Sepp Maier Ehem

Sepp Maier Ehem

Sendung vom 28.2.2014, 21.00 Uhr Sepp Maier Ehem. Rekord-Torhüter der deutschen Fußballnationalmannschaft im Gespräch mit Klaus Kastan Kastan: Herzlich willkommen zum alpha-Forum. Für unseren heutigen Gast sind seine Hände besonders wichtig gewesen und deswegen zeigen wir sie auch gleich mal. Mit diesen Händen hat er unglaublich viele Bälle gefangen und abgewehrt – gefaustet darf ich eher nicht sagen, denn er war bekannt dafür, dass er die Bälle vor allem gefangen hat. Ich freue mich, im alpha-Forum Sepp Maier begrüßen zu dürfen. Weil Sie so viele Bälle gefangen haben, haben Sie auch so wahnsinnig viele Pokale entgegennehmen dürfen. Sie waren mit dem FC Bayern viermal Deutscher Meister, viermal DFB-Pokalsieger, einmal Europapokalsieger der Pokalsieger, dreimaliger Europapokalsieger der Landesmeister, einmal Weltpokalsieger und mit der Nationalmannschaft Europameister und Weltmeister. Sie sind eine wahre Fußballlegende. Ich selbst erinnere mich noch gut daran, dass ich, wenn ich mich als Kind ins Tor gestellt und einen Ball gehalten habe, laut geschrien habe: "Das war ein echter Sepp Maier!" Und damit war ich sicherlich nicht alleine in Deutschland, sondern das haben damals sehr, sehr viele Buben so gemacht. Das heißt, Sie waren ein Vorbild für viele junge Leute. Nun kommt man in die Jahre, und wenn man 1944 geboren ist, dann ist man nicht mehr 20 Jahre alt, wie man sehr leicht nachrechnen kann. Fühlen Sie sich inzwischen alt? Maier: Nein, und das, obwohl ich noch im vorigen Jahrhundert geboren wurde. Vom Geburtsdatum her bin ich alt, aber ansonsten bin ich noch topfit. Kastan: Sie schauen auch nicht so alt aus, wie Sie sind. Maier: Vielen Dank. Kastan: Welcher Titel war denn für Sie der schönste und wichtigste? Maier: Es stimmt, was Sie eingangs gesagt haben, ich habe tatsächlich alles gewonnen, was man im Fußball gewinnen kann – nicht nur mit dem FC Bayern, sondern auch als Nationaltorhüter. Der wichtigste Erfolg war natürlich der Gewinn des Weltmeistertitels im eigenen Land im Jahr 1974. Kastan: Im Endspiel gegen Holland! Maier: Gewonnen haben wir dieses Spiel ja sogar noch im eigenen Stadion, nämlich im Münchner Olympiastadion, denn das war damals unser Heimstadion. Und das Ganze auch noch mit sechs Spielern des FC Bayern im Endspiel! Das war optimal. Kastan: Und Sie haben toll gehalten in diesem Spiel. Maier: Ja, das gehört einfach dazu: Wenn man Weltmeister werden will, dann kann man keinen Blinden im Tor gebrauchen. Kastan: Haben Sie denn noch Erinnerungen an einzelne Szenen aus diesem Spiel? Maier: Ja, schon, habe ich schon noch. Kastan: Sie haben ja gleich am Anfang einen Elfmeter kassiert. Maier: Ja, das stimmt. Aber wie wir heute wissen, war das eigentlich gar kein Elfmeter gewesen, denn Uli Hoeneß hatte den Johan Cruyff außerhalb des Strafraums "gelegt". Aber gut, das ist vorbei, und letztendlich sind ja wir Weltmeister geworden. Sicherlich war da auch ein bisschen Glück mit dabei, aber wenn man Weltmeister werden will, dann reicht das spielerische Vermögen nicht aus, sondern da braucht man schon auch ein bisschen Glück. Und dieses Glück hatten wir. Kastan: Dieses Glück hatte die deutsche Fußballnationalmannschaft in den letzten Jahren nicht so sehr. Sie hat teilweise tolle Spiele gezeigt, aber für einen großen Titel hat es nicht gereicht, weil dieses Quäntchen Glück gefehlt hat. Maier: Genau. Kastan: Sie stammen ursprünglich aus Haar bei München. Maier: Nein, ich stamme aus Metten in Niederbayern. Dort bin ich 1944 geboren worden, und nach zwei, drei Jahren sind wir dann nach Haar gezogen, weil dort meine Eltern einen Arbeitsplatz gefunden hatten. Meine Mutter war Krankenpflegerin in der Nervenheilanstalt in Haar und mein Vater war dort in der Verwaltung tätig. Dort hatten sie sich auch kennengelernt und nach ein paar Jahren sind wir eben direkt nach Haar umgesiedelt. Kastan: Als Schüler waren Sie zuerst einmal ein sehr guter Turner. Maier: Ja, ich habe mit sechs, sieben Jahren bei der Haarer Turnriege mit dem Turnen angefangen. Aber trotzdem war für mich auch damals schon der Fußball das A und O. Aber auch das Turnen hat mir Spaß gemacht und ich war damals ein sehr gelenkiger Bub. Es gab auch damals schon Wettkämpfe im Turnen für Schüler und so bin ich damals sogar dreimal oberbayerischer Meister im Turndreikampf geworden: Reck, Bodenturnen und Ringe waren die Disziplinen bei diesem Dreikampf. Kastan: Könnten Sie das heute auch noch? Maier: Nein, nichts davon, auf keinen Fall. Kastan: Sie spielten aber auch Fußball beim TSV Haar. Eines Tages kam es zu einem denkwürdigen Spiel zwischen dem TSV Haar und der Schülermannschaft des FC Bayern. Sie mussten ins Tor, weil der eigentliche Torhüter verletzt war. Maier: Ich war damals schon einfach ein lustiger Typ – etwas, was ich mir bis heute bewahren konnte. Ich war bis zu meinem 15. Lebensjahr Feldspieler beim TSV Haar und spielte im Sturm alle möglichen Positionen. Aber eigentlich war ich auf dem Platz überall zu Hause: Wo der Ball war, war der Sepp auch. Aber wenn der Platz schön weich und bazig war, bin ich nach dem eigentlichen Training auch hin und wieder ins Tor gegangen und hab dort Gaudi gemacht. Dabei muss ich mich aber gar nicht so dumm angestellt haben und eines Tages, wie das eben so ist im Leben, hat sich unser "etatmäßiger" Torhüter in einem Spiel die Hand gebrochen. In so einem kleinen Dorfverein hat man nicht gleich in jeder Mannschaft zwei oder gar drei Torhüter zur Verfügung, sondern da hat man nur einen. Unser Jugendleiter hat daher zu mir vor einem Spiel gesagt: "Sepp, du musst ins Tor gehen, wir haben am Sonntag das Pokalspiel gegen die zweite Jugend vom FC Bayern." Ich habe ihm geantwortet: "Herr Heiß, ich will nicht so gern ins Tor gehen, ich will lieber Feldspieler sein, weil ich gegen die Bayern viel lieber ein paar Tore schießen will." Ich war halt einfach ein bisschen ehrgeizig. Er aber hat gemeint: "Nein, du musst ins Tor, du machst das gut, wie ich im Training ein paar Mal gesehen habe." Ich ging also an diesem besagten Sonntag ins Tor, allerdings ganz unfreiwillig. Ich weiß noch, dass wir haushoch verloren haben, so ungefähr mit 0:9 oder mit 1:10 oder so. Für mich selbst war damit diese Episode als Torhüter beendet, weil ich mir gedacht habe, dass mich der Trainer jetzt wieder ganz normal als Feldspieler aufstellen wird. Aber Rudi Weiß, der Trainer des FC Bayern, ging nach dem Spiel zu unserem Trainer und sagte zu ihm: "Du, Franz, was hast du denn da für einen Torhüter in deiner Mannschaft?" Unser Trainer hat zu ihm nur gemeint: "Das ist gar kein Torhüter, der spielt bei mir normalerweise im Sturm oder im Mittelfeld." Aber der Rudi Weiß sagte daraufhin: "Schick ihn mir mal vorbei!" Das hat mir unser Trainer dann erzählt, aber ich habe mir gedacht: "Zum FC Bayern gehen? Ach, in Haar bist halt jemand!" Wenn ich am Montag in die Schule kam, haben mich alle anderen immer gleich gefragt: "Sepp, wie viele Tore hast du gestern wieder geschossen?" Wenn ich dann gesagt habe: "Zwei, drei", dann wurde mir auf die Schulter geklopft. Mein Gedanke war daher: "Beim FC Bayern bist du doch nur einer unter Hunderten!" Ich überlegte also hin und her, und während ich noch überlegt habe, bekam ich auf einmal eine Einladung zur oberbayerischen Jugendauswahl: "Herr Josef Dieter Maier" – ich war damals gerade mal 15 Jahre alt – "soll sich bitte am Soundsovielten um acht Uhr morgens am Stiglmaierplatz einfinden zum Ländervergleichskampf Oberbayern gegen Salzburg." Dazu hat man mich Buben aus dem kleinen Verein Haar eingeladen! Mein Vater brachte mich dann an diesem besagten Tag zum Stiglmaierplatz, zum Treffpunkt. Von dort ging es per Bus nach Salzburg. Der Trainer der oberbayerischen Jugendauswahl war genau der gleiche Trainer vom FC Bayern, der mich im Pokalspiel gesehen hatte. In dieser oberbayerischen Jugendauswahl waren an die acht, neun Bayernspieler mit dabei, etliche Sechzigerspieler und ich als einziger "Dorfmensch" aus Haar. Als wir in Salzburg im Stadion ankommen, will ich mich gerade umziehen, als der Trainer die Aufstellung bekannt gibt: "Maier, Sepp: im Tor!" Ich habe sofort gesagt: "Aber ich bin doch gar kein Torwart!" Er meinte aber: "Du bist als Torwart eingeladen und nicht als Feldspieler! Als Feldspieler haben wir die Jungs von Bayern und Sechzig. Du bist hier als Torwart!" "Aber Herr Trainer, ich habe doch überhaupt keine Torwartsachen mit dabei!" Früher musste man nämlich im Verein seine Sachen wie Trikot, Hose usw. immer selbst mitbringen. Er sagte zu mir aber: "Nein, wir haben in der oberbayerischen Jugendauswahl schon eigene Trikots. Du kannst deine Sachen sowieso weglegen, du bekommst von mir ein Trikot!" So etwas war ich natürlich überhaupt nicht gewohnt von daheim. Ich zog mir also das Trikot der oberbayerischen Jugendauswahl an, und wie es der Teufel haben will, gab es im Spiel zwei Elfmeter gegen uns. Und wer hat die gehalten? Der Sepp! Ich hielt also zwei Elfmeter und wir gewannen dieses Spiel 3:1. Bei der Rückfahrt im Bus haben dann diese acht, neun Mitspieler vom FC Bayern zu mir gesagt: "Geh, komm halt zu uns! Da hast Aufstiegschancen, wir sind eine gute Mannschaft." Ich war damals in meinem ersten Lehrjahr als Maschinenschlosser bei den Wanderer-Werken. In November 1959 habe ich mich dann breitschlagen lassen, zum FC Bayern zu wechseln. Ich weiß noch, dass es wie wahnsinnig geregnet hat, als ich mit meinem Moped zu meinem ersten Training fuhr: Als ich an der Säbener Straße ankam, ist mir überall das Wasser aus der Kleidung gelaufen! Aber so fing das eben an und es ging Gott sei Dank gut weiter. Kastan: Da begann dann Ihre Karriere. Maier: Genau, da hat dann meine Karriere angefangen. Kastan: Und Sie haben diesen Wechsel auch nie bereut. Oder sagen Sie sich heute manchmal: "Mensch, hätte ich doch lieber was Gescheites gelernt!"? Sie wollten ja auch mal Schauspieler werden.

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