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Newsletter SFMT/ASMT – Februar 2016 Geschätzte Leserinnen und Leser KEBQ-Skala und Loop-Techniken – wer gerne wissen möchte, was sich hinter diesen Begriffen ver- birgt und von wem die Aussage „Musik ist der Büchsenöffner für das Gespräch“ stammt, ist herzlich dazu eingeladen, sich einen müssigen Moment zu gönnen und die Tagungsberichte der Arbeitskreise Musiktherapie in der Psychiatrie und Kreative Therapien in der Neurorehabilitation zu lesen. In „Dieses und noch mehr…“ würdigt Professor Decker-Voigt den kürzlich verstorbenen Walliser Chefarzt, der die deutschsprachige Musiktherapieszene mitgeprägt und gefördert hat – Dr. med. Josef Escher. Herr Eschers Herz hat bis ins hohe Alter so sehr für seine Musiktherapie geschlagen, dass er es sich auch viele Jahre nach der Pensionierung nicht nehmen liess, gelegentlich bei „seinen Musik- therapeutInnen“ im Spitalzentrum Oberwallis in Brig vorbei zu schauen. Mein Perkussionsprofessor möge es mir nachsehen, dass die Berufseinsteigerin damals im Versuch, Doktor Escher ein ange- messenes Willkommen zu bereiten, beim Besuch des so bekannten ehemaligen Chefarztes eine Djembe als Ablage für die Kaffeetassen benutzt hat... Rahel Sutter Tagung des Arbeitskreises Musiktherapie in GruppenteilnehmerInnen hinzu und berichteten der Psychiatrie sehr berührend über ihre persönlichen Erfahrun- gen. Ein Teilnehmer beschrieb die Wirkung des Donnerstag 12. Nov. 2015, 10.00 bis 16.45 Uhr Musizierens als „Dosenöffner für das Gespräch“ Thema: Ambulante Gruppenmusikpsychotherapie und erklärte, dass er durch die Musik zum einen Ursula Wehrli Rothe mit seinen Gefühlen in Kontakt komme und sich Geri Rauber (Klinische Musiktherapeutin MAS/ zum anderen beim Musizieren nach Gesprächen SFMT) und Arnold Frauenfelder (Psychoanalytiker seine Gefühlswelt kläre. und Fachpsychologe für Psychotherapie FSP/ Im dritten Tagungsteil fand ein Workshop zum ASP) hatten im November in ihren wunderbaren nicht therapeutisch definierten ambulanten Frei- Praxisraum in Schaffhausen eingeladen. Sie bo- zeit-Angebot für Menschen mit psychischen Be- ten den zahlreich erschienenen Musiktherapeu- einträchtigungen, den „Werkstätten für musika- tInnen einen vielschichtigen Einblick in ihre Arbeit lische Begegnung und Improvisation“ statt. mit einer ambulanten Langzeit-Musiktherapie- gruppe für Erwachsene. Die Gruppe findet wö- Abschliessend wurden anhand von Beispielen aus chentlich 1 ¾ Stunden, unter Co-Leitung durch ei- der Arbeit in der Therapiegruppe das Zusammen- nen Psychoanalytiker und eine Musiktherapeutin spiel der Methodik von Musiktherapie, Psychoana- statt. Die maximal acht TeilnehmerInnen kommen lyse und Psychodrama im Rollenspiel experimen- meist anschliessend an einen Klinikaufenthalt und tell erlebbar. sind überwiegend BezügerInnen von IV oder ste- Einmal mehr war das Arbeitskreistreffen sehr an- hen in IV-Abklärung. regend und bereichernd und bot daneben Raum Die Gastgeber stellten in einem ersten Teil die für wertvollen Austausch unter BerufskollegInnen. Langzeitentwicklung dieser Gruppe über 120 Sit- Herzlichen Dank an Geri Rauber und Arnold zungen vor und zeigten die stetig besser gelin- Frauenfelder für die perfekte Organisation und die gende Verschränkung der musiktherapeutischen grosszügige Gastfreundschaft. und psychotherapeutischen Methoden bei einer Das nächste Treffen findet Anfang 2017 in Lan- Co-Leitung. In einem zweiten Teil kamen fünf genthal statt. Newsletter SFMT/ASMT Februar 2016 1 Tagung des Arbeitskreises „Kreative Thera- zu hören. Ein Beispiel: beim Cello verblüffte, wie pien in der Neurorehabilitation“ zum Thema ein einzelner Cello-Ton bereits innere Bilder aus- „Körpererleben und rezeptive Techniken“ lösen kann und wie vielseitig das Instrument die eigene Stimme „ersetzen“ kann. Ein noch pointier- Rita Hersperger-Koch – Studentin MAS Klinische teres „Beleben“ der Töne bewirkte ein Mikrofon. Musiktherapie ZHdK, Praktikantin Rehaklinik Rhein- Das Cello wurde auch als Erweiterung des Kör- felden pers erlebt. So lässt sich dieses Saiteninstrument Am Freitag, 24. April 2015 traf sich der Arbeits- vielseitig einsetzen, natürlich ebenso rezeptiv. kreis „Kreative Therapien in der Neurorehabilitati- Vor der Mittagspause stellte Ulrike Noffke einen on“ zum 15. Mal, turnusgemäss in der Reha Teilbereich des EBQ-Instrumentes vor, einen Be- Rheinfelden. Nach einem feinen Begrüssungs- obachtungsschwerpunkt der intra-/interperso- apéro eröffnete die Leiterin der Therapien, Frau nellen Beziehung, nämlich den Körperkontakt. Heike Rösner, mit einem Grusswort und einer Dabei gab sie eine Einführung in die KEBQ- kurzen Vorstellung der Klinik die Tagung. Sie be- Skala (Merkmalliste zur Einschätzung des körper- nannte das Zurückfinden zur grösstmöglichen lich-emotionalen Ausdrucks, z. B. für eine Klientel, Selbständigkeit der Patientinnen und Patienten als die sich weder vokal noch instrumental mitteilen das wichtigste Ziel der Rehabilitation. Auf diesem kann) und deren sechs Modi. EBQ steht für „Ein- Weg werden sie auch durch Musiktherapie unter- schätzung von Beziehungsqualitäten und - stützt und begleitet. fähigkeiten“ während des musiktherapeutischen Ein reichhaltiges Programm erwartete die zahl- Therapieprozesses. Vier Skalen wurden dazu reich erschienenen Tagungsteilnehmerinnen und - entwickelt: die KEBQ (Körperlich-Emotionale Be- teilnehmer, unter denen die Wiedersehensfreude ziehungsqualität), die VBQ (Vokale Beziehungs- genauso gross war, wie die Vorfreude auf den qualität), die IBQ (Instrumentale Beziehungsquali- gemeinsamen Tag. tät) und die TBQ (Therapeutische Beziehungsqua- Das Team der Musiktherapie, Beate Roelcke, Ul- lität). rike Noffke und Clemens Kluge, hatte folgende Karin Schumacher, die Entwicklerin dieses Ver- Schwerpunkte vorbereitet: fahrens, Claudine Calvet und Silke Reimer haben Beate Roelcke referierte zu Beginn über das dazu das Buch „Das EBQ-Instrument und seine Thema „Körperwahrnehmung und -erleben in entwicklungspsychologischen Grundlagen“ (Van- der Musiktherapie bei neurologischen Patien- denhoeck & Ruprecht, 2011) herausgegeben, das ten“. Sie ging auf eine Auswahl der Begrifflichkeit vorwiegend aus der Arbeit mit autistischen Men- ein, erläuterte die Folgen einer Hirnverletzung schen entstanden ist. Das Vorgehen mit diesem hinsichtlich der Sinnesfunktionen, der Mitteilbar- Instrument basiert auf Videoaufnahmen sowie der keit gegenüber der Umwelt, der vegetativen Funk- Analyse von Therapiesequenzen und deren Ein- tionen, der komplexen „höheren“ Fähigkeiten schätzung anhand der Modi. Die Anwendung des (Problemlösung, Gedächtnis, Lernen, Planen, EBQ-Instruments ist zeitaufwändig, aber sehr hilf- adäquate Affekte) und die statistisch erfassten reich, u. a. als diagnostisches Verfahren, für eine prozentualen Erfolgschancen auf Heilung. Sie Evaluation von Therapiemethoden oder auch für schilderte den Ablauf eines Erstkontakts in der den Aufbau von Therapiesequenzen. Klinik und die vielfältigen Herausforderungen be- Am Nachmittag erläuterte Ulrike Noffke das Kon- züglich des Einbezugs des Körpers in die Musik- zept der Gruppe „Musik und Bewegung“. An- therapie. Wie vielschichtig der Verlauf einer mu- hand eines praktischen Beispiels zur Musik von siktherapeutischen Begleitung aussieht, welche Loreena McKennitt („The Gates of Istanbul“) und musikalischen Wirkfaktoren zum Tragen kommen einer gedanklichen Körperreise von den Füssen und was im Wahrnehmungsprozess allein bei der bis zum Kopf, teilweise mit aktiven Bewegungen, Therapeutin abläuft, zeigte sie anhand des Bei- durften alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer die spiels eines Patienten auf, der kaum sprechen Erfahrung gleich selber machen. Fragen wie „Wo konnte. Eindrücklich war auch das Interview mit startet die Bewegung in der Vorstellung? Was einer Patientin, die rückblickend nach einem Jahr macht in dem Moment das rechte Knie, wenn die ihre Erinnerungen an die Musiktherapie wieder- linke Schulter bewegt wird?“ fördern ebenso wie gab. imaginäre Bilder („In einem Weizenfeld stehen“) Nach einer Pause wurden die Themeninhalte des die Körperwahrnehmung des Menschen, eine vorangegangenen Referates in Kleingruppen mit wichtige Grundlage für die Gesundung. Hilfe körpernaher Instrumente wie Cello, Klanglie- Es geht also darum, sich selber wahrzunehmen, ge und Stimme praktisch erlebbar gemacht und Freude an einer Bewegung zu entwickeln und zu die Erfahrungen anschliessend im Plenum ausge- realisieren, was sich vielleicht anders anfühlt als tauscht. Erstaunliches war aus allen drei Gruppen zuvor und was alles, trotz momentaner Ein- Newsletter SFMT/ASMT Februar 2016 2 schränkungen, im Körper erlebt werden kann. In ter Künstler (Van Gogh, Degas, Rodin, Monet, der Gruppe „Musik und Bewegung“ hat jede Per- Miro…) oder die Gestaltung von Collagen mit son die Gelegenheit, sich als selbstbestimmend „Farbflecken“ aus Zeitschriften. Die Kommunikati- zu erleben und ihre Ressourcen zu stärken. on läuft dabei oft über kleinste Zeichen von Mimik, Clemens Kluge gab eine „Einführung zu den ak- z. B. einem Lachen in den Augenwinkeln. Grund- tiven und rezeptiven Aspekten der Loop- sätzlich hilfreich für das Ausfindigmachen von Technik“. Letztere ist eine Möglichkeit, der Ver- Vorlieben ist ganz sicher auch die Einbeziehung gänglichkeit der improvisierten Musik entgegen zu von Ehepartnern oder weiteren Bezugspersonen. wirken, mit musikalischen Sequenzen zu spielen, Was nahmen die Mitglieder der Arbeitsgruppe sie zu verändern und sie nochmals anzuhören. Im „Kreative Therapien in der Neurorehabilitation“ Gegensatz zur Maltherapie kann ja in der Musik aus dieser Tagung
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