Friebe, J. G. & Zimmermann, K. (2020): Streudaten zur Fauna Vorarlbergs. IV. Ausgewählte Nachweise von Fliegen- und Mückenarten (Insecta: Diptera). inatura – Forschung online, 73: 23 S. Streudaten zur Fauna Vorarlbergs. IV. Ausgewählte Nr. 073 - 2020 Nachweise von Fliegen- und Mückenarten (Insecta: Diptera) J. Georg Friebe1 & Klaus Zimmermann1 1 Dr. J. Georg Friebe [JGF], Mag. Dr. Klaus Zimmermann [KZi] inatura – Erlebnis Naturschau GmbH, Jahngasse 9, A-6850 Dornbirn E-Mail: [email protected] Abstract While current studies on the distribution in Vorarlberg are available for Syrphidae, Tipulidae and Tabanidae, the knowledge of all other Diptera families is based on the more than 110-year-old paper by BAU (1909a). Thus the publication of chance observations seems all the more important, even though only a minor fraction of the Diptera species can be determined without microscopic examination. This study cannot provide an overall picture, but as a piece of the puzzle it is meant to stimulate further surveys. The paper lists chance observations of the past few years and provides information on the distribution of the individual species, especially in Austria and in some cases also in the neighboring regions. Key words: Diptera, Fliegen, Mücken, Zufallsbeobachtungen, chance observations, Vorarlberg, Austria Zusammenfassung 1 Einleitung »Kunst maler und Dipterologe« cha- rakterisiert. In den Jahren 1896 bis Während für die Syrphidae, Tipulidae Dipteren gehören zu den Stiefkindern 1905 sammelte er im Umkreis um die und Tabanidae aktuelle Studien zur der entomologischen Feldforschung. Ruggburg (Eichenberg) Dipteren. Sein Verbreitung in Vorarlberg vorliegen, Oft schwierig zu bestimmen, fanden Aktionsradius beschränkte sich dabei basiert das Wissen über alle andere sie in Vorarlberg kaum Beachtung. auf rund 2,5 km in der Höhenstufe zwi- Dipteren-Familien auf der nun mehr Lediglich ausgewählten Familien wur- schen 600 und 900 Meter. Trotz dieses als 110 Jahre alten Publikation von Bau den in den letzten Jahren größere »räumlich außerordentlich beschränk- (1909a). Umso wichtiger erscheint die Studien gewidmet: Syrphidae (AIST- ten Gebiets« konnte Bau bei der Inven- Veröffentlichung von zufälligen Streu- LEITNER et al. 2008, 2018; HUSSAIN et al. tarisierung der Kern‘schen Sammlung funden, auch wenn nur ein Bruchteil 2018; PRUNER 2016), Tipulidae (AISTLEIT- beachtliche 710 »sicher determinier- der Dipteren-Arten ohne mikroskopi- NER 2015; HEISS et al. 2016), Tabanidae te« Arten dokumentieren, von denen sche Untersuchungen zu bestimmen (AISTLEITNER & AISTLEITNER 2000; AISTLEITNER nach Synonymisierungen immerhin ist. Damit kann diese Studie auch kein 2008). Für alle anderen Familien sind 666 Taxa übriggeblieben sind. Bau Gesamtbild zeichnen, aber sie soll als seit den grundlegenden, aber räum- nennt in seiner Liste keine konkreten Puzzlestein zu weiterreichenden Erhe- lich eng begrenzen Aufsammlungen Funddaten, wohl aber die Monate bzw. bungen anregen. Die Arbeit listet Zu- von Emil Kern (BAU 1909a) bis heute Jahreszeiten der Aufsammlungen, re- fallsbeobachtungen der letzten Jahre kaum neue Beobachtungsdaten hin- lative Angaben zur Häufigkeit sowie unabhängig von der Häufigkeit der zugekommen. Bemerkungen zum Habitat. Inwieweit jeweiligen Art und gibt Hinweise zur Kern das Material selbst bestimmt Verbreitung der einzelnen Arten vor hat, lässt sich anhand des Textes nicht allem in Österreich und gegebenen- 2 Alexander Bau und Emil schlüssig nachvollziehen. BAU (1909a) falls in den angrenzenden Regionen. Kern – Dipteren-Pioniere erwähnt zwar, dass Kerns Sammlung für Vorarlberg nach dem »Catalogus systematicus Dipterorum Europae« (SCHINER 1864b) Der aus Berlin stammende Emil Kern geordnet sei, lässt aber offen, ob Kern wird von Alexander BAU (1909a) als oder er selbst die Sammlung geordnet Eingereicht: 12.03.2020; Publiziert: 14.04.2020 1 hat. Nur zwischen den Zeilen kann dürfte von Siegfried Fussenegger nach minderung des Grundstücks im Ar- man herauslesen, dass Bau der eigent- der Fründung der Vorarlberger Natur- menrecht klagte. Der Rechtsstreit (und liche Bestimmer war. schau ohne weitere Dokumentation vor allem der Grund der Klage) mutet Alexander Bau (* 31.01.1853 in Berlin, in seine Museumssammlung einge- heute skurril an. Emil Kern verließ Vor- † 02.07.1926 in Lochau) war Sohn ei- gliedert worden sein. Seinen Lebens- arlberg kurz vor dem Anschluss (pers. nes Wild- u. Geflügelhändlers (im Fol- abend verbrachte Bau vereinsamt und Mitt. H. Breckling), Gasthaus und Land- genden nach BAU 1919; GEBHARDT 1964; infolge der Inflation völlig verarmt in wirtschaft wurden Ende April 1939 zur siehe dazu auch FRIEBE 2020). Angeregt Hörbranz (GEBHARDT 1964) und Lochau Versteigerung ausgeschrieben. von diesem Umfeld widmete er sich (VORARLBERGER VOLKSBLATT, 03.07.1926). Er Als Besitzer des Gasthauses Ruggburg der Ornithologie und entwickelte sich wurde am evangelischen Friedhof in trat Emil Kern über den Rechtsstreit auf seinen Streifzügen gleichzeitig Bregenz zu Grabe getragen. Das Grab hinaus kaum in Erscheinung, und auch auch zum Entomologen. Da der auf ist nicht mehr erhalten. über weitere entomologische Auf- Wunsch des Vaters gewählte kauf- Emil Kern stand laut eigenen Anga- sammlungen ist nichts bekannt. Der männische Beruf dafür zu wenig Zeit ben »über 30 Jahre« (d. h. bereits in Verbleib der Dipterensammlung ist ließ, wurde er 1874 Pyrotechniker. Deutschland, denn in Vorarlberg wa- ungewiss. Sie könnte von Kern oder Ab 1880 betrieb er eine gut gehende ren es von 1896 bis 1915 nur knapp 20 bereits von Bau veräußert worden entomologische Handlung mit Ge- Jahre) in Diensten von Alexander Bau. sein. Vielleicht aber war die Auflistung schäftspartnern in allen Weltteilen. In Wir dürfen annehmen, dass er nicht der von Kern gesammelten Dipteren jener Zeit verfasste er je ein Handbuch aus eigenem Antrieb mit seiner An- ohnehin nur eine Art »Verkaufskata- für Schmetterling- und Käfersammler. kunft in Vorarlberg begonnen hat, Flie- log« – in einer anderen Arbeit bemerkt 1893 pachtete er das größte Vergnü- gen zu sammeln. Alexander Bau wird Bau zum Schluss: »Interessenten kön- gungslokal Berlins. Gesundheitliche ihn dazu beauftragt haben, und so nen die Art von dem Kunstmaler Emil Probleme veranlassten ihn schließlich können wir vermuten, dass Kern zwar Kern, Ruggburg, Post Lochau (Vorarl- zur Übersiedelung nach Vorarlberg. die Tiere lieferte, Bau hingegen der ei- berg) erhalten« (BAU 1909b). Wie dem 1896 bezog er das im Jahr zuvor von gentliche Sammler war. Warum dieser auch sei, die Dipterensammlung Kern ihm erworbene Landgut Ruggburg aber in der Publikation ausschließlich muss heute als verschollen gelten. in Möggers (heute Eichenberg) und von einer Sammlung Kern spricht und baute südöstlich vor der Ruine ein seine eigene Rolle als Sammler nie er- Gasthaus (auf einer historischen An- wähnt, lässt sich nicht schlüssig nach- 3 Aktuelle Dipteren- sichtskarte um 1900 als »Berliner- vollziehen. Ebenso unklar ist, warum Streufunde hütte« bezeichnet). Hier entstanden er Kern nicht als Co-Autor angeführt mehrere Publikationen zur Vogelwelt hat. Die wenigen Ergänzungen zum Kata- Vorarlbergs, aber auch allgemein Emil Kern begegnet uns wieder in den log der Kern'schen Aufsammlungen ornithologische Arbeiten. Und hier in der inatura verwahrten Abschriften sind in Arbeiten über andere Gebiete überarbeitete er ein wichtiges Stan- der Prozessakten zu einem Rechts- am Rande erwähnt. Auch österreich- dardwerk der Ornithologie. Im Jahr streit mit Museumsgründer Siegfried weit wurden und werden selbst häu- 1915 verkaufte Bau seinen Besitz an Fussen egger. Nachdem er bei Alex- fige Arten kaum dokumentiert. Die seinen (ehemaligen) Angestellten Emil ander Bau lange Jahre im Dienst ge- bedeutendsten Studien datieren aus Kern. Bereits fünf Jahre zuvor hatte standen hatte, erwarb Kern im Jahr dem 19. Jahrhundert (DALLA TORRE 1892; er seine »mit großer Mühe zusam- 1915 von diesem die Liegenschaft FRITSCH 1875; PALM 1869; SCHINER 1854, mengebrachte« Eiersammlung an die Ruggburg, bestehend aus einer Land- 1855, 1862, 1864a; STROBL 1893, 1894, Ornithologische Ungarische Centrale wirtschaft und dem Gasthaus »Ruine 1895, 1898, 1910). STORCH (1865) gibt in Budapest verkauft, um sie »auch Ruggburg«. Auf dem Grundstück lag für Salzburg – ohne weiterführende nach meinem Tode fortbestehen zu auch die Fossilfundstelle »Hölle«, die Informationen – eine reine Artenliste, lassen« (BAU 1919), ein Wunsch, der lei- heute als Naturdenkmal ausgewiesen die auf einem Verzeichnis von Fliegen- der nicht Wirklichkeit wurde: Während ist. Attraktion des Orts war ein 1896 arten beruht, die der Dipteren-Pionier der Schlacht um Budapest (Dezember entdeckter »Mastodon-Zahn«, der Meigen in Salzburg gesammelt hat. 1944 bis Anfang Februar 1945) wurde – so Kern – von Schulklassen gerne Sie bleibt hier weitgehend unberück- das Ungarische Institut für Ornitholo- besucht worden ist. Siegfried Fussen- sichtigt. FRANZ (1989) verweist auf die gie völlig zerstört (VERTSE 1950). Aber egger barg den Zahn nächtens für sein beträchtlichen Umwälzungen, wel- auch die dem Vorarlberger Landes- Museum, wo rauf Emil Kern 1933 we- che die Taxonomie der Dipteren zwi- museum überantwortete Spezial- gen Umsatzentgang (weil der Anreiz schenzeitlich erfahren hat. So ist die sammlung Vorarlberger Vogeleier ist für einen Besuch des Ausflugs-Gast- Genitalmorphologie erst verhältnis- verschollen. Zumindest ein Teil davon hauses weggefallen war) und Wert- mäßig spät zur Unterscheidung der inatura – Forschung online 73 (2020)
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