II Vorwort fensichtlich von dieser aus seiner Sicht genzblatt der Allgemeinen Literatur-Zei- nur scheinbaren Neuigkeit deutlich ab- tung wurde ihr Erscheinen am 23. Juli grenzen. 1803 angezeigt (Sp. 1214 f.). Kurz da- Erste Entwürfe entstanden im Früh- vor, am 11. Mai 1803, hatte die Allge- Die Beschäftigung mit Variationen für jahr und Sommer des Jahres 1800, aus- meine musikalische Zeitung (Nr. 33, Klavier umspannt im Leben Ludwig gearbeitet wurden die Variationen op. 34 Sp. 556 f.) bereits eine Rezension ge- van Beethovens (1770 – 1827) einen im Sommer und Herbst 1802. Beetho- bracht. Zeitraum von mehr als 40 Jahren und vens Korrespondenz gibt keine Auskunft Beethoven hatte offensichtlich keinen somit beinahe sein gesamtes Wirken als zur Entstehung des Werks. Erst der Be- Korrekturabzug erhalten; im September Komponist. Sie beginnt bei ihm im Al- gleitbrief zur Übersendung seiner auto- schrieb er an den Verlag: „die Variatio- ter von etwa 12 Jahren mit seinem ers- graphen Niederschriften von Opus 34 nen wovon sie so gütig waren mir einige ten veröffentlichten Werk überhaupt und 35 an Breitkopf & Härtel im Dezem- Exemplare zu schicken, waren doch nicht (WoO 63, 1782), reicht über Gelegen- ber 1802 liefert ein gesichertes Endda- so ganz korrekt. – ich wünschte bey alle heitswerke seiner frühen Jahre und die tum. Zuvor, im September, wurden bei- dem von den andern [Opus 35] Ein Ex- in „ganz neuer Manier“ geschriebenen de Werke von Beethovens Bruder Kaspar emplar vorher sehen zu können, da ich Variationen op. 34 und 35 bis zu den Karl bereits Franz Anton Hoffmeister immer fürchte, daß in den andern vie- „Diabelli-Variationen“ op. 120 aus dem in Leipzig angeboten (vgl. Beethoven leicht bedeutendere Fehler seyn Möch- Jahr 1823. Briefwechsel Nr. 103, vor dem 25. Sep- ten“ (Beethoven Briefwechsel Nr. 158, Als eine neue Art von Variationen bot tember 1802), sodann am 18. Ok tober zwischen 15. und 27. September 1803). Beethoven dem Verlag Breitkopf & Här- dem Verlag Breitkopf & Härtel, der das Auch ein anderweitiger Einfluss Beetho- tel in Leipzig in seinem Brief vom 18. Ok- Angebot mit Brief vom 3. November vens auf den Entstehungsprozess der tober 1802 die beiden Kompositionen annahm (vgl. Beethoven Briefwechsel Ausgabe – etwa in Form eines Korrektur- op. 34 und op. 35 an: „beyde sind auf Nr. 109). Ob die Komposition zu diesem verzeichnisses – ist nicht belegt und auch eine wircklich ganz neue Manier bear- Zeitpunkt bereits fertig war, ist nicht zu unwahrscheinlich, wie ein Quellenver- beitet, jedes auf eine andre verschiedene ermitteln. Das Autograph ist eine über- gleich von Autograph und Originalaus- Art. […] jedes thema ist darin für sich wiegend gut lesbare Reinschrift. Sowohl gabe zeigt (siehe die Bemerkungen am auf eine selbst vom andern Verschiede- die im Autograph enthaltenen Hinweise Ende der vorliegenden Edition). ne Art behandelt“ (Ludwig van Beet- für den Stecher als auch seine Proveni- Die Basis für unsere Edition bildet hoven, Briefwechsel Gesamtausgabe, enz weisen diese Quelle als Stichvorlage der Text der ebenfalls im G. Henle Ver- hrsg. von Sieghard Brandenburg, 7 Bde., aus. lag erschienenen Neuen Beethoven- München 1996 – 98, Nr. 108; undatiert Anfang März 1803 lagen Opus 34 Gesamtausgabe (Beethoven Werke, Ab- beigelegt dem Brief Nr. 107 von Kas- und 35 im Verlag „schon einige Zeit zum teilung VII, Bd. 5: Variationen für Kla- par Karl Beethoven, datiert 18. Okto- Abdruck bereit“ (Brief von Breitkopf & vier, hrsg. von Joseph Schmidt-Görg, ber 1802). Die Besonderheit der beiden Härtel an Kaspar Karl van Beethoven, München/Duisburg 1961), wobei die Werke wollte Beethoven sogar in einer 3. März 1803; Beethoven Briefwechsel Er kenntnisse des nachträglichen Kriti- eigenen, von ihm „Vorbericht“ genann- Nr. 128). Das könnte bedeuten, dass die schen Berichts (hrsg. von Felix Loy, Mün- ten Erklärung zur Originalausgabe her- Ausgaben bereits gestochen waren, viel- chen 2019) und der dort enthaltenen vorgehoben wissen, was jedoch nicht leicht aber auch lediglich, dass die Stich- Addenda- und Corrigenda-Einträge verwirklicht wurde. Den gewünschten vorlagen sich schon seit einiger Zeit im berücksichtigt werden. Wortlaut dieses Vorberichts entwarf Verlag befanden und jederzeit mit dem Beethoven zunächst auf der Titelseite Stich begonnen werden konnte. Den Für Rat und Hilfe sei Christine Siegert des Autographs von Opus 35. Mit der nicht mehr erhaltenen Druckbüchern und Jens Dufner (beide Bonn) sowie Betonung des Neuen im Entwurf seines des Verlags Breitkopf & Härtel zufolge Bernhard R. Appel (Barr/Elsass) herz- „Vorberichts“ zielte Beethoven vermut- ist die Ausgabe von Opus 34 im April lich gedankt, außerdem für freundlich lich nicht nur auf die – für ihn bei je- 1803 erschienen (vgl. Ludwig van Beet- zur Verfügung gestellte Quellenkopien dem seiner Werke selbstverständliche – hoven. Thematisch-bibliographisches allen in den Bemerkungen genannten Neuartigkeit der beiden Variationen- Werkverzeichnis, hrsg. von Georg Kinsky/ Bibliotheken. werke ab, sondern auf Anton Reichas Hans Halm, Neuausgabe bearbeitet von 36 Fugues pour le Piano-Forte (erschie- Kurt Dorfmüller/Norbert Gertsch/Julia Albstadt, Herbst 2018 nen 1804 bei S. A. Steiner in Wien), die Ronge, München 2014, Bd. 1, S. 200). Felix Loy Reicha mit dem Titelzusatz „composées Einige der ersten Exemplare verschick- d’après un nouveau Système“ versehen te der Verlag im Juni (vgl. Briefe von hatte und die Beethoven bereits vor ih- Breitkopf & Härtel an Beethoven vom rer Veröffentlichung kannte; mit seinem 2. und 30. Juni 1803; Beethoven Brief- „Vorbericht“ wollte sich Beethoven of- wechsel Nr. 141 und 146). Im Intelli- HN_1373_Vorwort.indd 2 16.01.2019 15:09:58 III Preface Initial sketches were made in the 23 July 1803 edition of the Intelligenz- spring and summer of 1800, and the blatt der Allgemeinen Literatur-Zeitung Variations op. 34 were then composed (cols. 1214 f.). The Allgemeine musika- in the summer and autumn of 1802. lische Zeitung (no. 33, cols. 556 f.) had The genre of piano variations occupied Beethoven’s correspondence offers us already published a review before this, on Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) no information on the composition his- 11 May 1803. for over forty years, thus for almost his tory of the work. The only definite in- Beethoven had clearly not received entire career as a composer. He wrote formation we have about its date of any proofs for correction. In Septem- his first piano variations at the age of completion is the letter Beethoven wrote ber he wrote as follows to the publisher: around 12, and these were his first-ever to accompany the autographs of op. 34 “The variations of which you were so published work (WoO 63, 1782). His and 35 when he sent them to Breitkopf & good as to send me several copies were early career featured occasional essays Härtel in December 1802. Beethoven’s not so correct after all. – I would like in in the genre; these were followed by his brother Kaspar Karl had already offered all this to see a copy of the other work Variations op. 34 and 35, written in an both works to Franz Anton Hoffmeister [op. 35] in advance, because I fear that “entirely new manner”, and his interest in Leipzig the previous September (cf. more serious mistakes might perhaps be in it culminated in his “Diabelli Varia- Beethoven Briefwechsel no. 103, before in it” (Beethoven Briefwechsel no. 158, tions” op. 120 in 1823. 25 September 1802), after which he of- between 15 and 27 September 1803). In his letter of 18 October 1802 to the fered them to Breitkopf & Härtel in the We have no proof of Beethoven having publisher Breitkopf & Härtel of Leip- abovementioned letter of 18 October. had any other impact on the publica- zig, offering them his op. 34 and op. 35, Breitkopf accepted the works in a let- tion process of this edition (such as pro- Beethoven described them as a new type ter of 3 November (cf. Beethoven Brief- viding a list of corrections, for exam- of variation work: “Both are written in wechsel no. 109). It is impossible to ple), and a comparison of the autograph a truly, wholly new manner, each in a know whether or not the work was ac- source with the original edition seems different way. […] every theme is treat- tually complete by the time Kaspar Karl to confirm this (see the Comments at ed in its own way, different from the was trying to sell it. The autograph is a the end of the present edition). other” (Ludwig van Beethoven, Brief- fair copy that is for the most part easily Our edition is based on the text of the wechsel Gesamtausgabe, ed. by Sieghard legible. Both the provenance of the au- New Beethoven Edition, also published Brandenburg, 7 vols., Munich, 1996 – 98, tograph and the notes made in it for the by G. Henle Verlag (Beethoven Werke, no. 108; undated, enclosed with letter engraver prove that it was used as the section VII, vol. 5: Variationen für Kla- no. 107 by Kaspar Karl Beethoven, dat- engraver’s copy. vier, ed. by Joseph Schmidt-Görg, Mu- ed 18 October 1802). Beethoven was In early March 1803, both op. 34 and nich/Duisburg, 1961), but furthermore keen to emphasise the special features op. 35 had been “ready for printing for takes account of the supplementary of these two works in an explanatory some time” (letter from Breitkopf & Critical Report for that volume (ed. by “prefatory note” (as he called it), in- Härtel to Kaspar Karl van Beethoven, Felix Loy, Munich, 2019) and the ad- tended to be added to the original edi- 3 March 1803; Beethoven Briefwechsel denda and corrigenda listed there. tion. This was not realised, however. no. 128). This could either mean that Beethoven drafted the wording of this the editions had already been engraved, We are sincerely grateful to Christine intended preface on the title page of the or perhaps merely that the engraver’s Sie gert and Jens Dufner (both from autograph of op.
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