Evangelisches Pfarramt Schlat (Dekanat Göppingen)

Evangelisches Pfarramt Schlat (Dekanat Göppingen)

LANDESKIRCHLICHES ARCHIV STUTTGART Archivinventar Evangelisches Pfarramt Schlat (Dekanat Göppingen) 1558-2007 Bearbeitet von: Christoph Schüz und Wilhelm Clement Redaktion: Bertram Fink Stuttgart 2012 Einleitung Einleitung Ortsgeschichte und Ortskirchengeschichte Ortsgeschichte Schlat wird erstmals im Jahre 1275 urkundlich erwähnt in einem LIBER DECIMATIONIS (Zehntbuch) der Diözese Konstanz als Pfarrei des Dekanats Süßen. Die Grafen von Helfenstein, deren Burg über der Stadt Geislingen a.d.Steige heute noch als Ruine auffindbar ist, waren über lange Zeit die damaligen Ortsherren. In ihren Diensten standen die Herren von Schlat, eine örtliche Herrschaftsfamilie, die von 1302 bis 1444 urkundlich nachgewiesen werden kann. Sie hatten ihren Sitz in einer längst abgegangenen Burg am südlichen Ortsrand im Gewann "Klinge" in der Nähe des Schlater Bachs. Die dortige Lage lässt vermuten, dass die Burg die Verbindungsstraße vom oberen Filstal über den Gairenbuckel nach Göppingen sichern sollte. Um 1380 konnten die Herren von Schlat sogar das Dorf Eschenbach mit dem Iltishof und weitere Güter in Heiningen erwerben. 1410 verkaufte Barbara von Schlat ein Drittel der Burg und mehrere Güter an das Kloster Adelberg. Mit dem Tode des Kaspar von Schlat 1444 fiel ein weiteres Drittel des Besitzes an das Geschlecht derer von Liebenstein in Jebenhausen. Das letzte Drittel schließlich ging als Rest aus dem helfensteinischen Besitz an die Grafen von Württemberg. Schlat gehörte damit als Kondominatsort zum Besitz mehrerer Herrschaften. Mit Einführung der Reformation um 1534 fiel auch der Adelbergische Besitz an Württemberg, das 1789 auch die Liebensteiner Besitztümer erwarb. In der örtlichen Verwaltung wurden die ehemals dreigeteilten Besitzverhältnisse noch bis 1827 steuerlich getrennt verwaltet. Ebenfalls zu Schlat gehörten die abgegangene Burg Zillenhardt und der dazu gehörende Weiler Ursenwang. Der östlich von Schlat gelegene Burgweiler Rommental fiel 1396 mit der Herrschaft Geislingen an die Reichsstadt Ulm. Erst 1810 kam der Weiler im Zuge der Mediatisierung mit Ulm zu Württemberg und damit zu Schlat. Hauptzweig der Landwirtschaft in Schlat war über lange Zeit die Schafzucht, mit der u.a. im 19. Jahrhundert auch ein reger auswärtiger Handel, u.a. bis nach Frankreich, bestand. Inzwischen ist der Erwerbs-Obstanbau zum Schwerpunkt der Landwirtschaft geworden. Weit im Umkreis gilt Schlat als "Apfeldorf". Die rasante Industrialisierung des unteren Filstales machte sich auch in Schlat bemerkbar. Ein immer größerer Teil der Einwohnerschaft fand Arbeit in den Betrieben im Großraum Göppingen. Die wirtschaftliche Anbindung wurde durch den Bau der Bahnlinie Göppingen-Boll 1926 mit dem Bahnhof Schlat-Ursenwang und mit der Errichtung einer festen Omnibuslinie nach dem 2. Weltkrieg wesentlich gefördert. Damit einher gingen ein starker Anstieg der Einwohnerschaft und die stetige bauliche Erweiterung des Ortes. Mit seinen heute etwa 1700 Einwohnern zeigt sich Schlat als ein schönes heimeliges Dorf mit engagierten Bürgern, das sich trotz ausgedehnter Neubauareale wie einst um die altehrwürdige Andreaskirche schart. Zur Pfarreigeschichte und zur Geschichte der Schule Die bereits 1275 im o.a. Konstanzer Zehntbuch erstmals genannte Pfarrei stand unter dem Patrozinium des Apostels Andreas, Petrus' Bruder und hat dieses bis heute beibehalten. Wie es zu dieser in unserer Gegend nicht gerade häufigen Zuordnung kam, ist nicht geklärt. 1351 ging die Schlater Pfarrei von den Grafen von Helfenstein an das Kloster Königsbronn über. Dieses Kloster wurde in der Reformationszeit aufgehoben, Schlat kam an Württemberg, und 1534 wurde die Reformation eingeführt. Nachdem im Schwäbischen Städtekrieg 1448/49 das ganze Dorf mit der damaligen Kirche zerstört worden war, wurde im Jahre 1472 der Bau der heutigen Kirche an der damals höchsten Stelle des Ortes, allerdings außerhalb Etters vollendet. Aus dieser Zeit stammen noch die beiden 2 Einleitung spätgotischen Fenster in der Nordwand. 1584, fünf Jahrzehnte nach Einführung der Reformation musste die Kirche erweitert werden, 1727 wurde sie erneut grundlegend renoviert und nach Süden hin erweitert, 1778/79 mussten der spätgotische Chor und der Turm wegen Baufälligkeit abgebrochen werden. Statt des bisher spitzen erhielt nun die Kirche einen gedrungenen vier- und im oberen Teil achteckigen Turm mit einer barocken Haube. Aus dieser Zeit stammen auch die heutige Sakristei und das auffallend prächtige Stuckwappen an der Kirchendecke. Die Einführung der Reformation ist in Schlat mit eigenwilligen Pfarrpersönlichkeiten verbunden: So klagte der Bischof von Konstanz 1528 über den damaligen katholischen Pfarrer: "er sei Luthers, liest den Bauern das Testament in der Kirche, spricht zu ihnen, er halt nichts auf die Meß" (zitiert nach Schurr, 1970, S.71). Andrerseits wurde der erste evangelische Pfarrer von der Gemeinde verklagt, weil er noch immer dem Papsttum und der Messe anhänge und außerdem mit seiner Magd sieben Kinder gezeugt habe (Schurr, a.a.O.). Er wird darauf hin visitiert und 1540 entlassen. Zur Pfarrei Schlat gehörte der Weiler Ursenwang. Nach dem Bau der dortigen Siedlung in den 60er-Jahren als Ortsteil von Göppingen-Holzheim verblieb bis heute die am südlichen Siedlungsrand bestehende Hofanlage kommunal und kirchlich bei Schlat. Der Weiler Rommental, bis 1810 zur Stadt Ulm gehörend, und der Gairenhof, der zur Gemeinde Reichenbach im Täle gehört, sind kirchlich der Schlater Pfarrei zugeordnet, ebenso wie der Fuchseckhof oberhalb des Ortes. Seit 1581 ist von einer Schule in Schlat die Rede, die damals vom Pfarrer versehen wurde. Über die ersten Jahrhunderte ist diesbezüglich wenig bekannt. Es gab wie in anderen Dörfern noch kein Schulgebäude. Die Schulkinder waren stark in die familiäre Landwirtschaft eingebunden, sodass ein Unterricht nur an wenigen Tagen in der Woche, im Sommer weniger, im Winter mehr, und oft auch nur sonntags stattfinden konnte. Zuerst in einer Bauernstube, später dann auch im Rathaus lernten die Kinder leidlich Lesen und Schreiben, in der Regel anhand des Katechismus und der Bibel. Im Jahre 1830 wird ein neues Schul- und Rathaus gebaut. Der Schlater Pfarrer ist bis zum Ersten Weltkrieg als Vorsitzender des Ortsschulbeirates für den ordnungsgemäßen Unterricht und die Visitation der Lehrkräfte zuständig. Mit der Zunahme der Bevölkerung durch die Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg wird der Bau des heutigen Schulhauses notwendig. Damals sind in Schlat über 150 Kinder schulpflichtig. Heute ist diese Zahl auf etwa die Hälfte abgesunken. Der evangelische Religionsunterricht wird von der örtlichen Pfarrerin erteilt. Die ökumenische Zusammenarbeit in der Schule gelingt gut und zeigt sich auch in den fest eingeführten Schulgottesdiensten. Die Evangelische Kirchengemeinde Schlat gehört heute zum Dekanatsbezirk Göppingen und damit zur Prälatur Ulm. Die Pfarrstelle wurde nach dem letzten Pfarrplan mit dem Stellenwechsel 2010 zur 75%-Stelle herabgestuft. Mit dem nächsten Pfarrplan ab 2018 ist eine weitere Abstufung auf 50% vorgesehen, die dann aber in einer Fusion mit der Nachbargemeinde Manzen-Ursenwang als 150%-Gesamtstelle ausgewiesen werden soll mit der Geschäftsführung im Schlater Pfarramt. Bestandsgeschichte Das Pfarrarchiv war ursprünglich im alten Pfarrhaus untergebracht und dort wechselnden Temperaturen und vor allem Feuchtigkeit ausgesetzt. Dies führte zu erheblichem Schimmelbefall, der auch durch den Umzug in das neugebaute Pfarrhaus Anfang der 80er-Jahre und durch die Lagerung in vorschriftsmäßig gesicherten und feuerfesten Stahlschränken (lt. OKR-Rundschreiben vom 03.02.1986) nicht behoben werden konnte. Bevor der Archivbestand aufgrund der Rundschreiben des OKR vom 09.02.1998 und vom 23.03.2012) und dem Beschluss des Kirchengemeinderats vom 09.05.2011 in das Landeskirchliche Archiv nach Stuttgart Möhringen überführt werden konnte, musste er durch den Restaurator Raum in Römerstein-Böhringen gereinigt und begast werden. Die pfarramtlichen Archivalien wurden zusammen mit der Historischen Bibliothek erstmals 1967 durch den Archivpfleger des Dekanats Göppingen Manfred Akermann verzeichnet. Da aber 3 Einleitung damals der umfangreiche Aktenbestand nicht vollständig erfasst worden war, wurde in der Zeit von September 2011 bis März 2012 das Schlater Pfarrarchiv von Wilhelm Clement und Christoph Schüz nach einer Einführung in die archivalische Verzeichnung durch Dr. Bertram Fink elektronisch erfasst und neu erschlossen. Der Bestand gliedert sich in die drei Hauptgattungen Amtsbücher, Akten und Rechnungsunterlagen und umfasst insgesamt 273 Bestellnummern, 6 laufende Regalmeter. Die Vorlage für die Erschließung der Akten bildete der Registraturplan der württembergischen Pfarrämter von 1901. Die historischen Kirchenbücher, unter denen das älteste ein Mischbuch von 1558 ist, sind aus konservatorischen Gründen für die Benutzung gesperrt. Im Lesesaal des Landeskirchlichen Archivs können jedoch die entsprechenden Mikrofilme zur Forschung benutzt werden. Die Benutzung der seit 1876 überlieferten Kirchenbücher, die auf dem Pfarramt verblieben sind, regelt die jeweils aktuelle Kirchenregisterordnung. Literatur und andere Quellen - Illig, Johannes: Geschichte von Göppingen und Umgebung, 2 Bde., Göppingen 1924 - Schurr, Otto: Geschichte von Schlat, Gemeinde Schlat (Hg.) 1970 - Ziegler, Walter: Vorwort zum Findbuch der Gemeinde Schlat, Archivinventar des Landkreises Göppingen, Band 15, Göppingen 1985 - Das Königreich Württemberg, Oberamtsbeschreibungen, Band 4, Donaukreis, Stuttgart 1904 Weitere Archivquellen zur

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