Kormoran- LFV BAYERN und Fischbestand Kritische Analyse und Forderungen des Landesfischereiverbandes Bayern e.V. Kormoran- und Fischbestand Kritische Analyse und Forderungen des Landesfischereiverbandes Bayern e.V. Wolfgang Schröder Franz Kohl Sebastian Hanfland Inhalt 3 Vorwort 4 Kurzfassung 10 Phänomen Kormoranausbreitung 22 Fähigkeiten des Kormorans 26 Kormoran in Bayern 30 Lebensraum der Fische 38 Berufs- und Angelfischerei 42 Einfluss des Kormorans auf Fischbestände 54 Bewertung von Schäden 60 Begrenzung der Schäden 64 Forderungen des Landesfischereiverbandes 66 Literatur 68 Glossar 2 Vorwort Die vorliegende Broschüre setzt sich mit dem und den dazu ergangenen Vollzugshinweisen Phänomen Kormoran auseinander, stellt die im Vergleich zu den Rechtsvorschriften anderer Konflikte mit den berechtigten Interessen der Bundesländer längst seine „Vorbildfunktion“ ein- Fischerei dar und soll insbesondere die in der gebüßt und es ist an der Zeit, im Rahmen der neu politischen Verantwortung Stehenden, aber auch zu schaffenden „Landesartenschutzverordnung“ Behördenvertreter und unsere Mitglieder über ein adäquates Instrumentarium zu schaffen, das das Spannungsfeld „Fischerei versus Kormoran“ es erlaubt, die Balance zwischen Prädatoren und informieren, Fakten aufzeigen und Verständnis Fischfauna an unseren heimischen Gewässern dafür bewirken, dass das Verhältnis zwischen herzustellen. bedrohter Fischfauna und Prädatoren, insbeson- Unsere – wahrlich nicht überzogenen – dere dem Kormoran, zwingend ausbalanciert Forderungen haben wir in einer Resolution des werden muss. Landesfischereitages 2006, der Erlanger Erklä- Die Europäische Union hatte 2006 zum Thema rung, dargestellt und auch den politisch Verant- Kormoran festgestellt, dass es bei jedem Mit- wortlichen zur Kenntnis gegeben und ich hoffe gliedsstaat liegen würde, diejenigen Maßnahmen doch, dass die Daten und Fakten der Broschüre zu ergreifen, die er für die Bewirtschaftung dieser mithelfen, die Forderungen des Verbandes zügig Art und für die Lösung von auftretenden Kon- umzusetzen. flikten mit den Fischereiinteressen für erforderlich Ein herzliches Dankeschön gilt den Autoren, hält. Einen „europäischen Handlungsbedarf“ denen es gelungen ist, kompakt und prägnant sieht die Europäische Kommission demnach die Problematik aufzuzeigen und Anregungen nicht, der Bundesumweltminister verschließt sich zur Lösung zu geben. einem nationalen Maßnahmenplan und hat ver- schiedene Bundesratsinitiativen der Bayerischen Staatsregierung nicht weiterverfolgt. Vor diesem München, im September 2007 Hintergrund und den stetig wachsenden fische- reilichen Schäden ist es unumgänglich, durch eine regionale (bayerische) Lösung die Situation zum Wohle unserer Fischfauna zu verbessern. Eberhard Roese Bayern hat mit der aktuellen Kormoranverordnung Präsident 3 Kurzfassung Kormorane sind in Bayern und Europa so Seen sowie Abschnitte an den großen Flüssen zahlreich und weit verbreitet wie nie zuvor. Zur sind in der geltenden Kormoranverordnung von Vergrämung an Fischgewässern werden in Bayern der Gestattung, Kormorane zu töten, aus- seit 1996 jährlich mehrere Tausend Kormorane genommen. Die Abgrenzung der Schutzbereiche geschossen. Das hat örtlich zu einer leichten entspricht nicht der dramatischen Schadenslage Verbesserung der Schadenslage geführt, doch in Bayern. die Probleme des Kormoranfraßes für Fischarten- · Verlängerung der Zeiträume für den Abschuss schutz und Fischerei sind bei weitem noch nicht von Kormoranen. gelöst. Eine wirksame Vergrämung erfordert rasche Eine restriktive Handhabung ist angesichts und unbürokratische Entscheidungen in den der drängenden Probleme und des Status der Behörden sowie die Beseitigung von unnötigen Kormoranpopulation nicht angebracht. Zur Restriktionen. Der Landesfischereiverband fordert Orientierung der zu bewilligenden Zeiträume daher, auch in Anlehnung an die Schadens- für den Kormoranabschuss dienen Verordnungen regelung anderer Länder, schnellstmöglich die in anderen Ländern. · Vereinfachung der Erteilung von Ausnahme- · Unterbindung der Gründung weiterer genehmigungen. Brutkolonien. Um Anträge zur Kormoranvergrämung rasch zu Der Kormoran ist als Brutvogel in Bayern aus- bescheiden, ist die Zuständigkeit auf die Kreis- reichend vertreten. Weitere Brutkolonien verwaltungsbehörde zu übertragen. Hier, an würden eine Schadensbegrenzung unnötig der Unteren Naturschutzbehörde, können den erschweren. örtlichen Verhältnissen angepasste Entschei- · Gestattung des ganzjährigen Abschusses an dungen getroffen werden. Teichwirtschaften. · Neuanpassung der Schutzbereiche für den Eine wirksame Schadensprävention in Kormoran. Teichwirtschaften erfordert eine ganzjährige Die großen Voralpenseen und viele weitere Vergrämung. Kormoranpopulation Europa Anzahl 1.200.000 1.100.000 1.000.000 900.000 800.000 700.000 600.000 500.000 400.000 300.000 200.000 100.000 0 1970 ’72 ’74 ’76 ’78 ’80 ’82 ’84 ’86 ’88 ’90 ’92 ’94 ’96 ’98 2000 ’02 ’04 ’06 Brutvögel nichtbrütende Adulte Juvenile (1-2 jährig) Jungvögel (halbjährig) 4 Auf und Ab des Kormorans Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts war der Bayern ist vor allem Durchzugsland mit Zwi- Kormoran mit weniger als 5.000 Brutpaaren schenaufenthalt für Vögel aus den Winter- an seinem Tiefpunkt in Europa angelangt. Die quartieren. Manche Zuzügler überwintern auch Gründe waren Nachstellungen und die Wirkung in Bayern. Hinzu kommen die Brutvögel des von Pestiziden auf die Eischalendicke und somit Landes mit ihren Jungen. Zählungen zeigen die Reproduktion des Fischjägers. Maximalwerte über 9.000 Kormorane in den Monaten November bis Februar. Der Aufschwung des Kormorans kam nach dem Verbot der gefährlichsten Umweltgifte und im Zuge der vermehrten Schutzbestimmungen, insbesondere der EU-Vogelschutzrichtlinie; das Ausmaß war unerwartet groß. Zu den ursprünglichen Überwinterungsgebieten erschlossen sich die Kormorane mehr und mehr Winterräume, auch im europäischen Binnenland. Als Brutvögel eroberten die Fischjäger viele Länder Mitteleuropas, des Baltikums und jüngst sogar die Alpenländer Schweiz und Österreich. Im Jahre 1987 begannen Kormorane auch in Bayern zu brüten, zunächst am Ismaninger Spei- chersee und am Altmühlsee – beides fischreiche Kunstseen und Schutzgebiete. Der Bestand hat nun eine Größenordnung von 155.000 Brut- paaren bzw. 1,1 Millionen Vögel in Europa. Zunahme und Ausbreitung scheinen noch nicht abgeschlossen. Längst gilt der Kormoran nicht mehr als gefährdeter Vogel. Einfluss auf Fischbestände Der synchrone Rückgang der Leitfischart Äsche Schlafplätze Winter 2005/06 in den südbayerischen Gewässern seit Mitte der achtziger Jahre hat große Besorgnis erregt. In einer breit angelegten Ursachenforschung konnte der Rückgang weitgehend dem Kormo- ran zugeordnet werden. Heute sind die Mecha- nismen von Bestandseinbrüchen von Fischen in dieser Räuber-Beute-Beziehung durch Fallstudien gut bekannt: meist führt ein massiver Einfall von Kormoranen in ergiebigen Gewässerabschnitten rasch zur Reduktion des Fischbestandes. Kor- morane wenden sich danach den nächstbesten Fischgründen zu. Für einmal reduzierte Bestände genügen wenige Kormorane, um eine Fischbe- standserholung zu verhindern. Betroffen sind vor allem Salmonidenregionen, insbesondere dann, wenn Stillgewässer zufrieren und Kormorane sich an offenen Fließgewässern konzentrieren. Anzahl Kormorane 1-49 In den großen Voralpenseen sanken die Fisch- 50-99 erträge auch durch die Verbesserung der Wasser- 100-199 200-399 qualität. Heute mindert zusätzlich der Kormoran 400-799 die Erträge und beschädigt Netze. 5 Nutzung nachhaltig Überfischung 1. Jahr 1. Jahr2. Jahr 2. Jahr3. Jahr 3. Jahr 1. Jahr 1. Jahr2. Jahr 2. Jahr3. Jahr 3. Jahr Fisch-GrundbestandFisch-Grundbestand potentieller Ertragpotentieller Ertrag Entnahme AnglerEntnahme Angler nachhaltiges Fischen: etwa der halbe potentielle Ertrag wird Überfischung geht an die Substanz: starker Kormoranfraß mit der Angel entnommen – Grundbestand bleibt erhalten reduziert den Grundbestand an Fischen Die Schäden im Überblick Artenschutz: · Bestandseinbrüche an Fließgewässern mehr genügend Laichäschen aus den lokalen Bestandseinbrüche gibt es hier bei der stark Gewässern zum Abstreifen entnommen werden. gefährdeten Äsche und der Forelle sowie bei Mittelstreckenwanderern wie der stark gefähr- deten Nase, der gefährdeten Barbe, dem Hasel, Ökonomische Verluste: und dem Aitel. Dadurch ist die ökologische · Minderung des Verkehrswertes von Gewässern Funktionsfähigkeit des Systems gestört. Durch die verringerte Produktivität und die · Gefährdung von Populationen erschwerte fischereiliche Bewirtschaftung ist Mancherorts werden Populationen von ein- der Pachtwert der Gewässer gesunken; dies heimischen Fischen so sehr beeinträchtigt, dass ist eine empfindliche Beeinträchtigung des ihre Bestandserhaltung auf längere Sicht bedroht Eigentums. Diese Wertminderung betrifft ist: Jungfische erreichen nicht das laichfähige unterschiedliche Gewässer: Fischteiche zur Alter, größere laichfähige Fische sterben aus. Erzeugung von Speisefischen, Baggerseen und · Beeinträchtigung der genetischen Qualität Fließgewässer für die Angelfischerei. Zum Verlust genetischer Vielfalt bei bedrohten Schäden in Teichwirtschaften Populationen kommt noch ein weiterer Effekt: Karpfen- und Forellenteichwirte aus ganz Es war üblich, Laichäschen aus dem Gebiet zu Bayern sind betroffen. Der Schaden entsteht entnehmen, um die gewässertypische Brut für durch den Fraß von Fischen sowie durch den Besatz zu ziehen. Heute können oft nicht Verletzungen – verletzte Fische können nicht 6 mehr vermarktet werden. Verängstigte
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