Briefe gehen auf Reisen Carl Lampert (1894 - 1944) Briefe gehen auf Reisen Inhaltsverzeichnis Vita 3 – 5 Briefe Carl Lampert 09.02.1941 Dachau, an Julius Lampert 6 – 7 23.08.1941 Stettin, an Alfons Rigger 8 – 13 04.04.1943 Stettin, an Julius Lampert 14 – 15 19.12.1943 An Emma und Föns 16 – 17 09.06.1944 Torgau, an Julius Lampert 18 – 22 09.09.1944 Torgau, an Julius Lampert 23 – 25 16.09.1944 Torgau, an Föns 26 – 31 04.10.1944 Torgau, an Julius Lampert 32 – 33 01.11.1944 Torgau, an Julius Lampert 34 – 36 13.11.1944 Halle an der Saale, an Julius Lampert 37 – 39 Quellen: Carl Lampert Archiv, Herrengasse 6, 6800 Feldkirch, www.carl-lampert.at/archiv 1944) - Carl ita Lampert (1894 V 1. Kindheit und Studium 2. Priesterlaufbahn/ Rom Carl Lampert stammt aus Göfis, wo er am 9. Seine erste Dienststelle trat Carl Lampert in Januar 1894 als jüngstes von sieben Kindern zur Dornbirn-Markt an, wohin er als Kaplan berufen Welt kam. Die Familie lebte in einfachen Verhält- wurde. Hier suchte er vor allem in vielen Ver- nissen, dennoch konnte der junge Carl nach Ab einen den Kontakt zu den Jugendlichen, die er schluss der Volksschule 1906 zum Staatsgym- auch in verschiedenen Schulen unterrichtete. Der nasium in Feldkirch wechseln. Nach der Matura mit vielen Talenten ausgestattete junge Priester wählte er den Beruf des Priesters und trat im Carl Lampert war schon seit längerem von Bi- Herbst 1914 – nur kurz nach Ausbruch des Ersten schof Dr. Sigismund Waitz für Höheres vorgese- Weltkriegs – in das Fürsterzbischöfliche Priester- hen worden, weshalb er durch diesen 1930 zum seminar in Brixen ein. Dort fiel der Student aus Studium des Kirchenrechts nach Rom gesandt Vorarlberg vor allem durch sein feines Wesen, wurde. Durch seine Praxis an der Sacra Rota seine freundliche Art und sein elegantes Äußer- Romana, dem bedeutendsten Gerichtshof an der liches auf. Dies brachte ihm den Spitznamen römischen Kurie, gewann er wertvolle Einblicke „Carlobello“ ein. Fürstbischof Franz Egger er- in das kirchliche Verwaltungs- und Gerichtswe- teilte Carl Lampert im Dom zu Brixen am 12. Mai sen. 1935 beschloss er seine römischen Studien 1918 die Priesterweihe. Am 26. Mai 1918 konnte mit dem Titel „Monsignore“. In Rom hatte Carl der Jungpriester dann in seiner Heimatgemeinde Lampert frohe Jahre erlebt; besonders gern hatte die Primiz feiern. er Pilger aus seiner Heimat durch die Stadt be- gleitet. Später bezeichnete er diese Zeit als die glücklichsten Jahre seines Lebens. Briefe gehen auf Reisen | Carl Lampert 3 1944) - Text Carl ita Lampert (1894 V 3. Provikar in Innsbruck 4. Konflikte mit der NSDAP Text Von Rom aus berief Bischof Sigismund Waitz Der Innsbrucker Gauleiter Franz Hofer hatte sehr Carl Lampert am 1. Oktober 1935 nach Inns- bald erkannt, dass er in Lampert den gefährlichs- bruck. Er übertrug ihm als Offizial den Aufbau ten kircheninternen Gegner hatte, nachdem er an des kirchlichen Gerichts in Innsbruck in der seit Bischof Rusch aufgrund eines „Führerbefehls“ 1921 bestehenden Apostolischen Administra- nicht herankam. Provikar Lampert trat sehr mutig tur Innsbruck-Feldkirch. Immer wieder wurde gegen kirchenfeindliche Handlungen der ört- Lampert als möglicher künftiger Bischof einer lichen Gauleitung auf. Mehrmals wurde er dafür Diözese Innsbruck gehandelt. Eine weitere Auf- in Gestapo-Haft genommen. Der Fall des Pfarrers gabe wurde ihm 1936 übertragen, die Leitung von Götzens, Otto Neururer, der bereits 1939 der Verlagsanstalt Tyrolia. Am 15. Oktober 1938 – in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert also in einer bewegten Zeit, wenige Monate nach worden war und am 30. Mai 1940 in Buchen- dem so genannten „Anschluss“ – wurde der erst wald ermordet wurde, brachte Provikar Lampert 35-jährige Paulus Rusch durch Papst Pius XI. zum schließlich selbst ins Konzentrationslager. Die Apostolischen Administrator mit allen Rechten Urne Neururers war an seine Pfarrgemeinde eines residierenden Bischofs ernannt. Am 15. Ja- geschickt worden, wobei zum Begräbnis eine nuar 1939 wurde Dr. Carl Lampert zum Provikar Todesanzeige gedruckt wurde, für deren Text Carl des Tiroler Teils der neuen Administratur ernannt. Lampert die Verantwortung übernahm. Aufgrund Er übernahm diese Aufgabe in stürmischer Zeit dieser Tatsache wurde er wegen „Verstoßes mit großem Verantwortungsbewusstsein und gegen die NS-Geheimhaltungsvorschriften“ am setzte sich vehement für kirchliche Anliegen ein. 5. Juli 1940 erneut ins Innsbrucker Polizeigefäng- nis verbracht. 4 Briefe gehen auf Reisen | Carl Lampert 5. Leidensweg und Hinrichtung Der Leidensweg Carl Lamperts führte ihn ab 25. August 1940 durch die Konzentrationslager Dach- au, Sachsenhausen-Oranienburg und wiederum Dachau. Dort wurde er am 1. August 1941 entlas- sen, erhielt aber in Tirol „Gauverbot“ und musste sich fortan im Gau Pommern/Mecklenburg auf- halten. Dahinter steckte ein ausgeklügelter Plan, Lampert mittels eines Spitzels der Spionage zu überführen und sein Todesurteil vorzubereiten. Dieser Spitzel schleuste sich als „Ing. Hagen“ ein und sammelte fortan das Material für den Prozess. Sein Lügenprotokoll war Grundlage der Anklage gegen Provikar Carl Lampert und führte zu einem dreimaligen Todesurteil, das schließ- lich am 13. November 1944 vollstreckt wurde. An jenem Tag wurde Lampert in Halle an der Saale durch das Fallbeil hingerichtet. Seine Urne wurde dort beigesetzt und nach Kriegsende 1948 nach Göfis zurückgeführt. Briefe gehen auf Reisen | Carl Lampert 5 Brief von Carl Lampert an Julius Name: Lampert Karl es reicht für die nächste Zeit! Herzl[iches]. „Ver- geboren am: 9. 1. 94 gelts Gott“ für alle materielle u[nd]. geistige Gef.-Nr. 22706, Bl[ock]. 30 II. Hilfe! L[ie]b[er]. Bruder! Wieder einmal ein Lebens- Gott sei Dank bin ich gesundheitlich in Ordnung zeichen an Dich als Dank für Dein letztes v[om]. u[nd]. habe die Kältewellen gut überstanden! 29.12. Dein Innsbrucker Besuch freut mich, Fr[äu]l[ein]. Marie betreut dort Heim u[nd]. Freunde in treuer Wie freute ich mich darüber u[nd]. über die tüch- Weise, u[nd]. darüber freue ich mich bes[onders]. tige Schreiberin Rosina! Es ist trostvoll für mich Carl schrieb mir letzthin aus Innsbruck zu wissen, dass Ihr alle gesund seid. die freudige Nachricht, er habe die berechtigte Vielen Dank dann für die Erledigung meiner ma- Hoffnung, dass sein Onkel bald aus dem Spital teriellen Sorgen! An mich selbst bitte das nächs- heimkomme, wie mich das freute, kann mir die te Monat kein Geldbetrag zu senden, Wiedersehensfreude Dachau, den 9. Februar 1941 6 Briefe gehen auf Reisen | Carl Lampert der ganzen Familie vorstellen, u[nd]. bin im Absender: Geiste lebhaft dabei. Ich grüße ihn u[nd]. Papa Meine Anschrift: Fons mit Emma, ebenso Göte Carl u[nd]. T[ante]. Name: Lampert Carl Anna v[on]. Herzen mit tiefem Dank für den noch geboren am: 9. I. 1894 tieferen Griff; ebenfalls vergiss nicht bes[onde- re]. Grüße i[n]. Göfis, Feldkirch u[nd]. Innsbruck Gef[angenen].-N[umme]r. 22706 Bl[ock]. zu bestellen! D[okto]r. Weber u[nd]. Zappinis 30II K 3 Dachau Familiennachrichten haben mir Spaß bereitet, so Herrn Julius Lampert recht, es lebe der Humor! Nur immer froh u[nd]. heiter, ich war auch nie Trübsalbläser u[nd]. bin Poststempel: Göfis 22 es auch heute nicht! Bleib g’sund, auf frohes P[ost]. Feldkirch Wiedersehen, Gau Tirol – Vorarlberg Dein Bruder Carl Briefe gehen auf Reisen | Carl Lampert 7 Brief von Carl Lampert an Alfons Rigger Lieber Fons! Gebirgslandschaft, draußen an allen Orten sam- tagsabendfrohe Menschen auf allen Straßen, die Ich bekam heute erste Post aus meiner Heimat. wir durchfuhren - u[nd]. drinnen i[m]. Auto ein Julius schrieb mir, u[nd]. aus seinem Brief ent- ohne ein Abschiedswort der Heimat Entführter, nehme ich, daß mein erstes Schreiben an ihn Gefangener mit schrecklichem Fahrtziel. Es war auch an Dich gegangen ist. Nun weißt Du etwas wohl die bisher stärkste via dolorosa in meinem von meiner neuen Station, ein weiteres will ich Leben. Dann senkte sich der Vorhang, u[nd]. was Dir heute schreiben. Mein Herz ist heute Abend dahinter liegt, weiß nur Gott allein. Und wieder so übervoll, daß es irgendwo hinaus muß, u[nd]. ist ein Jahr darüber vergangen, und wieder ist wem möchte ich es anders sagen als Dir, mit es samstags abends, der Vorabend jenes 24. Ich dem ich doch in so unzertrennlicher Freundschaft konnte mit meinen Gedanken, die wie Wogen auf verbunden, trotz aller ständigen Morgen ist mich einstürmten, nicht allein in meinem Zim- Jahrestag meiner letztjährigen Einlieferung. Nie mer bleiben, ich ging hinüber ins nahe Heilig- in meinem Leben werde ich diesen 24. VIII. 1940 tum vor den Tabernakel zu dem, der mir Alles ist Stettin, den 23. August 1941 mehr vergessen u[nd]. jene Fahrt mit so furcht- u[nd]. dem zulieb, Gott weiß es, mir auch mein barem Kontrast: Luxus-Auto durch herrliche Leben nie zu 8 Briefe gehen auf Reisen | Carl Lampert teuer ist u[nd]. kein Opfer zu viel sein wird, traste dieses Lebens, die einem zu meistern ein u[nd]. dann ging ich hinaus in den nahen Garten gütiger Vatergott in seiner Liebe auferlädt u[nd]. mit den herrlichen Rasenanlagen u[nd]. Blumen- das halt menschlich manchmal so schwer ist, wie beeten, mit den sorgfältig gepflegten Hecken mir es heute Abend war, u[nd]. doch wieder gut u[nd]. vielen lauschigen Ecken - ein wundervolles sein wird, weil der liebende allwissende Vater im Stück blühender Gottesnatur; mild dämmerte der Himmel es zuläßt. Ich dachte an all die Stationen Abend u[nd]. Sterne leuchteten über Stadt u[nd]. meines Lebens, an Göfis, Feldkirch, Brixen, Dorn- nahen Hafenplätzen, - u[nd]. dann packte es mich birn, Rom, Innsbruck, an Dachau, Sachsenhausen mit Allgewalt das Weh der Zeit u[nd]. so vieler u[nd]. wieder Dachau u[nd]. an all den Freun- 1000 v[on]. armen Menschen; u[nd]. was ich nie deskreis, den ein guter Gott mir immer wieder in allem schweren Leid des vergangenen Jahres zuführte, u[nd].
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