Blockchain schafft Web 3.0, verhindert Zensur In den USA verklagt ein Abgeordneter des Repräsentantenhauses den Plattformbetreiber Twitter auf 250 Millionen US-Dollar, weil er der Ansicht ist, dass Tweets von ihm politisch motiviert unterdrückt werden. Ein Whistleblower aus dem Hause Facebook machte öffentlich, dass Mark Zuckerbergs Social-Media-Gigant Algorithmen entwickelt hat, um bestimmte Inhalte zu „deboosten“, also als nicht wichtig einzustufen. Das soll ihre Verbreitung und ihr Erscheinungsbild in den Newsfeeds einschränken. Das sei angeblich politisch motiviert und daher heimliche Zensur. Auch in Europa geht mit der geplanten Urheberrechtsreform die Sorge einher, dass durch sogenannte Upload-Filter der Internet- Plattformen das Recht zur freien Meinungsäußerung eingeschränkt wird. Manche sprechen hier vom Startschuss für Zensur im großen Stil. Das alles zeigt die Macht der großen zentralisierten Plattform-Giganten und könnte zu einem ernsten Problem werden. Dezentrale Organisation im Internet Prinzipiell ist das Internet nach wie vor dezentral organisiert, denn es gehört niemandem. Allerdings werden wichtige Teile mittlerweile von zentralisierten Unternehmen zur Verfügung gestellt. Egal ob Internet-Service-Provider, Suchmaschinen, E- Mail-Versand, Web-Hosting oder soziale Medien – alle Dienste werden mittlerweile von einigen wenigen, sehr großen Unternehmen kontrolliert. Auch wenn die Kommunikation direkt und nach dem Peer-to-Peer- Modell stattfindet, läuft das Business stets über einen Mittelsmann. Wer zum Beispiel etwas von einem anderen Nutzer auf Ebay kauft, ist dabei auf die Abwickelung durch Ebay als Mittelsmann angewiesen. Der Grund ist simpel: Plattformen haben sich als Dienstleister etabliert. Sie regeln die Interaktion zwischen Nutzern und Unternehmen. Sie bringen Teilnehmer zusammen, welche sich unter Umständen gar nicht persönlich kennen und sich daher nicht gegenseitig vertrauen können. Als „vertrauenswürdige“ Mittelmänner machen es die Plattformen den Nutzern dagegen leicht und bequem. Aber genau dieser vermeintliche Nutzen hat auch einen gravierenden Nachteil, denn die Plattformen haben die volle Kontrolle über die Daten der User. Sie können zudem ihre eigenen Regeln aufstellen. Sie bestimmen, wer wann welche Dienstleistung in Anspruch nehmen darf und wer was an Inhalten zu sehen bekommt. Google entscheidet, welche Bilder auf Basis einer Suchanfrage auf der ersten Seite platziert werden. Facebook steuert den größten Informationskanal der Welt und entscheidet, welche Informationen valide sind und welche nicht. Die Daten der Nutzer sind dabei das höchste wirtschaftliche Gut. Aber die Probleme mehren sich. Datenmissbrauch, Manipulationsvorwürfe, Lecks und Identitätsdiebstahl sind an der Tagesordnung. Renaissance des Internets mit Blockchain Doch das muss nicht so bleiben: Die Blockchain- Technologie leitet gerade die Renaissance des Internets und der dezentralen Plattform-Ökonomie ein. Mit dieser neuen Technologie kann die Mittelsmann-Funktion, die zurzeit noch die zentralen Plattformen innehaben, eliminiert werden. Die Blockchain ermöglicht es stattdessen, mit Dritten sicher Geschäfte abzuschließen, Eigentum sicher und ohne Mittelsmänner zu transferieren und mit digitalen Währungen im Internet zu bezahlen. Eine zentrale Plattform als Instanz wird nicht mehr benötigt. Ein weiterer Vorteil ergibt sich daraus, dass Nutzer Dienstleistungen in Anspruch nehmen und Apps verwenden können, ohne die Hoheit über ihre Daten aufgeben zu müssen. Völlig neue Geschäftsmodelle können entstehen. Ein Web 3.0 der Zukunft entwickelt sich, befeuert durch die Blockchain-Technologie und dem Verlangen nach mehr Sicherheit und Vertrauen zwischen allen Marktteilnehmern. Alle Transaktionen sind dabei fälschungssicher auf unendlich vielen Rechnern im Internet redundant verteilt. Programme werden zukünftig dezentral ausgeführt und mit Smart Contracts neue Geschäftsmodelle definiert. Die Zeit der dezentralen Plattformen hat begonnen. Dass das funktioniert, zeigt beispielsweise Storj, ein dezentrales Äquivalent zur Dropbox, das Daten zerstückelt, die Stücke verschlüsselt und sie auf die unterschiedlichen Knoten des Netzwerks verteilt. Weitere Projekte, die einen ähnlichen Weg eingeschlagen haben, sind Swarm, Maidsafe oder das Interplanetary File System. Nutzer dürfen sich auf eine Renaissance des freien Internets dank Blockchain freuen. Etablierte Unternehmen, allen voran die großen Plattformbetreiber, werden sich neu erfinden müssen. Bitcoin oder Blockchain? Kryptowährungen haben seit ihrem Hype 2017 bei den meisten Investoren eher für lange Gesichter gesorgt. Ein rasanter Kursabsturz von rund 20.000 Dollar je Bitcoin auf jetzt noch zwischen 3.000 und 4.000 Dollar tut weh. Erst in den vergangenen Monaten ließ sich auf niedrigerer Basis wieder einsteigen. Gewinne sind durchaus zu erwarten, denn gerade die Platzhirsche um Bitcoin haben sich als Verrechnungseinheiten im digitalen Universum fest etabliert. Marktbereinigung bei Kryptowährungen Ihnen wird neues Volumen zufließen, denn viele Kryptowährungen, die im Überschwang der Gefühle aufgelegt worden waren, braucht kein Mensch – und auch keine künstliche Intelligenz. Manche mögen nur herausgebracht worden sein, um gutgläubigen Anlegern das Geld aus der Tasche zu ziehen. Ihre Zeit aber ist mit dem Rückgang der Kurse vorbei, von einigen hundert Kryptos wird man schon in einem Jahr so gut wie nichts mehr hören. Also eine Marktbereinigung, wie sie im Buche steht. Damit wird aber das Geld der Kryptoanleger langsam aber sicher in die großen Kryptos fließen. Das ist ein guter Grund für einen Wiederaufstieg der bestehenden Krypto-Platzhirsche. Blockchain hat Siegeszug erst begonnen Für Anleger gibt es noch einen zweiten Grund, den Markt in seiner Breite fest im Blick zu behalten: Die hinter allen Kryptowährungen stehende Technologie der Blockchain hat ihren Siegeszug gerade erst begonnen. Mittlerweile arbeiten mehr und mehr Unternehmen an und mit Blockchain-basierten Anwendungen. Selbst Krypto-Kritiker wie der Chef der US-Großbank J.P. Morgan geben ihre Skepsis auf. J.P. Morgan etwa bringt eine eigene Kryptowährung heraus, den JPM Coin. Transparenz, Schnelligkeit, Kostenvorteile und Sicherheit sind die Themen, die die großen institutionellen Häuser hier bewegen. Die Blockchain bietet alle diese Vorteile. Das wird sich vor allem in der Finanzindustrie schon bald darin zeigen, dass immer mehr Emissionen auf der Blockchain stattfinden werden. Gerade erst hat die erste per Blockchain aufgelegte deutsche Schuldverschreibung den Weg durch die Regulierung und damit an den Markt gefunden. Doch das ist nur der Anfang. Die großen Häuser werden immer häufiger dazu übergehen, die günstigere Technologie zu nutzen. Die Regulierungsbehörden werden immer genauer sagen, wie sie die Emissionen ausgestaltet sehen wollen. Und Anleger werden schnell sehen, wo und unter welchen Bedingungen sich Geld verdienen lässt. So entwickelt sich ein ganz neuer, Blockchain-basierter Markt, der aber eines sicher braucht: einen regulierten Börsenplatz. Denn nur dann können Anleger bei digital verbrieften Assets auch genauso sicher handeln wie heute bei Aktien oder Anleihen. Kryptowährungen erobern zuerst Emerging Markets Phillip Sandner leitet das Frankfurt School Blockchain Center. Er eröffnete den diesjährigen Investorenkongress für Kryptowährungen in München mit einem Vortrag zu den aktuellen Entwicklungen von ICOs (Initial Coin Offerings), STOs (Security Token Offerings) und der Blockchain-Technologie aus Investorensicht. Ihm zufolge interessieren sich institutionelle Investoren sehr für den Sektor und entwickeln ein Verständnis für die Technologien. Investitionen sind kaum möglich Doch Anlagen seien kaum möglich, da es „keine großen Jurisdiktionen in Europa“ gäbe, die Fonds ermöglichen. Krypto-Fonds müssten also immer auf Länder wie Liechtenstein oder die Cayman-Inseln ausweichen. Damit sind sie nicht seriös genug für viele Institutionelle, etwa die Kirche. Kryptowährungen müssen laut Sandner also stärker reguliert werden, Es braucht zudem mehr staatliche Rechtssicherheit und dazu noch eine bessere Verwahrungsinfrastruktur, um sie zu einer geeigneten Anlagemöglichkeit zu machen. Sandner zufolge darf man auch die Blockchain-Technologie nicht unterschätzen, denn sie ermögliche direkte Investitionen in etwa ein Auto oder eine Immobilie. So kann man genau verfolgen, was mit der eigenen Investition geschieht. Die Blockchain ist darüber hinaus die nächste Stufe in der Entwicklung von ETFs (Exchange Traded Funds), die auch themengebunden sein könnten. Carsharing könnte beispielsweise ein Thema sein. Smart Contracts werden relevanter Auch Smart Contracts werden seiner Ansicht nach relevanter für den Finanzsektor: Künftig würden alle Transaktionen mit Smart Contracts abgebildet. Daher müssen auch Anwälte oder Aufsichtsbehörden in der Lage sein, Programmiersprachen zu verstehen. Dirk Siegel sprach in seinem Vortrag ebenfalls über die Zukunft der Blockchain und ihren Einfluss auf andere Branchen. Der Partner und Leiter der Deloitte Consulting GmbH ist der Meinung, dass dank der Blockchain Transaktionen die neuen Rohstoffe werden könnten. Die Technologie senkt nicht nur die Transaktionskosten, sie macht auch Wertschöpfungsketten transparenter und effizienter. Bisher hätten Wertschöpfungsketten dünne, ineffiziente Informationskanäle zwischen Auftraggebern, Zulieferern und Endproduzenten. Über die Blockchain würden alle Teilnehmer Zugang zu einem gemeinsamen Ledger erhalten; so bekäme etwa ein Motorblock eine eigene Identität und könnte
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