eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Raffael Santi Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/Raffael+Santi MainSeite 63.593 Raffael Santi 3'315 Wörter, 22'357 Zeichen Raffael Santi, auch Rafael, Raphael (ital. Raffaello), irrtümlich Sanzio,ital. Maler, geb. 1483 zu Urbino. Der Geburtstag selbst ist streitig: je nachdem man die vom Kardinal Bembo verfaßte Grabschrift R.s deutet, welche besagt, er sei «an dem Tage, an dem er geboren war, gestorben» («quo die natus est eo esse desiit VIII Id. April MDXX», d. i. 6. April 1520, damals Karfreitag), setzt man den Geburtstag auf den 6. April oder auf den Karfreitag, d. i. 28. März 1483, an. Seine erste künstlerische Unterweisung dankte er dem Vater Giovanni Santi (s. d.), den er jedoch bereits im 12. Jahre verlor, sodann einem unbekannten Meister in Urbino, vielleicht dem Timoteo Viti, mit dem er auch später enge Beziehungen unterhielt. Erst 1499 verließ er die Vaterstadt und trat in die Werkstätte des damals hochberühmten Malers Perugino (s. d.) in Perugia. Das älteste Datum, welches man auf seinen Bildern antrifft, ist das Jahr 1504 (auf dem «Sposalizio», s. unten); doch hat er gewiß schon früher selbständig für Kirchen in Perugia und in Città di Castello gearbeitet. 1504 siedelte Raffael Santi nach Florenz über, wo er die nächsten Jahre mit einigen Unterbrechungen, die ihn nach Perugia und Urbino zurückführten, verweilte. In Florenz war der Einfluß Leonardos und Fra Bartolommeos auf seine künstlerische Vervollkommnung am mächtigsten; von jenem lernte er die korrekte Zeichnung, von diesem den symmetrischen und dabei doch bewegten Aufbau der Figuren. Als abschließendes künstlerisches Resultat seines Aufenthalts in Florenz ist die 1507 für San Fancesco in Perugia gemalte Grablegung zu betrachten (jetzt in der Galerie Borghese zu Rom). Auf Bramantes Veranlassung wurde er dann 1508 vom Papst Julius II. nach Rom berufen. Dort schmückte er im Vatikanischen Palast eine Reihe von Prunkgemächern, die sog. Stanzen, sowie die anschließenden Loggien mit berühmt gewordenen Darstellungen. R.s Ruhm verbreitete sich weithin. Von den Päpsten Julius II. und Leo X. wurde er mit Aufträgen überhäuft, für König Franz I. von Frankreich und andere Große war er thätig, eine große Zahl von Schülern schloß sich ihm an, und zu diesen Künstlerehrungen kam eine außerordentlich glänzende Stellung. Von schönen, milden Gesichtszügen, die jugendliche schlanke Gestalt in prächtige Gewänder gekleidet, hatte Raffael Santi mehr das Aussehen eines Fürsten als eines Malers; seine liebenswürdige Persönlichkeit und sein heiteres, angenehmes Wesen, das seine Zeitgenossen nicht genug preisen können, stand in schroffen Gegensatz zu dem finstern, verschlossenen, grübelnden Wesen seines größten Nebenbuhlers Michelangelo, von dem er auch seiner Kunstrichtung nach so sehr verschieden war. In den letzten fünf Jahren seines Lebens war er noch oberster Leiter des Baues der Peterskirche, und neben architektonischen Studien nahmen ihn noch archäol. Untersuchungen in Anspruch. Er studierte den Vitruv, und um die alten Denkmäler selbst auf sich wirken zu lassen, kam er auf den Gedanken, das ganze alte Rom aus dem Schutt der Jahrhunderte wieder an das Tageslicht zu fördern. Ein Breve des Papstes Leo X. machte ihn zum Konservator der Denkmäler 10 Miglien weit im Umkreis von 0593a mehr Rom. Während seine Sorge, das alte Rom wieder zum Leben zu erwecken, Papst und Römer begeisterte, führte ihn selbst eine Krankheit in einen allzu frühen Tod. Er zog sich ein Fieber zu und starb nach kurzem Krankenlager am Karfreitag (6. April) 1520, genau 37 J. alt. Sein Leichnam wurde im Pantheon beigesetzt. Als die Gruft 1833 geöffnet wurde, fand man seine Gebeine noch ziemlich wohl erhalten. Raffael Santi war nicht vermählt, jedoch verlobt mit Maria Bibbiena, der Nichte des gleichnamigen Kardinals, die noch vor ihm starb. R.s umfassende Thätigkeit als Freskomaler begann erst mit seiner Übersiedelung nach Rom. Dort schmückte er vor allem im Vatikan drei Zimmer und einen größern Saal, die in einer Flucht liegenden sog. Stanzen, mit geschichtlich-symbolischen und biblischen Wand- und Deckengemälden. (Vgl. Gruyer, Essai sur les fresques de Raffael Santi au Vatican, 2 Bde., Par. 1858-59.) In ihrer ganzen Größe ist die Aufgabe erst allmählich an den Künstler herangetreten. Ursprünglich beabsichtigte Julius II. nur eine mäßige Ausschmückung der Räume und übergab dieselbe Malern aus Umbrien und Siena, wie Perugino, Sodoma u. a. In die Reihe derselben trat, wahrscheinlich durch seinen Lehrer Perugino eingeführt, der junge Raffael Santi; schon nach Fertigstellung der ersten Fresken zeigte es sich, daß Raffael Santi alle Genossen an künstlerischer Begabung übertraf, infolgedessen ihm die Arbeit ausschließlich überlassen wurde. Ihr weihte er fortan (1508-20) sein Leben, vollendet wurde sie erst von seinen Schülern. Im ersten Zimmer, der Stanza della Segnatura (1508-11 ausgemalt), schildert Raffael Santi, an die Anschauungen der Renaissance anknüpfend, die Mächte, welche das Geistesleben bewegen und das menschliche Dasein ordnen, und führt uns die Seite 1 / 5 eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Raffael Santi Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/Raffael+Santi Gemeinden, die diesen Mächten huldigen, vor Augen. An der Decke stellte er die Mächte selbst: Theologie, Poesie, Philosophie und Jurisprudenz in Rundbildern dar und dazwischen in oblongen Feldern Beispiele ihres Waltens: Sündenfall, Bestrafung des Marsyas, Erforschung der Welt, Salomos Urteil. Auf den großen Wandbildern treten uns die Gemeinden, welche diese Ideen auf Erden verkörpern, entgegen. In der sog. Disputa (keine Disputation über die Abendmahlslehre, sondern eine Verherrlichung des christl. Glaubens) die christl. Gemeinde der Gläubigen um den Altar bei geöffnetem Himmel geschart (gestochen von Jos. Keller, 1859); im Parnaß die Dichter alter und neuer Zeit um Apollon und die Musen versammelt. Die sog. Schule von Athen (den Karton dazu bewahrt die Ambrosianische Bibliothek zu Mailand: Kupferstich von L. Jakoby, 1882) zeigt die Vertreter der Wissenschaft, vorwiegend griech. Philosophen, von Platon und Aristoteles geführt, wie sie lehren und unterweisen. In dem Bilde hat sich Raffael Santi selbst, von rechts mit Perugino in die Versammlung tretend, dargestellt. Vertreter der Jurisprudenz sind Papst und Kaiser, wie sie den Befehl zur Abfassung der Gesetzbücher erteilen. In dem zweiten Zimmer, der Stanza d?Eliodoro (1512-14 ausgemalt), beziehen sich die Wandbilder auf den unmittelbaren Beistand, den Gott der Kirche geleistet. Das erste derselben, das dem ganzen Raum den Namen gegeben, schildert mit wunderbarer Kraft des Ausdrucks die Vertreibung des Heliodorus aus dem Tempel zu Jerusalem durch einen himmlischen Reiter (Makkab. 2,3), mit innerer Beziehung auf die Befreiung des Kirchenstaates von seinen Feinden zur Zeit Papst Julius? II. Ferner ist hier dargestellt: die 1263 stattgefundene Messe von Bolsena (s. d.), dem ungläubigen Priester gegenüber die Porträtfigur Julius? II., in Bezug auf Malerei wohl das vollendetste Fresko R.s; Abwehr Attilas von Rom durch Leo I. 452, mit Beziehung auf die Vertreibung der Franzosen aus Italien nach der Schlacht bei Novara 1513 (Leo I. mit den Zügen des Papstes Leo X.), Befreiung Petri aus dem Gefängnis durch den Engel (in drei Abteilungen). Die sehr beschädigten Deckenbilder stellen vier Scenen aus dem Alten Testament dar (entsprechend der obigen Reihenfolge der Wandbilder): Jehovah erscheint dem Moses im feurigen Busch, Opferung Isaaks, Jehovah erscheint Noah, Jakobs Traum von der Himmelsleiter. Im dritten Zimmer, Stanza dell?Incendio nach dem Hauptbild genannt (1514-17 ausgemalt), werden Ereignisse aus der Zeit der Päpste Leo III. und IV. vorgeführt. Die in Bezug auf dramat. Lebendigkeit bedeutendste Komposition von R.s Fresken im Vatikan ist: Der Brand des Borgo 847 (eine im Vatikanischen Quartier, dem Borgo, ausgebrochene Feuersbrunst wird von Papst Leo IV. durch das Kreuzeszeichen von der Loggia der Peterskirche herab gelöscht), einer Schilderung des Brandes von Troja vergleichbar (vorn anscheinend Äneas mit seinem alten Vater auf dem Rücken). Das Gemälde wurde noch eigenhändig von Raffael Santi geschaffen: die übrigen Gemälde desselben Saales: Eid Leos III. vor Karl d. Gr., Kaiserkrönung Karls d. Gr. durch Leo III., Sieg Leos IV. über die Saracenen bei Ostia, wurden nach seinen Entwürfen und unter seinen Augen ausgeführt. Die Fresken in der vierten Stanze, dem sog. Saale des Konstantin, die Begebenheiten aus dem Leben dieses Kaisers (insbesondere die Schlacht Konstantins d. Gr. gegen Maxentius) darstellen, sind erst nach R.s Tode, zumeist von seinem Schüler G. Romano, in Farben ausgeführt, ja teilweise erst entworfen worden. Eine andere große Arbeit, die Leo X. dem Künstler noch auftrug, war die Ausschmückung der Loggien (s. Loggia) im Vatikan, die den sog. Hof des heil. Damasus umgeben. Nur im zweiten Stockwerk des westl. Teils hat Raffael Santi die 13 Arkaden desselben an ihren gewölbten Decken mit 52 (13 X 4) kleinen viereckigen Freskobildern aus der Bibel, besonders dem Alten Testament, an ihren Wänden und Pfeilern aber mit Ornamenten und Arabesken höchst mannigfaltig und phantasiereich geschmückt. Im Entwurf rührt das meiste von ihm her; die Ausführung überließ er seinen Schülern G. Romano, Franc. Penni, Perino del Vaga, Caldara u. a. Ein noch bedeutenderes Werk R.s sind die großen in Wasserfarben 1515-16 ausgeführten Kartons, nach denen in Brüssel Gobelintapeten gewirkt wurden, die an Festtagen den untern Teil der Wände der Sixtinischen Kapelle
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