
ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Angewandte Carabidologie Jahr/Year: 2007 Band/Volume: 8 Autor(en)/Author(s): Aßmann [Assmann] Thorsten, Drees Claudia, Matern Andrea, Vermeulen Hendrik Artikel/Article: Carl H. Lindroth und sein Beitrag zur Carabidologie 77-83 ©Gesellschaft für Angewandte Carabidologie e.V. download www.laufkaefer.de Carl H. Lindroth und sein Beitrag zur Carabidologie Thorsten ASSMANN, Claudia DREES, Andrea MATERN & Hendrik J. W. VERMEULEN Abstract: Carl H. Lindroth and his contribution to carabidology. – In 2007, the Society for Applied Carabidology (Gesellschaft für Angewandte Carabidologie) awarded the Carl H. Lindroth Prize for the first time. This event was established both to honour the life-work of especially committed present-day carabidologists and to pay tribute to the life-work of Carl H. Lindroth. Due to this occasion we give a brief overview of Lindroth’s research in systematics and taxonomy, morphology, faunistics, biogeo- graphy, ecology, evolutionary biology and genetics of ground beetles. Our account focuses mainly on the pioneer work done by Carl H. Lindroth who is still one of the most cited and recognized carabi- dologists. 1 Einleitung • Systematik und Taxonomie, insbesondere zu Artengruppen der Holarktis mit nördlichem Im Jahre 2007 verlieh die Gesellschaft für Ange- Verbreitungsschwerpunkt, wandte Carabidologie erstmals den Carl H. Lindro- • Bestimmungsschlüssel für Laufkäfer Fenno- th-Preis. Diese Ehrung soll Anlass sein, neben dem skandiens, Nordamerikas und Englands, Werk des ersten Preisträgers David Wrase (vgl. Bei- • Morphologie, vor allem zur Nomenklatur der trag von Müller-Motzfeld in diesem Band) auch das Genitalien bei Coleopteren, Lebenswerk von Carl H. Lindroth zu würdigen. • Faunistik, speziell der Laufkäfer Fennoskandi- Der Schwede Carl Hildebrand Lindroth wurde ens und Nordamerikas, am 8. September 1905 geboren und starb am 23. • Biogeographie, insbesondere zu glazialen Refu- Februar 1979. Nach seiner Promotion im Jahre 1932 gialräumen und postglazialen Ausbreitungspro- in Stockholm lehrte er Entomologie an Stockholms zessen sowie Fragen der Inselbiogeographie, Hochschule bis 1947. Von 1951 bis zu seinem Tod • Ökologie, von der experimentellen Analyse und war er Professor für Entomologie an der Universi- Beschreibung der Habitatbindung von Cara- tät Lund, wo er sich insbesondere mit der Natur- biden bis zu Fragen der Ausbreitungsbiologie geschichte und Carabidologie in den nördlichen und Neozoe Breiten Eurasiens und Amerikas beschäftigte. Wäh- • Evolutionsbiologie, mit Schwerpunkt auf Popu- rend das wissenschaftliche Werk sich in den ersten lationen in isolierten Lagen, und Jahrzehnten auf fennoskandische Laufkäferarten • Genetik, insbesondere der Heredität von Flü- konzentriert, rücken nach der Veröffentlichung des geldimorphismen. Standardwerkes „Die fennoskandischen Carabi- dae“ (1945-1949) Fragen der nearktischen Fauna in 2 Systematik und Taxonomie den Vordergrund der Forschungen. Daneben bear- beitete Lindroth jedoch auch tropische Arten und Zu Beginn der wissenschaftlichen Arbeit fokussier- andere Arthropodengruppen (z.B. Chelicerata). te Lindroth auf skandinavische, aber auch weiter Würdigungen der Verdienste um den Fortschritt in der Paläarktis verbreitete Arten bzw. Artengrup- in der Carabidologie durch Lindroth und Nachrufe pen (z.B. LINDROTH 1943). Später besticht das auf ihn wurden bereits vor längerer Zeit publiziert systematische Werk durch akribisch durchgeführte (DARLINGTON 1971b; 1971a; STEFFAN & THIELE Revisionen von Carabiden mit ihren detailreichen 1980; BALL 1981). In diesem Beitrag möchten wir Zeichnungen. Insbesondere die detailreichen Ab- deshalb insbesondere seine Pionierarbeiten auf bildungen der Aedeagi, ohne die eine sichere den unterschiedlichen Gebieten der Carabidologie Determination mancher Laufkäfer nicht möglich würdigen. Wie bei kaum einem anderen Carabido- ist, waren ihrer Zeit weit voraus (vgl. Abb. 1). Dar- logen war das Forschungsgebiet von Lindroth sehr über prägte das systematisch-taxonomische Werk breit gefächert und umfasste von Lindroth eine nahezu detektivische Akribie, Angewandte Carabidologie 8 (2007): 77–83 ISSN: 1437-0867 ©Gesellschaft für Angewandte Carabidologie e.V. download www.laufkaefer.de Abb. 1: Beispiele für Zeichnungen im systematisch-taxonomischen Werk von Lindroth (aus LINDROTH 1961b und LINDROTH 1962). möglichst viele Typen zu sehen z. B. (LINDROTH der Tradition eines umfassenden Forschungsan- 1955b). Vor einigen Jahrzehnten war der Zugang satzes, für den Lindroth in der Carabidologie steht. zu Typenmaterial viel schwieriger als heute, so Nicht zuletzt sind es gerade diese Informationen, dass wir oft die Mühen dieser Arbeit nicht mehr die seine Bestimmungstabellen auch heute noch zu einschätzen können. Lindroth beschäftigte sich einem unentbehrlichen Werkzeug für Coleoptero- nicht nur mit Imagines, sondern auch mit Larven, logen in Nordamerika und Europa machen. von denen er einige beschrieb (z.B. LINDROTH 1960b). Eine Übersicht der ca. 80 von LINDROTH 4 Morphologie beschriebenen neuen Taxa ist der Arbeit von BALL (1981) zu entnehmen (Carabus problematicus Lindroth benutzte die Morphologie nicht nur, islandicus HOLDHAUS, 1968 ist u.a. zu ergänzen). um systematisch-taxonomisch zu arbeiten oder Nur wenige Namen sind präokkupiert bzw. stellen Bestimmungstabellen zu erstellen, sondern klärte neue Synonyme dar. mit einer Publikation die Nomenklatur von Teilen der männlichen und weiblichen Genitalien bei 3 Bestimmungswerke Coleopteren (LINDROTH 1957b). Die klaren Defi- nitionen und die Synonyme in Englisch, Deutsch, Den meisten Carabidologen in Europa und Nord- Französisch und Latein machen diese Arbeit zu amerika sind die exzellenten Bestimmungswerke einer seiner wichtigsten Arbeiten. Interessant ist von Lindroth bekannt. Sie zeichnen sich durch eine auch eine Arbeit zur elytralen Mikroskulptur bei prägnante Sprache sowie auf die wesentlichen Be- Carabiden. Hierbei wird deutlich, dass LINDROTH stimmungsmerkmale fokussierende Abbildungen (1974b) nicht nur die unterschiedlichen elytralen aus. Die wichtigsten Bestimmungstabellen sind Oberflächenstrukturen beschreiben wollte, son- sicherlich diejenigen über die Laufkäfer Kanadas dern nach einer Erklärung für die Diversität suchte. und Alaskas sowie Englands und Fennoskandiens (Bis heute ist die Bedeutung dieser Strukturen (LINDROTH 1961a; 1963a; 1966; 1968a; 1969b; unseres Wissens nach noch ungeklärt.) 1969a; 1974a; 1985). Das zuletzt genannte Deter- minationswerk hinterließ Lindroth als Manuskript. 5 Faunistik Es wurde von einigen Coleopterologen vervollstän- digt und herausgegeben. Alle Bestimmungswerke Für viele Fragestellungen der Ökologie und Bi- von Lindroth weisen neben den Schlüsseln und Be- ogeographie, ja manchmal auch der Evolutions- schreibungen der Morphologie auch Informationen biologie, sind gute Kenntnisse der Verbreitung zur Biologie und Ökologie aus. Damit stehen sie in von Arten notwendig. Vor diesem Hintergrund 78 Angewandte Carabidologie 8 (2007) ©Gesellschaft für Angewandte Carabidologie e.V. download www.laufkaefer.de Abb. 2: Die Teilnehmer des ersten Treffens europäischer Carabidologen (European Cara- bidologists’ Meeting) in Wijster 1963 (DEN BOER 1971). Carl H. Lindroth ist die dritte Person von links. (Personen auf dem Bild, von links nach rechts: Vlijm, Van der Aart, Lindroth, Stein, Wijmans, Hengeveld, Palmén, Van Dijk, Richter, Venema, Mook, Thiele, Tjallingii, Den Boer, Haeck, Neu- man, Meijer) ist das Engagement von Lindroth, möglichst viele Informationen zur historischen und aktuellen Ver- breitung zusammenzutragen, auch zu verstehen. Insbesondere der zweite Band der Trilogie „Die fennoskandischen Carabidae“ zeugt von dieser faunistischen Arbeit (LINDROTH 1945b). Darüber hinaus sind die faunistischen Bestandserfassungen Neufundlands in diesem Zusammenhang anzufüh- ren (LINDROTH 1955a). Die sorgfältige faunistische Arbeit ermöglich- te es Lindroth bereits 1972 Veränderungen in der Laufkäferfauna Skandinaviens während der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts fest- zustellen. Der im Süden Skandinaviens und an Abb. 3: Diskussionsrunde während des ersten Treffens europäischer Carabidologen (European Carabidologists’ Meeting) in Wijster 1963 der nördlichen Ostsee feststellbare Anstieg der (DEN BOER 1971). Hinter dem Tisch: Palmén, Lindroth, Thiele, Neu- Frühjahrstemperaturen ist nach dieser Arbeit ver- mann (teilweise verdeckt); gegenüber am Tisch: den Boer; ganz links: antwortlich für die Arealexpansion von Ophonus van Dijk und Richter. puncticeps, Stenolophus mixtus und Acupalpus exiguus nach Norden. Damit demonstrierte Lind- • Identifizierung glazialer Refugialräume und roth auch für uns, dass mit faunistischer Arbeit postglaziale Expansionen sowie wichtige Informationen zu den Auswirkungen von • Inselbiogeographie. Klimaveränderungen erbracht werden können. Die Auswirkungen der Eiszeiten auf die aktuellen Verbreitungsgebiete waren bereits Forschungsge- 6 Biogeographie genstand der ersten Veröffentlichungen von Lind- roth. Insbesondere die 1935 erschienene Arbeit zur Biogeographische Fragen interessierten Lindroth faunistischen Ähnlichkeit der Britischen Inseln und in besonderer Weise. Eindeutig lassen sich neben Skandinavien sowie die zur Verbreitung der bo- seinem Überblick über die Faunenbeziehungen reoalpinen Arten in Europa sind hier anzuführen zwischen Nordamerika und Europa (LINDROTH (LINDROTH 1935; LINDROTH
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