39 Comitate in Hessen Von Gotthold Wagne, 1. Rohe Bestimmung der Comitate 40. - H. Genauere Bestimmung der Comitate 42. - Ill. Comitate und kirchlime Gliederung 47. - IV. Comitate und Gaue 51 : Gaue als Provinzen l Gaue als Comitate / Gaue als Centenen. - V. EDdergebn isse 61. - Anhang 1: Chatten - Hessen 63. - 2: Die Lagc des Klos ters Fulda 66. - Gautabellen 68, - Comitatstabellen 72. Unter He 5 S e n wallen wir das Gebiet zwischen Rhein uod Fulda uod vam Westerwald bis zu einer WO-linie durch Mainz verstehen. In diesem Gebiet wec­ den wir die Co m ita t e rekonstruieren allein auf Grund der urkundlichen An­ gaben: Orte A, B .. hI cou1itatu N bzw. Orte C, D ... i~1 com/tatu X COutitis. Die Angabe, daB die Octe in einem genannten Gau liegen, werden wir zunachst nicht verwerten, da die Frage nom offen ist, wie weit Comitate und Gaue zusam­ mengehangen haben. Bei der Rekonstruktion der Comitate werden wir <Ium die kirmlime Gliederung nimt benutzen, da aum die Frage, ob Comitate und kirm­ lime Gliederung zusa mmenhingen, nom offen ist. Infolge dieser Besmrankung ist das zur Verfugung stehende Material nur gering. Wir werden deshalb nimt smarf gegeneinander abgegrenzte Comitate erhalten, sondern mehr od er weniger groBe Gebietskomplexe, von denen wir namweisen werden, daB sie zu versmiedenen Comitaten gehorten. Wir nehmen an, daB die zu rekonstruierenden Comitate Verwaltungsbezirke waren wie unsere Landkreise uDd Regierungsbezirke (der GroBe nam liegen sie zwismen diesen beiden). Die Comitate mussen also wie die Masmen dnes Netzes aneinander gehangen haben. Ob sie so smarf begrenzt waren wie unsere heutigen Verwaltungsbezirke, konnen wir auf sim beruhen lassen, da wir ja nur ganz robe Grenzen werden bestimmen konnen 1. AIs Verwaltungsbezirke muBten die Comitate ungeHihr gleidl groB sein, wobei es nimt so sehr auf die reine Flame ankommt, als auf die behaute Flame, d. h. die Mensmenzahl; denn jeder Graf hatte ja aus seinem Comitat ein Kontingent fUr das Reimsheer zu stellen. Kleine Splitter­ cOMitate zwismen groBen Comitaten haben wir also nimt vorzusehen. Wir haben ferner anzunehmen, daB innerhalb der Zeit, uber die sim unsere Urkunden erstrecken, die Comitate sim nimt verandert haben. Diese Annahme ist insofern beremtigt, als weder Urkunden nom Smriftsteller eine Veranderung von Comitaten berimten:!. 1 Im iibrigen beweisen die Reknsteilungsbeschreibungen ziemlich deutlich. daB die Comi­ tate linear begrenzt waren. - G. Wag n er: Com itate in den Reichsteilungsbeschreibun­ gen (Mskr. auf der US Gottingen, mit rotem Leihschein erhaltlich). 2 Andere Vorstellungen iiber das Aussehen der Comitate haben H. M i t t e is: Der Staat des hohen Mittelalters (1948) 50; W. Schlesinger: Die Entstehung der Landesherr­ smaft = Slichs. Forschgn. z. Gesm. I (1941); A. W a as: Herrschaft uod Staat = Hist. 40 Gatt/lold Wagner Die rein aus den Kaiser-Urkunden gefundene Comitatekarte weeden wir mit einer Karte cler kirdtlid1en Gliederung des 15.1hdts. vergIeichen, die unabhangig von unscree Comitaterekonstruktion gefunden ist. Wenn wir dann eine weitgehende Obereinstimmung erkennen konnen. so folgt daraus einmal, daB sich die kirchliche Gliederung an die alte weltliche Gliederung angeschlossen hat, zum anderen, daB un se re Rekonstruktion cler Comitate nicht v611ig faIsch sein kann. In einem weiteren Abschnitt weeden wir die Gauverhaltnisse unseres Gebietes hetrachten. Wir weeden erkennen: die GroBgaue waren Verwaltungshezirke. in die unser Gehiet vor clef Comitatsverfassung gegliedert war; die Klcingaue Iassen sich aIs Centenen der Comitate wahrscheinlich machen. I. Rohe Bestimmung der Comitate In der SW -Ecke unseres Gebietes Iiegt der C t. C un i g e s su n d r a. 970 bzw. 973 heiBt es "ill pago et comitatu KUJlhlgessul1dra, cui ]UH1lar comes preesse vide­ tur" und "hI eoutitatu YllIlUicOllis eomitis Clulllil1gesslmdra vocato"3. AIs Comitats­ orte werden genannt Wicker und Nordstadt bzw. Schierstein (Cl, C:!, C3 der Skizze 1). 909 Iiegt Massenheim (C4) "ill eO/Hitatu CUl1il1gislwHtra". Studien H;- (1938) entwickelt; zuletzt S. K r ij g er: Studien zur sams. Grafsmaftsverfas­ sung im 9.lhdt. = Studien u. Vorarb. z. Hist. Atlas Niedersadtsens 19 (195"0) 37: nDer Komitat erseneint nient als gesenlossenes Gebiet. sondern er ve rteilt sien seneinbar regel­ los liber weite FHienen". Unse rer AuHassung entspremen E. S ten gel _ Gedachtnissmrift f. Rorig (195"3) 40 Anm. 16; er setzt sich .. ausdrlicklich ab von der neuerdings liblich gewordenen Abwer­ tung der friinkischen Grafschaft. die selbst unter Karl dem GroBen kein durchgehendes Verwaltungsprinzip gewesen sei". - Ferner E. Frhr. v. G u tten b er g: DA 6 (1943) 5"98; ders. _ Festschrift f. Stengel (195"2) 93 H. und O. S to I z : Das Wesen der Graf~ schaft im Raume Oberbayern - Tirol - Salzburg _ Zs. f. bayr. Landeskunde 15 (1949) 86 ff. Vermittclnd auBert sim K. S. Bad e r _ HZ 176 (195"3) 45"7: "in karolingischer Zeit ... Comitatsverfassung. die das Reich in halbwegs feste und einigermaBen bestandige Be~ zirke einteilt". DaB ein Maschennetz von Comitaten mit den Urkunden vereinbar ist, beweisen meine schon ersmienenen Arbeiten: Comitate urn den Harz _ Harz-Zs. 1 (1948) 8--48. - Comitate im Bistum Paderborn _ Westf. Zs. 103/4 (195"4) 221-270. - Comitate in Franken _ Mainfr. lb. 6 (195"4). - Comitate zwischen Rhein, Main und Neckar _ ZGO 103 (195"5"). ferner die Comitatekarte _ Comitate im karolingischen Reich (195"2), die aus den genannten und weiteren dort angehihrten Arbeiten gewonnen wurde. Auch fur ein weites Iinksrheinisenes Gebiet wurde ei ne Comitatekarte aus den Reichsteilungs­ besdueibungen gewonnen. Eine Aufzahlung und etwaige kritische Behandlung der bisher gemachten Versuene zur Rekonstruktion der Comitate wurde unterlassen. weil sie zu unseren Betrachtungen nidus beigetragen hatte; hingewiesen sei auf C I ass en: Die kirmliche Organisation Althessens im Mittelalter (1929) 82. 3 Die Nachweise fur die im foIgenden angezogenen Urkunden 6nden sich in den Comi­ tatstabellen am Ende der Arbeit. - Die in Abschnitt I und 11 genannten Orte sind der Kostenersparnis wegen in einer Skizze vereinigt. Die in Abschnitt 1 genannten Orte sind umringelt. urn sie von den in Absdmitt 11 gcnallntcn unterscheidcn zu konnen. Comitate ill HesseH Nordlich davon Iiegt der C t. E i n r i chi. der in der Urkunde von 973 gleich­ zeitig mit dem Ct. Cunigessundra genannt wird. In ihm Iiegt Braubach (E). 1031 schenkt Konrad 11. an Trier "comitaruUl Mariuelis sirlflH hI pago Einrid1i" . Marien­ fels (M) wird der Grafengerichtsort des Comitats sein. - Wir erkennen hieraus noch, daB ein Comitat gelegentlich zwei versmiedene Namen ha ben kann. 915 liegt der Konigshof Nassau (N) "in duobHS , .. cOlllittHibus . , , ScoHeHberg et Maruels". Wie Marienfels der Gerichtsort des Cts. Einrichi ist, so wird Seonen­ berg der Gerichtsort eines nordlich der Lahn gelegenen C t s. S eo n e n b e rg sein. Eine Deutung fur Seonenberg findet sich bei Forstemann 4 nicht; in Betracht kom­ men Schoneberg (Se) und zwei dicht beieinander liegende Orte Schonberg (Se, Se). 914 schenkt Konrad l. den Konigshof Haiger "ac tertiam parrem modiorlfH! regfs h! eodelH pago vel cOluiraw". Es muG also in der Gegend des Ortes Haiger (H) ein C t. Ha i g era gelegen haben; ob dieser Comitat von dem benachbarten Ct. Seonenberg verschieden war od er nicht, bleibt noch zu untersuchen, - Da in der Urkunde der art Steinfurt (St) im Comitat des Oto genannt wird, ist der Comitat des Oto sicher vom Ct, Haigera verschieden; wir werden den art Steinfurt als im Ct. Malstatt gelegen erkennen 6. 1043 schenkt Heinrich Ill. an Fulda "comirarlwf Maelstatt ill Wetereiba quell! COUfes Berdttoldlfs lfabere visus est". In dies em C t, M a 15 tat t liegen die art.! Wehrheim. Markobe!. Himbach. Langen-Bergheim. Nd.-WolIstadr. Ohmen. Fisch­ born, der StraGheimer Hof (Mt-Ms), die 1046-1064 im Ct. Malstatt des Grafen Berchtold angegeben werden. In ihm wird ferner Orb (M) liegen, das 1064 im Comitat des Grafen Berchtold genannt wird. Im Bereich dieser Orte liegt auch das oben genannte Steinfurt (St). In den lahren 1008-1019 werden im Comitat des Grafen Friedrich genannt: Dillich. Kasse!. Bauna. Ob.- und Nd.-Kaufungen. Vollmarshausen. Uschlag. Wolfs­ anger (Ft-Fs). 1046 liegt Venne (W 1) "in comitattf Werinl,eri comitis scilicet Madamm dicto". Da der art Maden (M) - der Gerichtsort des Comitats - zwischen den Orten des Friedrich Hegt, sind Friedrich und Werner Inhaber des C t s. M a den. Im Comitat des Grafen Werner liegt 1043 Ihringshausen (W2) zwischen der Grenze unseres Gebietes und den Orten des Friedrich. 1046 wird Kerstenhausen (Go), wenn es richtig fur Christineshusen gedeutet ist, im Comitat des Grafen Gero genannt, Da im Ct. Maden 1043 und 1046 Werner als Graf genannt wird, kann Gera nicht gut diesen Comitat innegehabt haben, sondern es muG der Ct. Gero vom Ct. Maden verschieden gewesen sein. Fur den Ct. Gera ist nam Osten kein Platz vorhanden, er muB sich also nach Westen zu erstreckt ha ben, wohin wir in der Skizze 1 seinen Namen gesetzt haben. Die Urkunde, die Dillich (Ft) im Comitat des Friedrich nennt, nennt auch Ohmen (GO im Comitat des Grafen Giso und einen Comitat des Grafen Gerlach, 4 E. Forstemann: Altdeutsches Namenbuch 1/ 11 (1856- 72), 5 Die be id en Orte sind in Skizze 1 gewolbt unterstrichen, urn sie als zu zwei verschiedenen Comitaten gehorig kenntlich zu machen. 42 Gottl1old Wagner ohne Octe in ihm anzugehen 6, Wir haben in def Skizze G dahin gesetzt, wo wir hernach Orte des Gerlach kennen lernen weeden. KarI d. Gr. schenkt 782 an die Kirche zu Fritzlar die Besitzungen des Erz­ bisrnofs Lul1us mit Ausnahme van Mardorf (M) 7, das Lullus selbst behalten will. Diese GGter liegen "in Htinisterio RabbanoHc et Swiggario vel Agilgaudo" 8, Indem wir "ministerium u als gleichbedeutend mit "comitatus" auffassen, wiirden also dil: Gtiter in drei Comitaten gelegen haben, die wir im Bereich von Mardorf und Fritzlar zu such en haben, da die Kirche van Fritzlar keine Gtiter in groBerer Entfernung hesessen hat.
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