Legislative Eliten in Österreich Rekrutierungsmuster und Karriereverläufe Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Mag. rer. soc. oec. im Diplomstudium Soziologie Eingereicht von: Andreas Payer Angefertigt am: Institut für Soziologie Beurteilerin: Mag.a Dr.in Karin Fischer Juni 2015 Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt beziehungsweise. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als sol- che kenntlich gemacht habe. Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch. ____________________ __________________________ Ort, Datum Unterschrift 2 Kurzfassung Funktionalistischen Überlegungen folgend wendet sich diese Arbeit einer Personen- gruppe zu, die durch ihre formale Position in der österreichischen Gesetzgebung eine wichtige Rolle spielen. Diese Personengruppe soll als „legislative Eli- te“ bezeichnet werde. Unter Zuhilfenahme vorhandenen biografischen Materials wer- den individuelle Karriereverläufe auf etwaige Rekrutierungsmuster untersucht und somit Strukturen aufgedeckt, die einen Aufstieg in diese Führungsrollen begünstigen. In diese Analyse gelangen dabei Personen des österreichischen Nationalrats, die im Untersuchungszeitraum 1996-2013 eine der folgenden Positionen inne hatten: Natio- nalratspräsident_in, Vorsitzende_r eines Fachausschusses beziehungsweise Parla- mentsklubobmann_frau. Neben einer theoretischen Klärung des Elitebegriffs stellt diese Arbeit auch gängige Methoden zur Identifikation von Eliten (insbesondere der verwendete Positionsansatz) vor. Zur Analyse möglicher Rekrutierungsmuster wurde Anleihe an dem von Dietrich Herzog entwickelten karrieretheoretischer Ansatz ge- nommen. Von großer Bedeutung erscheint der Vergleich zwischen den unterschied- lichen Parteien und das Aufdecken von Gemeinsamkeiten beziehungsweise Ver- schiedenheiten. Da die Eliteforschung in Österreich eine relativ vernachlässigte Disziplin ist, erscheint eine Auseinandersetzung mit diesem Themengebiet eine lohn- ende Sache zu sein. Ergebnisse dieser Arbeit bieten einen möglichen Ansatzpunkt für eine weitere, vertiefende Analyse. 3 Abstract Following functionalist considerations, this paper is about a group of people who play an important role through their formal position in the Austrian legislation. This group can be named 'legislative elite’. With the aid of existing biographical material individu- al career paths are examined for possible recruitment patterns and uncovered struc- tures that favor a rise in these leadership roles. This analysis thereby consists of people of the Austrian National Council, who held one of the following positions dur- ing the period 1996-2013: president of the Austrian National Council, chairman of a specified panel or parliamentary group. In addition to a theoretical clarification of the elite concept, this work also present common methods for the identification of elites (especially the used position approach). For the analysis of possible recruitment patt- erns the career-theoretical Approach developed by Dietrich Herzog was used. Great importance is paid to the comparison between the different parties and the uncover- ing of similarities or differences. Since Elite research in Austria is a relatively neglec- ted discipline, an exploration of this topic seems to be a worthwhile thing. Results of this study provide a possible starting point for further, in-depth analysis. 4 Inhaltsverzeichnis Einleitung.................................................................................................................... 6 Eliten: Theoretische Grundlagen .............................................................................. 10 Klassischer Elitebegriff.......................................................................................... 10 Funktionalistische Elitetheorie............................................................................... 14 Kritische Eliteforschung......................................................................................... 18 Angewandte Definition „Legislativer Eliten“........................................................... 20 Exkurs: Das österreichische Parlament.................................................................... 22 Struktur und Gesetzgebung .................................................................................. 22 Ausgewählte statistische Zahlen........................................................................... 25 Rekrutierung von Eliten – Theoretische Ansätze...................................................... 29 Traditionelle Forschungsansätze .......................................................................... 29 Herzogs karrieretheoretischer Ansatz................................................................... 31 Methodisches Vorgehen........................................................................................... 34 Identifikation von Eliten ......................................................................................... 34 Personen und Zeitraum......................................................................................... 35 Datenmaterial, -erhebung und -auswertung.......................................................... 36 Ergebnisse................................................................................................................ 39 Nationalratspräsident_innen ................................................................................. 39 Geschlecht, Alter und Bildung ........................................................................... 41 Karrieremuster................................................................................................... 42 Klubobleute........................................................................................................... 46 Sozialdemokratischer Parlamentsklub............................................................... 46 Parlamentsklub der ÖVP................................................................................... 48 Parlamentsklubs von FPÖ, BZÖ und LIF .......................................................... 49 Parlamentsklub der GRÜNEN ........................................................................... 51 Ausschussvorsitzende .......................................................................................... 52 SPÖ................................................................................................................... 54 ÖVP................................................................................................................... 62 FPÖ, BZÖ und LIF ............................................................................................ 67 GRÜNE ............................................................................................................. 71 Fazit.......................................................................................................................... 74 Literatur .................................................................................................................... 77 Abbildungsverzeichnis.............................................................................................. 80 Abkürzungsverzeichnis............................................................................................. 81 Anhang: Kurzbiografien des ausgewählten Personenkreises................................... 82 5 Einleitung Heutzutage findet man den Begriff Elite im deutschsprachigen Raum zumeist in et- waigen Bildungsdebatten. Gefordert werden Elitebildungseinrichtungen, von denen man sich Wettbewerbsvorteile im internationalen Vergleich erhofft. Elite wird somit oft mit herausragenden Leistungen gleichgesetzt. Was dabei jedoch oft auf der Strecke bleibt ist eine inhaltliche Begriffsklärung und somit auch eine kritische Würdigung dieses Begriffs. Mit Rückblick auf die Geschichte zeigt sich, dass dies nicht immer so war. Gerade die Nähe klassischer Theoretiker und ihrer Ideen zum Faschismus am Anfang des 20. Jahrhundert und den dadurch diskreditierten Elite-Begriff belegen dies. In Deutschland kam es nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer kritischen Auseinander- setzung mit eben diesen Vorstellungen, die Erfahrungen waren ausschlaggebend dafür, dass es demnach zu einer Wiederbelebung der Eliteforschung kam. Durch die Fokussierung der Theoriebildung im Anschluss an die Studentenbewegung auf den Begriff Klasse kam es aber dann zu einen Paradigmenwechsel und Eliten rückten in den Hintergrund. Nun galt der „herrschenden Klasse“ die volle Aufmerksamkeit und damit wurde gleichsam ein scheinbar unauflöslicher Knoten zwischen Kapital und Führungsanspruch geknüpft. Als die Wissenschaft sich dann in den 1990er Jahren verstärkt der „Elite“ zuwandte, hatte sich dieser Begriff ideologisch entladen – die Auseinandersetzung war formaler geworden (vgl. Imbusch 2003: 12f.). Womit wir wieder bei unserer heutigen Ausgangssituation wären. Die große Schwierigkeit stellt nun die begriffliche Definition von Eliten dar. Formal gemein ist allen Definitionsversuchen, dass es sich bei Eliten um eine Minderheit in der Bevölkerung handelt, die gesamtgesellschaftliche Maßnahmen trifft. Diese Machtausübung ist dabei meist in Form von Funktionen und/oder Positionen institu- tionalisiert. Abgegrenzt werden kann der Begriff von Begrifflichkeiten wie etwa der Oberschicht. Unter diese Terminus kann grob gefasst derjenige Personenkreis
Details
-
File Typepdf
-
Upload Time-
-
Content LanguagesEnglish
-
Upload UserAnonymous/Not logged-in
-
File Pages104 Page
-
File Size-