GLAUBEN 24.4.—25.5.2020 WWW.MUSIKFEST-HAMBURG.DE ein gemeinsames festival von: WIR DANKEN DEM HAUPTFÖRDERER GRUSSWORT Liebe Musikfreundinnen und Musikfreunde, Musik bewegt. Schon Martin Luther schrieb von ihr als »himmlischer« Kunstform. Bis heute ist die Strahlkraft von Musik ungebrochen – sie stiftet Sinn und gesell- schaftlichen Zusammenhalt. Von der Kirche als Auftraggeberin und hütendem Auf- führungsort hat sich Musik dabei längst gelöst. Dem fÖRDeRKReis Auch das beweist in diesem Jahr das Internationale Musikfest Hamburg. Unter dem Jürgen Abraham Zai und Edgar E. Nordmann Motto »Glauben« entfaltet es in seiner fünften Ausgabe ein vierwöchiges, vielfältiges Erica Arenhold Christiane und Dr. Lutz Peters Programm – von der mittelalterlichen Motette über ein synästhetisches Opernerleb- Ingeborg Prinzessin zu Schleswig-Holstein Änne und Hartmut Pleitz nis bis hin zu zeitgenössischen Werken wie denen der Hamburger Bach-Preisträgerin und Nikolaus Broschek Martha Pulvermacher Stiftung Sofia Gubaidulina. Gleichzeitig räumt das Musikfest großen Zweiflern von Faust bis Annegret und Claus-G. Budelmann Margaret und Jochen Spethmann Nietzsche einen Platz ein und gibt auch dem Aberglauben einen Raum, wenn es etwa Christa und Albert Büll Birgit Steenholdt-Schütt die belgische Jazzband mit dem schönen Namen »Flat Earth Society« präsentiert. Birgit Gerlach und Hertigk Diefenbach Musik braucht Offenheit und Weite. Auch das spiegelt das Festival mit seiner program- Ernst Peter Komrowski Sarah Ann und Eggert Voscherau matischen Weltgewandtheit und den vielen Hamburger Kooperationspartnern. Augen- Sabine und Dr. Klaus Landry Anja und Dr. Fred Wendt und ohrenfällig setzt es damit ein Zeichen, am friedlichen Zusammenhalt unserer Marion Meyenburg Constanze und Christian Wriedt offenen Gesellschaft zu arbeiten. Genau diesen Appell gilt es zu stärken. Birgitt und Leif Nilsson Ich danke allen Förderern und insbesondere der Kühne-Stiftung für ihre Unterstüt- sowie weiteren Förderern, die nicht genannt werden möchten. zung und wünsche Ihnen allen ein inspirierendes Festival. Dr. Carsten Brosda senatoR fÜR KUltUR UnD meDien Den fÖRDeReRn GRUSSWORT VORWORT Liebe Musikfreundinnen und Musikfreunde, Sehr geehrte Damen und Herren, es freut mich sehr, dass im Jahr 2020 das Internationale Musikfest Hamburg bereits außergewöhnliche Projekte der großen Hamburger Klangkörper, hochkarätige Gäste zum fünften Mal stattfinden wird. 2014 präsentierten die Orchester und Musikver- aus aller Welt, ein übergeordnetes Thema, ein Komponistenportrait mit Hamburg- anstalter der Hansestadt erstmals gemeinsam ein Musikfestival von internationalem Bezug sowie viele spannende Geheimtipps und Entdeckungen: Das sind die Ingredien- Format. Zunächst im Zweijahres-Rhythmus durchgeführt, seit 2018 alljährlich, zien, mit denen sich das Internationale Musikfest Hamburg als jährlicher Höhepunkt ist das Internationale Musikfest heute ein wichtiger Bestandteil des europäischen des Hamburger Musiklebens erfolgreich etabliert hat. Musiklebens. Im Zentrum seiner fünften Ausgabe stehen drei Aufführungen von Olivier Messiaens Meine Stiftung hat das Internationale Musikfest Hamburg von Anfang an als Haupt- einziger Oper »St. François d’Assise« im Großen Saal der Elbphilharmonie. Ihr Pro- förderer unterstützt, denn das Konzept – die Mischung aus Weltoffenheit und einer tagonist Franz von Assisi ist auch eine Inspirationsquelle für Sofia Gubaidulina, die sorgfältigen, von Moden unabhängigen Programmplanung – hat uns überzeugt. So große russische Gegenwartskomponistin, die fest verwurzelt in ihrem Glauben in der sind die musikalische Vielfalt und die Auftritte renommierter Künstler und Orchester Nähe von Hamburg lebt. Auf der ganzen Welt geehrt und aufgeführt, war eine umfas- maßgebliche Gründe für die Kühne-Stiftung, sich im Jahr 2020 erneut als Hauptför- sende Präsentation einiger ihrer besten Werke in Hamburg längst überfällig. derer zu engagieren. Natürlich spielt die Elbphilharmonie als Flaggschiff der Kultur Neben weiteren großen Projekten mit den drei Hamburger Chefdirigenten Kent Nagano, in meiner Heimatstadt Hamburg dabei die herausragende Rolle. Alan Gilbert und Sylvain Cambreling sind bedeutende Klangkörper und internationale Besonders freue ich mich auf das zweitägige Gastspiel der Filarmonica della Scala aus Solisten beim Musikfest zu erleben, darunter Koryphäen wie Sir John Eliot Gardiner, Mailand unter ihrem Chefdirigenten Riccardo Chailly, das gewiss zu den künstler- Riccardo Chailly, Sir Bryn Terfel, Yannick Nézet-Séguin und Daniel Harding. Nicht ischen Höhepunkten des Musikfests zählen wird. Zudem wird die Staatsoper Hamburg weniger Aufmerksamkeit verdienen die vielen handverlesenen Sonderprojekte in inti- in Kooperation mit dem Philharmonischen Staatsorchester und der Elbphilharmonie meren Rahmen, die mein Team mit viel Liebe zum Detail geplant hat. Olivier Messiaens monumentale Oper »St. François d’Assise« in einer szenischen Denk- und machbar ist das Internationale Musikfest Hamburg weiterhin nur deswe- Neuproduktion im Großen Saal realisieren, bei welcher der Hamburgische General- gen, weil die Kühne-Stiftung als großzügige Förderin daran ebenso glaubt wie der musikdirektor Kent Nagano am Pult steht. wunderbare Förderkreis engagierter Hamburger Bürger. Beiden sei an dieser Stelle Ich wünsche Ihnen allen ereignis- und erlebnisreiche Konzerte! ausdrücklich gedankt. Prof. Klaus-Michael Kühne Auf viele spannende, auf- und anregende Musikfest-Konzerte freut sich PRÄsiDent DeR KÜHne-stiftUng Ihr Christoph Lieben-Seutter geneRalintenDant elBPHilHaRmonie & laeisZHalle HamBURg einleitUng Glaubensmusik Wo das Wissen endet, beginnt die Sphäre, die uns erst zum Menschen macht. Gedanken zum aktuellen Musikfest-Motto »Glauben« Glauben Sie, es regnet morgen? Glauben Sie, dass der Klimawandel die Polkappen schmelzen lässt? Glauben Sie, der HSV steigt wieder in die Erste Bundesliga auf? Glauben Sie, es gibt ein Leben nach dem Tod? Glauben Sie an Gott? Es ist ein vielschichtiges kleines Wort, dieses Verb »glauben«, das sich das Internationale Musikfest Hamburg in seiner aktuellen Ausgabe als Motto gegeben hat. Natürlich wird es zuvorderst mit der Religion assoziiert, mit dem Bekenntnis des Glaubens. Doch bei näherem Hinsehen offenbaren sich viele weitere Annäherungen. Glauben fängt da an, wo wissen aufhört, wo logisch denken nicht hinkommt, wo sich meinen mit hoffen gegen zweifeln verbündet. Eine extrem bedeutsame Sphäre für den letztlich doch ziemlich irrationalen Menschen. Der Philosoph René Descartes ließ sie vor lauter Aufklärungsethos völlig außer Acht, als er einst postulierte: »Ich denke, also bin ich.« Schade eigentlich. Vielleicht hätte »Ich glaube, also bin ich« unser Menschsein noch etwas besser auf den Punkt gebracht. Diesen unterschiedlichen Anknüpfungspunkten geht das Hamburger Musikfest in insgesamt 35 Produktionen nach. Sie decken über 400 Jahre Kulturgeschichte ab, reichen vom Soloabend über Kammer- und sinfonische Musik bis zu szenischen Projekten, von Klassik über Jazz bis Pop. Ein zentraler, aber weiß Gott nicht der einzige Aspekt ist naturge- war von tiefem Glauben erfüllt, liebte die Natur als Abbild Gottes und mäß der christliche Glaube, der das Abendland wesentlich prägte. In durchlebte rauschhafte Visionen, die er seinen Anhängern weiterver- der Musik schlug er sich primär in Form von Kompositionen für den mittelte. kirchlichen Rahmen nieder. Beispielhaft versammelt das Musikfest Damit bildet der französische Komponist eine geistige Brücke einige grandiose Meilensteine, darunter Mozarts große c-Moll-Messe, zu all jenen Kollegen, die in ihren Werken eine persönliche Form von das »Stabat Mater« von Francis Poulenc und die »Glagolitische Messe« Spiritualität und Transzendenz vermitteln, die nicht notwendiger- von Leoš Janáček. Schon auf diesem Feld offenbart das Programm weise durch eine bestimmte Religion geprägt ist. Dazu zählen etwa der allerdings eine gewisse charmante Brechung: So erkundet Sir John Este Arvo Pärt, der auf Basis des mittelalterlichen Gregorianischen Eliot Gardiner mit seinen famosen Ensembles, wie Claudio Monteverdi Gesangs einen hypnotischen neuen Stil entwickelte, Gustav Mahler, gewitzt zwischen geistlichen und weltlichen Motetten wechselte. der in seiner Neunten Sinfonie das Ende der Spätromantik antizipierte, Und der Tenor Benedikt Kristjánsson präsentiert Bachs wohlbekannte oder Claude Vivier, der in seiner schillernden Musik sogar seine eigene »Johannes-Passion« – wobei er allerdings sämtliche Partien selbst singt. Ermordung erahnte. Große Bedeutung hat der christliche Glaube auch für Sofia »Wer’s glaubt, wird selig« – mit diesem bissigen, im Kern womög- Gubaidulina, die bedeutendste russische Komponistin unserer Zeit, lich aber auch neidischen Kommentar reagieren Zyniker auf alle Arten die seit Mitte der 90er Jahre in der Nähe von Hamburg lebt. Für sie spiritueller Heilsversprechen. Sie treten Glaubens-Idolen eher mild- ist er Fundament ihres Lebens und Schaffens: »Musik ohne Glauben ironisch gegenüber (wie der Jazzpianist Stefano Bollani, der das Musical hat keinen Grund zu existieren.« Daraus schöpft sie einen sehr »Jesus Christ Superstar« humorvoll fi letiert) oder dekonstruieren sie als zugänglichen Klang, der Spiritualität ebenso widerspiegelt wie die Götzen (wie die Bigband Flat Earth Society, die afrikanische Diktatoren Lust an plastischer Klangmalerei. Das Musikfest bietet die Gelegen- als »Boggamasta« schmäht). heit einer umfangreichen Werkschau in sechs Konzerten, beginnend Sie glauben stattdessen an gar nichts, oder nur an die
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