122 VIII. KapitEl 123 Die Rennsaison 1956 Trotz der guten Rennerfolge im Rennjahr 1955 wurde der Himmel über Ingolstadt von dunklen Wolken überschattet. Auto Union erzielte gute Verkaufserfolge mit ihren Autos, aber der Verkauf von Motorrädern ging drastisch zurück. Es war die Zeit, in der die Leute vom Zweirad auf Personenwagen umstiegen. Gustl Hobl erinnert sich noch sehr gut an diese Zeit: “Unser Werk wollte sich angesichts nicht mehr guter Verkaufsergebnisse im Zweiradgeschäft weder an nationalen noch an internationalen Renngeschehen beteiligen. Als Karl Hofmann und ich nach Schweden zu einem Rennen in Kristianstat fuhren, erzählte uns der dortige schwedische Importeur, dass er 300 unverkaufte Motorräder noch vorrätig hätte. Ein Sieg, so meinte er, würde wohl helfen, das Geschäft wieder zu beleben. Wir waren erfolgreich in den Rennen und erfuhren später, dass der Importeur alle seine Maschinen verkauft hatte. Das Auftreten mit unseren DKW-Rennmaschinen hatte sich doch letztlich gelohnt und war eine Werbung für unsere Marke. Professor Eberan von Eberhorst, unser technischer Direktor und verantwortlich für die Rennabteilung, konnte schließlich auch seine Vorstandkollegen für ein erneutes Rennsportengagement positiv beeinflussen, als er sagte: DKW befindet sich im Motorradsport auf dem Weg zur Weltspitze…Allerdings musste er sich mit einem erheblich verkleinerten Budget zufrieden geben. Dass wir nun tatsächlich auf dem Weg zur Weltspitze waren, beweist das damalige Vorhaben des Moto- Guzzi-Rennleiters und zweimaligen Weltmeisters Fergus Anderson, der die 350er DKW probeweise fahren wollte und sich sogar an einer Zusammenarbeit, ebenso wie Cecil Sandford, mit DKW interessiert zeigte. Sein tödlicher Unfall mit einer BMW in Belgien machte jedoch dies zunichte und durchkreuzte auch die Pläne von Professor Eberan. Cecil Sandford aber kam ins Team unserer Rennmannschaft.“ Da nun feststand, dass sich Auto Union weiter am Renngeschehen beteiligte, bereiteten ca. 20 Techniker, Meister und Ingenieure der Rennabteilung die stehfesten und als weiter entwicklungsfähig erkannten DKW-Rennmaschinen-Konstruktionen für die neue Rennsaison 1956 vor. Hatte die 1955er Version der 350er DKW immerhin 40 PS erbracht, so schoben die erfolgshungrigen und auf die Konkurrenz begierigen Werksfahrer Gustl Hobl und Karl Hofmann sowie der englische Exweltmeister Cecil C. Sandford zu Saisonbeginn Maschinen mit einer Spitzenleistung von 42 bis maximal 45 PS an den Start. Eine derartige Leistung aus einem kompressorlosen, im Flachkolbenprinzip mit Umkehrspülung gebauten Zweitaktmotor herauszuholen, wäre wenige Jahre vorher als unmöglich und phantastisch abgetan worden. Mit einer Betriebsdrehzahl zwischen 6800 bis 124 11000 U/min. hatten die Fahrer einen breiten Drehzahlbereich zur Verfügung, innerhalb dessen eine einsetzbare Leistung vorhanden war und durch den sie das Fünfganggetriebe für alle vorkommenden Streckenverhältnisse vollwertig ausnützen konnten. Die gekoppelten hydraulischen Vorder- und Hinterradbremsen erwiesen sich als Stopper von bisher unbekannter Wirkung. Und das Fahrwerk war dem der berühmtesten Federbett-Renner Englands zumindest ebenbürtig. Eine Versuchsfahrt mit Gustl Hobl im Sattel der „singenden Säge“ auf der Autobahn bei Ingolstadt 1955/56. Die Genehmigung dazu erteilte die Bayerische Staatsregierung Natürlich hatten auch die Gegner der kommenden Saison 1956 nicht versäumt, alle nur möglichen technischen Finessen ihren Maschinen anzuvertrauen, um den deutschen DKW- Rennern das Bestmögliche entgegenzusetzen. Er erbarmungsloser Kampf zwischen der „singenden Säge“, also der Dreizylinder DKW, und der vierfachen Weltmeistermaschine von Moto-Guzzi, sowie der MV Agusta und schließlich gegen Ende der Saison noch gegen die Gilera, alles Vierzylinder Rennmaschinen, war schon vorprogrammiert. Auch an der 125er Einzylinder DKW wurde weitergearbeitet, so dass in dieser Klasse Maschinen von ca. 80 kg Gewicht und 12 bis 15 PS Leistung zur Verfügung standen. Der 125 Einzylindermotor hatte schon in 300stündigen Probeläufen auf der Bremse, dabei klaglos überstandene 15 Stunden-Vollgasdreschereien inbegriffen, sein Stehvermögen und eine verheißungsvolle Leistungsfähigkeit gezeigt. Mit nicht gerade geringen Erwartungen ging man damit in die Rennen. Bei den 125ern standen die DKW-Einzylinder einer zahlenmäßigen Übermacht von MV Agustas, Mondials, Gileras und auch Ducatis gegenüber. Mit offensichtlicher Spannung sahen die motorsportbegeisterten Menschen in ganz Deutschland dem erneuten Engagement von Auto Union DKW im nationalen und internationalen Renngeschehen entgegen. Das aufmerksam gewordene Ausland blickte teils bewundernd, teils besorgt auf die ihm so fremde Zweitakt-Phalanx der DKW´s. Man wusste ja schließlich, dass schon viele Jahre lang der Name DKW in der Welt als motorsportlicher Begriff in aller Munde war. Die Mannschaft der Rennabteilung der Auto Union 1956 von links: Karl Hofmann, Gustl Hobl, Hans Bartl, der später zum Team kam 126 Die 350er DKW „singende Säge“ mit dem technischen Rennleiter Helmut Görg sowie die neue 125ccm DKW RM mit Gustl Hobl im Sattel 127 Cecil C. Sandford aus England 1956 im Rennteam der Auto Union Ingolstadt Rechts Meister Karl Wagner von der Auto Union In der 125er Klasse fuhr Sandford eine Mondial – Rennmaschine 128 Internationales Motorradrennen in Imola/Italien am 2. April 1956 COPPA D`ORO SHELL – Ray Amm Gedächtnisrennen Das Rennen war dem im Jahre 1955 tödlich verunglückten Motorradrennfahrer Ray Amm gewidmet. Es wurde als Auftakt der Rennsaison 1956 in Europa bezeichnet und war mit den Marken Moto-Guzzi, Norton, NSU, Horex, Parilla und mit DKW stark besetzt. Für DKW fuhren Gustl Hobl und Cecil Sandford, wobei Sandford erstmalig mit einer DKW- Rennmaschine an einem Rennen teilnahm. Gustl Hobl auf einer 350er DKW während des Rennens in Imola Vom Start weg im Rennen der 350er Klasse übernahmen Hobl und Sandford die Spitze bis zur ersten Kurve. Dann musste Hobl die Führung an Baltisberger auf einer 305ccm NSU abgeben, so dass dieser nach der 1. Runde vor Lomas, Hobl, Lorenzetti und Sandford führte. Gustl Hobl konnte bis zur 8. Runde den 5. Platz halten, bis ihn der Guzzi-Fahrer Rocci auf den 6. Platz verwies. Nach dem Ausfall von Lorenzetti rückte Hobl dann wieder auf Platz fünf vor. Schon in seinem 1. Rennen für DKW musste Sandford wegen eines Kolbenbruchs das Rennen beenden. 129 Ergebnis: Klasse bis 350ccm: 30 Runden = 150,51 km 1. Bill Lomas, England, Moto-Guzzi, Durchschnitt: 127,165 km/h 2. Hans Baltisberger, Deutschland, NSU, 3. 3. Ken Kavanagh, Australien, Moto-Guzzi 5. Gustl Hobl, Deutschland/Ingolstadt, DKW, 1 Runde zurück Schnellste Runde: Bill Lomas 129,165 km/h 130 Internationales Motorradrennen in Salzburg am 1. Mai 1956 Ruppert Hollaus Gedächtnisrennen Die Autobahn wurde für dieses Rennen zur Rennstrecke umfunktioniert, für DKW beteiligten sich die Fahrer Gustl Hobl, Karl Hofmann, Cecil Sandford und Karl Lottes. Während des Trainings herrschte typischer Salzburger Schnürlregen, dementsprechend niedrig waren auch die Traininszeiten. Gustl Hobl auf der 125ccm Einzylinder DKW RM Im Rennen der Klasse bis 125ccm waren 15 Fahrer am Start, von denen nur sieben das Rennen beendeten. Vom Start kamen alle drei DKW-Maschinen gut weg und schon in der 1. Runde lag Gustl Hobl mit großem Vorsprung vor seinem Markengefährten Hofmann und Lottes an der Spitze. Sein Verfolger Montanari lag schon rund eine halbe Minute zurück. Hofmann konnte wegen technischer Probleme die dritte Runde nicht mehr beenden und auch Lottes fiel wegen ähnlicher Probleme auf den fünften Platz zurück. Zwar hatte er sich bald wieder bis auf den zweiten Platz vorgearbeitet, aber dann gab er in der 8. Runde wegen thermischer Schwierigkeiten das Rennen auf. In der 350er Klasse stellten sich dem Starter 24 Fahrer, Doppelweltmeister Fergus Anderson, als Gast vom Veranstalter und Publikum herzlich begrüßt, startete dieses Rennen. Es wurde das Spannenste des Tages. Während Sandford einen großartigen Start 131 hinlegte, klappte es bei Gustl Hobl nicht besonders gut. In den ersten drei Runden beherrschte Sandford klar das Feld, aber bereits in der 3. Runde erscheint Hobl an dritter Stelle vor Frantisek Stastny, dem schnellsten Tschechen auf der neuen 2-Zylinder Werk- Jawa. Der Rennen wurde immer dramatischer. In der 5. Runde führt immer noch Sandford, doch bereits knapp hinter ihm liegt der phantastisch fahrende Gustl Hobl, in der 7. Runde konnte er seinen Markengefährten und Teamkameraden Sandford überholen. Ein prächtiger Dreikampf entwickelte sich um den dritten und vierten Platz, den schließlich Baltisberger vor Hofmann gewinnen konnte. Die Rennabteilung war sich darin einig, dass die Fahrer Hobl, Sandford und Hofmann ein sehr sauberes und faires, jedoch bis zum Ende ein hartes Rennen gefahren haben. Ergebnisse: Klasse bis 125ccm: 10 Runden = 49 km 1. Gustl Hobl, Deutschland/Ingolstadt, DKW, Durchschnitt: 81,7 km/h 2. Rudolf Grimas, Österreich, Mondial, 3. Alonso Montanari, Italien, Dukati, Schnellste Runde: Gustl Hobl, 83,07 km/h Klasse bis 350ccm: 10 Runden = 49 km 1. Gustl Hobl, Deutschland/Ingolstadt, DKW, Durchschnitt: 94,10 km/h 2. Cecil Sandford, England, DKW, 3. Hans Baltisberger, Deutschland, NSU 4. Karl Hofmann, Deutschland/Frankfurt,DKW Schnellste Runde: Gustl Hobl, 96,8 km/h 132 Internationales Rheinpokal-Rennen am 13. Mai 1956 in Hockenheim 1. Lauf zur deutschen Motorradmeisterschaft 50000 Zuschauer erlebten bei der deutschen Motorradmeisterschaft auf dem sehr schnellen Hockenheimring ausgezeichneten Sport. Mit zwei prachtvollen
Details
-
File Typepdf
-
Upload Time-
-
Content LanguagesEnglish
-
Upload UserAnonymous/Not logged-in
-
File Pages57 Page
-
File Size-