Archiv Für Naturgeschichte

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© Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at Bericht über die Leistungen in der Naturgeschichte der Insekten während der Jahre 1867—68. Von Friedrich Braner in "Wien *). Pettigrew J. Bell bespricht in seiner grossen Abhandlung über den Flug der Thiere auch die Insekten in dieser Beziehung in ausführlicher Weise (Linn. Trans. V. XXVl. p. 197-277. pl. 12-15). H. Landois und W. Thelen setzten ihre Unter- suchungen über den Tracheenverschluss bei den Insekten im XVII. Bande von Siebold und Kölh'cker's Zeitschr. für wissensch. Zoologie (p. 187—214. T. XII.) fort. *) Herr Dr. Gerstaecker, dem das Archiv für Naturgeschichte seit einer Reihe von Jahren die trefflichen Berichte über das ganze Gebiet der Entomologie verdankt, ist nicht mehr in der Lage, die dazu erforderliche Zeit dieser mühsamen und langwierigen Arbeit zu widmen. Derselbe wird jedoch auch noch fernerhin die Berichte über Arachniden, Myriapoden und Crustaceen liefern. Die Insekten hat Herr F r i e d r i c h B r a u e r in Wien übernommen. Wir wünschen uns Glück, eine so vielseitige und bewährte Kraft für den schwer zu ersetzenden Verlust gewonnen zu haben. Die Redaction ist Herrn Brauer zu besonderem Danke verpflichtet, dass er in so kurzer Zeit diesen Doppelbericht nachgearbeitet hat, und die Leser werden -gewiss, dem Wunsche des Verf. gemäss, diesen Umstand berücksichtigen, wenn sich irgendwo Lücken ergeben sollten. Die gedrängte Abfassung für diesmal war eine Nothwendigkeit bei der Kürze der Zeit und geschah auf meine besondere Bitte. Der Herausgeber, Archiv für Naturg. XXXIV. Jahrg. 2. lid. X © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at 344 Brauer: Bericht üb. d. Leist. in d. Naturgeschichte Nach einem Rückblick auf die Arbeiten Burm ei ster's über Oryctes und L. Landois's so wie die von den Verfassern bereits erschienene Arbeit über denselben Gegenstand (Siehe diesen Bericht für 1865 — 66) geben dieselben eine eingehende Beschreibung des Verschlussapparates und seiner Funktionen. Derselbe liegt erst hinter dem Stigma und verschliesst nicht dieses selbst, wie Bur- meister angiebt. Seine wesentlichste Construction wurde bereits von Gerstaecker im vorigen Berichte geschildert; er besteht aus vier Theilen: 1) dem Verschlussbügel^ 2) dem Verschlusshebel oder Kegel, 3) dem Verschlussbande und 4) dem Verschlussmuskel. Die drei ersten Theile sind Hartgebilde. Sie umgeben den Anfang des Tracheenrohres innerhalb des Stigmas und der Verschluss wird durch Andrücken des Verschlussbandes an den Verschlussbügel mittelst besonderer mechanischer Vorrichtungen — einen Chitinstab oder rechtwinklig gebogeneu Hebel — bewerkstelligt. Dieser Appa- rat wurde bei keinem Insekt bis jetzt vermisst, ist aber bei Neu- ropteren und Libellen auf einl Minimum reducirt. Seine Innerva- tion erhält derselbe vom centralen und transversalen Nervensystem aus kleinen, beiden Systemen gemeinschaftlichen Ganglien in der Nähe der Stigmen. Für die Respiration der Insekten ist dieser Apparat unentbehrlich, da die Tracheen die Luft nicht weiter treiben können und die durch die ganzen Körperbewegungen bewirkte Strö- mung, die eben eingeathmete Luft sogleich wieder austreiben würde, wenn die Trachee nicht gleich nachher geschlossen werden könnte. Die Respiration wird daher bei den Insekten vermittelt: 1) durch die Körperbewegungen im Allgemeinen, 2) durch das den ganzen Körper durchziehende lockere Gewebe, welches von der Peritoneal- haut ausgeht , 3) durch Contraction der Muskelfasern , zwischen welchen die Tracheenzweige hinziehen, 4) durch die unwillkürlichen Bewegungen gewisser Organe, 5) durch den Blutstrom selbst, 6) durch die queren Muskeln, welche über die Tracheen hinziehen und 7) durch den Verschlussapparat der Tracheen. Ebenso wichtig ist leicht begreiflich letzterer für den Flug selbst. — Durch Eintau- chen der Insekten in Oel werden die Muskeln gelähmt und die Thiere ersticken. Die Verfasser schildern dann den Verschlussapparat bei verschiedenen Käfern , Schmetterlingen, Hymeuopteren , Dipteren, Aphanipteren, Neuropteren, Wanzen und Blatten. Eine umfassende Arbeit über die Ton- und Stimm- apparate der Insekten in anatomisch-physiologischer und akustischer Beziehung hatH. Landois im 17. Bande von Siebold undKöUiker's Zeitschr. f. wiss. Zoologie (p. 105 ff. Taf. X. u. XL) veröffenth'cht. Der Verfasser beginnt seine Abhandlung mit einem Rückblick © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at der Insekten während d. Jahre 1867—68. 345 auf die bisherigen Forschungen in dieser Richtung und führt zahl- reiche Stellen aus Aristoteles an. Als Tonapparate bezeichnet der Verf. alle jene Gebilde, welche auf mechanische Weise durch An- einanderreihen wirken, als Stimmapparate dagegen nur solche, wel- che mit den Respirationsorganen in Verbindung stehen. Selbst die be* reits bekannten Touapparate werden einer nochmaligen mikroskopi- schen Untersuchung unterzogen und ihr Bau eingehender als dies bisher der Fall war, geprüft. — In der Ordnung der Orthopte- ren finden sich nur Tonapparate; die Acridier bringen ihre Laute durch Reibung der Schenkel an die Flügeldecken hervor und zwar an eine bestimmte Ader derselben, welche Schrillader genannt wird. Das Geklapper von Oedipoda stridulus entsteht durch Reiben der Längsadern der Hinterflügel an die Vorderflügel; die Gryllen zei- gen einen Tonapparat au der Basis der Flügel in bekannter Weise Die Schrilladern (die 2te Querader) zeigen an der Unterseite zahl- reiche kleine Stege und reiben an eine Seitenader des darunter lie- genden Flügels. Aehnlich sind die Apparate bei Gryllotalpa, Dec- ticus und Locusta {^) gebaut. — Verschiedenartiger sind die Laut- äusserungen der Käfer, einige (Anobium) schnellen die Kiefer ge- gen eine Unterlage, indem sie die Beine dicht aneinander stellen und mit dem Leibe eine hämmernde Bewegung machen; andere reiben verschiedene Körpertheile aneinander — die Hinterleibsringe gegen die Flügeldecken (Necrophorus), oder gegen die Hüften der Hinter- beine (Geotrupes), oder die Vorderbrust gegen die Mittelbrust an der Oberseite (Cerambycidae) oder Unterseite (Elateridae). — Zu diesen Apparaten gesellt sich nun bei vielen der Brummapparat (in spec. bei Melolontha). Letzterer ist als Stimmapparat aufzufassen und findet sich dicht innerhalb der Hinterleibsstigmen im Lumen des Tracheenrohres. Der Maikäfer besitzt 14 solcher Apparate , da er jederseits 7 Stigmen hat. Der Brummapparat steht im wesent- lichen Zusammenhang mit dem Tracheenverschlussapparat. (Siehe diesen). An letzterem entspringt eine dünnhäutige Zunge, die in das Lumen der Tracheen hineinragt. Bei der Verschliessung der letzteren wird sie gegen den Bügel gedrängt. Beim raschen Respi- riren vibrirt die Zunge und erzeugt das Summen des Käfers. Un- terstützt wird das letztere durch den Flügelschlag. — Das Tönen der Dipteren wird auf verschiedene Weise hervorgebracht. Ein verhältnissmässig tiefer Ton entsteht durch die Flügelschwingungen, ein oft knisterndes Geräusch durch Reibung der Hinterleibsringe und heftige Drehungen des Kopfes gegen die Brust, die eigentliche Stimme der Fliegen hat aber ihren Sitz in den Stigmen der Brust. Zu Versuchen wurden Musca vomitoria und Eristalis tenax verwen- det. Werden einer Fliege Kopf, Flügel, Beine und Abdomen ab- geschnitten, so lässt der Brustkasten noch eine Stimme erschallen. Durch Entfernen der Schwingkolben wird dieselbe schwächer. Schon © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at 346 Brauer: Bericht üb. d. Leist. in d. Naturgeschichte Burmeister erkannte in den Stigmen den Sitz des Stimmappara- tes. Letzterer hat folgenden Bau : In der Nähe des Stigmas erwei- tert sich die Trachee zu einer halbkugeligen Blase, deren äussere Oefifnung der Stigmenrand bildet; die Blase faltet sich oft in zier- liche Blättchen, welche durch einen dicht unter der Stigmenöffnung liegenden Brummring auseinandergehalten werden. Durch die Respiration werden die Blättchen in Schwingungen versetzt und dadurch ein Ton erzeugt. Der Brumm ring steht mit den Halteren in Verbindung und die Schwingungen der letzteren werden somit auch auf die Stimmblättchen verpflanzt. Der Verf. bespricht ferner noch diese Organe bei Scatophaga und Musca domestica. Stratiomys zeigt kein Stimmorgan, macht dagegen ein Geräusch, mit der Flügel- wurzel. Unter den Nematoceren haben nur die Mücken eine wahre Stimme. — In einem eigenen Kapitel erklärt der Verf. die Halteren zur Bewegung des Brummringes von wesentlichsten Belang. Erst in zweiter Linie wirken sie durch dieselbe Bewegung auf die Respi- ration und Flugfähigkeit. — Was die Cicade betrifft, so kommt der Verf. zu dem Schlüsse, dass der Sitz ihrer Stimme ebenfalls in den hinteren Thoraxstigmen zu suchen ist, welche bisher durch ihre Lage unter den Hinterbeinen übersehen wurden und an deren Chitinrande die Stimmbänder angebracht sind. Das Pläutchen und die Höhlen sind nur Resonanzapparate, Referent , welcher Cicada haeraatodes lebend beobachtete, kann letzteres bestätigen, denn nach Entfernung des zarten Iläutchens war der Ton kaum merklich geschwächt. Da- gegen glaubt derselbe auf ein Gebilde aufmerksam machen zu müssen, welches bei allen männlichen Cicaden an der Oberseite des Hinter- leibes, jederseits am Grunde liegt, zuweilen frei ist. zuweilen von einem Lappen des folgenden Seginentes ganz oder theilweise bedeckt wird. Man findet dort in einem ovalen Spalt eine Blase vortretend, die durch stärkere Rippen gespannt erhalten ist und wohl in we- sentlicher Beziehung zum Stimraorgane

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