Die Entwicklung Räumlicher Disparitäten Im Spiegel Des Lokalen Steueraufkommens Josef Gspurning, Paul Macheiner

Die Entwicklung Räumlicher Disparitäten Im Spiegel Des Lokalen Steueraufkommens Josef Gspurning, Paul Macheiner

Grazer Schriften der Geographie und Raumforschung Band 48 / 2018 Die Entwicklung Räumlicher Disparitäten im Spiegel des lokalen Steueraufkommens Josef Gspurning, Paul Macheiner Abstract The main focus of this paper lays on an intensive investigation of the Josef Gspurning per capita ability to pay taxes (Steuerkraft-Kopfquote, subsequently [email protected] STKKQ), which in general consists of taxes earned by the municipality Paul Macheiner itself and shared public incomes; because of its composition this para- [email protected] meter shows some interesting aspects. First of all the STKKQ is seen Department of Geography and as a very reliable indicator for the economic performance of a com- Regional Science, University of Graz munity; in addition it is determined every year for different scales, at national level, district level and municipality level. Therefore STTKQ provides insight into the situation in the Styrian municipalities which is the major issue of the proposed approach. Based on some import- ant elements of the “centrality” concept like the number of available jobs, educational institutions, public offers and the volume of traffic in the region the interdependency between rural and urban areas were exemplified by the province of Styria as the basis for further fiscal ana- lysis. Because of the federal principle in Austria the legislative power is allocated to different levels. For the practical part of this work the following fundamentals of municipalities (legal status, tasks and ex- penses, political actors and spatial planning) are very important and therefore were explained in detail. The composition of the ability to pay tax was clearly defined and the main impacts were explained and visualised on the three different levels. Time series (from 1999 un- til 2016) of all Styrian municipalities were analysed to delineate the evolution of the STKKQ and find typical patterns of evolution respec- tively. Moreover, an indication of an assumed connection between the amount of STKKQ and the current economic situation in Styria was ex- amined showing a significant dependency between the STKKQ and the number of jobs in the Styrian communities. Finally, other factors such as tourism and the so-called population multiplier prove beneficial for high STKKQ/good economic performance. Key words: Regional analysis, community budget, fiscal capability, Styria 121 Grazer Schriften der Geographie und Raumforschung Einleitung Ein Hauptziel ist es, all diese beschriebenen Ef- fekte bestmöglich messbar, aber vor allem über Trotz seines relativ hohen Alters dient das Zen- einen längeren Zeitraum miteinander vergleichbar trale Orte Modell – wenn auch immer wieder an zu machen; eine Anforderung, der alle bisherigen die geänderten gesellschaftlichen, ökonomischen Arbeiten zur Stellung von steirischen Gemeinden und politischen Rahmbedingungen angepasst – infolge der fehlenden quantitativen Daten nicht heute noch als Grundlage raumplanerischer Ent- gerecht werden konnten. Mit anderen Worten ver- scheidungsprozesse (Blotevogel 1996 und 2002 oder Fassmann 2005). Letzterer meint zum Bei- spiel „Zentrale Orte sind nicht die Produkte des Zufalls, sondern das Ergebnis eines langfristigen marktwirtschaftlichen Prozesses.“ Aus der daraus resultierenden Rangordnung ergibt sich eine Aus- differenzierung des Raumes in städtische und länd- liche Räume. Dies gilt auch für die Steiermark, wo es neben den ländlich geprägten Räumen und den ehemaligen Industriegebieten in der Obersteier- mark (meist Abwanderungsgebiete der letzten Jahrzehnte) auch den bevölkerungs- und bedeu- tungsmäßig stetig wachsenden sogenannten Stei- rischen Zentralraum gibt. Dabei ist besonders die Zahl der Einwohner für die steirischen Kommunen aus mehrerlei Gründen nicht unbedeutend. Durch eine Bevölkerungsabnahme werden die Einnah- men aus dem Finanzausgleich tendenziell weniger. Auch die Zahl der politischen Vertreter hängt mit der Einwohnerzahl zusammen und verringert sich bei sinkender Bevölkerungszahl. Die Abwande- rung hat so auch bei überregionalen Wahlen einen Abb. 1: Die Zusammensetzung der Steuerkraft- Kopfquote in Österreich (Macheiner 2016). Einfluss, da die jeweilige Region an Bedeutung bei den Abstimmungen verliert. Um das Bundes- sucht der hier vorgestellte Zugang die Aussagekraft land zumindest verwaltungstechnisch besser für des seit 1999 konsequent ausgewiesenen Parame- die Zukunft zu rüsten, wurden die Gemeinden in ters STKKQ für die wirtschaftliche Stellung der der Steiermark am 1.1.2015 von 539 auf 287 re- steirischen Gemeinden bzw. für deren Auswirkun- duziert. Durch diese Reform sind die Kommunen gen zu untersuchen. Dies scheint insofern plausi- mit weniger als 500 Einwohnern weitestgehend bel als eine hohe STKKQ zumindest eine gewisse von der Landkarte verschwunden. Durch die Zu- Gemeindegröße oder eine hohe Wirtschaftskraft sammenlegungen erhofft man sich auch in Zu- voraussetzt. Damit besitzt eine Kommune mit einer kunft leistungsfähige Gemeinden in der ganzen hohen STKKQ eine wirtschaftlich und/oder poli- Steiermark (Land Steiermark 2012 oder Pitlik und tisch übergeordnete Stellung gegenüber den ande- Wirth 2012). Neben der Abwanderung kann auch ren Verwaltungseinheiten (Sassen 1996). Aus der das Bevölkerungswachstum zu Herausforderungen eben erläuterten Problemstellung ergeben sich nun führen. Der Flächenverbrauch wird durch die star- folgende Fragestellungen: ke Nachfrage immer größer und die Grundstücks- • Wie hat sich die Steuerkraft-Kopfquote in den und Immobilienpreise werden immer höher. Durch steirischen Gemeinden von 1999 bis 2016 ent- diese starken Belastungen sind negative Effekte für wickelt? die Umwelt nicht von der Hand zu weisen (Tötzer • Lassen sich anhand der Zeitreihendaten Entwi- et. al 2009, S. 8 - 9). cklungs- oder Raummuster der Steuerkraft-Kopf- quote erkennen? 122 • Welche anderen Parameter beeinflussen die wie die Ertragsanteile aus dem Finanzausgleich Steuerkraft-Kopfquote und wie wirken sie sich für die Kommunen von besonderer Bedeutung sind auf die Steuerkraft-Kopfquote aus? (Abb. 1). Keine Berücksichtigung für die Steuer- • Welche Aussagekraft hat die Steuerkraft-Kopf- kraft-Kopfquote finden dagegen die Gebühren für quote als Indikator für die sozioökonomische die Benützung von Gemeindeeigentum und die Stellung von steirischen Gemeinden? Entgelte für die bereitgestellten Dienstleistungen wie die Müllbeseitigung. Der Finanzausgleich regelt im Wesentlichen die Aufteilung aller ein- gehobenen Steuern auf den Bund, die Länder und die Gemeinden. Grundsätzlich erfolgt die Vergabe der Gelder nach einem Schlüssel, der etwa alle 6 Jahre zwischen Vertretern von Bund, Ländern und Gemeinden neu verhandelt wird. Diese Ertragsanteile aus dem Finanzausgleich sind für die österreichischen Gemeinden eine ext- rem wichtige Einnah- mequelle. Dabei wird zunächst die primäre Abb. 2: Die Ebenen der Verteilung beim Finanzausgleich in Österreich (Quelle: Bröthaler 2007, S. 3). vertikale Aufteilung nach einem vorgegebe- Setting der Untersuchung nen Schlüssel vorgenommen (Abb. 2). Das heißt konkret, dass es darum geht, welche öffentlichen In der amtlichen österreichischen Statistik wird die Abgaben bei nur einer Gebietskörperschaft verblei- STKKQ als „Steuereinnahmen pro Kopf“ oder als ben und welche Abgaben zwischen mehreren auf- „Abgaben und Ertragsanteile der Gemeinden pro geteilt werden. Auf dieser Ebene werden also die Kopf (in €)“ bezeichnet (Statistik Austria 2015). ausschließlichen Abgaben geregelt, wie zum Bei- Etwas detaillierter ist die Definition der Landessta- spiel die Bundesverwaltungsabgabe als ausschließ- tistik Steiermark: „Die Steuerkraft-Kopfquote einer liche Bundesabgabe. Alle Einnahmen aus dieser Gemeinde ist die Summe aus den ausschließlichen ge- Steuer verbleiben beim Bund. Im Gegensatz dazu meindeeigenen Abgaben, die wieder im eigenen Wir- werden die gemeinschaftlichen Abgaben zwischen kungsbereich der Gemeinde Verwendung finden, den Bund, Ländern und Gemeinden aufgeteilt. Die Ertragsanteilen der gemeinschaftlichen Bundesabga- Verteilung der Abgaben mit einheitlichem Schlüs- ben, die nach einem bestimmten Aufteilungsschlüssel sel zwischen den drei Gebietskörperschaften sah unter den Gebietskörperschaften Bund, Länder und von 2011 bis 2014 wie folgt aus: 67,4 % erhielt Gemeinden aufgeteilt werden, geteilt durch die Be- der Bund, 20,7 % gingen an die Länder und die völkerungszahl der Gemeinde (Landesstatistik Steier- Gemeinden bekamen 11,9 %. Diese vertikale Auf- mark 2015, S.6).“ teilung der Geldmittel wird gefolgt von einer hori- Aus dieser Definition ergibt sich, dass besonders zontalen Verteilung, durch die das Geld innerhalb die ausschließlich gemeindeeigenen Abgaben so- der gleichen Ebene, also zwischen den neun Bun- 123 Grazer Schriften der Geographie und Raumforschung BETRAG IN EUR MIO. ANTEIL auch den Familienlastenausgleichsfonds, einge- Kommunalsteuer 2.235,3 65,3 % setzt werden. Grundsteuer 568,3 16,6 % Die Steuerkraft-Kopfquote selbst ist einer der Interessentenbeiträge 283,5 8,3 % wenigen jährlich vorliegenden Parametern, der auf Gebrauch öff. Grund 99,0 2,9 % Länder-, Bezirks- und Gemeindeebene von der Sta- Fremdenverkehrsabgabe 69,5 2,0 % tistik Austria öffentlich publiziert wird. Daher kön- nen die Daten auch sehr gut über einen längeren Sonstige Abgaben 165,7 4,8 % Zeitraum miteinander verglichen werden. Davon Gemeindeabgaben gesamt 3.421,3 100,0 % abgesehen ist – neben den Mitteln aus dem FAG - Tab. 1: Struktur der Gemeindeabgaben 2016 (ohne Wien); die Kommunalsteuer in weiten Teilen Österreichs

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