Die nationalsozialistische Vergangenheit ist ein prominenter Gegen- standsbereich des Geschichtsfernsehens. In dokumentarischen Sendungen werden dabei vor allem historisches Bildmaterial und Geschichtsbilder und Zeitzuegen Zeitzeugen eingesetzt, um den Fernsehzuschauern die Vergangenheit vor Augen zu führen und ihnen historische Erfahrungen näher zu bringen. Die vorliegende Studie beschäftigt sich anhand exemplari- Judith Keilbach scher Sendungen aus der bundesdeutschen Fernsehgeschichte mit den Schwierigkeiten, die diese beiden Elemente für die Darstellung Geschichtsbilder und Zeitzeugen der nationalsozialistischen Vergangenheit beinhalten, sowie mit den unterschiedlichen Verfahren und den historischen Veränderungen Zur Darstellung des Nationalsozialismus im Umgang mit Geschichtsbildern und Zeitzeugen. im Bundesdeutschen Fernsehen Judith Kleibach Medien' Welten ISBN 978-3-8258-1141-9 LIT Judith Keilbach Geschichtsbilder und Zeitzeugen Medien ’ Welten Braunschweiger Schriften zur Medienkultur, herausgegeben von Rolf F. Nohr Band 8 Lit Verlag Münster/Hamburg/Berlin/London Lit Judith Keilbach Geschichtsbilder und Zeitzeugen Zur Darstellung des Nationalsozialismus im Bundesdeutschen Fernsehen Lit Bucheinbandgestaltung: Tonia Wiatrowski, unter Verwendung eines Standbildes aus The Memory of the Camps (1945) Buchgestaltung: © Roberta Bergmann, Anne-Luise Janßen, Tonia Wiatrowski http://www.tatendrang-design.de Satz: Rolf F. Nohr 2., unveränderte Auflage (2008 / 2010) © Lit Verlag Münster 2010 Grevener Straße / Fresnostraße 2 48159 Münster Tel. 0251-23 50 91 Fax 0251-23 19 72 e-Mail: [email protected] http://www.lit-verlag.de Die Onlineausgabe dieses Buches ist deckungsgleich mit der 2. Auflage von 2010. Die Onlineausgabe ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kom- merziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported Lizenz.(http://creativecom- mons.org/licenses/by-nc-sa/3.0/deed.de) Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Zugl.: Berlin, Freie Univ., Diss., 2004 ISBN 978-3-8258-1141-9 Printed in Germany Inhaltsverzeichnis Geschichte im Fernsehen 9 Geschichte der Bilder 31 Der Umgang mit historischem Bildmaterial Bilder im Archiv 34 Nationalsozialistische Bilder 37 Kompilation in Film und Fernsehen 50 Darstellung des Holocaust 53 Umgang mit nationalsozialistischem Filmmaterial 74 Illustration und Präsentation 98 Wiederholung und ›neue Bilder‹ 112 Geschichte der Zeugen 138 Die Figur des Zeitzeugen im Fernsehen Zeugen vor Gericht 142 Beglaubigung von Fakten. Das Dritte Reich (1960/61) 147 Prekäre Zeugenschaft 153 Trauma 157 Traumatifizierung 162 Ausdifferenzierung der Zeugen. Lagerstrasse Auschwitz (1979) 167 Erinnerungen von ›Durchschnittsmenschen‹ 181 Medientechnik 190 Oral History, Erinnerung und Zeugnisbild 193 Dimensionen der Erfahrung. Die Deutschen im Zweiten Weltkrieg (1985) 203 Glaubwürdigkeit 211 Gemeinschaft der Opfer. Holokaust (2000) 224 Geschichtsschreibung und Fernsehgeschichte 237 Inhaltsverzeichnis 5 6 Danksagung Zunächst war es nur eine zufällige Beobachtung beim Zappen quer durch das Nachmittagsprogramm. Meine Irritation über einzelne Fernsehbeiträge zum ›Gedenkjahr 1995‹ war jedoch nachhaltig – und weckte mein Interesse für das Verhältnis von Medien und Geschichtsschreibung. Aus der wissenschaft- lichen Beschäftigung mit diesem Thema resultiert das vorliegende Buch, das nur durch die Unterstützung zahlreicher Personen möglich war. Gertrud Koch hat mich ermuntert, einer zufälligen Fernsehbeobachtung nachzugehen und diese zu einer Dissertation auszubauen. Für die Betreuung der vorliegenden Arbeit danke ich ihr ebenso wie Wolfgang Beilenhoff. Die Mediathek des In- stituts für Medienwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum, das Haus des Do- kumentarfilms in Stuttgart und das Medienarchiv des Instituts für Theater- wissenschaft der Freien Universität Berlin haben mit ihren Aufzeichnungen die Sichtung von Material aus der Fernsehgeschichte möglich gemacht. Zahl- reiche Kolleginnen und Kollegen haben mir Anregungen geliefert, Perspekti- ven eröffnet und zur Materialsammlung beigetragen. Stellvertretend bedanke ich mich hier bei Eva Hohenberger sowie bei Christa Blümlinger, Frank Bösch, Robin Curtis, Jörg Frieß, Hilde Hoffmann, Wulf Kansteiner, Drehli Robnik, Do- rothee Wierling und nicht zuletzt bei Rainer Vowe, dem ich mehr verdanke, als er vermutlich annimmt. Gemeinsam mit Ralf Adelmann, Jan Hesse, Markus Stauff und Matthias Thiele habe ich vor vielen Jahren begonnen, das Feld der Fernsehwissenschaft zu er- kunden. Die produktive Diskussion und freundschaftliche Zusammenarbeit mit ihnen war (und ist) eine wichtige Unterstützung. In der Endphase meiner Promotion hat mir außerdem die ›Bigeb‹-Arbeitsgruppe sehr viel erfreulichere Themen, als es mein Arbeitsfeld bietet, schmackhaft gemacht. Für ihre freundschaftliche Unterstützung, unendliche Geduld, unermüdliche Anfeuerung und großartige Ablenkung danke ich Alexandra Schneider, Chris- tine Hanke, Henning Harnisch (+ ›Team‹), Judith Platzer, Karen Anderson, Ka- thrin Peters, Katja Stamm, Melanie Ulz, Simon Kleinschmidt, Susanne Bauer und Markus Stauff von ganzem Herzen. Danksagung 7 Rolf F. Nohr hat die Publikation großzügig unterstützt und unkompliziert be- treut: Vielen Dank! Bei der Bildrecherche hat mir Herr Stefanowski von den Freunden der deutschen Kinemathek weitergeholfen. Besonders großen Dank schulde ich zu guter Letzt Miriam Grossmann, die mit ihrer lektorierenden Hilfe maßgeblich zum Erscheinen dieses Buches beigetra- gen hat. 8 Danksagung Geschichte im Fernsehen Das Fernsehen ist ein zentrales Medium der populären Geschichtsschreibung. In seinen vielfältigen Formaten widmet es sich den unterschiedlichsten histo- rischen Themen und Epochen: von der Steinzeit als Reality-Experiment, über das Mittelalter als TV-Movie, die DDR als Nostalgiesendung im Showformat oder die Geschichte der Raumfahrt als klassische Fernsehdokumentation. Ein besonderes Interesse der bundesdeutschen Dokumentarsendungen gilt ge- genwärtig allerdings der nationalsozialistischen Vergangenheit. Damit be- schäftigt sich das Fernsehen mit einem Thema, dem bisher hauptsächlich die Aufmerksamkeit des Dokumentarfilms zuteil wurde. Es waren Filme wie Nacht und Nebel (Alain Resnais, 1955), Mein Kampf (Erwin Leiser, 1960) oder Shoah (Claude Lanzmann, 1985), die jenseits der Fachdisziplin einen maßgeblichen Beitrag zur historiografischen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialis- mus und seiner Vernichtungspolitik geleistet haben. An diese Filme, die als pa- radigmatische Lösungen der ästhetischen Probleme gelten können, die sich aus der Darstellung von Geschichte im Allgemeinen und des Nationalsozialismus im Besonderen ergeben, knüpfen die Geschichtsdokumentationen der letzten Jahre an. Damit demonstrieren sie nicht nur ihre geschichtswissenschaftliche Kompetenz, sondern stellen mit der Übernahme von formalen Verfahren und Darstellungsstrategien, die in den Dokumentarfilmen zur Anwendung kom- men, auch ihre fundierte Kenntnis dieser Filme und der mit ihnen einherge- henden ästhetischen Debatten unter Beweis. Dass Geschichte zu den bevorzugten Gegenstandsbereichen des Fernsehens zählt, zeigt bereits der Blick ins Fernsehprogramm, wo sich neben angekauften Beiträgen zahlreiche von den Fernsehsendern selbst produzierte Sendungen finden. Auch auf dem internationalen Fernsehmarkt bestätigt sich die Promi- nenz der Geschichte, die sich nicht zuletzt in der Etablierung von Spartenkanä- len wie dem History Channel zeigt. Die Beschäftigung mit historischen Ereig- nissen und Epochen ist dabei keine kurzlebige (Fernseh-)Mode, es handelt sich vielmehr um ein längerfristiges Phänomen, das Fernsehen und Gesellschaft gleichermaßen prägt. Wird die gesellschaftliche ›Geschichtsversessenheit‹ in kulturwissenschaftlichen, soziologischen und politischen Studien bereits kri- Geschichte im Fernsehen 9 tisch reflektiert, so richtet sich der Fokus im Folgenden auf das Medium Fern- sehen. Angesichts des beschriebenen Phänomens stellt sich hier die Frage, wel- che Mechanismen und Dynamiken das Fernsehen zu einem zentralen Medium der populären Geschichtsschreibung werden lassen und welche spezifischen Formen der Geschichtsdarstellung sie hervorbringen. In dieser Untersuchung werden am Beispiel von Dokumentationen über den Nationalsozialismus die Verfahren und Merkmale aufzuzeigen sein, die die Be- arbeitungen der Geschichte in dokumentarischen Fernsehsendungen kenn- zeichnen. Im Mittelpunkt steht dabei der Einsatz von ›historischem Bildmate- rial‹ und von ›Zeitzeugen‹ – beides spezifische und dominante Elemente des Geschichtsfernsehens. Mit den fotografischen bzw. filmischen Bildern von his- torischen Ereignissen und den lebendigen Erinnerungen der Beteiligten setzt das Fernsehen sowohl auf visuelle als auch auf emotionale Evidenzen, um den Zuschauern die Vergangenheit vor Augen zu führen und ihnen historische Er- fahrungen näher zu bringen. Für die Thematisierung von Geschichte im Fernsehen sind historisches Bildma- terial und Zeitzeugen in doppelter Weise kennzeichnend: Zum einen indizie- ren sie den ›historischen Modus‹ und ermöglichen es, Geschichtssendungen auf den ersten Blick von anderen Fernsehgenres oder aktualitätsbezogenen Themen zu unterscheiden, zum anderen zählen sie nicht zum Instrumentari- um der konventionellen Geschichtsschreibung. Ihr Einsatz klassifiziert die Ge- schichtsdarstellung
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