
Plenarprotokoll 18/191 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 191. Sitzung Berlin, Freitag, den 23. September 2016 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- b) Erste Beratung des von den Abgeordneten neten Ulrich Petzold und Wilfried Lorenz . 19025 A Volker Beck (Köln), Özcan Mutlu, Luise Amtsberg, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Tagesordnungspunkt 38: eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erleichterung der Einbürgerung Unterrichtung durch die Bundesregierung: Be- und zur Ermöglichung der mehrfachen richt der Bundesregierung zur weltweiten Staatsangehörigkeit Lage der Religions- und Weltanschauungs- Drucksache 18/5631 ................ 19039 A freiheit Drucksache 18/8740 ................... 19025 B Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ..................... 19039 A Volker Kauder (CDU/CSU) ............. 19025 C Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) .... 19040 C Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) ........... 19027 A Sevim Dağdelen (DIE LINKE) ........... 19043 B Frank Schwabe (SPD) .................. 19028 C Rüdiger Veit (SPD) .................... 19044 C Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ..................... 19030 A Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU). 19045 D Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA .... 19031 C Ulla Jelpke (DIE LINKE) ............... 19046 D Angelika Glöckner (SPD) ............... 19032 C Detlef Müller (Chemnitz) (SPD) ......... 19047 D Erika Steinbach (CDU/CSU) ............ 19033 D Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ..................... 19049 B Christine Buchholz (DIE LINKE) ...... 19034 B Marian Wendt (CDU/CSU) .............. 19050 B Dietmar Nietan (SPD) .................. 19035 A Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ Thomas Silberhorn, Parl. Staatssekretär DIE GRÜNEN) ................... 19051 B BMZ ............................. 19036 C Rüdiger Veit (SPD) .................... 19052 C Dr. Heribert Hirte (CDU/CSU) ........... 19037 C Barbara Woltmann (CDU/CSU) .......... 19052 D Tagesordnungspunkt 9: Tagesordnungspunkt 40: a) Antrag der Abgeordneten Volker Beck a) Erste Beratung des von der Bundesregie- (Köln), Özcan Mutlu, Manuel Sarrazin, rung eingebrachten Entwurfs eines Dritten weiterer Abgeordneter und der Fraktion Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Britische Versorgung und zur Änderung weiterer Staatsangehörige rasch und unkompli- Vorschriften (Drittes Pflegestärkungsge- ziert einbürgern setz – PSG III) Drucksache 18/9669 ................ 19038 D Drucksache 18/9518 ................ 19054 C II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. September 2016 b) Antrag der Abgeordneten Pia Zimmermann, Ulla Jelpke (DIE LINKE) ............... 19064 B Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias Edelgard Bulmahn (SPD) ............... 19065 B W . Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Pflege teilhabe- Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ orientiert und wohnortnah gestalten DIE GRÜNEN) ..................... 19067 D Drucksache 18/8725 ................ 19054 C Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär c) Antrag der Abgeordneten Elisabeth BMI .............................. 19069 A Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Thorsten Frei (CDU/CSU) .............. 19070 A Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Pflege vor Ort gestalten – Bessere Bedingungen für eine nutzerori- Tagesordnungspunkt 42: entierte Versorgung schaffen Antrag der Abgeordneten Jutta Krellmann, Drucksache 18/9668 ................ 19054 D Klaus Ernst, Herbert Behrens, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Wo- Ingrid Fischbach, Parl. Staatssekretärin chenhöchstarbeitszeit begrenzen und Ar- BMG ............................. 19054 D beitsstress reduzieren Pia Zimmermann (DIE LINKE) .......... 19056 A Drucksache 18/8724 ................... 19071 B Mechthild Rawert (SPD) ................ 19057 B Klaus Ernst (DIE LINKE) .............. 19071 B Pia Zimmermann (DIE LINKE) ........ 19058 B Uwe Lagosky (CDU/CSU) .............. 19072 C Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ..................... 19059 A DIE GRÜNEN) ..................... 19074 B Erwin Rüddel (CDU/CSU) .............. 19060 A Michael Gerdes (SPD) ................. 19075 B Gabriele Schmidt (Ühlingen) (CDU/CSU) .. 19076 C Heike Baehrens (SPD) ................. 19061 B Helga Kühn-Mengel (SPD) .............. 19078 B Erich Irlstorfer (CDU/CSU) ............. 19062 A Nächste Sitzung ...................... 19079 C Tagesordnungspunkt 41: Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD und Anlage 1 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Deutsches En- gagement beim Einsatz von Polizistinnen Liste der entschuldigten Abgeordneten ..... 19081 A und Polizisten in internationalen Friedens- missionen stärken und ausbauen Drucksache 18/9662 ................... 19063 A Anlage 2 Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) ..... 19063 B Amtliche Mitteilungen ................. 19081 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. September 2016 19025 (A) (C) 191. Sitzung Berlin, Freitag, den 23. September 2016 Beginn: 9.01 Uhr Präsident Dr. Norbert Lammert: Volker Kauder (CDU/CSU): Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon vor fast 20 Jahren hat die CDU/CSU-Bundestags- Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie fraktion das Erstellen eines Berichts über Religionsfrei- herzlich zur letzten Plenarsitzung in dieser Woche. heit und die Verfolgung von religiösen Minderheiten im Der Bundestag ist nicht nur, aber auch deswegen heu- Deutschen Bundestag thematisiert. Das war unter der te Morgen zusammengetreten, um dem Kollegen Ulrich Regierung Schröder. Die Regierung Schröder sah da- Petzold zu seinem heutigen 65. Geburtstag zu gratulieren mals keine Veranlassung, feststellen zu lassen, dass es eine nennenswerte Verfolgung vor allem von Christen in (Beifall) der ganzen Welt gibt. Heute diskutieren wir erneut über und nachträglich dem Kollegen Wilfried Lorenz, der in einen Bericht der Bundesregierung. Dieser Bericht zur der vergangenen Woche seinen 74. Geburtstag gefeiert weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungs- freiheit ist erstmals aufgrund eines Antrages aus diesem (B) hat. Ihnen beiden alle guten Wünsche des Hauses für das (D) neue Lebensjahr. Parlament entstanden. Zunächst einmal muss man sagen, dass wir dafür dankbar sind, dass die Bundesregierung (Beifall) diesen Bericht verfasst hat und wir heute die Möglich- keit haben, über dieses Thema, über das wohl wichtigste Wir rufen jetzt den Tagesordnungspunkt 38 auf: Menschenrecht überhaupt, das Recht auf Religionsfrei- Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre- heit, miteinander zu diskutieren. gierung In diesem Bericht wird an mehreren Beispielsfällen Bericht der Bundesregierung zur weltweiten der Frage nachgegangen, was die typischen Verfolgungs- Lage der Religions- und Weltanschauungs- muster sind. Wobei in diesem Bericht auch klargestellt freiheit wird, dass es unterschiedliche Formen der Verfolgung gibt: Es gibt zum Beispiel die Ausgrenzung. Es gibt aber Drucksache 18/8740 auch schwere Strafen für Vergehen gegen die Vorgaben Überweisungsvorschlag: eines Staates, dass nur bestimmte Religionen zugelassen Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (f) werden. Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Dieser Bericht widmet ein besonderes Kapitel einem Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Thema, das zunehmend Anlass für Unterdrückung und Verteidigungsausschuss Verfolgung ist, nämlich die Frage der Konversion. In Ar- Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend tikel 18 der Menschenrechtscharta der Vereinten Natio- Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Ausschuss für Kultur und Medien nen steht nämlich nicht nur expressis verbis, dass jeder das Recht hat, seine Religion frei und öffentlich zu leben, Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für sondern dort steht auch, dass jeder das Recht hat – weil die Aussprache 77 Minuten vorgesehen. – Das ist offen- dies zur Religionsfreiheit gehört –, seine Religion zu kundig einvernehmlich. Also können wir so verfahren. wechseln oder auch nichts zu glauben. Es gibt eine ganze Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu- Reihe von Staaten – vor allem islamische Staaten und nächst dem Kollegen Volker Kauder für die CDU/ Staaten, in denen Muslime die Mehrheit darstellen –, in CSU-Fraktion. denen der Wechsel vor allem aus der islamischen Religi- on mit Strafen, teilweise mit harten Strafen bedroht wird. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Selbst in den Ländern, in denen die Religionsfreiheit in ordneten der SPD und des Abg. Volker Beck der Verfassung garantiert wird, gibt es in Gesetzen und [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Strafgesetzbüchern harte Sanktionen bei einem Wechsel, 19026 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. September 2016 Volker Kauder (A) immer wieder auch mit dem Hinweis darauf, dass er dann Ein Letztes. Wenn wir uns anschauen, was in dieser (C) bestraft wird, wenn er öffentliches Aufsehen erregt hat. Welt passiert, dann sehen wir, dass Angehörige von Min- Aber wer entscheidet darüber, was „öffentliches Aufse- derheiten bis hin zum Tod verfolgt werden. Ich denke da- hen“ bedeutet? Wenn jemand die Religion wechselt und bei beispielsweise auch an Muslime im Irak. Allerdings dies in einem kleinen Dorf bekannt wird, kann das natür- steht in diesem Bericht nur relativ wenig – um nicht zu lich zu Aufsehen führen, weil die Angehörigen der Re- sagen: fast nichts –
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