Einsicht 15 Bulletin des Fritz Bauer Instituts , Fritz Bauer Institut Der Völkermord an den Armeniern 1915/16 Geschichte und MMitit BeiträgenBeiträgen vonvon RRolfolf HHosfeld,osfeld, Wirkung des Holocaust AAndreasndreas MeierMeier undund RainerRainer HHuhleuhle 06.04. — 01.06.2016 Editorial Bildungsstätte Anne Frank Ein kleines in Bächlein Beispiel Um Liebe Leserinnen und Leser, Dienst geleistet hatte. In seinen Tagebüchern und mit dem Fotoappa- rat hielt er das Schicksal der Armenier fest. Andreas Meier schildert, 1915/16 fi elen im Osmanischen Reich wie neben Wegner auch Franz Werfel plante, den Massenmord in Hunderttausende Armenier systemati- einem Roman zu verarbeiten. Während Werfels Die vierzig Tage schen Vertreibungen und organisierten des Musa Dagh schließlich zu einem Welterfolg wurde, vollendete Massakern zum Opfer. Ihre genaue Wegner, der als Pazifi st 1933/34 in verschiedenen Konzentrations- Zahl lässt sich nicht mehr ermitteln, die lagern inhaftiert worden war, sein Werk nicht. Schätzungen reichen bis zu 1,5 Milli- Rainer Huhle befasst sich mit der Entstehung und Entwicklung onen Toten. Vor dem Ersten Weltkrieg des Begriffs »Genozid« bzw. »Völkermord«. Dieser geht auf den hatten vermutlich etwa zwei Millionen jüdisch-polnischen Juristen Raphael Lemkin zurück, der in seinem »Es sind noch zu Armenier im Osmanischen Reich gelebt. 1943 im amerikanischen Exil entstandenen Buch über die NS-Be- Zahlreiche Staaten erkennen mitt- satzungsherrschaft im Zweiten Weltkrieg ein Kapitel mit »Genozid« lerweile an, dass es sich hierbei um überschrieben hatte. Darin skizzierte er nicht allein das Schicksal einen geplanten Genozid gehandelt der europäischen Juden, sondern jenes zahlreicher nationaler und viele Fragen offen…« * hatte. Ende April 2015 sprachen mit ethnischer Gruppen. Lemkin war nach dem Zweiten Weltkrieg – nach Bundespräsident Joachim Gauck und eigener Aussage nicht nur geprägt vom Völkermord an der europäi- Bundestagspräsident Norbert Lammert schen Judenheit, sondern auch vom Massenmord an den Armeniern Um ein triviales Beispiel zu nehmepn, erstmals auch hochrangige Repräsen- – maßgeblich an der Formulierung der Genozid-Konvention der tanten der Bundesrepublik Deutschland Vereinten Nationen von 1948 beteiligt. von uns unterzieht sich bei offi ziellen Veranstaltungen unmiss- Unser Gastprofessor im Wintersemester 2015/16, Nicolas Berg, verständlich von einem Völkermord. dem wir noch einmal herzlich für sein Wirken im und für das Institut In der Türkei wird dieser bis heute von danken möchten, befasst sich in seinem Beitrag mit »Anna Seghers Verhandlungen über den NSU-Komplex staatlicher Seite bestritten. Es werden und Victor Klemperer in der frühen DDR«. Beide Intellektuelle bis zu 300.000 Opfer eingestanden, handelten nach 1945 mit sich selbst das Verhältnis ihrer deutschen Aber wer hat irgend ein Recht die im Zuge von Deportationen ums und jüdischen Identität neu aus. Dies taten sie aber, wie Berg zeigt, Leben gekommen seien, die zum Schutz des Staates notwendig nicht in ihren Hauptwerken, sondern vielmehr in Briefen, Tagebuch- einen Menskkchen zu tadeln, der die Ent- gewesen seien. Wer anderes behauptet, dem drohen strafrechtliche notizen und anderen nicht für die Öffentlichkeit gedachten Schriften. Konsequenzen. In einem 2011 bestätigten Urteil etwa war mit dem Werner Renz ist ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fritz Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk ein führender türkischer Bauer Instituts der ersten Stunde. Seit 1995 war er nicht nur als scheidung trifft, eine Freude zum Intellektueller zu einer (geringen) Geldstrafe verurteilt worden, weil Leiter des Archivs und der Bibliothek eine zentrale Säule des Hau- er 2005 in einem Interview von der Ermordung von einer Million ses, sondern er trug mit seinen zahlreichen und pointierten Beiträ- Armeniern und 30.000 Kurden gesprochen hatte. gen vor allem zur Geschichte der Frankfurter Auschwitz-Prozesse Diese Ausgabe der Einsicht widmet sich »Aghet«, der »Katas- und zu Fritz Bauers Werk und Wirken entschieden zur inhaltlichen trophe«, wie Armenier heute den Massenmord während des Ersten Profi lierung des Instituts bei. Am 31. März 2016 ist Werner Renz in Weltkriegs bezeichnen. Dabei geht es nicht um Fragen der verglei- den Ruhestand getreten. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des chenden Genozidforschung. Unsere Aufmerksamkeit richtet sich Instituts möchten ihm für seine Arbeit ganz herzlichen Dank sagen vielmehr auf ereignis- und gedächtnisgeschichtliche Verbindungsli- und hoffen sehr, dass er uns nicht nur mit seiner Expertise, sondern Die Copy warnte nien zwischen den Morden an den Armeniern und den von Deutschen auch in der Projektarbeit weiter eng verbunden bleibt. im Nationalsozialismus begangenen Massenverbrechen. Wir möchten Sie gerne auch auf zwei Neuerscheinungen in das Blindtextchen, da, wo Rolf Hosfeld befasst sich mit den Ereignissen im Osmanischen unserer Wissenschaftlichen Reihe aufmerksam machen. Im Juni er- Reich selbst. Er skizziert die Vorgeschichte, die politische und militä- scheint Isabell Trommers Studie Rechtfertigung und Entlastung, die rische Entwicklung zu Beginn des Ersten Weltkriegs und dem daraus sich mit »Albert Speer in der Bundesrepublik Deutschland« befasst. Ausstellung & resultierenden Entschluss zur Deportation der armenischen Minder- Und im September wird die Dissertation unserer Kollegin Jenny heit sowie dessen Umsetzung. Besonderes Augenmerk widmet er der Hestermann zum Thema »Inszenierte Versöhnung. Diplomatische Veranstaltungen Haltung deutscher Diplomaten und Offi ziere im Osmanischen Reich, Reisen und die Entwicklung deutsch-israelischer Beziehungen in das ein enger Verbündeter des Deutschen Kaiserreichs gewesen war. den Jahren 1957 bis 1984« in den Buchhandel kommen. Zum Zeugen des Massenmords war 1915/16 auch der promo- vierte Jurist Armin T. Wegner geworden, der als Angehöriger einer apl. Prof. Dr. Werner Konitzer und Dr. Jörg Osterloh Weitere Informationen: bs-anne-frank.de/nsu & boell-hessen.de Weit hinten, hinter dendass Wortbergen, frn deutschen Sanitätseinheit vorübergehend im Osmanischen Reich Frankfurt am Main, im März 2016 der Länder Vokalin und Konsonandt Öffnungszeiten: Dienstag – Freitag: 12.30 — 17 Uhr, Sonntag: 12 — 18 Uhr. tien lebe n die Blin Ort: Bildungsstätte Anne Frank, Hansaallee 150, Frankfurt/Main. Semantik, eines Es packte Gefördert u.a. vom Amt für Multikulturelle Angelegenheiten der Stadt Frankfurt. h sein Initial in deni Ge ürtel Einsicht 15 Frühjahr 2016 Abb. oben: Werner Konitzer, unten: Jörg Osterloh 1 seinund * Gamze Kubasik, Tochter des achten Mordopfers, Mehmet Kubasik, zitiert nach SZ-Magazin 10/2013 Fotos: Werner Lott Inhalt Neuerscheinungen Nachrichten und Berichte Ausstellungsangebote Aktuelle Publikationen des Instituts Information und Kommunikation Wanderausstellungen des Instituts 12 Isabell Trommer: Rechtfertigung und Entlastung. Aus dem Institut 105 Legalisierter Raub. Der Fiskus und die Albert Speer in der Bundesrepublik Deutschland 95 Neuausgabe: Erste Fritz-Bauer-Biografi e wieder verfügbar Ausplünderung der Juden in Hessen 1933–1945 12 Jenny Hestermann: Inszenierte Versöhnung. Diplomatische 96 Wilhelm Leuschner-Medaille 2015: Jutta Ebeling 106 Ein Leben aufs neu. Das Robinson-Album. Reisen und die Entwicklung deutsch-israelischer 96 German Design Award: Fritz-Bauer-Ausstellung DP-Lager: Juden auf deutschem Boden 1945–1948 Beziehungen in den Jahren 1957 bis 1984 96 In ehrendem Gedenken: Iwa Deutsch sel. A. 107 Die IG Farben und das KZ Buna/Monowitz. 13 Dagi Knellessen, Ralf Possekel (Hrsg.): Zeugnisformen. Berichte, Wirtschaft und Politik im Nationalsozialismus Künstlerische Werke und Erzählungen von NS-Verfolgten Aus dem Förderverein 107 Fritz Bauer. Der Staatsanwalt. NS-Verbrechen vor Gericht 97 Berufungsverfahren: Neue Holocaust-Professur und Direktion des Fritz Bauer Instituts Aus Kultur und Wissenschaft Einsicht 98 Micha Brumlik: Buber-Rosenzweig-Medaille 2016 Publikationen Fritz Bauer Institut Forschung und Vermittlung 99 Micha Brumlik: Franz-Rosenzweig-Gastprofessur 2016 des Fritz Bauer Instituts Im Überblick 100 Tom Segev: Friedenspreis der Geschwister Korn und Der Völkermord an den Armeniern 1915/16 Gerstenmann-Stiftung 2015 108 Jahrbuch / Wissenschaftliche Reihe / Schriftenreihe u.a. 4 Das Institut / Mitarbeiter / Gremien 14 Unter den Augen der Weltöffentlichkeit 101 Eine Ausnahme: Überleben. Freundschaft. Widerstand Der Völkermord an den Armeniern / Rolf Hosfeld 102 Wiedereröffnung: Museum Judengasse 22 Aghet. Wie der armenische Völkermord zum 104 Jubiläumsjahr 2015: Zwei Publikationen zum deutsch- Romanstoff wurde / Andreas Meier israelischen Jugendaustausch 112 Impressum 30 Völkermord. Kurze Geschichte eines unglücklichen Veranstaltungen Begriffs / Rainer Huhle Halbjahresvorschau 38 Das Ich im Wir. Anna Seghers und Victor Klemperer 6 Lehrveranstaltungen in der frühen DDR / Nicolas Berg 7 Festakt: Nur die Spitze des Eisbergs. Einweihung des Ein Dokument Fritz Bauer-Denkmals von Tamara Grcic 8 Vortrag von Susanne Heim: Die Judenverfolgung der Zeitgeschichte in Deutschland 1938 und die internationale Flüchtlingskonferenz von Evian Rezensionen 8 Vortrag von Marianne Leuzinger-Bohleber: Psychoana- 2015 wurde der frühere SS-Mann Oskar Buchkritiken Gröning vom Landgericht Lüneburg lytische Überlegungen zum Projekt Step-by-Step in der Paperback wegen Beihilfe zum Mord in 300000 Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Darmstadt 50 Rezensionsverzeichnis: Liste der besprochenen Bücher Fällen zu vier Jahren Haft verurteilt. Die Hrsg. von Peter Huth 8 Buchvorstellung: Raul
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