2 2015 | 16 November DAS MAGAZIN DER HAMBURGISCHEN STAATSOPER Premiere „Le Nozze di Figaro“ mit Ottavio Dantone und Stefan Herheim Ballett Weltpremiere Filmfassung „Weihnachtsoratorium I-VI“ Repertoire Janáˇceks „Das schlaue Füchslein“ und Korngolds „Die tote Stadt“ Eine explosive Fusion aus klassischem Ballett, Flamenco und afrikanischem Tanz, nach KAMPNAGEL Georges Bizets „Carmen“. KAMPNAGEL.DE CARMEN DADA MASILO, SÜDAFRIKA Design: queens-design.de, © John Foto: Hogg 16.–19.12.2015 / 20:00 Gefördert von: TICKETS: KAMPNAGEL.DE / 040 270 949 49 / JARRESTR. 20 Unser Titelfoto ist während der Arbeiten am Bühnen- bild „Le Nozze di Figaro“ in den Werkstätten entstanden. Inhalt November 2015 OPER BALLETT 04 Premiere: Le Nozze di Figaro neu an der Hamburgischen 10 Repertoire: Nussknacker und Weihnachtsoratorium I-VI Staatsoper: Die notierte Musik soll in Stefan Herheims Insze- Im November ist Weihnachten nicht mehr weit. Passend zur nierung als tatsächlicher Raum beschritten werden, um daraus Jahreszeit präsentiert sich das Hamburg Ballett in der Staats- die Figuren zum Leben zu erwecken. Die musikalische Leitung oper und bei seinem Gastspiel im Festspielhaus Baden-Baden übernimmt Ottavio Dantone. Dramaturg Alexander Meier- mit zwei glanzvollen Werken John Neumeiers, in deren Hand- Dörzenbach gibt Einblicke in die Neuinszenierung. lung jeweils ein „Geschenk“ die Welt verändert. 16 Repertoire: Zwei Erfolgsproduktionen der letzten Jahre keh- RUBRIKEN ren zurück: Janáˇceks Das schlaue Füchslein und Korngolds spätromantische Oper Die tote Stadt. Die Protagonisten der 24 AfterShow: die neue Veranstaltungsserie in der Stifter-Lounge beiden Opern Hayoung Lee und Torsten Kerl im Gespräch. wird fortgesetzt. Die zweite Veranstaltung bestreiten die Phil- harmonic Clowns und Leon Gurvitch. 24 opera piccola: Startschuss für die neue Kinderoper Der kleine Schornsteinfeger. Ein Gespäch mit dem jungen Regisseur Tim 31 Opernrätsel Jentzen. 36 Leute: Die Spielzeiteröffnung 38 Spielplan 26 Ensemble: Ein Einstand nach Maß: die junge rumänische So- pranistin Iulia Maria Dan wird sich als Gräfin in Figaros Hoch- 40 Finale Impressum zeit erstmals dem Hamburger Opernpublikum präsentieren. PHILHARMONISCHES STAATSORCHESTER 34 Konzerte: Philipp Herreweghe dirigiert ein reines Beethoven- programm im 3. Philharmonischen Konzert; als Solisten sind Carolin Widmann, Marie-Elisabeth Hecker und Martin Helmchen zu Gast. Ausblick auf den Jahreswechsel: das erste Silves terkonzert mit dem Hamburgischen Generalmusikdirek- tor Kent Nagano. TITELBILD: CHRISTOF HETZER 2.2015/16 | JOURNAL 1 Oper Momentaufnahme Äneas soll in Italien das zerstörte Troja wieder- aufbauen: Rom. Er wendet sich und lässt Dido zurück (Torsten Kerl und Elena Zhidkova). „Les Troyens“ im Mai wieder im Spielplan. 2 JOURNAL | 1.2015/16 1.2015/16 | JOURNAL 3 Oper Premiere Premiere A Musikalische Leitung Il Conte d’Almaviva Marcellina Einführungsmatinee Katja Pieweck 15. November 2015 Ottavio Dantone Kartal Karagedik mit Mitwirkenden Christopher Ward (3.12.) La Contessa Don Bartolo der Produktion 18.00 Uhr Inszenierung d’Almaviva Tigran Martirossian Moderation: Premiere B Stefan Herheim Iulia Maria Dan Don Basilio Alexander Meier-Dörzenbach 17. November 2015 Bühnenbild Susanna Jürgen Sacher Katerina Tretyakova Don Curzio 8. November 2015 19.00 Uhr Christoph Hetzer Kostüme Figaro Peter Galliard um 11.00 Uhr Aufführungen Gesine Völlm Wilhelm Antonio Probebühne 1 20., 26. November, Licht Schwinghammer Franz Mayer 3. Dezember 2015 Phoenix Cherubino Barbarina Dorottya Láng Christina Gansch 19.00 Uhr; Video fettFilm (15., 20., 22.11.) 22., 29. November, Dramaturgie Maria Chabounia 18.00 Uhr Alexander Meier- Dörzenbach Chor Eberhard Friedrich Unterstützt durch die Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Staatsoper Notenlaube und Klangkäfig: Le Nozze di Figaro Alexander Meier-Dörzenbach zur Neuproduktion von Mozarts Meisterwerk ierre Augustin Caron de Beaumarchais klassifiziert Partitur auszeichnen. Wie unterschiedliche Tonstufen auf Notenli- den zweiten Teil seiner Figaro-Trilogie als die „scherz- nien tanzen Schattierungen menschlicher Liebe in diesem Stück: hafteste aller Handlungen“ und fasst das Drama La Lockung, Liebelei, Treue und Irritation finden sich zu einer Musik, P Folle journée ou Le Mariage de Figaro wie folgt zusam- die Kierkegaard zu Recht »liebestrunken« nennt. men: „Ein spanischer großer Herr liebt ein verlobtes Emanuel Schikaneder hatte mit seinem Ensemble das Theater- junges Mädchen, das er zu verführen sucht. Die Verlobte, der Mann, stück von Beaumarchais in deutscher Übersetzung im Kärntnertor- den sie heiraten soll, und die Frau des Edelmannes finden sich zu- theater einstudiert, doch unmittelbar vor der Premiere Anfang Fe- sammen, um den Plan eines absoluten Heuchlers zum Scheitern zu bruar 1785 wird die Aufführung per kaiserlichem Dekret untersagt, bringen, dem Rang, Vermögen und Freigebigkeit alle Macht verlei- „da nun dieses Stück zu viel Anstößiges enthält“; nicht etwa nur ero- hen, sein Vorhaben zu verwirklichen. Das ist alles, nichts weiter. Das tisch Anzügliches – und bei den sinnlichen Energien, Sehnsüchten Stück bietet sich Eurem Auge dar.“ und Trieben der Figuren wäre das ja durchaus denkbar – sondern Mozart und sein Librettist Lorenzo Da Ponte nutzen nun dieses polemisch Aufrühre risches. Während Marie Antoinette das Stück fünfaktige Theaterstück für ihre „comedia per musica“ – unseren gegen die Ratgeber ihres Mannes Louis XVI. durchsetzte, bewies ihr Augen und Ohren bietet sich also eine „Komödie durch Musik“ dar. Bruder Kaiser Joseph II. mit dem Verbot einen besseren politischen Auch in Le Nozze di Figaro dominiert eine Lust am Verwirrspiel und Instinkt. Seiner aufgeklärten Liberalität hingegen ist es wohl zu ver- zahlreiche Aktionen gruppieren sich um komplizierte Handlungs- danken, dass das Drama publiziert und damit dennoch verbreitet verwicklungen, doch die Oper um Begehrlichkeiten, Verführungs- wurde. versuche und Irreführungen thematisiert eher sinnliches Spiel denn Ein paar Jahre vor der Komposition von Figaro schreibt Mozart sozialen Aufruhr. an seinen Vater eine Reflexion über die Bild evozierende Macht in Anders als das gesellschaftskritische Konversationsstück von Belmontes Arie „O wie ängstlich, o wie feurig“ aus seinem Singspiel Beaumarchais liegt in der „Komödie durch Musik“ der Fokus mehr Die Entführung aus dem Serail: „man sieht das zittern – wanken – man auf klingender Raffinesse denn auf anklagender Revolution. Es sind sieht wie sich die schwellende brust hebt – welches durch ein cre- nicht verbale Herausforderungen und sprachliche Stiche, sondern scendo exprimirt ist.“ Durch die Ohren werden also Bilder von See- musikalische Ausreizungen und klingende Doppeldeutungen, die die lenregungen in den Zuschauern gemalt. Emotionen, die sich eigent- 4 JOURNAL | 2.2015/16 lich nicht metaphorisch über das Ohr vermitteln – Zittern, Wanken, In seiner „Komödie durch Musik“ erblüht ein Humor, eine geis - Schwellen, Heben – werden in eine musikalische Bildsprache trans- tige Heiterkeit, direkt aus dem musikalischen Gestus der Noten. Fi- feriert; „man sieht“ etwas. Mozart differenziert in diesem Brief sinn- garo ist kein Sozialrevoluzzer – sein „Se vuol ballare, signor Contino“ liche Wahrnehmungen: „man hört das lispeln und seufzen – welches ist beispielsweise im Ton des Menuetts gehalten, d.h. ein höfischer durch die ersten violinen mit Sordinen und einer flaute in unisono Gesellschaftstanz fordert den Grafen auf ästhetischer Augenhöhe ausgedrückt ist.“ Diese Unterscheidung von „Hören“ und „Sehen“ und nicht etwa zum kriegerischen Klassenkampf heraus. Der Diener steht am Anfang einer analytischen Auseinandersetzung mit seiner nutzt die regelmäßigen viertaktigen Perioden des Menuetts, um musikalischen Bühnensprache – es gilt, schriftlich notierte Töne gleich in der zweiten Szene des ersten Aktes – im Schauspiel kommt zum Leben auf der Bühne für die Zusehenden und Zuhörenden zu die Szene erst im dritten Akt – für uns sinnlich erfahrbar mit seinem erwe cken; leider ist der Briefwechsel Mozarts seit Sommer 1784 ver- Kontrahenten in klingenden Wettbewerb zu treten. Zwei Männer schollen, so dass sich keine theoretischen Ausweitungen zur Entste- werden so mehr durch erotische Rivalität als durch gesellschaftliche hung von Figaro 1785/86 erhalten haben. Stellung in Beziehung gesetzt. Auch Susanna erscheint in der Klang - „Die unterbrochene Hochzeit“ Ölbild von Michel Garnier (um 1789) 2.2015/16 | JOURNAL 5 Oper Premiere aura des rhythmisch eleganten Menuetts, wenn sie überraschender- schen, deren aufrichtige Gefühle durch die Musik wie schwarze weise aus dem verschlossenen Kabinett der Gräfin tritt – vielmehr in Noten auf weißem Papier zu Tage treten … musikalisch vornehmer Distinktion herausschreitet und so die pol- Am Ende des vierten Aktes bittet der Graf in G-Dur die Gräfin ternde Herrschaft als emotionale Grobiane entlarvt. Mozart schreibt um Verzeihung: „Contessa perdono!“ und bekennt damit seine bereits 1781 an seinen Vater: „ – das Herz adelt den Menschen; und Schwäche. Regisseur Stefan Herheim attestiert diesem Ende beson- wenn ich schon kein graf bin, so habe ich vielleicht mehr Ehre im leib dere Bedeutung: „Das Verführerische am Geständnis seiner Unzu- als mancher graf.“ Gerade in Le Nozze di Figaro geht es um Menschen, länglichkeit ist die unwiderstehliche Größe des Grafen im Moment die sich ihres Menschtums voll bewusst sind, bzw. werden, und so of- seiner bedingungslosen Kapitulation. Indem er ihn seine Selbster- fenbart die Oper seit ihrer Niederschrift trotz
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