Gunter Stresow Chronik des Radeberger Brauwesens von den Anfängen bis zur Auflösung der Braukommune Radeberg 2012 Verbürgtes und Unverbürgtes aus Radebergs Brauwesen von Gunter Stresow Radeberg wirbt zu Recht als Bierstadt und wird auch als solche akzeptiert. Dieser Ruf begründet sich seit dem Abgehen vom rein handwerklichen Brauen in Radeberg mit der Gründung der Brauerei zum Bergkeller, dem Vorgänger der heutigen Radeberger Exportbierbrauerei. Versuche, diesen Anspruch auf frühere Jahrhunderte zurück zu datieren, sind reine Spekulation und deshalb ins Reich der Legenden zu verweisen, obwohl Störzner im Pulsnitzer Tageblatt Nr. 1 vom 2.1.1926 Radeberg eine Bierstadt genannt hat, deren Anspruch sich sogar schon aus früheren Zeiten herleite, und laut Radeberger Zeitung vom 19.7.1903 war es eine von alters her geltende Tatsache, dass unsere Stadt immer eine Bierstadt war und noch ist. Das alte Radeberg teilte aber in Wahrheit auch im Brauwesen Freud und Leid aller sächsischen Ackerbürgerstädtchen, in denen die „Braunahrung“ nebenbei betrieben wurde, aber auch so einen mitunter nicht unbedeutenden Beitrag zum Einkommen leistete. Indessen hatte das Brauwesen in Radeberg im Gegensatz etwa zu Belgern und Torgau nur lokale Bedeutung. In der vorliegenden Arbeit wird versucht, alle bekannten Quellen in eine zeitliche Reihenfolge zu bringen und auf diese Art eine bisher für Radeberg nicht vorliegende Chronologie des Brauwesens zu erarbeiten. Dabei bleibt unberücksichtigt, ob die Angaben aus verläßlichen Quellen stammen oder nur kommentarlos und ohne Prüfung aus sekundärer Überlieferung übernommen wurden. Ersteres setzt man bei Autoren wie Mörtzsch, Schwabe, Thieme, Limpach oder Gebauer voraus, die aber auch aus Quellen schöpfen konnten, die heute verlorengegangen oder nur schwer zugänglich sind. Vieles wird als unverbürgt angenommen werden müssen, was aber nicht bedeuten muß, daß es unwahr sei oder erfunden wurde. Das trifft vor allem auf die auch von mir in meinen „Erkundungen zum Brauwesen“, Band V und VI, übernommenen Ausschnitte in alten Radeberger Zeitungen, aber auch auf die anderer Autoren in der Sächsischen Zeitung von heute, zu. Auch bei Regionalhistorikern wie Gebauer, dem man intensives Quellenstudium bestätigen muß, fehlen häufig Quellenangaben, die zur Erstellung einer Chronik wünschenswert, für den fraglichen Artikel aber sicher nicht nötig waren. 1 Als verbürgt können in diesem Sinne nur die Sachverhalte gelten, bei denen die primäre Quelle ausgewiesen wurde, darunter auch die von mir bearbeiteten Archivmaterialien aus dem Radeberger Stadtarchiv und dem Kirchenarchiv in den „Erkundungen zum Brauwesen“, Band XII und XIII. Es sind dies im Einzelnen in Band XIII: Akten-Nr. Zeitraum Akten-Nr. Zeitraum 2192 B-O 1575-1592 2777 A-M 1825-1849 2193 A-N 1593-1606 2933 1846-1847 2194 A-M 1606-1673 2778 A-N 1836-1849 2196 1572-1620 2767 P 1850 2197 1621-1636 1237 1862 2198 1632-1636 1206 1864 2199 1636-1646 1238 1863-1867 2200 1646-1657 1362 1865-1870 2195 A-K 1673-1690 1188 1866-1869 2201 A-R 1690-1703 Anhang 2202 A-T 1711-1733 217 1703-1706 2420 1723-1746 1353 1742-1746 2203 A-O 1735-1751 599 1743-1838 1353 1742-1746 sowie in Band XII die Akten: 1239 1745 1356 1749-1750 1240 1745 2643 1750-1786 1354 1745-1749 1357 1785-1806 1355 1746-1754 1358 1793-1794 2304 1746-1751 1358 A 1807-1816 1241 1747-1755 1359 A 1807 2254 1749 1359 B 1816-1819 2667 1747-1754 1359 C 1827-1828 2662 1749-178 11360 1839-1841 2666 1749-1781 Kirchenarchiv Loc. VI, Nr. 4 2668 1749-1781 2364 1750 2378 A-N 1752-1767 2383 A-T 1754-1763 2384 A-T 1764-1777 2568 1767-1768 2425 1764-1781 2379 A-Q 1767-1785 2380 A-H 1784-1789 2631 1778-1783 2428 1781-1784 2413 1749-1784 2416 1781-1801 2567 1881-1814 2415 1784-1816 2414 1784-1803 2417 1784 2665 1784 2381 A-J 1789-1795 2382 A-H 1796-1800 2776 A-T 1803-1825 2 Mit Vorsicht zu betrachten sind die Angaben verschiedener Autoren über die Zahl der in Radeberg betriebenen Malz- und Brauhäuser, im beginnenden 17. Jahrhundert mit bis zu 4 bzw. 6 angegeben. Dazu hat der Autor vorliegender Chronik eine jedenfalls gesicherte Quelle nicht ausmachen können. Ähnlich verhält es sich mit den Angaben über die für einen Erwerbszweig so wichtigen Zahlen wie erzeugte Produktmenge, Kosten dafür und erzielte Gewinne daraus. Hochrechnungen z. B. der Biermenge aus der Zahl der verwendeten Scheffel, der Anzahl der Gebräude oder gefüllten Fässer, schlimmer noch, aus eingesetzten oder erzielten Geldwerten, sind nur dann exakt, wenn sie die von Zeit zu Zeit geänderten Grundwerte berücksichtigen. Gebräude war nicht immer Gebräude und Faß nicht immer Faß. Haben sich verschiedene Autoren zum gleichen Sachverhalt geäußert, erscheint dieser unter der gleichen Jahreszahl mehrfach. Die Chronik endet aus arbeitsteiligen Gründen mit dem Beginn des industriellen Brauens Ende des 19. Jahrhunderts. Das Brauwesen der Neuzeit übernimmt Herr Hiller im Auftrage der Radeberger Exportbierbrauerei. Der Autor hofft, daß trotz der genannten Einschränkungen und zu Tage tretenden Mängel die vorliegende Chronik ein einigermaßen getreues Bild des Brauwesens unserer Stadt, in der sicher schon vor Verleihung des Stadtrechtes 1412 gebraut wurde, vermittelt. Radeberg, im Mai 2012 Gunter Stresow 3 4 1154 Die ersten städtischen Handwerker waren Schuhmacher, Gewandmacher, Bäcker, Brauer und Fleischhauer (Carnifices), denen selbst Stifte und Klöster nicht ins Handwerk pfuschen durften. Schon Bischof Gerung zu Meißen hat 1154 in einer Stiftsurkunde, den öffentlichen Bier-, Brot- und Fleischverkauf betreffend, erste Spuren von Zünften, Innungen und Gilden geliefert. (Rdbg. Ztg.) 12. Jahrhundert Streit um Braurecht und Bierverkauf begann schon im 12. Jh., wo den Städten das Brauen landesrechtlich zugesichert wurde. Adel, Geistlichkeit, Dorfrichter und Förster erhielten dieses Recht nur in Ausnahmefällen und mit Einschränkungen, meist nur für den eigenen Tischtrunk. (Schw.) Allerdings: Bei der Kolonisierung bedienten sich die Feudalherren gern eines Mittelsmannes – in den lateinischen Urkunden locator genannt - , der den Kolonisten manchmal auch das erste Saatkorn vorstreckte sowie einen Teil des notwendigen Viehes und Gerätes. Der Lokator, oft ritterlicher oder bürgerlicher Herkunft, erhielt dafür außer einem größeren, abgabefreies Stück Landes, neben Schank- und Braurecht meist auch das Erbschulzenamt. (Radeberger Kulturleben) 13. Jh . setzt sich das Meilenrecht umfassend durch, es gibt aber noch im 14. Jh. Schenken innerhalb der Meile, die Biere verkauften durften, von wo sie wollten, weil ihnen dieses Recht von Alters her ( 40-50 Jahre) zustand. 1379 hebt ein Landesgesetz diese Ausnahmen auf, einige Kretzschams dürfen indes weiter brauen und schenken. (Schwabe) 13. Jh. Bierzwangfrage auf den Landtagen: Durchsetzung des Meilenrechts der Städte im 13. Jh., Schenken innerhalb der Meile durften nur das Stadtbier verkaufen. (Sächs. Landesordnung 1482). 1379 hebt ein Landesgesetz diese Ausnahmen auf, einige Kretzschams dürfen indes weiter brauen und schenken. (Schw.) 1308 ordnet der Dresdner Rat: 1 Fuder Wein = 12 Eimer = 27 Sturnitzen. 1 Eimer = 13,5 Stubichen 1Sturnitze = 6 Stubichen = 29, 938 Liter (Radeberger Kulturleben) 1341 : 6 Malder und 1 Scheffel Radeberger Gemäßes sind 9 Malder und 1½ Scheffel Dresdner Maß (Radeberger Kulturleben) 1344 20.9. (OU Nr. 2996, Verlust. CDS VII, Nr. 555, OU Nr. 2 VII, Nr. 556). Das Städtchen Radeberg erstmals urkundlich erwähnt, wenn wir von der unklaren Formulierung „castrum quoque Radeverch“ der Urkunde vom 7. April 1337 5 absehen: „Hus und daz Stetichin zcu Radeberg mit Walden, Wissen, Waszern, Vischerien, Wilpane, Dorffern, Gerichten, Mannschaften, Zcollen, Münczen usw. setzt Markgraf Friedrich mit zum Leibgedinge aus für eine Tochter Markgraf Karl IV. von Mähren zu Ehe versprochen war.“ 1350 : 1 Schock Groschen = 60 Groschen; 1 Dresdner Scheffel = 1,038 hl = 74,74 kg Roggen 1 Talent = 20 Schilling zu je 12 Denaren 1350: 1 Solidus = Rechnungseinheit von 12 Groschen (Radeberger Kulturleben) Walpurgis = 1. Mai Michaelis = 29. September Martini: 11. November Vigilia Prisce: 18. Januar festo purificationis Mariae: 2. Februar Bartholomäi: 24. August Ägidius: 1. September 1 Talent = 20 Groschen oder ⅓ Schock; 50 Groschen = 1 Mark; 60 Groschen = 1 Schock; 1 Dresdner Scheffel = 1,038 hl, 1 Dresdner Scheffel Roggen = 74,74 kg, bei Hafer 51,9 kg (Radeberger Kulturleben) 1385 Eine Notiz aus den Jahren 1518-1523 lautet: „Item 2 Schock Zcynßen 10 groschen zcum Rex regum nimpt die Bruderschaft der Schuczczen ein. 1385 anno fundations.“ (Randbemerkung.) Die Schützengesellschaft zu Radeberg ist also in diesem Jahre gegründet worden. (Mörtzsch) 1385 Gründungsjahr der Radeberger Schützenbruderschaft (Radeberger Kulturleben) 1410 hatte Radeberg 74 brauberechtigte Bürger, die ihren Haustrunk selbst herstellten. Daneben gab es ein Amtsbrauhaus und mehrere Brauhäuser in der Gemeinde. (Mörtzsch) 1412 Die Städte hatten das Recht des Bierbrauens und –verkaufens als ein Privilegium gewonnen, wie z. B. auch die Urkunde der Stadtrechtsverleihung für Radeberg vom 13.3.1412, verliehen vom Markgraf Friedrich dem Streitbaren, besonders von Brauen und Bierschenken spricht. In einem gewissen Umkreis von meist einer Meile durfte nur Stadtbier verkauft, höchstens von den Rittergütern für den eigenen Bedarf gebraut werden. Wehe, wenn eine der 6 Stadtrechts-Urkunde 1412 anderen Stadt ins Gehege kam und ihre Bierinteressensphäre verletzte. Freilich, das eigene Gebräu womöglich in fremde Gebiete einzuführen, war man keinesfalls abgeneigt. Markgraf Friedrich verleiht der Stadt
Details
-
File Typepdf
-
Upload Time-
-
Content LanguagesEnglish
-
Upload UserAnonymous/Not logged-in
-
File Pages406 Page
-
File Size-