Einsicht 04 Bulletin Des Fritz Bauer Instituts

Einsicht 04 Bulletin Des Fritz Bauer Instituts

Einsicht 04 Bulletin des Fritz Bauer Instituts Fritz Bauer Institut Holocaust, Geschichte und jüdische Geschichte und Gegenwart Wirkung des Holocaust PPädagogischeädagogische AAnnäherungennnäherungen Editorial Unsicherheit in der Beurteilung rassistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Äußerungen verbirgt sich hinter dem irreführenden Wortgebrauch. Ein Tabu ist bekanntlich eine Sache, die man nicht berühren darf, resp. Worte und Sätze, die man nicht aussprechen darf. Geschützt durch ein göttliches oder gesellschaftliches Verbot, ist es nicht begründungsbedürftig. Dass man aber Władysław Bar- toszewski nicht beleidigen darf, ist kein Tabu – es zu tun ist einfach falsch. Jemanden durch eine solche Äußerung in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen kann in gewissen Fällen sogar nach § 11 Abs. 3 des deutschen Strafgesetzbuches bestraft werden. Dass es kein jüdisches Gen gibt, verdankt sich nicht dem Schutzraum eines Tabus, sondern schlichter wissenschaftlicher Erkenntnis. Die vorliegende Herbstausgabe unseres Bulletins Einsicht hat den Themenschwerpunkt »Holocaust, jüdische Geschichte und Ge- genwart – Pädagogische Annäherungen« (S. 14–53). Die Beiträge Liebe Leserinnen und Leser, des Schwerpunkts sind vor allem von den MitarbeiterInnen des vom Fritz Bauer Institut und dem Jüdischen Museum Frankfurt im letzten man könnte auf den ersten Blick zufrie- Jahr gegründeten Pädagogischen Zentrums verfasst worden. Eine den sein mit der Sarrazin/Steinbach- wichtige Aufgabe dieses Zentrums ist es, Lehrern den Umgang mit Debatte. Der Ex-Bundesbanker und die Themen zu ermöglichen, die heute in Deutschland noch viel zu oft Vorsitzende des Bundes der Vertriebe- fälschlich als »Tabuthemen« bezeichnet werden. Ebenso beliebt ist Aus dem Englischen von nen haben zwar in den letzten Wochen die Rede von »vermintem Gelände«. Antisemitismus ist kein »Tabu« viel Raum in den Medien eingenom- – er soll auch nicht »tabuisiert«, sondern bekämpft werden. Jüdische Christiana Goldmann men, die Reaktion auf die beiden war Geschichte ist gleichfalls kein »vermintes Gelände«, sondern vor 494 S., Geb., ` 32,- jedoch vorwiegend kritisch. Niemand allem viel zu vielen Menschen in Deutschland gänzlich unbekannt. hat sich darauf eingelassen, mit Thilo Auch da wird die Arbeit des neuen Pädagogischen Zentrums in ISBN 978-3-86854-223-3 Sarrazin über ein spezielles jüdisches Zukunft hoffentlich viel bewirken. Wir wünschen unseren Mitarbei- Gen zu fabulieren. Niemand knüpfte an terInnen viel Erfolg bei diesen Aufgaben, und ich hoffe, die Vielfalt die von Erika Steinbach verteidigte, fast der dabei anzugehenden Themen und ihre Dringlichkeit werden in … In Großbritannien und den Vereinigten Staaten hat ›Moralische »Das Lächeln der Kantianerin nahtlos auf Adolf Hitler zurückgehende verleumderische Rhetorik den hier vorgelegten Beiträgen deutlich. Klarheit‹ schon für Aufsehen gesorgt. Philosophisch geht es um die an, die Deutschland quasi als Opfer einer aggressiven polnischen Eine Philosophin, die so schreibt, Wiederbelebung der Aufklärung im Sinne Immanuel Kants. Politisch Politik darstellte. Steinbach sah sich zudem aufgrund der einstim- Prof. Dr. Raphael Gross migen Kritik auf ihre in der Tat außergewöhnlich primitive Belei- Frankfurt am Main, im September 2010 geht es darum, den evangelikalen Christen und anderen konserva- digung des ehemaligen polnischen Außenministers und heutigen dass man es versteht? tiven Bewegungen die Deutungshoheit über Werte wie Moral, Idea- Deutschlandbeauftragten Władysław Bartoszewski sogar genötigt, lismus und Heldentum zu entreißen. Mal liest sich das Buch wie ihre vor laufender Kamera gemachten Invektiven über dessen an- geblich »schlechten Charakter« zurückzunehmen, wenn auch der Und darüber hinaus noch glaub- eine Streitschrift, mal wie ein philosophischer Roman, mal wie eine ressentimentgeladene beleidigte Zungenschlag beibehalten wurde. essayistische Auslotung des Zeitgeists.« Daniel Schreiber, Cicero Sarrazin hat unter Druck sein Gerede von dem jüdischen Gen eben- haft versichert, mit den Maximen falls bedauert. Doch bei genauerer Betrachtung fällt der Lackmustest dieser der Aufklärung die Welt ver- Reaktionen nicht ganz so eindeutig aus, wie man vielleicht hoffen würde. Insbesondere ein Wort – es ist außerdem eines der Lieb- lingsworte von Sarrazin in seinem Buch Deutschland schafft sich ändern zu können? ab – muss aufhorchen lassen. Schnell wurde nämlich das scheinba- re Argument bemüht, es sei unerhört, wie Sarrazin und Steinbach Die in Berlin lebende Ameri- »Tabus« verletzen würden. Der Begriff scheint mir seltsam deplat- ziert. Sind die Äußerungen von Sarrazin oder Steinbach wirklich Ver- kanerin Susan Neiman ist so letzungen eines Tabus – oder nicht einfach falsch? Eine eigentümliche eine Ausnahme erscheinung … www.Hamburger-Edition.de Einsicht 04 Herbst 2010 Foto: Helmut Fricke, Frankfurter Allgemeine Zeitung Inhalt Einsicht Pädagogisches Zentrum Forschung und Vermittlung Frankfurt am Main Exilforschung in der edition text + kritik Themenschwerpunkt »Holocaust, jüdische Geschichte 98 Angebote und Beratung und Gegenwart – Pädagogische Annäherungen« 99 Führungen und Studientage, Berichte und Mitteilungen 14 Identitäten, Zugehörigkeiten, Projektionen. Themen und Fragestellungen für das Pädagogische Zentrum Frankfurt Eine Einleitung von Gottfried Kößler EXILFORSCHUNG – 16 Gegenwartsbeziehungen. Erinnerungsbildung auf der Suche Ein internationales nach zeitgemäßen Perspektiven / Astrid Messerschmidt Nachrichten und Berichte Jahrbuch 22 Würde und Scham. Der Gegenstand des Lernens über den Information und Kommunikation 28 Holocaust vor dem Hintergrund der geistesgeschichtlichen n Gedächtnis des Exils Band 28 / 2010 e Formen der Erinnerung Forschung / Gottfried Kößler Aus dem Institut u Gedächtnis des Exils 28 Museumspädagogik in Jüdischen Museen. Neue 102 Relaunch: Neue Websites des Instituts, des Jüdischen Formen der Erinnerung Perspektiven auf alte Themen / Katharina Rauschenberger Museums und des Pädagogischen Zentrums Fritz Bauer Institut 30 Christen, Juden und das Geld. Über die Permanenz eines etwa 250 Seiten, ca. € 29,– ISBN 978-3-86916-077-1 Im Überblick Vorurteils und seine Wurzeln / Wolfgang Geiger Aus dem Förderverein 38 Wie erzählt man jüdische Geschichte? Narrative Konzepte 102 Bericht des Vereinsvorstands / Brigitte Tilmann Band 28 stellt Institutionen des kulturellen Gedächt- 4 Das Institut / Mitarbeiter / Gremien jüdischer Geschichte in Schulbüchern / Martin Liepach nisses wie Archive und Bibliotheken vor und untersucht 44 Didaktik zur jüdischen Gegenwart. Versuch einer Aus Kultur und Wissenschaft Formen der Erinnerung und des Vergessens am Beispiel Annäherung an ein Konzept / Manfred Levy 103 Neue Leitung: Jugendbegegnungsstätte Anne Frank von Ausstellungen und literarischen Texten. 50 Mit Kindern nicht nur über den Holocaust sprechen … 103 Neu berufen: Rebekka Voß, Seminar für Judaistik Notwendiger Perspektivwechsel auch zur Thematisierung 104 Auszeichnung: Rosl und Paul Arnsberg-Preis 2010 Veranstaltungen jüdischen Lebens in Geschichte und Gegenwart 104 Interviews mit Zeitzeugen und deren pädagogische Halbjahresvorschau Monica Kingreen Nutzung am Holocaustdenkmal Berlin 106 »Du bist anders«? Verfolgung von Jugendlichen im 6 Lehrveranstaltungen Nationalsozialismus 7 Vortragsreihe: Kulturpolitik im »Dritten Reich« 106 Memory Loops: 300 Tonspuren zu Orten des NS-Terrors 8 Vortrag von Tom Segev: Simon Wiesenthal. Die Biographie in München 1933–1945 Politik – Parteiarbeit – 8 Wanderausstellung »Legalisierter Raub« Einsicht 107 »Was ist eine Fuge?« Website zu Paul Celan: Pazifismus in Häntzschel Hiltrud (Hg.) Inge Hansen-Schaberg Kommentare Wege – Stationen – Biographisches der Emigration 108 Straßenumbenennung: Fritz-Bauer-Straße in Stuttgart- Frauen handeln Politik – Parteiarbeit – Pazifi smus in der Emigration 54 Amnestie von NS-Gehilfen. Die Novellierung des Sillenbuch Frauen handeln § 50 Abs. 2 StGB und dessen Auswirkungen auf die (Frauen und Exil, Band 3) n Neuerscheinungen NS-Strafverfolgung / Michael Greve e 277 Seiten, € 22,– u 58 Die Leere im Getto. Wie SCHINDLERS LISTE die Aktuelle Publikationen des Instituts ISBN 978-3-86916-078-8 Erinnerung in Krakau formt 9 Ulrich Wyrwa (Hrsg.), Die Reaktion des europäischen Juden- Andrea Löw und Markus Roth Ausstellungsangebote Der Band befasst sich mit dem gewaltsamen Abbruch der tums auf die Entstehung des Antisemitismus (1879–1914) Wanderausstellungen des Instituts Emanzipationsprozesse im Jahre 1933 und mit der not- 9 Micha Brumlik, Karol Sauerland (Hrsg.), Umdeuten, wendigen Neudefinition von »politischem Handeln« von verschweigen, erinnern. Die späte Aufarbeitung des 109 Legalisierter Raub. Der Fiskus und die Ausplünderung Frauen unter den Bedingungen von Verfolgung und Exil. Holocaust in Europa der Juden in Hessen 1933–1945 10 Barbara Thimm, Gottfried Kößler, Susanne Ulrich (Hrsg.), Rezensionen 111 Die IG Farben und das KZ Buna/Monowitz Verunsichernde Orte. Selbstverständnis und Weiterbildung Buch- und Filmkritiken 111 Ein Leben aufs neu. Das Robinson-Album in der Gedenkstättenpädagogik 10 Raphael Gross, Anständig geblieben. 62 Rezensionsverzeichnis: Nationalsozialistische Moral Liste der besprochenen Bücher und Filme Levelingstraße 6a [email protected] 81673 München www.etk-muenchen.de 11 Rudolf Vrba, Ich kann nicht vergeben. Meine Flucht 64 Rezensionen: Aktuelle Publikationen aus Auschwitz zur Geschichte und Wirkung des Holocaust 112 Impressum Einsicht 04 Herbst 2010 Fritz Bauer Institut Im Überblick Mitarbeiter und Arbeitsbereiche Direktor Prof.

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