Philipp Jakob Spener Briefe Aus Der Dresdner Zeit 1686–1691 Band 2

Philipp Jakob Spener Briefe Aus Der Dresdner Zeit 1686–1691 Band 2

Philipp Jakob Spener Briefe aus der Dresdner Zeit 1686–1691 Band 2 Philipp Jakob Spener Briefe aus der Dresdner Zeit 1686–1691 Band 2: 1688 Herausgegeben von Johannes Wallmann in Zusammenarbeit mit Klaus vom Orde Mohr Siebeck Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. ISBN 978-3-16-149175-7 Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiblio graphie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. © 2009 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außer- halb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Microverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Martin Fischer in Tübingen aus der Bembo-Antiqua gesetzt, von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buch binderei Spinner in Ottersweier gebunden. Vorwort Die Reihe der Briefe Philipp Jakob Speners aus der Dresdner Zeit 1686–1691, innerhalb unserer Edition die zweite Reihe nach den Briefen aus der Frank- furter Zeit, wird mit dem vorliegenden Band fortgesetzt. Er umfaßt die Briefe aus dem Jahr 1688, in einem Nachtrag auch zwei Briefe aus dem Jahre 1687, deren Datierung erst aufgrund der Beschäftigung mit den Briefen von 1688 bestimmt werden konnte. Wie in den vorangehenden Bänden werden auch hier sämtliche von Spener stammenden Briefe, die teils in den gedruckten alten Sammlungen, meist ohne Angabe eines Adressaten und häufig ohne Datierung, an unterschiedlichen Orten vorliegen, teils in Archiven, Samm- lungen und von privater Hand aufbewahrt wurden und in manchen Fällen bisher völlig unbekannt waren, in eine chronologische Ordnung gebracht und nach textlicher Durchsicht in einer zitierbaren Form herausgegeben. Wo es möglich ist, werden ungenannte Adressaten ermittelt. Ziel der Aus- gabe ist die Erschließung eines nicht nur für die Kirchengeschichte, sondern für die Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit wichtigen Quellenbestandes. Neben der Bemühung um die Bereitstellung eines zuverlässigen Textes durch einen historisch kritischen Apparat geht es um die Verifizierung der in den Briefen zu findenden Angaben über Personen, Ereignisse und Buchtitel. Sie werden, soweit es möglich ist, in einem zweiten, kommentierenden Apparat erschlossen. Innerhalb unserer Briefausgabe ist zuletzt Band 4 der Briefe aus der Frank- furter Zeit mit den Briefen der Jahre 1679–1680 erschienen (2005). Als Sonderband außerhalb der Reihen ist der Briefwechsel Speners mit August Hermann Francke 1689–1704 im Jahr 2006 herausgekommen. Während der die Briefe seit Speners Eintreffen in Dresden im Sommer 1686 bis zum Ende 1687 enthaltende Band 1 der vorliegenden Reihe einen anderthalbjährigen Zeitraum umfaßt und für die vorangehenden Bände der Frankfurter Briefe der Rhythmus eines zweijährigen Zeitraums eingehalten worden ist, deckt der vorliegende Band erstmals den Zeitraum nur eines Jahres ab. Die Menge der Briefe würde sonst den Umfang eines Bandes sprengen. Ebenso wird nach dem Plan dieser Ausgabe Band 3 der Dresdner Briefe nur die Briefe aus dem Jahr 1689 bieten, während der abschließende Band 4 mit den Dresdner Briefen bis zum Übergang Speners nach Berlin im Sommer 1691 wieder VI Vorwort einen anderthalbjährigen Zeitraum umfassen soll. Der unmittelbar vor der Drucklegung stehende Band 5 der Briefe der Frankfurter Zeit wird wegen der großen Zahl an Briefen ebenfalls nur die des einen Jahres 1681 enthalten. Die Edition der Briefe folgt den gleichen Grundsätzen wie die vorange- henden Bände. Sie sind im Vorwort zu Band 1 dieser Reihe (S. XXI–XXX) zusammengefasst und brauchen hier nicht wiederholt zu werden. Erinnert sei daran, daß wir nur die durch ihren Anredecharakter als solche erkennbaren Briefe Speners edieren, nicht seine meist umfangreichen Gutachten oder „Bedenken“, die für einzelne Personen oder Gremien verfaßt wurden. Zwar ist eine klare Grenze zwischen Briefen und Gutachten nicht zu ziehen. Doch nehmen die in den alten Sammlungen gedruckten Gutachten Speners meist einen so umfänglichen Raum ein, daß ihre Aufnahme die Kapazität einer Briefausgabe sprengen würde. So bringen wir den Begleitbrief zu einem für ein Predigerministerium verfaßten Gutachten (Nr. 50); für das sehr viel umfangreichere Gutachten, das in einer Anmerkung nur kurz referiert wird, verweisen wir auf den als Reprint zugänglichen Druck in den Letzten Theol. Bedencken (I, 512–522). Wohl in dasselbe Jahr 1688 fällt auch das umfang- reiche Gutachten Speners zu dem Reunionsplan des Straßburger Jesuiten Jean Dez, der auf der Grundlage des milden Augsburger Bekenntnisses, das von römisch-katholischer Seite anzuerkennen sei, die Straßburger Lutheraner zur römisch-katholischen Kirche führen möchte. Dieser vom römischen Lehramt bald verworfene, deshalb wohl in der Forschung wenig bekannte Reunions- plan wurde 1688 unter protestantischen Theologen lebhaft diskutiert, und Spener nimmt 1688 in zahlreichen Briefen dazu Stellung. Zunächst regt er eine Widerlegung an, die von dem Wittenberger Theologieprofessor Michael Walther verfaßt werden soll (Nr. 36). Später hat er selbst in einem Gutachten den Reunionsplan von Dez ausführlich geprüft und verworfen (Theol. Be- dencken I, 99–144). In einem anderen Fall machen wir eine Ausnahme und bringen aus einem Gutachten einen Ausschnitt (Nr. 146). Die Begründung folgt weiter unten. Wir geben für das Jahr 1688 alle vorhandenen Briefe Speners ohne Kür- zung wieder. Daß von der Regel, alle vorhandenen Briefe herauszugeben, für die Briefe Speners an seinen Schwiegersohn Adam Rechenberg (1642–1721), Professor der Theologie in Leipzig, abgewichen wird, ist schon im Vorwort zu Band 1 dieser Reihe begründet worden (S. V f.). Eine Edition des umfang- reichen Briefwechsels Speners mit Rechenberg wäre wünschenswert. Für die Kommentierung der Briefe ist dieser Briefwechsel aber ständig herangezogen worden, wie die häufigen Zitate in den Anmerkungen erkennen lassen. Das Jahr 1688 ist innerhalb der Spenerschen Briefe wie in der Geschichte des Pietismus ein verhältnismäßig ruhiges Jahr. In den Briefen spiegelt sich gewissermaßen die Stille vor dem Sturm, den im Jahr darauf die Leipziger Erweckungsbewegung um August Hermann Francke entfachen wird, in deren Zusammenhang der Konflikt mit der lutherischen Orthodoxie aus- bricht und es zum offenen Ausbruch der jahrzehntelangen Streitigkeiten Vorwort VII zwischen Orthodoxie und Pietismus kommt. Am Ende des Jahres 1688 landet Wilhelms III. von Oranien in England und Jakob II. wird entthront, was die Versuche einer Rekatholisierung Englands beendet und das Scheitern der Ge- genreformation in gesamteuropäischem Rahmen bedeutet. Spener beobachtet die Vorgänge in England aufmerksam und wird der Revitalisierung der angli- kanischen Kirche erhebliche Bedeutung für das Schicksal des Protestantismus in Deutschland zugemessen haben: Wenn die anglikanische Kirche zugrunde ginge, wäre es um die evangelische Kirche in Deutschland auch geschehen (Nr. 74). Um so befreiender muß er am Ende des Jahres die Nachrichten von der Glorious Revolution und der Wende durch die Landung Wilhelms III. empfunden haben. Im Vordergrund steht während des Jahres 1688 allerdings die zunehmende Macht Frankreichs, in dem Spener den Hauptakteur der Gegenreformation sieht. Die Agressivität Ludwigs XIV., der 1685 das Edikt von Nantes aufgehoben hat und 1688 mit seinen Heeren Deutschland über- fällt, verstärkt die Furcht, daß in Deutschland der Sieg der Gegenreformation wohl nicht mehr aufzuhalten ist. Spener deutet die Raubkriege Ludwigs XIV. als Zeichen des göttlichen Gerichts und hat das Bewußtsein, in der Endzeit zu leben, in der die äußere Gestalt der evangelischen Kirche zerbrechen wird. Die Briefe des Jahres 1688 sind von einer intensiv erlebten Endzeitstimmung erfüllt. Wiederholt äußert Spener die Besorgnis, daß es, wenn durch den Sieg der Gegenreformation die äußere Gestalt der evangelischen Kirche bald untergehen werde, allein darauf ankomme, die kleine Zahl der Gläubigen für die Zeiten des Gerichts zuzurüsten, damit sie in diesem Gericht im Glauben bestehen. Der Brief an den zum Hofprediger in Bayreuth berufenen Jo- hann Heinrich Hassel, in dem Spener ausführlich seine Gedanken über die gegenwärtigen Verhältnisse entwickelt (Nr. 99), ist im vorliegenden Band das deutlichste Zeugnis für diese Spener erfüllende Endzeitstimmung. Die Erwartung des nahen Gerichts, das nicht nur Tage und Wochen, sondern Jahre dauern werde, mache jede Hoffnung auf umfassende Reformation und Besserung zunichte. Gleichwohl wehrt Spener der Resignation und bekräftigt gerade jetzt die Hoffnung künftiger besserer Zeiten, wie er sie fünf Jahre später in seiner Schrift „Behauptung der Hoffnung besserer Zeiten“ öffentlich aussprechen wird. Daß seine „Hoffnung besserer Zeiten“ nichts mit einem aufklärerischen Zukunftsoptimismus zu tun hat, sondern einen neuen Ton in die nach dem Dreißigjährigen Krieg verbreitete Endzeitstimmung einbringt, wird wohl nirgend so deutlich wie in diesem Brief, dessen Grundton in vielen anderen Briefen des Jahre verhaltener anklingt. Spener hat in Dresden kein Collegium pietatis gehalten. Biblische Collegia, wie sie im Vorjahr nicht nur in Leipzig, sondern auch in Wittenberg und Jena, schließlich an anderen Orten entstanden, hat er begrüßt und mit seinem Rat unterstützt. Er freut sich über den Fortgang einer solchen biblischen Übung

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