anser) 1. Aug. – 31. Aug. und 1. Nov. – 15. Jan. 5 Eiderente (Somateria mollissima (L.)), Eisente (Clangula hyemalis (L.)), Kolbenente (Netta rufina (Pall.)), Löffelente (Anas clypeata (L.)), Moorente (Aythya nyroca Güld.), Schellente (Bucephala clangula (L.)), Schnatterente (Anas strepera L.) keine Jagdzeit. 6 In M-V nur Pfeif-, Krick- und Tafelente; Stockente: 1. Sep. – 15. Jan. 7 Zwergmöwe (Larus minutus Pall.) und Schwarzkopfmöwe (Larus melanocephalus Temm.) keine Jagdzeit 8 Sturm-, Silber-, Mantel- und Heringsmöwe * keine Jagdzeit 276 Labes,R.:NeuesvonderJagdaufFederwild inMecklenburg-Vorpommern Abb. 1: Gewässer nach Anlage zu § 5 Abs. 1 Nr. 3 der Jagdzeitenverordnung des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 29. Oktober 2004, auf denen ein Bejagungsverbot für jagdbare Wildgänse besteht. Nicht dargestellt sind wasserführende Überflutungsräume der eingezeichneten Flussabschnitte sowie die Stecknitz-Delvenau als Grenzfluss zu Schleswig-Holstein. Orn. Rundbrief Meckl.-Vorp. Bd. 45, H. 2-3, S. 275–284, 2005 277 Jäger überlassen bleibt, inwieweit er von sich den Wildgänsen ein ungestörtes Aufsuchen aus Fasanenhennen schont, oder es unterlässt. und ebenso ein ungestörtes Verlassen des je- Aus meiner Sicht besonders hervorzuheben weiligen Schlafgewässers zu ermöglichen. ist, dass in Mecklenburg-Vorpommern die Po- sitivliste der in der Bundesrepublik Deutsch- In § 1 Abs. 2 JagdZVO M-V wurde aber auch land jagdbaren Enten (Stock-, Pfeif-, Spieß- geregelt, dass zur Wildschadensverhütung die und Krickente Anas platyrhynchos, A. penelope, Jagd auf Grau-, Bläss-, Saat- und Kanadagänse A. crecca sowie Spieß-, Berg- und Reiherente, Branta canadensis in der Zeit vom 15. Sep- Tafelente Aythya ferina, Samt- und Trauer- tember - 31. Oktober, also vor der regulären ente), nunmehr neben der Stockente nur Jagdzeit, auf landwirtschaftlichen Kulturen, noch auf Pfeif-, Krick- und Tafelente ange- die mit Winterraps, Wintergetreide oder wendet wird. Die Jagdzeitenaufhebung für Gartenbaupflanzen neu bestellt wurden, aus- o. g. Arten lässt sich meist auch fachlich be- geübt werden darf. Dies war bisher nur im gründen. So weisen Spießenten derzeit einen Einzelfall mit einer Ausnahmegenehmigung ungünstigen Erhaltungszustand auf. Berg-, möglich, die aber i. d. R. schnell und unbüro- Samt- und Trauerente sind Meeresenten, die kratisch erteilt wurde. Natürlich wird mit der aufgrund ihrer langen Lebensdauer empfind- Regelung auch der Verwaltungsaufwand für lich auf Jagd reagieren oder von Ölverschmut- eine Vielzahl von Einzelfallgenehmigungen zungen stark betroffen sind. erheblich gemindert. Bekanntlich ist Mecklenburg-Vorpommern Hervorzuheben ist, dass diese Regelung nur ein wichtiges Überwinterungsgebiet für Wild- angewendet werden darf, wenn das Erforder- gänse. Die hocharktisch brütende Ringelgans nis hierfür auch tatsächlich gegeben ist. Auf ist populationsdynamisch sehr instabil, hatte keinen Fall darf dies ein Freibrief für eine üb- in den letzten Jahren aber eine starke Be- liche Jagdausübung auf diese Wildarten auf ir- standszunahme zu verzeichnen. Die Art spielt gend welchen anderen Flächen sein. Darauf aber weiterhin beim Gänserastgeschehen in gilt es zu achten. Dies versteht sich m. E. ins- Mecklenburg-Vorpommern eine untergeord- besondere aufgrund der geringen Akzeptanz nete Rolle. Graugänse Anser anser aus Skan- der Bejagung von rastenden Wildgänsen in dinavien, Bläss- und Saatgänse Anser albifrons, der Öffentlichkeit von selbst. A. fabalis aus den russischen Tundren Europas und auch Sibiriens dagegen nutzen die Nie- Da etwa zwei Drittel der Ackerfläche im Land derungen zwischen Oder und Elbe als häufiges mit o. g. Kulturen bestockt sind, kann der Jagd- und in der Regel längerandauerndes Rast- druck ab Mitte September auch schon Aus- gebiet. Die Tiere nutzen Seen und Flüsse als wirkungen auf das Äsungsverhalten der heimi- Schlafplatz, während sie am Tage auf abgeern- schen bzw. früh einfliegenden Gänse haben, teten und frisch bestellten Feldern sowie auf z. B. vorzeitiger Ab-/Weiterzug der Rastschwär- Weiden und Wiesen Nahrung suchen. Wich- me. Dokumentierte Beobachtungen zur Aus- tige Schlafgewässer wurden deswegen inzwi- wirkung dieser neuen Regelung liegen noch schen unter Naturschutz gestellt, oder es wur- nicht vor, sind aber von aktuellem Interesse. de die Gänsejagd an ihren Ufern untersagt. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 JagdZVO M-V ist es ver- 2. Bleischrot boten, die Jagd auf jagdbare Wildgänse auf Im Weiteren ist die Jagd auf Wasserwild den in der Anlage zu dieser Verordnung aufge- mittels Bleischrot auf Gewässern und im 300- führten insgesamt mehr als 200 (!) Gewässern m-Abstand von deren Ufern nach § 5 Abs. 1 bzw. Gewässerabschnitten, die im Wesent- Nr. 4 JagdZVO M-V verboten. Seit Jahren wird lichen alle bekannten Gänseschlafplätze re- die Verwendung von bleihaltiger Munition präsentieren, sowie im 500 m-Abstand von bei der Jagdausübung, insbesondere wenn deren Ufern auszuüben (Abb. 1). Das Be- Bleischrot bei der Jagd auf Wasserwild an jagungsverbot auf jagdbare Wildgänse auf und Gewässern zur Anwendung kommt, disku- an sog. Schlafgewässern wurde also auf die ge- tiert und nach Alternativen gesucht. In Euro- samte Tages- und Nachtzeit ausgedehnt, um pa wurde Bleischrot inzwischen in Finnland, 278 Labes, R.: Neues von der Jagd auf Federwild in Mecklenburg-Vorpommern Norwegen, Schweden, Großbritannien und nahmenpaketes zum Schutz gegen die Vogel- der Schweiz für die Wasservogeljagd verbo- grippe eine notwendige Maßnahme zur ten. Die Niederlande und Dänemark haben Unterbrechung einer nicht auszuschließen- sogar ein Totalverbot für Bleimunition den Infektionskette zwischen Wildvögeln erlassen. In Belgien und Spanien ist die Ver- und Hausgeflügel über den Jäger. wendung von Bleischrot zumindest in Schutzgebieten untersagt. Der Deutsche Jagd- Das Jagdverbot auf sämtliches Federwild gilt schutzverband e. V. und das frühere Bundes- zunächst befristet bis zum 15.12.2005. Die ministerium für Ernährung, Landwirtschaft Bejagung von Wildvögeln im Rahmen des und Forsten hatten gemeinsam bereits im Programms zur Probengewinnung für ein Jahr 1993 empfohlen, zur Jagd auf Wasserwild Influenza-Monitoring ist von dem Jagdverbot an Gewässern ausschließlich Nicht-Blei- aber nicht betroffen. Das Friedrich-Loeffler- schrote zu verwenden. Institut (FLI) auf der Insel Riems testet wö- chentlich rund 100 Tupfer- und Organproben Ein Aktionsplan des Abkommens zur Erhal- von Wildvögeln auf Influenzaviren. Im Rah- tung der afrikanisch-eurasischen wandernden men der Maßnahmen gegen die Geflügelpest Wasservögel (AEWA) als Unterabkommen des gibt dieses „Wildvogelmonitoring“ wertvolle Übereinkommens zur Erhaltung der wandern- Informationen über die bei Wildvögeln der- den wild lebenden Tierarten (Bonner Konven- zeit bei uns vorkommenden Influenzaviren. tion
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