Coleoptera: Carabidae: Trechini)

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Biogeographisch-phylogenetische Untersuchungen an Hochgebirgs-Laufkäfern Ein Beitrag zur Umweltgeschichte des Himalaya-Tibet Orogens Kumulative Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) dem Fachbereich Geographie der Philipps-Universität Marburg vorgelegt von Joachim Schmidt aus Schwerin Marburg 2011 Vom Fachbereich Geographie der Philipps-Universität Marburg am 19. Januar 2011 als Dissertation angenommen. Erstgutachter: Prof. Dr. Georg Miehe Zweitgutachter: Prof. Dr. Jochen Martens, Mainz Tag der mündlichen Prüfung: 17. Februar 2011 Hochschulkennziffer: 1180 Verzeichnis der Veröffentlichungen Die kumulative Dissertation umfasst die folgenden vier Publikationen, denen eine zusammenfassende Erörterung vorangestellt ist: I Schmidt, J. (2009): Taxonomic and biogeographical review of the genus Trechus Clairville, 1806, from the Tibetan Himalaya and the southern central Tibetan Plateau (Coleoptera: Carabidae: Trechini). – Zootaxa 2178: 1-72. II Schmidt, J., Opgenoorth, L., Martens, J. & Miehe, G. (in review): Neoendemic ground beetles and private tree haplotypes: two independent proxies attest a moderate LGM summer temperature depression of 3 to 4K for the southern Tibetan Plateau. – Quaternary Science Reviews. III Schmidt, J. & Hartmann, M. (2009): Pristosia Motschulsky, 1865 from the Nepal Himalaya: Taxonomy and Biogeography (Coleoptera: Carabidae: Sphodrini). – Zootaxa 2009: 1-26. IV Schmidt, J., Opgenoorth, L., Höll, S., Bastrop, R. & Hundsdörfer, A. (submitted): Phylogeography of the Ethira clade supports the hypothesis of Tertiary-Tibetan origin of a Himalayan ground beetle species group. – Molecular Ecology. Inhaltsverzeichnis Vorwort………………………………………………………………………………………... 7 1. Einleitung………………………………………………………………………………….. 9 1.1. Problemstellungen und Arbeitshypothesen…………………………………… 9 1.2. Laufkäfer als Indikatoren in der Paläoumweltforschung Hochasiens………. 12 2. Ergebnisse und Diskussion……………………………………………………………… 17 2.1. Mikroareal-Endemiten der Laufkäfer: Zeigerarten eisfreier Gebiete im LGM Südtibets und im Himalaya………………………………………………. 17 2.2. Vertikale Arealgrenzen lokalendemischer Laufkäfer: Neue Proxydaten zur Bestimmung der Temperaturabsenkung im LGM Hochasiens……………... 27 2.3. Endemische Entwicklungslinien der Laufkäfer im Himalaya-Tibet Orogen: Vielversprechende Indikatoren der tertiären Umweltgeschichte Tibets….... 35 3. Zusammenfassung……………………………………………………………………….. 65 4. Ausblick……………………………………………………………………………………. 67 5. Danksagung……………………………………………………………………………….. 71 Literatur……………………………………………………………………………………….. 73 Publikation I Publikation II Publikation III Publikation IV Erklärung Curriculum Vitae 7 Vorwort Käfer nehmen etwa ein Viertel aller bekannten Arten von Organismen ein. Bei inzwischen fast einer Million beschriebenen Insektenarten gehören 380.000 allein zur Ordnung Coleoptera oder Käfer. Diese Zahlen wachsen durch die beständigen Entdeckungen neuer Arten unvermindert an. Deshalb ist heute noch niemand in der Lage, die tatsächlich auf der Erde existierende Artenzahl halbwegs genau zu benennen; nicht einmal ihre Dimension ist sicher bekannt. Vorsichtige Schätzungen gehen von 5-15 Millionen Insektenarten aus; es gibt aber auch ernstzunehmende Schätzungen von 30 oder mehr Millionen Arten, wobei die Käfer immer den weitaus höchsten Anteil stellen (Stork 1997). Mit diesen Zahlen verbinden sich sowohl Hoffnungen als auch ernüchternde Tatsachen. Berücksichtigt man, dass Käfer bereits seit dem Perm existieren, sich im Mesozoikum und Känozoikum weiter sehr stark differenzierten (Grimaldi & Engel 2005), dabei nahezu alle Landlebensräume eroberten und heute in großer Formenvielfalt auch extreme Lebensräume besiedeln, wie Wüsten, tiefe Höhlensysteme, Schneegrenzregionen der Arktis und der Hochgebirge (Dajoz 2002, Liebherr & McHugh 2003, Klausnitzer 2005), dann müssen sich aus Daten zur Biologie, Verbreitung und Stammesgeschichte rezenter Arten Aussagen zum Zustand und zur Verteilung nicht nur heutiger sondern auch früherer Ökosysteme ableiten lassen. Solche Ableitungen sind bereits mehrfach erfolgreich vorgenommen worden und fanden in der Paläoklimaforschung große Beachtung. Beispiele hierzu werden in den folgenden Kapiteln genannt. In den Biodiversitätszentren der Erde, z.B. im Himalaya-Tibet Gebirgssystem, steht man jedoch vor dem Problem eines erheblichen Kenntnisdefizits. Aus solchen Regionen rekrutiert sich die große Dunkelziffer der noch unentdeckten Arten. Für nur sehr wenige Gattungen existieren Bestimmungsliteratur und hinreichend genaue Angaben über Ökologie und Verbreitung der einzelnen Arten. Die Beschäftigung mit Fragestellungen der Biogeographie und Stammesgeschichte artenreicher Käfergruppen Hochasiens stellen den Bearbeiter deshalb grundsätzlich vor zwei methodische Probleme: Erstens muss er mittels eigener Forschungsreisen die ökologisch-faunistische Materialbasis wesentlich verbessern. Unter Berücksichtigung der versteckten Lebensweise der oftmals winzigen Untersuchungsobjekte und der allgemein schwierigen Geländesituation in extremen Hochgebirgen dauert es verständlicherweise mindestens mehrere Jahre, um zu einem zufriedenstellenden Ergebnis zu kommen. Zweitens ist er gezwungen, sich sein Handwerkszeug selbst zu schmieden, indem er gründliche taxonomische Revisionen der verschiedenen Artengruppen liefert. Letztere sind die Fundamente für alle weitergehenden Fragestellungen der Phylogenie, Biogeographie und Bioindikation. 8 Die im Folgenden vorgestellten Ergebnisse basieren auf insgesamt 26 eigenen Forschungsreisen nach Hochasien. Diese dienten vor allem dazu, einen möglichst umfassenden Überblick zur Präsenz bestimmter Artengruppen der Käfer im Himalaya-Tibet Orogen und detaillierte Kenntnisse zur Verbreitung und Ökologie der einzelnen Arten zu erhalten. Dabei entdeckte ich mehrere Hundert neue Arten, die als eine der taxonomischen Grundlagen für die weitere Arbeit beschrieben werden mussten und noch müssen. Ein erheblicher Aufwand war und ist mit der Revision der Systematik der bearbeiteten Taxa zu leisten. Durch die Hinzuziehung molekulargenetischer Arbeitsmethoden, die im Rahmen dieses Promotionsprojektes möglich wurde, konnte ich die Studien auf die Untersuchung evolutionärer Prozesse auf intraspezifischer Ebene ausweiten. Die vielen notwendigen Arbeitsschritte zur Gewinnung neuer biogeographischer Daten hatten somit zwangsläufig einen großen Anteil am Gesamtaufwand der vorliegenden Arbeit, was sich letztlich auch in den Inhalten der hier vorgelegten Publikationen widerspiegelt. Der nun vorliegende umfangreiche Datenfundus aus der vielversprechenden Gruppe der Käfer und die Anwendung molekulargenetischer Methoden ermöglicht eine Fortführung der grundlegenden biogeographischen Arbeiten über die Besiedlungsgeschichte, Diversifizierung und Adaptation der Faunenelemente des Himalaya und Tibets von M. S. Mani (1968, 1974a, b), J. Martens (1979, 1984, 1993) und H. Weigold (2005). Weitergehendes Ziel der hier vorgestellten Arbeiten ist es, aus den neuen biogeographischen und phylogenetischen Daten erstmals auch konkrete Aussagen zur Umweltgeschichte des Himalaya-Tibet Orogens abzuleiten. Dieses Ziel entstand nach intensiven Diskussionen in der Arbeitsgruppe Biogeographie des Fachbereichs Geographie der Universität Marburg, welche mir den teilweise noch erheblichen Wissensbedarf der Paläogeographie dieser Region vor Augen führten. Die vorliegende Studie ist deshalb vorrangig diesem Problemfeld gewidmet; sie dient der Entwicklung und Erprobung neuer Methoden in der Hoffnung, dass die Entomologie zukünftig einen größeren Beitrag zur Klärung offener Fragen der Paläoökologie der Hochgebirge leisten wird. 9 1. Einleitung 1.1. Problemstellungen und Arbeitshypothesen Der Einfluss des Himalaya-Tibet Orogens auf den Strahlungshaushalt der Erde und auf die atmosphärische Zirkulation ist unbestritten (Manabe & Terpstra 1974, Kutzbach et al. 1989, Raymo & Ruddiman 1992, An et al. 2001, Harris 2006, Zhang et al. 2007, Molnar et al. 2010) und bereits seit den Arbeiten von Blanford (1884) bekannt. Dennoch existieren bis heute offene Fragen von zum Teil erheblicher erd- und klimageschichtlicher Relevanz und zwar sowohl hinsichtlich der Ausprägung der quartären Umweltbedingungen auf dem Plateau als auch zur Abfolge und Dynamik der tertiären Heraushebung der verschiedenen Teile des Gebirgssystems. Damit sind alle zusätzlichen Beiträge, die zu einer Verbesserung der Kenntnisse der Paläoumwelt Hochasiens führen, von überregionaler Bedeutung. Die beiden wichtigsten noch immer teilweise recht heftig diskutierten Fragenkomplexe sind folgende: Wie wirkten sich die Eiszeiten in den verschiedenen Teilen des Gebirgskomplexes aus? Welche Ausdehnung erreichten Gletscher und Kältewüsten im letztglazialen Maximum (LGM), und wie stark war die maximale Temperaturabsenkung? Wann und in welcher Reihenfolge wurden die einzelnen Abschnitte des Himalaya- Tibet Orogens in signifikante Höhen gehoben? Seit wann besitzen sie ihre aktuelle Meereshöhe? Entscheidende Argumente für die Modellierung eiszeitlicher Umweltbedingungen lassen sich aus der Beantwortung der Frage nach der Ausdehnung der LGM-Vergletscherung Hochasiens gewinnen. Hier liegen die Meinungen in den Geowissenschaften zum Teil aber noch weit auseinander. Zwar gehen die meisten Autoren von einer relativ geringen LGM- Gletscherbedeckung aus, die stark von der regionalen bzw. lokalen Ausprägung des Klimas kontrolliert wurde (siehe Zusammenfassungen in Lehmkuhl & Owen 2005, Owen et al. 2008, Owen 2009), jedoch muss auch die Auffassung von Kuhle

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