ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Laufener Forschungsberichte (LFB) Jahr/Year: 1996 Band/Volume: 2 Autor(en)/Author(s): Zweckl Johann Artikel/Article: Landschaftsgeschichte des Haarmooses 9-33 ©Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) Laufener Forschungsbericht 2, S. 9 - 33 • Akad.Natursch.Landschaftspfl. (ANL) - Laufen/Salzach 1996 Landschaftsgeschichte des Haarmooses Johann Zweckl 1. Entstehung der Naturlandschaft ger-Tachinger Seebecken, das breite Tittmoninger Zweigbecken, das in der Hauptachse des Stamm­ Das Haarmoos verdankt seine Entstehung wie das beckens liegt, das Zweigbecken des Bür- und Ibmer- gesamte Salzachhügelland den Eiszeiten der letzten Mooses, die Talfurche des Oichtenbaches, das 700.000 Jahre. Die drei älteren Eiszeiten, Günz-, Zweigbecken der Trümer Seen und des Grabensees, Mindel-, Riß-, deren Gletscher etwa gleich weit nach das Zweigbecken des Wallersees und die Furche von Norden ins Alpenvorland vorstießen, haben die Eugendorf (SCHAEFER, 1957). Die Zweigbecken Landschaft bereits vorgeprägt. Die entscheidende sind weit bis in den anstehenden Tertiären Unter­ Formung erfolgte aber während der jüngsten, der grund hinein eingetieft. Ihre Anlage geht schon auf Würm-Eiszeit. die älteren Eiszeiten zurück. Während der Würmeis­ Der würmeiszeitliche Gletscher reichte zu seinem zeit erfuhren sie lediglich ihre letzte Ausgestaltung. Höchststand ca. 30 km weit vom Alpenrand nach Im Spätwürm oder Spätglazial ab ca. 18.000 Jahren Norden, fast bis Raitenhaslach an der Salzach, süd­ vor heute beginnt schließlich der Gletscherrückzug lich von Burghausen. Damit blieb die Würm-Verei­ und der Eiszerfall. Bis zum Alpenrand können dabei sung allerdings ca. 5 km hinter den vorangegange­ verschiedene Eisrandlagen des zerfallenden Glet­ nen Gletschervorstößen zurück (GRIMM, 1979). schers unterschieden werden (Abb. 1). Von außen Der Gletschervorstoß der Würmeiszeit begann nach nach innen sind dies: dem Riß/Würm-Interglazial im Frühwürm oder Frühglazial vor ca. 115.000 Jahren und dauerte bis die Waginger Eisrandlage, ca. 25.000 Jahre vor heute. Die Maximalvereisung die Tachinger Eisrandlage, des Hochwürms oder Hochglazials erstreckte sich die Weidseer Eisrandlage, über den Zeitraum von 25.000 bis 18.000 Jahren vor die Teisendorfer Eisrandlage, heute (ZIEGLER, 1983). Während des Hochwürms die Laufener Eisrandlage, wurden halbkreisförmig mehrere Endmoränenwälle die Freilassinger Eisrandlage. aufgeschüttet, die verschiedenen Phasen der Glet­ Nach ZIEGLER (1983) sind diese Eisrandlagen aber scherausdehnung zugeordnet werden. Die älteste ist keineswegs als Rückzugshalte des abschmelzenden die Unterweißenkirchener Phase, dann folgen die Gletschers aufzufassen, sondern markieren ledig­ Nunreuter und Radegunder Phase und schließlich lich, in Abhängigkeit vom Relief, die kontinuierli­ als jüngste die Lanzinger Phase (Abb. 1). Die Glet­ che Entwicklung des heute vorgegebenen Gewäs­ scheroberfläche dürfte während der Maximalverei­ sernetzes im Vorfeld des rückschmelzenden Glet­ sung im Gebiet des heutigen Abtsdorfer Sees und schers. Zu jedem Gletscherstand gehört eine eis­ damit auch am Haarmoos bei ca. 830m ü. NN gele­ randparallele Entwässerung, d.h. daß die aus dem gen haben (EBERS et al., 1966). Die Eisdicke betrug Gletscher austretenden Wassermassen zumindest so also über 400 Meter. lange den Eisrand entlangflossen, bis sie durch eine Gespeist wurde der Gletscher von zwei Eisströmen Lücke durch das vorgelagerte Relief abfließen konn­ aus den Alpen. Der eigentliche Salzachgletscher ten. hatte sein Einzugsgebiet im Bereich der Hohen Tau­ Das Haarmoos liegt zwischen der Teisendorfer und ern und floß durch das Salzachtor südlich von Salz­ der Laufener Eisrandlage, wo sich für einige Zeit die burg nach Norden. Der zweite Eisstrom erreichte "Abtsdorfer Seenplatte" bildete, ein Überschwem­ durch das Saalachtor zwischen Hochstaufen und mungsgebiet, das dem flächigen, weit ausgreifenden Untersberg das Vorland. Beide Eisströme ver­ spätglazialen Tittmoninger Eisrandsee südlich vor­ schmolzen zur Zeit der Maximalvereisung im Hoch­ gelagert war und in die die Schmelzwässer des Saa- glazial etwa im Gebiet östlich des Waginger Sees lach-Eisstroms mündeten (ZIEGLER, 1983). und noch südlich von Laufen (ZIEGLER, 1981). Die spätglaziale Seen- und Flußgeschichte zur Zeit Dieses Gebiet ist heute durch ein ausgedehntes der "Abtsdorfer Seenplatte" ist bei ZIEGLER (1981) Drumlinfeld charakterisiert. ausführlich beschrieben: "Mit dem Zerfall der Tei­ Durch den Gletscher wurden im Laufe der Zeit meh­ sendorfer Eisrandlage verbunden ist die Trennung rere Becken ausgeschürft. Vom großen Salzburger des Saalach- und Salzach-Eisstromes. Mit dem Eis­ Gletscherstammbecken aus folgen fingerförmig auf­ zerfall bis auf ein Niveau von ca. 450m NN taucht gefächert 8 furchen- oder beckenartige Tiefenzonen, das im Bereich des Zusammenwachsens von die sog. Gletscherzweigbecken. Von Westen nach Salzach- und Saalach-Gletscher liegende, ausge­ Osten sind dies die Teisendorfer Talung, das Wagin- dehnte Südost - Nordwest gerichtete Drumlinfeld 9 ©Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) Salzach-Durchbruch Raitenhaslach Die würmeiszeitlichen Eisrandlagen des Salzach-Saalach-Gletschers im bayerischen Alpenvorland 0 I 2 3 i 5km HachUgen Entw iaam ng i w u c / i m d ir Nunreuter und Tiismdorfir Eisrandlagi Entwdumtng zwtachm d ir Tiismdorfir- f und Fniloasätgir Eisrandlagi C l Hoehhgin z. ZI dir Ablsdorhr Sim plitti / * . * 1 Tirrmssiirtir / » Eiinndttmsun • , y Lautmschottir Hunmmdu- U BAD REICHENHALL Abbildung 1 Die würmeiszeitlichen Eisrandlagen des Salzach-Saalach-Gletschers im bayerischen Alpenvorland(aus ZIEG­ LER, 1983, verändert) 10 ©Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) zwischen den zurückweichenden Eisströmen auf, auch die in der Umgebung des Haarmooses, weniger wobei sich in abflußlosen Senken zahlreiche Seen ausgeprägt geformt sind. bildeten. Gleichzeitig kam es in dem großflächigen Ebenfalls bei Gletscherrückzug und -zerfall sind Eiszerfallsgebiet zwischen Teisendorfer und der auch Oser entstanden, wie z.B. der heute bewaldete, sich neu einpendelnden Laufener Eisrandlage, vor dammförmige Rücken am Westufer des Abtsdorfer allem in den zwischen Freilassing und Kirchanschö­ Sees (das heutige "Fischer-Holz"). Oser sind wallar­ ring sich vormals auffächemden Eisbahnen des tige, aus geschichteten Schottern und Sanden beste­ Salzach-Eisstromes zu größeren Seenbildungen, die hende, Eisenbahndämmen ähnliche Ablagerungen sich durch das Schönramer Filz und die Depression in Grundmoränenlandschaften (NEEF, 1984). südlich Leobendorf mit dem Abtsdorfer See noch In Stamm- und Zweigbecken und sonstigen Tiefla­ heute deutlich abzeichnen. gen des Salzachgletschers befinden sich heute aus­ Für die östlich des Högl abgeführten Schmelzwässer gedehnte Moorvorkommen, wie das Schönramer des inzwischen stark zurückgeschmolzenen und Kulbinger Filz und auch das Haarmoos mit dem Saalach-Eises, vor allem aber auch für die Randent­ zugehörigen Weidmoos. Im Untergrund der Moore wässerung der Saalacheiszunge, diente zwischen ca. befinden sich Seetonvorkommen aus blaugrauen, 490 und 450 m NN als Überlauf eine Drainage im sehr feinkörnigen Kalkmergeln (EBERS et al., Bereich des heutigen, Nordwest gerichteten Surver- 1966). Seetone sind die Absetzungen der spätglazia­ laufs zwischen Sillersdorf und Schönram in Rich­ len Stauseen im Bereich der eisfrei gewordenen tung Achenbach. Mit dem weiteren Eiszerfall be­ Zungenbecken. nutzten die Schmelzwässer das etwas tiefere Niveau Die Untergrundverhältnisse im Haarmoos wurden westlich Saaldorf und Leustetten zum Abtsdorfer von der BAYERISCHEN LANDESANSTALT See, der über den Schinderbach nordwärts nach Hö­ FÜR BODENKULTUR UND PFLANZENBAU fen und in den noch restlichen Tittmoninger Eisrand­ (1975) erkundet. Abb. 3 und 4 zeigen charakteristi­ see entwässert wurde." Der Abtsdorfer See ist ein sche Profile aus dem südlichen Randbereich des Restsee, der sich in einer eingetieften Wanne bis Haarmooses. Die Untergrundverhältnisse werden heute erhalten konnte. wie folgt beschrieben: "Im Untergrund liegt in einer tiefen Mulde blaugrauer, sehr weicher und (bis über Der Eiszerfall dürfte relativ schnell erfolgt sein. 7 m) mächtiger Seeton. Nur an den äußeren Rand­ Dafür wird der Zeitraum von 18.000 bis 13.000 zonen in Richtung der Moorgrenze wurde kiesiger Jahren vor heute angenommen (ZIEGLER, 1981). Sand festgestellt. Über dem Ton lagert mehr oder Nach FRENZEL (1983a) haben sich alle Vorland­ weniger mächtiger Süßwasserkalk (Seekreide), z.T. gletscher bereits gegen 14.000 Jahren vor heute in mit tonigen und teils mit tierischen Einschaltungen. die Alpentäler zurückgezogen. Vom Gletscher wur­ Über diesen Ablagerungen wurde größtenteils nur de eine leicht auf- und abwogende Landoberfläche geringmächtige Lebermudde angetroffen.... Mudde mit flachen, langgedehnten, wechselständigen Wel­ und Seekreide besitzen eine breiige Konsistenz bei len freigegeben. Diese Würm-Grundmoräne über­ einem Wassergehalt bis über 95 Gew.%. Auf kleidet das Gelände und steht mit ihrer Verwitte­ diesen organogenen und minerogenen Sedimenten rungsschicht unmittelbar unter der Pflanzendecke ist Niedermoortorf mit Carex-Hypnum (Hypnum = an. Die Mächtigkeit der Grundmoräne wechselt Laubmoostorf) und später vermehrt Waldtorf aufge- stark von schleierartig dünn bis zu 6-8 m. Im Unter­ wachsen (Tab. 1). Der Torf hat in
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