Tischtennis Ist Ein Spiel, Das Weniger Kraft Erfordert, Sondern Geschicklichkeit

Tischtennis Ist Ein Spiel, Das Weniger Kraft Erfordert, Sondern Geschicklichkeit

Der Weg nach oben Michel Gadal1 in TB 3-2004 Hohes Niveau im Anfängertraining Jeder Trainer träumt davon, den nächsten Weltmeister zu finden und redet von den Weltklasse-Spielern und deren Technik. Wirft man jedoch einen Blick in das tagtägliche Training in der Vereine und redet man mit den Trainern, sagen die meisten, dass die Spitzen-Techniken nur für die Top-Spieler geeignet sind. Anfänger sollten doch erst einmal die Grundtechniken lernen, sich dann erst viel später an den Techniken der Top-Leute versuchen. Ich habe da eine etwas andere Meinung. Die Prinzipien, die den Techniken der Top-Athleten zugrunde liegen, sollten unseren jungen Spielern so früh wie möglich beigebracht werden. Tischtennis ist ein Spiel, das weniger Kraft erfordert, sondern Geschicklichkeit. Diese Geschicklichkeit kann von jungen Spielern sehr schnell gelernt werden. Daher ist es mein wichtigstes Anliegen, die wahren Prinzipien dieser Geschicklichkeit und damit der Tischtennis-Technik zu identifizieren, um sie den jungen Spielern frühzeitig beizubringen und ihnen damit die Möglichkeit zu geben, auf diesen Prinzipien basierend ihre eigene Technik zu entwickeln. In diesem kleinen Artikel geht es mir nicht darum, eine Reihenfolge der Eigenschaften zu erstellen, sondern die wesentlichen Qualitäten vorzustellen, die meiner Meinung nach Voraussetzung sind, um überhaupt eine Chance zu haben, an die Spitze zu kommen. Ballgefühl 1 1979- 1985 Technischer Berater für Languedoc-Roussillon 1985- 1987 Französischer Nationaltrainer 1988- 1992 Französischer Nationaltrainer 1993-2001 Kanadischer Nationaltrainer Seit 2001 Französischer Sportdirektor 1 Ich beginne mit Ballgefühl: in unserem Sport brauchen wir eine sehr gute Hand, um ein gutes Ballgefühl im Treffpunkt zu haben. Dies ist entscheidend für die Kontrolle über Platzierung, Rotation und Tempo. Sehr häufig versuchen Trainer, ihren Schützlingen von Anfang an einen kompletten Schlag beizubringen. Die Konzentration liegt dabei meist auf einer schwierigen Kombination von biomechanischen Komponenten. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass ein Anfänger in unserem Sport eigentlich keine Kraft braucht. Daher können wir uns auf die Hand - die wichtigste Komponente - konzentrieren. Zusätzlich zum Training am Tisch empfehle ich daher zahlreiche Übungen für den Umgang mit und das Gefühl für den Ball. Schlagrhythmus Der zweite Punkt betrifft den Rhythmus der Schläge. Im Tischtennis, wie in den meisten anderen Rückschlagsportarten, ist der Schlagrhythmus entscheidend für die Qualität der Technik. Es ist hierbei entscheidend, während dem Schlag eine Geschwindigkeitssteigerung zu erzielen. Man kann sagen, dass die allermeisten Schläge vom Langsamen hin zum Schnellen gemacht werden. Die maximale Geschwindigkeit wird dabei im Treffpunkt Schläger/Ball erreicht. Das ist einer der häufigsten Fehler bei Anfängern. Sehr häufig schlagen sie genau umgekehrt, sind schnell am Anfang und bremsen dann am Balltreffpunkt ab. Spannungsniveau Eng verknüpft mit den beiden ersten Punkten ist die Suche nach dem richtigen Spannungsniveau. Man kann kein Tischtennis spielen, wenn man zu angespannt ist. Die meisten Anfänger sind dies und es ist sehr wichtig, ihnen von Anfang an dabei zu helfen, beim Spielen entspannt genug zu sein. Ist man zu sehr angespannt, kann man kein Tempo machen und hat auch kein gutes Ballgefühl - zwei entscheidende Punkte im Tischtennis. Hier ist der Trainer besonders wichtig, denn er muss den Spielern über die Übungen hinaus durch Rückmeldung helfen, das richtige Gefühl zu finden. Hier empfehle ich ein besonderes Augenmerk auf die Schlägerhaltung des Spielers zu richten, speziell auf die Kraft, mit der der Griff umfasst wird. Auch hier sollte man nicht zu fest sein, denn sonst fehlt das Gefühl und die Hand kann nicht gut eingesetzt werden. Anpassungsfähigkeit Egal bei welchem Schlag - stehen diese drei Punkte im Zentrum der Ausbildung, werden sich die Techni- ken der Spieler verbessern. Wenn dazu noch die Anpassungsfähigkeit kommt, ist man sehr dicht an den Fähigkeiten, welche die Qualitäten der Top-Spieler ausmachen. Anpassungsfähigkeit ist ohne Zweifel die zentrale Eigenschaft für einen Tischtennisspieler. Das Spiel bringt immer neue Situationen hervor; ein 2 Spieler, der nicht gewöhnt ist, sich ständig anzupassen, wird schnell in Schwierigkeiten geraten. Es ist daher sehr wichtig, während des Trainings o häufig die Partner zu wechseln, o die gleichen Übungen in unterschiedlichen Geschwindigkeit zu spielen, o mit unterschiedlichem Spin und o mit verschiedenen Platzierungen. Als Coach muss man die Anpassungsfähigkeit seiner Spieler schulen, andernfalls hat man viele Trainingsweltmeister, die jedoch im Wettkampf nicht bestehen. Das Ziel eines Trainers muss es sein, seine Spieler so auszubilden, dass sie eine hohe technische Qualität in ihren Schlägen haben. Das heißt, dass sie ihre Schläge in unterschiedlichen Situationen beherrschen müssen, sie sollten aktiv wie passiv spielen können. Offensichtlich jedoch ist die Technik nur ein Teil des Spiels, aber auf keinen Fall der Wichtigste. Der Gegner Das Wichtigste in unserem Sport ist der Gegner. Zwei sich gegenüberstehende Spieler sind das Wesen des Tischtennis, und dieser Gedanke sollte fast von Anfang an ins Training einfließen. Um eine Chance zu haben, das Spiel zu gewinnen, müssen wir unseren Spielern beibringen, mit dem Gegner umzugehen. Die Konzentration muss auf ihm liegen und darin, sein Spiel zu verstehen. Die Technik ist Nebensache. Man kann sagen, man muss seine Technik sehr gut beherrschen, um sie vergessen zu können. Die Technik ist ein Werkzeug, das je nach Taktik zur Anwendung kommt. Zusammengefasst würde ich folgende Prinzipien als Ratschläge für die tägliche Arbeit geben, um möglichst dicht an der Realität zu trainieren: o Respektiere das Spiel! (spiele die gleichen Schläge im Training wie im Wettkampf) o Arbeite häufig in unregelmäßigen Situationen o Wechsle häufig den Rhythmus o Vermeide es, die einfachste Platzierung für den Gegner zu spielen o Spiele JEDEN Ball! o Bleibe ständig in Bewegung o Arbeite in offenen Situationen 3 Highway To Excellence G. Straub2 in: TTL 3-2011 Zum zweiten Mal binnen Jahresfrist wurde das französische Konzept zum Nachwuchsleistungssport von einer hochrangigen Persönlichkeit außerhalb Frankreichs der Öffentlichkeit vorgestellt. Nachdem im vergangenen November bei der dritten Europäischen Trainertagung in Österreich mit Jean-Claude Decret einer der hauptamtlichen Trainer des Nationalen Instituts für Sport und Körpererziehung (INSEP) referierte (wir berichteten in der TTL 1.11), war es im Rahmen der Tischtennisweltmeisterschaft 2011 Michel Gadal, der Stellung zur französischen Methode nahm. Der technische Direktor der Federation Franqaise de Tennis de Table (FFTT) sprach am 14. Mai auf einer Weiterbildungsveranstaltung, die von der Vereinigung holländischer Tischtennistrainer (VVTT) in Zusammenarbeit mit dem nationalen Tischtennisverband der Niederlande (NTTB) veranstaltet wurde. Gadal, dessen Name mit dem von Jean-Philippe Gatien, dem Weltmeister im Herreneinzel 1993, eng verbunden ist, führte als Trainer Letzteren nicht nur aus der Schüler- in die Weltklasse, sondern verfügt daneben über reichhaltige Auslandserfahrung. Nach Aufenthalten in Kanada und England ist er seit Anfang des vergangenen Jahrzehnts wieder für Frankreich am Start. Mit Antritt seiner neuen Stelle um die Jahrtausendwende setzte er sich das Ziel, in seinem Heimatland ein Ausbildungssystem zu schaffen, das es jungen Spieler ermöglicht, in absehbarer Zeit China Paroli zu bieten. Als Zeitraum für die Entwicklung eines solchen Systems veranschlagte er die Jahre 2002 bis 2012. Sein besonderes Augenmerk scheint auf den Olympischen Spielen 2016 zu liegen. Aus den ursprünglich acht Trainingszentren mit jeweils 40 Spielern entwickelte sich die heute bestehende schlanke und optimierte Infrastruktur: In drei dezentralen Stützpunkten trainieren jeweils bis zu zehn junge Sportler und im INSEP in Paris zählt der Stamm an Spielern aktuell 25 Akteure. Wie schon Jean-Claude Decret in Schwechat so nahm auch Michel Gadal bei seinem Vortrag „The Road To High Level“ Bezug auf das jährlich durchgeführte Programm zur Talentidentifikation, die Arbeitsweise der vier nationalen Leistungszentren sowie die Rolle der Vereine (vgl. TTL 1.11). Gadal offenbarte darüber hinaus einige wichtige Details seiner Trainings- und Ausbildungsphilosophie. So plädierte er dafür, Tischtennistraining stärker von der Hand und noch konsequenter vom Wettkampf her zu denken. Im Hinblick auf beide „Pole" kann China als Vorbild dienen. Während man sich im Westen in punkto Anfängermethodik häufig den Kopf darüber zerbricht, in welcher Reihenfolge die Kinder mit Schlagtechniken vertraut gemacht werden, stehe im Reich der Mitte, so Gadal, beim Umgang mit Beginnern zunächst der Schläger-Hand-Komplex im Mittelpunkt - und hier neben dem Handgelenk auch und vor allem die Frage, welche funktionalen Möglichkeiten in den Fingern der Schlaghand stecken. Gemeint sind hiermit maßgeblich die o Positionierung der Finger auf dem Schläger und o die Art und Weise, wie Finger Druck auf das Schlägerblatt ausüben können. Etwas anschaulicher, aber auch drastischer wurde es hinsichtlich einer Akzentuierung des Wettkampfgedankens im Training. Gadal sprach sich gegen eine allzu strenge Trennung von Wettkampf und Training aus. Er machte deutlich, dass Trainingseinheiten häufig behandelt würden wie Hausaufgaben, die mehr halbherzig denn leidenschaftlich absolviert würden. Er schlug vor, innerhalb des Trainings Platz zu schaffen für

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