© Entomologische Nachrichten und Berichte; downloadEntomologische unter www.biologiezentrum.at Nachrichten und Berichte, 41,1997/4 213 W. Joost, Gotha & R. K üttner , Schweikershain Beitrag zur Kenntnis der Steinfliegen Sachsens (Plecoptera) Zusammenfasssung Es wird ein kurzer Abriß zur Erforschungsgeschichte der Plecoptera in Sachsen gege­ ben, wobei besonders die Verdienste des Lehrers M ichael R ostock (1821-1893) gewürdigt werden. Für 49 Pleco- ptera-Arten liegen aus fast allen Landesteilen neue faunistische Daten vor. Von den 3435 determinierten Steinflie­ gen entfielen allein 997 Exemplare auf Leuctra nigra, die 28 % vom Gesamtfang repräsentieren. Für 17 in Sachsen seltene Arten werden Angaben zum Vorkommen und zur Ökologie mitgeteilt. Summary Contribution to the stoneflies (Plecoptera) of Saxony - A brief historical account of Plecoptera research in Saxony is presented, with emphasis on the merits of the teacher M ichael Rostock (1821-1893). New faunistical data for 49 Plecoptera species are published from almost all parts of the country. A total of 3435 stoneflies were identified, of which 997 specimens belong to Leuctra nigra, corresponding to 28% of the total catch. Data on occurence and ecology are presented for 17 species which are rare in Saxony. „Diese Thiere haben nur den Zweck, von anderen Thieren, namentlich Fischen, gefressen zu werden ... Das dies ihr einziger Zweck ist, soll damit nicht gesagt sein. Sie sollen, um einiges zu erwähnen, ein Glied sein in der grossen Kette der Schöpfung; sie sollen die Landschaft beleben, sie sollen dem Naturforscher Stoff geben zu seinen Studien etc “ M ichael Rostock (1879) 1 Einleitung Vielen Dank auch Herrn D ietrich B raasch , Potsdam, Die vorliegende Arbeit stellt Nachweise von sächsi­ für einige Fundortangaben zu seinen früheren Auf­ schen Steinfliegen von 1953-1995 zusammen. Grund­ sammlungen in Sachsen und Herrn Prof. Peter Z wick , lage ist das Material verschiedener Entomologen, die Schlitz, für seine Hinweise in nomenklatorischen Fra­ Kollektion des Tierkundemuseums Dresden und die gen zu Siphonoperla neglecta und zur Geschichte der Sammelausbeuten der Verfasser. Für die Bereitstellung Erforschung der Steinfliegenfauna Sachsens sowie der unbearbeiteten Plecoptera des Staatlichen Museums Herrn J ürgen W olf, Dresden, für die Beschaffung der für Tierkunde Dresden und der coll. W. Jäntsch , Wil­ RosTOCKschen Arbeiten. kau-Haßlau, danken wir Kustos Herrn Dr. R üdiger K rause und Frau M artina K eitel, Waldkirchen. Wei­ 2 Geschichte der Plecoptera-Forschung in Sachsen terhin sei den folgenden Herren sehr herzlich für die Der Lehrer M ichael Rostock (1821-1893) aus Dret- Überlassung ihrer Steinfliegen-Ausbeuten an das Dres­ schen in der Lausitz veröffentlicht 1868 das erste „Ver­ dener Tierkundemuseum oder die Verfasser gedankt (in zeichnis sächsischer Neuropteren“ Im Teil B: Pseudo- Klammern: Abkürzung der Namen in der Artenliste): neuroptera führt er 15 Steinfliegen-Arten unter „Perli- Ronald Bellstedt , Gotha (R. B.), Horst Bembenek , dae“ auf. Seine Studien der damals unter Netzflügler Dresden (H. B.), Erich K leinsteuber , Chemnitz (E. begriffenen Insekten wurde maßgeblich durch das Buch K.), Franz K lima f, Erkner (F. K.), H elmut N üssler, der Wiener B rauer & Löw (1857) „Neuroptera aus­ Freital, (H. N.) Dirk M atern , Görlitz (D. M.), W olf­ triaca“ angeregt, „dessen vortreffliches Werk über die ram M ey , Berlin (W. M.), R ainer Samietz , Gotha (R. Neuropteren Österreichs die Bestimmung der deut­ S.), Jürgen V ogel , Görlitz (J. V.), Jürgen W olf, schen Arten überhaupt erleichtert, da dieselbe an und Dresden (J. W.). für sich mit weniger Schwierigkeiten verbunden ist als Abkürzungen der Autoren: W olfgang Joost (W. J.), bei Dipteren, Hymenopteren, Lepidopteren, und man in Ralf K üttner (R. K.). wenigen Jahren eine ziemlich vollständige Sammlung inländischer Neuropteren zu Stande bringen kann, “ (Rostock 1868, p.220). In den Jahren 1870, 1874 und 1879 folgen weitere Auflistungen sächsischer Neuro­ “Unserem Kollegen und Freund Herrn Dipl.-Biol. D ie tric h ptera. Die Zahl der nachgewiesenen Plecoptera-Arten B ra a s c h zum 65. Geburtstag gewidmet. steigt auf 24. 214 Entomologische Nachrichten© Entomologische und Berichte, Nachrichten 41,1997/4 und Berichte; download unter www.biologiezentrum.at 1879nennt R o s to c kdie erste von vier Steinfliegen, de­ Der Tätigkeit vonM ichael Rostock verdanken wir die ren Locus typicus sich in Sachsen befindet: Siphono- ersten Aufsammlungen und Veröffentlichungen zu perla (Jsopteryx) neglecta, „Oberwiesenthal, Juli, Au­ sächsischen Steinfliegen und anderen Insektenordnun­ gust“ Das zweite Mal listet R o s t o c k die Art 1881 auf. gen. Ziel dieser Arbeit ist auch die Würdigung seiner C l a a s s e n (1940)hält diese Veröffentlichung für die Leistungen. Seine Kollektion wäre zur Beschreibung Beschreibung der Art. I l l i e s (1966)und Z w ic k (1967c, der Fauna Sachsens um die Jahrhundertwende von 1973)übernehmen diese Angaben, ohne zu erkennen, großem Wert. Leider ist über ihren Verbleib nichts be­ daß hier ein nomen nudum vorliegt. Eine Diagnose der kannt (Jacob 1972). So läßt sich heute bei problemati­ Art findet sich erstmals in „Neuroptera germanica. schen Arten nicht mehr genau klären, welche Spezies Die Netzflügler Deutschlands“ vonRostock & Kolbe Rostock tatsächlich Vorlagen. Die Einschätzung seiner (1888, p.160).Nach den Nomenklaturregeln muß der eigenen faunistischen Arbeit ist zeitlos und richtig: „Ich Name der Art also Siphonoperla neglecta (Rostock & schliesse hiermit die Mittheilungen über die Angabe K o lb e , 1888)zitiert werden. der Fundorte seltener oder mancher Gegend e ig e n tü m ­ Rostock & Kolbe (1888) führen für das sächsische licher Arten mit der Erwartung späteren sächsischen Gebiet 23 Steinfliegen-Arten auf, von denen zwei zu Neuropterologen damit einen Dienst erwiesen zu ha- streichen sind (Braasch 1968a). Weitere Verwechs­ lungen sind möglich und wahrscheinlich. Eine erkennt Rostock noch zu Lebzeiten: „Endlich hat mich Ris in Zürich brieflich darauf aufmerksam gemacht, dass meine, somit auch B rauer 'sLeuctra nigra und Leuctra cylindrica nur eine Art bilden, wovonLeuctra nigra das <$ und Leuctra cylindrica das 9 ist, was ich bestätigt ge­ funden habe“ (Rostock 1892, p.4). Müller-Liebenau (1964, p.33) schließt aus der Nennung vonLeuctra cy­ lindrica bei Rostock & Kolbe (1888) fälschlich auf das Vorkommen von Leuctra„ major Brinck (sub. nom. cylindrica De Geer)“. Dabei ist ihre Quelle wahr­ scheinlich Aubert (1959). Illies (1966) und Zwick (1973) geben im Widerspruch zu Aubert (1959) an, daß die Autoren den Namen Leuctra cylindrica für Leuctra major verwendeten, außer De Geer. Rostock & Kolbe (1888, p. 158) beschreiben das Vorkommen ihrer Leuctra cylindrica Dg. als „Gemein, In Westfalen selten“ und geben eine Flügelspanne von 17 mm. Diese Angaben sprechen dafür, daß sie nicht Leuctra major vor sich hatten, denn sie ist eine der seltensten Stein­ fliegen unserer Fauna, dürfte auch damals nicht „ge­ mein“ gewesen sein. Außerdem sind die Tiere größer; die Flügelspanne des cf aus dem unten veröffentlichten Fund beträgt 21 mm. Möglich ist auch, daß sich Ro­ stock & Kolbes Angaben auf zwei Arten beziehen (Leuctra nigra nach Ris und eine kleinere Herbstart), denn sie notieren als Flugzeit „April, September“ Vier Jahre später beschreibt R o s to c k Capnopsis schil- leri (Abb. 1). Er notiert dazu: „Mein sehr werthge­ schätzter Freund C arl Schiller in Dresden übermit­ telte mir 6 Exemplare einer kleinen Perlidenart, die er im Mai 1890 in der Dresdener Heide an der Priessnitz erbeutet und später 1891 wieder gesammelt hat. Er hält diese Art für neu und spricht die Meinung aus, dass sie sogar eine neue Gattung bilden muß. Nach genauerer Untersuchung und Vergleichung der Arten, die in Deutschland bekannt sind, muß ich dieser Ansicht voll­ Abb. 1: Zeichnungen aus der Beschreibung von Capnopsis (Ccip- kommen beipflichten.“ ( R o s to c k 1892, p.l). nodes) schilleri (Rostock, 1892) © Entomologische Nachrichten und Berichte; downloadEntomologische unter www.biologiezentrum.at Nachrichten und Berichte, 41,1997/4 215 ben. Sie haben wenigstens das Gute, dass sie auf Wahr­ unter anderem auch erzgebirgischen Steinfliegen aus heit beruhen und dass die Arten nach dem jetzigen der coll. Jäntsch , die sich der neuen Art als zugehörig Standpunkte der Wissenschaft richtig bestimmt sind“ erwiesen (M endl 1968b). (Rostock 1879, p.80). Der Naturforscher G ustav Feurich (1868-1949), ein Eine Zusammenfassung der faunistischen Kenntnisse Schüler vonR ostock , legte 1896 ein Verzeichnis von legt B raasch (1968a) vor. Es waren zu dieser Zeit 67 Neuropteren der Umgebung von Bautzen vor. Er nennt Spezies bekannt, von denen Braasch 12 neu gefunden 12 Arten, von denen 9 aus heutiger Sicht aufrechtzuer­ hatte (Braasch 1967, 1968a). Auf seine Sammeltätig­ halten sind. keit gehen auch die von Illies (1968) publizierten Feurich und R ostock stehen in der Reihe der vielseiti­ Funde von Isoperla pawlowskii und Isoptena serricor- gen Naturkundler, die in der Oberlausitz gelebt und ge­ nis aus der mittleren Spree zurück. 1971 berichtet wirkt haben (K lausnitzer 1991). Braasch über die Entdeckung von Isoperla sudetica. 1974 und 1975 melden Braasch und O drich die Neu­ K lapälek beschreibt 1902 Taeniopteryx araneoides funde vonAmphinemura borealis und Perla bipunctata nach Material aus Budapest und Dresden. Der gleiche für die DDR aus dem Erzgebirge. Autor bearbeitet 1909 die Steinfliegen im Rahmen der von B rauer herausgegebenen Süßwasserfauna
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