Zum 50. Todestag Von Jean Cocteau E É H P R O ’ D

Zum 50. Todestag Von Jean Cocteau E É H P R O ’ D

Zum 50. Todestag von Jean Cocteau E É H P R O ’ D T N E M A T S E T E L Der Poet und seine »zehnte Muse«: kumentarischem Realismus zu zeigen. Der Avantgarde - der Kinematograph film LE SANG D’UN POÈTE (DAS BLUT EINES DICH - u Wie alle avantgardistischen Künstler seiner Zeit zeigt TERS, 1931) steht an der Schwelle vom Stumm- zum a e t Jean Cocteau (188 9–1963) großes Interesse am be - Tonfilm und prägt eine surrealistische Filmästhetik. Er c o ginnenden Kino und ist ein eifriger Besucher der ersten ist umstritten, Kritiker verurteilen seine skandalösen, C n amerikanischen Stummfilme, deren Einfluss in seinen unmoralischen und homosexuellen Phantasien. Coc - a e J Bühnenwerken spürbar ist, die ab 1915 vor allem in teau wendet sich daraufhin vorübergehend vom Kino den 1920er Jahren entstehen. Er versucht sich als ab und widmet sich wieder mehr dem Theater. 74 Filmkritiker und dreht 1925 einen Amateurfilm, der Cocteaus zweite Filmkarriere beginnt in den 1940er heute leider verschollen ist. Der Titel ist programma - Jahren, als er zunächst Drehbuchaufträge annimmt, tisch: JEAN COCTEAU FAIT DU CINÉMA (JEAN um sich finanziell über Wasser zu halten. Für Robert COCTEAU MACHT KINO) und lehnt sich an den franzö - Bresson schreibt er 1945 die Dialoge zu LES DAMES sischen Verleihtitel CHARLOT FAIT DU CINÉMA von DU BOIS DE BOULOGNE (DIE DAMEN VOM BOIS DE Charlie Chaplins A FILM JOHNNIE (1914) an. Durch BOULOGNE). Für seinen Protegé Jean Marais, mit dem den privaten Auftrag des Kunstmäzens Charles de Noa - er liiert ist und der auf der Bühne Hauptrollen in Coc - illes erhält Cocteau 1929 die Möglichkeit, einen Film teaus Stücken gespielt hat, sucht er nach einem Stoff auf professionellerer Basis zu drehen und das Medium mit einer großen (Liebes-)Rolle. In den Filmproduktio - in all seinen Facetten zu erforschen und zu erproben. nen dieser Zeit dominieren Bearbeitungen von fantasti - Cocteau entdeckt den Film als ein ergänzendes, visuel - schen, märchenhaften oder mythischen Stoffen, die les und akustisches »Vehikel der Poesie«, das die be - dem Publikum eine Flucht aus dem Alltag der Besat - sondere Eigenschaft besitzt, selbst die Irrealität mit do - zungszeit ermöglichen und bei der Zensur nicht an - ecken. Cocteau schreibt eine Liebesgeschichte nach Die Schwierigkeiten bei den Dreharbeiten seines Films dem keltischen Tristan-Stoff, die er, frei nach Nietz - LA BELLE ET LA BÊTE dokumentiert Cocteau in einem sche, L’ÉTERNEL RETOUR (DER EWIGE BANN, 1943) eigenen Buch. Die Abhängigkeit von den Produzenten nennt. Die Regie überlässt er seinem Freund Jean empfindet er als einen enormen Einschnitt in seine Delannoy, der als Filmregisseur bereits Erfolge vor - künstlerische Autonomie. Dennoch arbeitet er weiter zuweisen hat. Für die Filmmusik beauftragt er erneut für das Kino. Für Marais, der nun ein Filmstar ist, kon - Georges Auric, der sich seit LE SANG D’UN POÈTE zipiert er weitere Doppelrollen und schreibt das Dreh - einen Namen als Filmkomponist gemacht hat und auch buch zu RUY BLAS nach Victor Hugo, das 1947 von an allen späteren Filmen Cocteaus mitarbeiten wird. Pierre Billon verfilmt wird. Als Regisseur verfilmt er Die düstere, unheilvolle Liebesgeschichte von Patrice selbst zwei seiner Theaterstücke, in denen Marais und Natalie (der neue Tristan und die neue Isolde) er - seine Theaterrollen im Film übernimmt: L’AIGLE À reicht im besetzten Frankreich des Jahres 1943 eine DEUX TÊTES (DER DOPPEL ADLER, 1947) und LES enorme Resonanz. Jean Marais und Madeleine Solo - PARENTS TERRIBLES (DIE SCHRECKLICHEN ELTERN, gne werden zu Film ikonen und beeinflussen sogar 1948). Für jeden der beiden Filme entwirft Cocteau ein Mode und Frisurstil jener Jahre. Als Reminiszenz an anderes Konzept der filmischen Adaption: In L’AIGLE À diesen Filmerfolg schreibt Cocteau für LES NOCES DE DEUX TÊTES suggeriert Cocteau mit seiner Kamerafüh - SABLE (TOCHTER DER WÜSTE, 1948) des Regisseurs rung ein Streben nach außen, während in LES PA - André Zwobada einen Kommentar, den er im Film auch RENTS TERRIBLES eher eine Stagnation nach innen selbst spricht. Die marokkanische Folklore-Erzählung, zum Ausdruck kommt. L’AIGLE À DEUX TÊTES wird hef - von der sich Zwobada inspirieren ließ, erinnert an die tig kritisiert als sein schlechtester Film. Cocteau gibt in Tristan-Legende. der Folge anderen Regisseuren sein Einverständnis, Nach dem großen Erfolg von L’ÉTERNEL RETOUR berei - frühere Werke von ihm zu verfilmen, wie Roberto Ros - tet Cocteau ein Projekt vor, das er nun auch alleine in - sellini für »La Voix humaine« (UNA VOCE UMANA – DIE szeniert. Die Dreharbeiten für LA BELLE ET LA BÊTE GELIEBTE STIMME, 1948) und Jean-Pierre Melville für (ES WAR EINMAL) beginnen 1945 nach einem Jahr LES ENFANTS TERRIBLES (DIE SCHRECKLICHEN KIN - Vorbereitungszeit. Cocteau greift auf das Märchen DER, 1950). Zu Melvilles Film schreibt Cocteau Dreh - (1757) von Jeanne-Marie Leprince de Beaumont zu - buch und Dialoge nach seinem gleichnamigen Roman rück und bietet Marais die Möglichkeit, in einer Doppel - und leiht dem Film seine Erzählerstimme. rolle sein schauspielerisches Talent zu beweisen. Er ist Seit 1947 arbeitet Cocteau, inzwischen ein angesehe - einerseits das furchterregende Monster, das aus Liebe ner Autorenfilmer, an seinem nächsten Filmprojekt zu Belle sterben wird. Andererseits ist er der gutaus - nach der antiken Sage des thrakischen Dichters und sehende und liebende junge Held mit dem sprechen - Sängers Orpheus, der sich in die Unterwelt begibt, um den Namen Avenant (deutsch: einnehmend), der auf - seine geliebte Frau Eurydike zurückzuholen. Die Produ - u a e grund seiner Habgier jedoch scheitern wird. Der Film zenten ziehen sich allerdings zurück, nachdem sie das t c o gewinnt den französischen Filmpreis Louis Delluc des Drehbuch gelesen haben, in dem Tote Lebende lieben C Jahres 1946, aber LA BELLE ET LA BÊTE erreicht nicht und Lebende Tote. Ihnen erscheint das Thema zu düs - n a e die Popularität von L’ÉTERNEL RETOUR. Mit der Befrei - ter für die Nachkriegszeit. Cocteau bietet die Rollen ver - J ung Frankreichs hat eine neue Ära begonnen, die die geblich Stars wie Marlene Dietrich, Greta Garbo, Gé - Erwartungen der Zuschauer und der Kritiker verändert rard Philipe und Jean-Pierre Aumont an. Schließlich 75 hat. Aus diesen Gründen wird auch ein 1944 begon - dreht er den Film mit eigenen Mitteln und verspricht nenes neues Filmprojekt zwischen Cocteau und Delan - seinen Darstellern einen prozentualen Anteil an den noy aufgegeben: Die filmische Umsetzung eines der Einnahmen des Films. Sein ehemaliger Lebensgefährte bekanntesten Romane der französischen Klassik, Jean Marais tritt in der Titelrolle auf, sein gegenwärti - »La Princesse de Clèves« von Marie-Madeleine de La ger Lebensgefährte, der Maler Édouard Dermit, spielt Fayette. Erst 1960 wird die Zusammenarbeit wieder Cégeste. Maria Casarès, deren Bekanntschaft Cocteau aufgenommen und der Film im darauf folgenden Jahr während seiner Mitwirkung an LES DAMES DU BOIS DE fertiggestellt. Jean Marais, der ursprünglich die Rolle BOULOGNE gemacht hat, verkörpert Orpheus’ Tod, in des jungen und unglücklich verliebten Herzogs von den er sich verliebt und für den er seine Ehefrau ver - Nemours spielen sollte, verkörpert knapp 15 Jahre spä - nachlässigt. Juliette Gréco ist die Bacchantenanfüh - ter nun den älteren Fürst von Clèves, der aus Liebe zu rerin Aglaonice. Ihre Rolle als Vertreterin einer Jugend - seiner Ehefrau stirbt. avantgarde mit Hauptsitz im Café des Poètes entspricht fast ihrer eigenen Position im damaligen Künstlermilieu erste Mal, dass Cocteau sich selbst mit seinen Kunst - von Saint-Germain-des-Prés. Der Ausstatter und Kos - werken filmen lässt und die Farbe erprobt. Doch tümbildner Christian Bérard, mit dem Cocteau die meis - Cocteau wird nie wieder in Farbe drehen. Er bevorzugt ten seiner Bühnen- und Filmproduktionen realisiert hat, die kunstvollen Licht- und Kontrasteffekte des Schwarz - stirbt kurz vor den Dreharbeiten. Cocteau widmet ihm weißfilms, die er schon in seinem ersten Film zu nutzen daraufhin seinen Film. ORPHÉE wird zwar 1950 bei den wusste und seitdem konsequent weiterentwickelte. Filmfestspielen in Venedig mit dem internationalen Kri - 1954 erleidet der 65-jährige Cocteau seinen ersten tikerpreis ausgezeichnet und ein Jahr später in Cannes Herzinfarkt, von dem er sich bald erholt. In dieser Zeit hors festival gezeigt. Doch der Darstellung einer Dop - beginnt auch eine Periode der Würdigungen und Eh - pelwelt gekoppelt mit einer Doppelliebe bleibt ein gro - rungen. Die Häufung an internationalen Auszeichnun - ßer Publikumserfolg versagt. gen bewirkt eine Neuauflage seiner Zeichnungs- und Nach dieser Enttäuschung zieht sich Cocteau erneut Gedichtbände und die Wiederaufführung einiger seiner aus der Filmbranche zurück und nimmt das Angebot Theaterstücke, während er massiv für Vorträge, Auf - seiner letzten Mäzenin, Francine Weisweiller, an, sich sätze, Vorworte, Interviews, TV- und Radiosendungen, zusammen mit Édouard Dermit in ihrer Ferienvilla an Schmuckentwürfe, Werbeartikel o. ä. beansprucht wird. der Côte d’Azur (Saint-Jean-Cap-Ferrat) zu erholen. In zwei ambitionierten Kunstfilmen (EINE MELODIE – Dermit hatte keine großen schauspielerischen Ambitio - VIER MALER von Herbert Seggelke, 1955, und 8 X 8 – nen wie Marais. Er wird Cocteaus Adoptivsohn und spä - A CHESS- SONATA IN 8 MOVEMENTS von Hans Richter, ter der Verwalter seines Nachlasses. Im Sommer 1951 1957) tritt er zusammen mit anderen namhaften Künst - entsteht ein »Amateurfilm«: LA VILLA SANTO-SOSPIR. lerkollegen als Maler auf. In einer

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