Wasserpflanzen Des (Kinzig)-Schutter-Unditz- Fließgewässer-Systems in Der Oberrheinebene

Wasserpflanzen Des (Kinzig)-Schutter-Unditz- Fließgewässer-Systems in Der Oberrheinebene

©Staatl. Mus. f. Naturkde Karlsruhe & Naturwiss. Ver. Karlsruhe e.V.; download unter www.zobodat.at Carolinea 72 (2014): 41-62, 2 Abb.; Karlsruhe, 15.12.2014 41 Wasserpflanzen des (Kinzig)-Schutter-Unditz- Fließgewässer-Systems in der Oberrheinebene WOLFGANG SCHÜTZ , KATRIN WUCHTER , MAR K U S RÖHL & KONRAD REIDL Kurzfassung of the investigated river system consists exclusively of Gegenstand dieser Studie ist die Verbreitung der aqua- eutraphent species, which are in the majority of cases tischen Makrophyten im (Kinzig)-Schutter-Unditz-Fließ- characterized by the following traits: perennial life form, gewässer-System in der Offenburger Ober rheinebene rhizomatic storage organ, fast growth, high turnover- (Baden-Württemberg). In den untersuchten Gewässern rates of the assimilation organs, and concentration of kamen 23 Arten vor, je 17 in Schutter (unterhalb Lahr) biomass at or near the water surface. Comparisons und Unditz. Nuphar lutea, Potamogeton pectinatus und with river systems in other landscapes prove the de- Sparganium emersum waren die häufigsten Arten. In der termining influence of underlying bedrock, slope and Schutter war Potamogeton nodosus die dominierende Art. stream velocity on the composition and structure of the In vielen Abschnitten der Schutter, der Unditz und einiger aquatic vegetation. Species which are typically growing ihrer Zuflüsse war eine Massenentwicklung von Wasser- in soft water, and which are widely distributed in the pflanzen zu beobachten, begünstigt durch eine überwie- Black Forest, were neither present in the lower reaches gend schwache Strömung, fehlende bis mäßige Beschat- of the Schutter (having its source in the Black Forest) tung durch Ufergehölze und eine meist geringe Tiefe. Ein nor in any other of the investigated running waters. It beschränkender Einfluss der hohen Schwebstoff-Fracht is likely that the proportion of species susceptible to der Schutter auf die Entwicklung der makrophytischen eutrophication and disturbance has declined due to an- Vegetation war nicht feststellbar. Das Arteninventar der thropogenic influences. untersuchten Fließgewässer besteht durchweg aus eu- traphenten Arten, die sich in der Mehrzahl durch folgende Autoren Eigenschaften auszeichnen: perennierende Lebensform, Dr. WOLFGANG SCHÜTZ , Im Jägeracker 28, D-79312 Em- Rhizom als Speicherorgan, schnelles Wachstum, hohe mendingen, Tel.: 07641/935286, Fax: 07641/935285; Austauschrate der Assimilationsorgane, Konzentration E-Mail: [email protected] der Biomasse an der Wasseroberfläche. Im Schwarz- KATRIN WUCHTER , Schelmenwasen 4-8, D-72622 Nürtin- wald weit verbreitete Weichwasser-Arten sind weder im gen, Tel.: 07022/404-220, Fax: 07022/404-209; Unterlauf der im Schwarzwald entspringenden Schutter E-Mail: [email protected] noch in den anderen untersuchten Fließgewässern ver- Dr. MAR K U S RÖHL , Schelmenwasen 4-8, D-72622 Nür- treten. Vergleiche mit anderen Fließgewässer-Systemen tingen, Tel.: 07022/404-215, Fax: 07022/404-209; belegen den bestimmenden Einfluss von geologischem E-Mail: [email protected] Untergrund, Gefälle und Strömung auf die Zusammen- Prof. Dr. KONRAD REIDL , Schelmenwasen 4-8, D-72622 setzung und Struktur der aquatischen Vegetation. Es Nürtingen, Tel.: 07022/404-174, Fax: 07022/404-209; ist anzunehmen, dass der Artenreichtum und der Anteil E-Mail: [email protected] eutrophierungs- und störungsempfindlicher Arten infolge menschlicher Einflüsse zurückgegangen ist. 1 Einleitung Abstract An account is given of the distribution of aquatic macro- phytes in the (Kinzig)-Schutter-Unditz river system in the Nur wenige Gebiete wurden botanisch so aus- “Offenburger Oberrheinebene” (Baden-Württemberg, dauernd und eingehend studiert wie die Aue des Germany). Overall, 23 species were found, with each Oberrheins zwischen Basel und Mannheim. Dies 17 in the Schutter river (downriver of the city of Lahr) gilt auch für die zahlreichen Gewässer mit ihrer and the Unditz river, respectively. The most abundant artenreichen submersen Flora, die bereits von species in the waters investigated were Nuphar lutea, LAUTERBORN (1910) vor 100 Jahren eindrücklich Potamogeton pectinatus and Sparganium emersum. beschrieben und deren Veränderung durch den Potamogeton nodosus was the dominating species in Ausbau des Oberrheins umfassend dokumen- the Schutter. A mass development of macrophytes was tiert wurde (KRAU S E 1971). evident in many stream sections of the Schutter, the Außerhalb dieser rheinnahen Zone sind unsere Unditz and some of their tributaries, favoured by low stream velocities, poor shading by riparian woodland Kenntnisse der Gewässervegetation allerdings and low water depth. A high load of suspended matter auch heute noch begrenzt. Insbesondere die Flo- in the Schutter had no visible effect on the develop- ra und Vegetation der zahlreichen Fließgewässer ment of the macrophyte vegetation. The aquatic flora und Gräben zwischen alluvialer Aue und Schwarz- ©Staatl. Mus. f. Naturkde Karlsruhe & Naturwiss. Ver. Karlsruhe e.V.; download unter www.zobodat.at 42 Carolinea 72 (2014) waldrand haben kaum je das Interesse der Bota- schen 133 und 160 Meter über NN nur geringe niker erregt. Der Grundgedanke, sich vertiefend Höhenunterschiede auf. Hydrologisch gehört es mit der Gewässervegetation im Gebiet zu befas- zum (Kinzig)-Schutter-Unditz-Wasserkörper (Nr. sen, ergab sich mit der Beauftragung der ARGE 32-05-or3) mit einer Länge des Gewässernetzes FFH-Management (bestehend aus dem Büro von 101 km und einem Einzugsgebiet von 234 für Tier- und Landschaftsökologie, Dr. JÜRGEN km² Größe (RP Freiburg 2005). Im Schuttertal DEU S CHLE und dem Institut für Umweltplanung, westlich von Lahr besteht der Untergrund aus Prof. Dr. KONRAD REIDL ) zur Erstellung des Natura- Flussbettsedimenten. 2000-Managementplans (MaP) „Untere Schutter Die Talablagerungen bestehen aus groben Kie- und Unditz“ (umfasst u.a. das FFH-Gebiet 7513- sen mit kiesigem Sand und wechselnden Schluff-, 341) durch das Regierungspräsidium Freiburg, Stein- und Blockgehalten. Das schlecht sortierte Ref. 56 – Naturschutz und Landschaftspflege im Material stammt ausschließlich aus dem Schwarz- Jahr 2011. Die im Rahmen des Auftrags durch- wald. Die Mächtigkeit der Flussbettsedimente und geführten Fließgewässer-Kartierungen veran- Sande beträgt wenige Meter (Rp Freiburg 2005). lassten uns, über die Erfassungen zum Natura- Das unmittelbare Einzugsgebiet der Fließgewäs- 2000-MaP hinausgehende Untersuchungen zu ser wird in der Regel intensiv ackerbaulich oder als tätigen. Das Gebiet gehört zum Ortenaukreis, Grünland genutzt. Im FFH-Gebiet „Untere Schutter der ungefähr in der Mitte der Oberrheinebene und Unditz“ sind allerdings auch großflächige Ex- zwischen Basel und Mannheim liegt und sich zu tensivgrünlandstrukturen erhalten geblieben. großen Teilen mit dem Schutter-Unditz-(Kinzig)- Wasserkörper deckt (RP Freiburg 2005). Die Untersuchungen umfassen neben Schutter 3 Gewässer und ihrem Nebenfluss Unditz Gräben und Bäche (Bruchgraben, Dorfbach, Mittelbach, Kamm- Die Schutter entspringt am Hünersedel ober- bach, Tieflachkanal, Pfitzengraben, Muserebach, halb von Schweighausen im Mittleren Schwarz- Scheidgraben, Neuer Graben), deren Wasserfüh- wald in 680 Meter Höhe und mündet nach 56 km rung und Dimensionen groß genug sind, um eine bei Kehl in die Kinzig (Abb. 1). Bis Lahr ist die permanente Besiedlung durch Wasserpflanzen Schutter ein silikatischer Mittelgebirgsfluss, der zu ermöglichen. Aus Vergleichsgründen wird zu- unterhalb von Lahr in die Rheinebene übergeht. dem kurz auf die makrophytische Vegetation der Das Talbodengefälle der Schutter zwischen der Kinzig eingegangen, soweit diese bekannt ist. Ortschaft Schuttern und der Mündung beträgt Unsere Absicht war es, über die Identifikation 0,075 %, die Entfernung zur Mündung noch und Bewertung des Lebensraumtyps (LRT 3260) 28 km. Mit dem Eintritt in die Rheinebene nimmt im Rahmen eines MaP hinaus die Kenntnis der die bisher rhithrale Schutter, die dabei ihre Rich- Vegetation und Flora der Fließgewässer in Ba- tung von Westen nach Norden ändert, über den-Württemberg zu erweitern und durch eine weite Strecken den Charakter eines potamalen weitgehend lückenlose Kartierung die Grundla- Tieflandflusses mit schwacher Strömung und ge für spätere Wiederholungskartierungen des überwiegend schlammiger Sohle an. Besonders Schutter-Unditz-Systems zu schaffen. ausgeprägt ist dieses Erscheinungsbild zwi- Weiterhin vergleichen wir die Fließgewässer-Ve- schen Hugsweier und Kittersburg. Unterhalb von getation des (Kinzig)-Schutter-Unditz-Systems Kittersburg zeigt die Schutter allerdings wieder mit der Fließgewässer-Vegetation anderer Land- einen stärker rhithralen Charakter, da Strecken schaften in Baden-Württemberg und benachbar- mit feinkiesigem Untergrund und schnellerer ten Regionen, verbunden mit einer Gewichtung Strömung wieder zunehmen. der für die Zusammensetzung und Struktur der Die mittlere Wasserführung (bezogen auf eine makrophytischen Vegetation und Flora maßgeb- 50-jährige Periode zwischen 1970 und 2009) lichen Faktoren. am Pegel Lahr beträgt 1,4 m³/s, die Extreme schwanken zwischen einem Niedrigwasser-Ab- fluss von 254 l/s und einem Hochwasser-Abfluss 2 Geologie und Hydrologie des von 70,4 m³/s (LUBW 2012). Das Wasser der Untersuchungsgebietes Schutter ist durch eine hohe Fracht an Schweb- stoffen, die wahrscheinlich zu großen Teilen aus Das Untersuchungsgebiet ist Teil der Offenbur- einer lebhaften Seitenerosion der Ufer stammen, ger Rheinebene und weist mit Meereshöhen zwi- mehr oder weniger dauerhaft eingetrübt.

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