Sinekkale – Herberge, Kloster Oder Gutshof?

Sinekkale – Herberge, Kloster Oder Gutshof?

OLBA XVI, 2008 SINEKKALE – HERBERGE, KLOSTER ODER GUTSHOF? Ina Eichner* Zusammenfassung ”Sinekkale in Kilikien – Kloster, Herberge oder Gutshof“ In Sinekkale, im Hinterland der Region von Seleukeia am Kalykadnos (heute Silifke), blieb einer der eindrucksvollsten spätantiken Profanbauten der kleinasia- tischen Provinz Kilikia Tracheia erhalten. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Baubefund fand in der älteren Forschung trotz gelegentlicher Erwähnungen und der Publikation von Planskizzen bisher noch nicht statt, obwohl der zweige- schossig erhaltene Bau durch einen Eckturm, drei aufwendige Latrinen und zwei in Erd- und Obergeschoß übereinander liegende Apsidenräume ein vielfältiges Repertoire an herausragenden repräsentativen Elementen aufweist. Bislang wur- den Vorschläge für eine Deutung seiner Funktion als Kloster, Karawanserei oder villa rustica gemacht. Eine erneute Untersuchung im Jahr 2003 erbrachte folgende Ergebnisse: Überreste antiker Öl- oder Weinpressen und Feldbewässerungszisternen im Umkreis des Baues zeigen, daß die Einkünfte der Bewohner überwiegend aus der Landwirtschaft stammten. Die Lage an der antiken Straße und die Anzahl von drei Latrinen im Obergeschoß bieten die Möglichkeit, zusätzlich einen kleinen Herbergsbetrieb anzunehmen. Eine Interpretation als Kloster ist jedoch aus dem Vergleich mit anderen Grundrissen bekannter Klosteranlagen der Region aus- zuschließen. Die beiden Apsidenräume lassen sich am ehesten als Hauskapellen deuten, von denen diejenige des Erdgeschosses öffentlich zugänglich war, während diejenige im Obergeschoß dem Hausherrn und seiner Familie vorbehalten gewesen sein dürfte. Schlüsselwörter: frühbyzantinisch, Latrine, Apsidenraum, Kloster, Herberge, villa rustica, Hauskapelle. * Dr. Ina Eichner, Albinstrasse 11, 551116 Mainz -D 338 Ina Eichner Özet “Kilikya’daki Sinekkale – Manastır, Konaklama Yeri ya da Çiftlik” Seleukeia am Kalykadnos (bugünkü Silifke) yerleşmesinin bulunduğu bölgenin dağlık kesiminde bulunan Sinekkale, Kilikia Tracheia eyaletinde geç antik dönem- den korunagelmiş, dini olmayan yapılar içinde en görkemli kalıntı olma özelliğini bugün hala korumaktadır. İki katlı olarak günümüze kalan yapı, bir köşe kulesi, üç adet özenle inşa edilmiş latrine’leri ve hem zemin katında hem de ikinci katta üst üste denk gelen apsisli iki mekanıyla çok yönlü bir repertuar sunarak göze çarp- masına rağmen, eski araştırmalarda arada bir söz edilmesinin ve bazı yayınlarda şematik planlarına yer verilmesinin dışında sistematik bir incelemeye konu olma- mıştır. Bugüne kadar yapının işlevine dair, manastır, kervansaray ya da villa rustica olabileceği önerileri ortaya atılmıştır. 2003 yılında yapılan yeni araştırmalarla ise şu sonuçlara ulaşılmıştır: Binanın yakınında tespit edilen yağ veya şarap işlikleri ile tarlaların sulanmasında kullanılan sarnıçlar, ev sahiplerinin geçimlerini daha çok tarımla sağladıklarını göstermiştir. Bunun yanı sıra binanın antik yol üzerinde yer alması ve üst katta üç tane latrine’nin bulunması burasının, aynı zamanda geçen yolcuların konaklaması için yol boyu hanı olarak işletilmiş olabileceği düşüncesini de akla getirmektedir. Burasının bir manastır olabileceği iddiası ise, bölgede bili- nen diğer manastırların planlarıyla karşılaştırıldığında, geçerliliğini yitirmektedir. Apsisli iki mekan ise büyük bir olasılıkla ev şapelleri olmalıdırlar; zemin katında- kine dışarıdan kişilerin gelmesi mümkünken, üst kattaki yalnızca evin beyine ve ailesine ayrılmış olmalıdır. Anahtar Kelimeler: Erken bizans, latrine, apsisli mekan, manastır, kervansa- ray, villa rustica, ev şapel. In der Region von Silifke, dem antiken Seleukeia am Kalykadnos, hat sich in dem heute Sinekkale genannten Ort einer der eindrucksvollsten spätantiken Profanbauten des Rauhen Kilikien erhalten (Fig. 5. 7. 9)1. In der Forschung ist dieser Bau bisher kaum beachtet worden – und wenn, dann wurde seine Funktion kontrovers diskutiert2. Ein guter Grund also, sich erneut mit ihm auseinanderzusetzen. Sinekkale liegt auf der Westseite der Yenibahçe-Schlucht, direkt an ei- ner antiken Straße, die aus dem Inland von Olba/Diokaisareia an die Küste führte3. In Imamlı zweigte von der großen Hauptstraße, die direkt nach Seleukeia hinunter führte, eine kleinere gepflasterte Straße ab (Fig. 3). Die- se verlief direkt an Sinekkale vorbei, passierte südlich davon den großen 1 Zur Lage vgl. Hild – Hellenkemper 1990, 412 und Karte 1: 200 000. 2 Zur Forschungsgeschichte siehe unten. 3 Vgl. Dagron – Callot 1998, 57 Fig. 1. Sinekkale – Herberge, Kloster Oder Gutshof? 339 Karsteinbruch von Aşağı Dünya sowie die Dörfer Işıkkale und Karakabaklı und führte schließlich bis hinunter an die Küste westlich von Korasion, wo sie in die große Küstenstraße einmündete4. Der Verlauf dieser antiken Straße wurde bislang offenbar nicht anhand von Messungen kartiert und ist auch nicht in die Karte des Wegenetzes, die der Vorpublikation zum Ki- likienband der Tabula Imperii Byzantini beigegeben wurde, eingetragen5. In den siebziger Jahren des 20. Jhs. erwähnen G. Dagron und O. Callot die Straße, auf der sie zur Durchführung ihres Surveys die Orte Sinekkale, Karakabaklı und Işıkkale erreicht haben6. Der Straße kam neben der Verkehrsverbindung mit der Küstenstraße auch die wichtige Funktion eines Handelsweges für die Hinterlandsiedlun- gen zu, denn in den antiken Dörfern Karakabaklı und Işıkkale stehen die- jenigen Häuser, die eigene Ölpressen besitzen, unmittelbar an der Straße7 und in dem bereits genannten Küstenort Korasion, einer befestigten Hafen- siedlung, in deren Nähe die Straße einmündet, werden in Grabinschriften nicht weniger als sieben Ölhändler (έλεοπωλαι) genannt8. In Korasion waren zudem bis zum Beginn des letzten Jahrhunderts noch die Reste eines großen Speicherbaues erhalten9. Vorstellbar ist, dass hier auch die im Hin- terland erzeugten Produkte für den Waren- und Handelsaustausch gelagert worden sind. Die Straße, der Speicherbau und die Anzahl der Ölhändler legen nahe, daß Korasion Marktfunktion für die Dörfer des Hinterlandes und somit wohl auch für die Erträge aus Sinekkale zukam. Die Existenz der antiken Straße zeigt, daß Sinekkale in der Antike zwar von den anderen Dörfern etwas abgelegen – die Entfernung zu Işıkkale beträgt ca. 3 km – jedoch unmittelbar an das antike Straßensystem ange- schlossen war. 4 Vgl. zu den genannten Orten Hild – Hellenkemper 1990, 199 (Aşağı Dünya). 290 (Karakabaklı). 277 f. (Işıkkale). 311 f. (Korasion). 5 Vgl. Hellenkemper – Hild 1986, Fig. 23, wo die genannten Orte auf der Westseite des Yenibahçe- Tales fehlen. 6 Dagron – Callot 1998, 57 Fig. 1. Die abgebildete Karte zeigt zwar den ungefähren Verlauf der Straße, es handelt sich aber nicht um eine exakte massstäbliche Kartierung. 7 Eichner (im Druck) Taf. 52 b. 53 a. 54 b. 56 (Karakabaklı, Häuser A, B, C) und Abb. 243 (Bau mit Ölmühle und Pressanlage neben dem Haus A in Işıkkale); zu den Siedlungen Hild – Hellenkemper 1990, 276 f. 290. 8 Keil – Wilhelm 1931, Nr. 114. 139. 140.162.164a.172; CIG 9204; Hild – Hellenkemper 1990, 109. 311. 9 Zu dem Speicherbau Hild – Hellenkemper 1990, 312; Keil – Wilhelm 1931, 104 Fig. 137. Taf. 42. 340 Ina Eichner Von der Küste kommend nähert sich die antike Straße der Gebäudegrup- pe von Westen her (Fig. 8). Sie durchquert dabei antike Terrassierungen und Ackerflächen, zwischen denen verstreut Ölmühlen bzw. Pressanlagen und in den Fels eingetiefte, mit Keilsteingewölben gedeckte Zisternen zur Felderbewässerung liegen. Die Existenz dieser Anlagen belegt die intensi- ve landwirtschaftliche Nutzung des Terrains seit der Antike. Die Spuren der antiken Straße verlieren sich leider im unmittelbaren Umkreis der Gebäudegruppe von Sinekkale. Durch die Ausrichtung der Haustüren der verschiedenen Nebengebäude, die zu dem Gesamtkomplex von Sinekkale gehören, ist es aber wahrscheinlich, dass die Straße nördlich am Hauptgebäude vorbei führte. Um das Hauptgebäude verteilen sich die Reste von mehreren Neben- gebäuden, darunter auch die Überreste eines wohl hellenistischen Baues aus Polygonalmauerwerk und eine einzeln stehende Tür mit sog. olbischen Symbolen auf dem Türsturz10. Diese sind nicht nur Hinweise auf eine ältere, hellenistische Bebauung an dieser Stelle, sondern bezeugen auch eine Kontinuität der Besiedlung dieses Platzes. Die Existenz zusätzlicher Bauten außer dem Hauptgebäude, von denen vermutlich einige nicht nur als Wirtschaftsbauten, sondern auch als Wohnhäuser dienten, bezeugt eine kleinere Ansiedlung, die bereits seit hellenistischer Zeit existierte. Im Zentrum dieses Beitrages steht der als Hauptgebäude bezeichnete, komplexeste Bau der kleinen Gebäudegruppe (Fig. 5. 7. 9). Seine Datie- rung allgemein in die frühbyzantinische Zeit ergibt sich aus einigen Indizi- en, die am Ende dieses Beitrages zusammengefasst werden. Mit dem Bau des Hauptgebäudes ist die späteste Ausbauphase der kleinen Gebäudegrup- pe erreicht. Vermutlich wurden auch in dieser Zeit noch die bestehenden älteren Gebäude aus Polygonalmauerwerk weiterhin genutzt. Die Forschungsgeschichte ist kurz, da Sinekkale bislang trotz der Auf- nahme eines Grundrisses noch kaum einer eingehenden Untersuchung unterzogen wurde. Das Hauptgebäude von Sinekkale wurde von Semavi Eyice zu Beginn der 70er Jahre des 20. Jhs. entdeckt und in einem schematischen Grund- riss aufgenommen11. Er interpretierte es wahlweise als Herrenhaus eines 10 Dabei handelt es sich um zwei Kränze, die eine geflügelte Keule und ein nicht sicher erkennbares weiteres Zeichen flankieren. Zu den olbischen Zeichen zuletzt Durugönül 1998, 85-89. 11 Eyice 1988, 27; Eyice 1986,

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