Frauenlieder im Minnesang bis Walther von der Vogelweide Forschungsabriss und Untersuchungen zur Überlieferung, zur weiblichen Sprechhandlung und zur genderspezifischen Emotionalität Inaugural-Dissertation in der Fakultät Geistes- und Kulturwissenschaften der Otto-Friedrich-Universität Bamberg vorgelegt von Ikue Nagasawa aus Nagoya/Aichi (Japan) 2015 Frauenlieder im Minnesang bis Walther von der Vogelweide. Forschungsabriss und Untersuchungen zur Überlieferung, zur weiblichen Sprechhandlung und zur genderspezifischen Emotionalität Inhalt Vorwort ...................................................................................................................................... 4 1. Einleitung ............................................................................................................................... 5 1.1. Frauenlied als Gattungsbezeichnung ............................................................................... 5 1.2. Forschungsgeschichte zum Frauenlied .......................................................................... 11 1.3. Die Weibliche Stimme im Mittelalter ........................................................................... 27 1.4. Gegenstand und Ziel der Arbeit .................................................................................... 29 2. Überlieferungsmerkmale der Frauenlieder: Mouvance und variance in den Frauenliedern von Friedrich von Hausen bis Walther von der Vogelweide ................................................... 31 3. Weibliche Stimme in Text und Aufführung ......................................................................... 54 3.1. Weibliche, männliche und geschlechtsneutrale Strophen(teile) im frühen Minnesang 54 3.2. Die Aufführung des frühen und hohen Minnesangs ..................................................... 61 3.3. Transsexualität der gesungenen Stimme? Gender trouble bei Sänger und Publikum .. 64 4. Überlegungen zur genderspezifischen Codierung von Emotionalität .................................. 67 5. Weibliche Emotionalität und weibliches Sprechen bei Reinmar dem Alten ....................... 69 5.1. Zur Poetik des männlichen trûrens ............................................................................... 71 5.2. Reinmar MT XXXVII (MF 186,19) ............................................................................. 75 5.2.1. Dilemmatische Frauenlieder – ein Forschungsbericht ........................................... 75 5.2.2. Text und Überlieferung .......................................................................................... 77 5.2.3. Leit ohne Verlust des Geliebten: Reinmarsche Inszenierungen weiblicher Emotionalität .................................................................................................................... 82 5.2.4. Nicht trûren, sondern antworten: dilemmatisches Sprechen als weibliche Sprechhandlung ................................................................................................................ 87 2 5.3. Reinmar MT LV (MF 199,25) ...................................................................................... 93 5.3.1. Text und Überlieferung .......................................................................................... 93 5.3.2. Nicht trûren, sondern begehren: Die diskursive Fähigkeit der weiblichen Stimme ........................................................................................................................................ 104 5.4. Reinmar MT LIX (MF 203,10) und MT LXVI .......................................................... 109 5.4.1. Text und Überlieferung ........................................................................................ 109 5.4.2. vröude im Medium der weiblichen Stimme im frühen und hohen Minnesang .... 116 5.4.3. Weibliche vröude und vrouwe als vröude: Interferenzen zwischen Minnesang und Spruchdichtung ............................................................................................................... 122 6. Semantik von vröude im Medium der weiblichen Stimme bei Walther von der Vogelweide ............................................................................................................................. 125 6.1. Walther von der Vogelweide L 39,11 ......................................................................... 127 6.1.1. L 39,11 – eine Forschungsskizze ......................................................................... 127 6.1.2. Text und Überlieferung ........................................................................................ 137 6.1.3. Saelde tvon mage und vrouwe: Minnesang ohne die Rolle des männlichen Werbers ........................................................................................................................................ 145 6.2. Walther von der Vogelweide L 43,9 ........................................................................... 153 6.2.1. L 43,9 – eine Forschungsskizze ........................................................................... 153 6.2.2. Text und Überlieferung ........................................................................................ 154 6.2.3. Vröude ohne Liebe(nde): Gattungs- und Diskurskontaminationen ...................... 173 7. Zusammenfassung und Ausblick ....................................................................................... 182 8. Anhang: Kategorisierung der Emotionen nach Mees (1991) ............................................. 184 9. Literaturverzeichnis ............................................................................................................ 190 Handschriftliche Quellen .................................................................................................... 190 Ausgaben ............................................................................................................................ 191 Wissenschaftliche Hilfsmittel ............................................................................................ 194 Forschungsliteratur ............................................................................................................. 195 3 Vorwort Die vorliegende Arbeit ist die überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die im Winterse- mester 2009/10 von der Fakultät der Geistes- und Kulturwissenschaften an der Otto-Friedrich- Universität Bamberg angenommen wurde. Die Arbeit wurde zur Veröffentlichung grundle- gend gekürzt. Zahlreichen Personen gilt es an dieser Stelle für ihre großzügige Hilfe zu danken. Besonders möchte ich mich bei meiner Erstbetreuerin, Ingrid Bennewitz, dafür bedanken, dass sie die Entstehung der Arbeit längerfristig begleitet hat; Ulrich Müller† (Universität Salzburg) danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens, Gert Hübner (Universität Basel) und Peter D. Ackermann (Universität Erlangen-Nürnberg) für ihren fachlichen Rat. Jun Matsuura und Keiji Fujii† (beide University of Tokyo) verdanke ich die Anregung zur Aufnahme eines Promoti- onsstudiums. Schwierigkeiten ergaben sich aus der Abfassung der vorliegenden Arbeit in einer Sprache, die nicht meine Muttersprache ist. Mit Sicherheit hätte man die eine oder andere Stelle sprachlich eleganter formulieren können, dafür bitte ich um Verständnis. Für die Korrekturen und die wissenschaftliche Hilfestellung ist daher besonders Andrea Grafetstätter, Stephan Popp und Kai Lorenz herzlich zu danken; für die freundschaftlichen Telefongespräche meinen ehemali- gen Kommilitonen in Tokio, Hideki Asai, Kazuko Okamoto und Akane Nishioka. Auch all jenen, die hier nicht namentlich genannt werden können und die mich bei meinem Vorhaben auf verschiedene Weise unterstützt haben, möchte ich meinen Dank aussprechen. Für finanzielle Hilfe bin ich dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), der Teile meines Promotionsstudiums durch ein Stipendium unterstützt hat, zu Dank verpflichtet. Bamberg, im September 2015 Ikue Nagasawa 4 1. Einleitung 1.1. Frauenlied als Gattungsbezeichnung Die Bezeichnungen Frauenlied und Frauenstrophe sind seit dem 19. Jahrhundert in der ger- manistischen Forschung wie eine Gattungsbezeichnung gebraucht worden. Einer genaueren terminologischen Überprüfung sind sie gleichwohl nicht unterzogen worden. So wird der gleiche Sachverhalt gelegentlich in der Forschung auch als „Frauenmonolog“1, „Frauenrede“2 oder „Frauenklage“3 bezeichnet, ohne dass eine Abgrenzung ersichtlich wird. Die erste intensive Beschäftigung mit der mittelhochdeutschen Frauenstrophe beginnt mit WILHELM SCHERER, der diesen Begriff für Lieder, die von Frauen verfasst wurden, verwen- det.4 Für den Begriff Frauenlied ist aber keineswegs die weibliche Verfasserschaft vorausge- setzt worden.5 Der Begriff Frauenlied sowie Frauenstrophe zeichnet sich durch seine zweifa- che Anwendbarkeit – ein Lied von einer Frau (bzw. von Frauen)6 und ein Lied mit weibli- chem Aussagesubjekt – aus. Bereits KONRAD BURDACH spricht von „eine[m] dreifachen ur- sprung“ der „frauenlieder“: „Die frauenlieder haben, soviel ich sehe, einen dreifachen ursprung. einmal gab es würklich von frauen gedichtete lieder, wie die unter Kürenbergs namen überlieferten beweisen, mag man über diese selbst auch anders denken als ich: sie waren bestimmt für den geliebten, sei es dass sie unmittelbar vor ihm gesungen oder durch einen boten oder schriftliche ihm mit- geteilt wurden; oft waren sie antwortlieder … daneben werden männer früh solche frauen- lieder nachgebildet haben: entweder benutzten sie dabei würkliche äußerungen ihrer damen, bisweilen vielleicht wörtlich (Scherer Zs. 17, 573. 575),
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