VOLKER MERTENS Wagner Der Ring des Nibelungen Wagner-Ring_Druck.indd 1 10.01.2013 11:53:11 Weitere Bände der Reihe OPERNFÜHRER KOMPAKT: Daniel Brandenburg . Verdi . Rigoletto Detlef Giese . Verdi . Aida Michael Horst . Puccini . Tosca Silke Leopold . Verdi . La Traviata Robert Maschka . Beethoven . Fidelio Robert Maschka . Wagner . Tristan und Isolde Clemens Prokop . Mozart . Don Giovanni Olaf Matthias Roth . Puccini . La Bohème Volker Mertens forscht und lehrt in der Literatur- und Musikwissenschaft; seine neueren Veröffentlichungen betreffen die Literatur des Mittelalters und ihre Nachwirkungen, das Werk Richard Wagners und Giacomo Puccinis sowie die Wechselbeziehungen zwischen Literatur und Musik. Ferner verfasst er Beiträge für Radiosendungen und Programmhefte, u. a. für die Wiener Staatsoper, die Berliner Philharmoniker und die Bayreuther Festspiele. Wagner-Ring_Druck.indd 2 10.01.2013 11:53:12 OPERNFÜHRER KOMPAKT VOLKER MERTENS Wagner Der Ring des Nibelungen Wagner-Ring_Druck.indd 3 10.01.2013 11:53:12 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar. © 2013 Bärenreiter-Verlag Karl Vötterle GmbH & Co. KG, Kassel Gemeinschaftsausgabe der Verlage Bärenreiter, Kassel, und Seemann Henschel GmbH & Co. KG, Leipzig Umschlaggestaltung: Carmen Klaucke, Berlin, unter Verwendung eines Fotos der Bayreuther Festspiele GmbH /Jochen Quast (»Das Rheingold«, 1. Szene, Bayreuth 2006, Inszenierung Tankred Dorst; Andrew Shore als Alberich, Ulrike Henzel als Wellgunde, Fionnuala McCarthy als Woglinde und Marina Prudenskaja als Floßhilde) Lektorat: Ilka Sührig Innengestaltung: Dorothea Willerding Satz: EDV + Grafik, Christina Eiling, Kaufungen Korrektur: Kara Rick, Eberbach Notensatz: Tatjana Waßmann, Winnigstedt Druck und Bindung: GGP Media, Pößneck ISBN 978-3-7618-2260-9 (Bärenreiter) . ISBN 978-3-89487-907-5 (Henschel) www.baerenreiter.com . www.henschel-verlag.de Wagner-Ring_Druck.indd 4 10.01.2013 11:53:12 Inhalt Der »Ring« – Anfang, aber kein Ende 7 Wagners Leben vor und mit dem »Ring« 9 Ein Sohn aus gutem Haus 9 . Lehrjahre 11 . Wanderjahre I 13 . Erster Ruhm 15 . Flucht und Zuflucht 17 . Wanderjahre II 20 . Neues Glück, neues Spiel 21 . Wo sein Wähnen Frieden fand … 23 . Epi- log: Der »Ring« am Ende 25 . Historische, biografische und werk- spezifische Daten 26 Sujet und Entstehungsgeschichte − Woher kommen die Nibelungen und was wird aus ihnen? 30 Der Mythenbaumeister 30 . Fünf Jahre Arbeit am Mythos 32 . 21 Jahre Arbeit an der Musik 36 Die Handlung 39 »Vorabend: Das Rheingold« 39 . »Erster Tag: Die Walküre« 44 . »Zweiter Tag: Siegfried« 50 . »Dritter Tag: Götterdämmerung« 55 Die musikalische und dramaturgische Gestaltung 61 Vorbemerkung 61 . »Vorabend: Das Rheingold« 63 . »Erster Tag: Die Walküre« 76 . »Zweiter Tag: Siegfried« 90 . »Dritter Tag: Göt- terdämmerung« 117 »Ring«-Aspekte 136 Was ist ein Gesamtkunstwerk? 136 . Mythisches, Gegenwärti- ges 138 . Leitmotive – Leidmotive ? 139 . Instrumentation 140 . Wie wollte Wagner gesungen sein? 141 . Wagners Wortkunst 143 . Mythische Referate – Arbeit mit der Erinnerung 145 . Der mys- tische Abgrund 145 . Tempi – damals und heute 147 . Wagners Wald – »O Täler weit, o Höhen« 147 . Wort und Ton 148 . Wagner und das Jüdische 149 . Die Revolution und der »Ring« 151 . Hit- lers Wagner – »Mit einem Schlag war ich gebannt« 154 Wagner-Ring_Druck.indd 5 10.01.2013 11:53:12 Im Wandel der Inszenierungen 158 Der Ur-»Ring« und die Folgen 158 . Abschied vom Bärenfell – Abstrak tion und Licht I 164 . Der »Ring« unter dem Haken- kreuz 165 . Die reine Kunst − Abstraktion und Licht II 166 . Kri- tisch – politisch 168 . Politik – Mythos – Psychologie 170 . Was ihr wollt, wie es euch gefällt 173 Der »Ring« und die Folgen – Resonanz und Rezeption 177 Der »Ring« wirkt in der Musik 177 . Dichtungen und Essays 180 . »Ring«-Bilder zwischen 1865 und 1987 184 Jenseits der Bühne − Der »Ring« auf CD und Video 189 Studioaufnahmen 189 . Live-Aufnahmen 191 . Einzelaufnah- men 193 . Videoaufnahmen 195 Reden wir über den »Ring« mit … 197 … Brünnhilde: Evelyn Herlitzius 197 . … Wotan: Michael Volle 199 . … Mime und Loge: Graham Clark 200 . … dem Intendan- ten: Dietmar Schwarz 201 . … dem Dirigenten: Christian Thiele- mann 202 . … dem Regisseur: Nikolaus Lehnhoff 203 Kleines »Ring«-Wörterbuch 206 Anhang 210 Zitierte und empfohlene Literatur 210 . Abbildungsnachweis 215 Wagner-Ring_Druck.indd 6 10.01.2013 11:53:12 Der »Ring« – Anfang, aber kein Ende Stehplatz in der Wiener Staatsoper am 15. Oktober 1958 – der Härtetest. Wenn man nach der Aufführung körperlich ausgelaugt, aber innerlich an-, ja aufgeregt ist, dann muss es sehr gut gewesen sein. Wagners Sieg- fried, der vom Publikum ungeliebte Teil der Tetralogie, zog mich in seinen Bann, nicht nur weil Karajan dirigierte, hervorragende Sänger wie Hans Hotter und Wolfgang Windgassen, Gustav Neidlinger und Jean Madeira sangen, sondern weil die Musik so ausdrucksvoll und spannend war, weil die Handlung sich so dramatisch folgerichtig entwickelte und durch viele Dunkelheiten und Dämmerungen zum strahlenden Licht geführt hatte: »leuchtende Liebe – lachender Tod«, Tod ? Ja, Siegfried hatte ihn nicht ge- scheut, um zu Brünnhilde zu dringen, sie aus todesähnlichem Schlaf er- weckt. Im Jubel des Schlusses war nicht zu hören, dass diese Liebe ihrer beider Tod sein würde. Dass dem Rausch nicht zu trauen war, der Fluch des Ringes ihn einholen sollte, ahnte der Zuhörer auf der Galerie wohl, wenn auch der Siegfried seine erste Ring-Oper war. Konnte ich den Ring angemessen verstehen? Ich hatte den Text nicht ohne leichtes Befremden gelesen, von der zugrunde liegenden Philosophie wusste ich kaum etwas. Und die Kompositionsgeschichte? Ich konnte die Musik ungefähr einordnen. Viel Beethoven hatte ich gehört (auf den Wag- ner, was ich nicht wusste, sich besonders bezieht), aber noch nichts von Gustav Mahler oder Richard Strauss, kannte also nichts von den Folgen. Ich brachte Aufnahmebereitschaft und Neugier mit und den Wil- len, das, was ich sah und hörte, auf- und anzunehmen. Große Gefühle – sie sprechen unmittelbar an. Politische und gesellschaftliche Botschaften hingegen, sie verstören eher. Mythische Offenheit aber appelliert an den Zuschauer, seine eigene Deutung in seiner Zeit, in seinen Lebensumstän- den zu finden – wenn der Regisseur nicht mit dem kleineren oder grö- ßeren Hammer inszeniert, der mir in den Kopf hauen will, was ich zu denken habe. 7 Wagner-Ring_Druck.indd 7 10.01.2013 11:53:12 Aufführungen aller vier Teile waren noch sehr selten, anders als heute, wo selbst kleinere Bühnen wie Münster, Lübeck oder Halle den Zyklus spielen, und der Mythos, der Ring sei der höchste und schwerste Berg der Opernlandschaft, etwas verblasst ist. Doch gewaltig bleibt er – die größte Geschichte, die auf dem Musiktheater erzählt wird, sodass, wenn das Wunderthema am Schluss der Götterdämmerung verklungen ist, man die äußere Welt vergessen hat. Es wird berichtet von einem Ame- rikaner, der in den 1930er-Jahren den Ring in Bayreuth besuchte und an- schließend durch die Straßen irrte, fragend: »Is Roosevelt still president?« Irdische Herrschaft vergeht: »Selig in Lust und Leid lässt – die Liebe nur sein«, lauten die instrumental vertonten letzten Worte Brünnhildes, die im Des-Dur-Gesang der Geigen Gestalt geworden sind. Vielfältig sind die Botschaften, die der Ring aussendet. Karajan zeigte in Wien eine schön anzusehende Erzählung. Man hätte sie für zeit- los halten können, sie war jedoch in ihrer beabsichtigten Geschichtsferne eine Konsequenz der Geschichtsverweigerung der 1950er-Jahre in Öster- reich und anderswo. Es war dem Zuhörer nicht bewusst, dass der Ring eine politische Dimension hat, die ihm nicht gezeigt wurde. Er wusste auch nicht, dass Wagner diese seine ursprüngliche Aussage mehr und mehr mit allgemein Menschlichem (wie er es genannt hätte) überlagert hatte. »Weltanschauung« war hier, anders als Wagner meinte, ebenso we- nig zu erkennen. Später wurden mir zu den menschlichen die gesellschaftlichen und politischen Dimensionen deutlich, aber im Zentrum blieb und bleibt für mich das grandiose Drama in der Musik – im Detail und im großen Atem: Karajan konnte das. Für den einsamen Hörer war die Zeit wie zu einer Kugel geballt, diese Totalität habe ich immer wieder gesucht. Heute, über 50 Jahre und eine gute Reihe von (nicht immer guten) Inszenierungen später, hat die Faszination nicht nachgelassen. Je tiefer man in die Entstehungszusammenhänge eintaucht, die Werkgestalt zu ergründen sucht, die Wirkungsgeschichte sich vergegenwärtigt, umso er- staunlicher und bezwingender ist Wagners umfassender Gestaltungswille zu erkennen – in der Handlungs- und Personenführung, in der Sprache, in der Sinngebung durch die Musik mit ihren vokalen und instrumenta- len Dimensionen, in der Verwirklichung der Bühnengestalt, der Prägung des Aufführungsortes und der Schaffung eines eigenen Publikums. Das möchte ich über die Darstellung der großen Zusammenhänge wie einzel- ner Aspekte nachvollziehbar machen. 8 Wagner-Ring_Druck.indd 8 10.01.2013 11:53:12 Im Wandel der Inszenierungen Der Ur-»Ring« und die Folgen Wem gehört der Ring? König Ludwig, der ihn bezahlt, oder Wagner, der ihn geschaffen hatte? Ludwig wollte jeden Teil, der fertig war, sofort auf der Bühne sehen, Wagner die Tetralogie nur geschlossen aufführen. Der König setzte sich durch, 1869 wurde das Rheingold, ein Jahr später die Wal- küre auf dem Münchner Hoftheater
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