Marxistisches Forum Heft 50 Die sozialistische Linke in Deutschland 1989 bis 2004 Kolloquim des marxistischen Arbeitskreises zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung bei der PDS und der Marx-Engels-Stiftung der DKP Mit Beiträgen von Hans Modrow, Klaus Höpcke, Uwe-Jens Heuer und Harald Neubert Marxistisches Forum Heinz Behling†, Michael Benjamin†, Joachim Bischoff, Gerhard Branstner, Wolfgang Brauer, Erich Buchholz, Stefan Doernberg, Ernst Engelberg, Edeltraut Felfe, Susi Fleischer, Gert Friedrich, Kuno Füssel, Günter Görlich, Erich Hahn, Heidrun Hegewald, Manfred Hegner, Horst Heininger, Uwe-Jens Heuer, Klaus Höpcke, Helga Hörz, Detlef Joseph, Herbert Hörz, Ernstgert Kalbe, Heinz Kallabis, Horst Kellner, Hermann Klenner, Horst Kolodziej, Adolf Kossakowski, Dieter Kraft, Hans-Joachim Krusch†, Volker Külow, Daniel Lewin, Ekkehard Lieberam, Peter Ligner, Renato Lorenz, Moritz Mebel, Harald Neubert, Harry Nick, Eberhard Panitz, Kurt Pätzold, Wilhelm Penndorf, Siegfried Prokop, Wolfgang Richter, Fritz Rösel, Ekkehard Sauermann, Gregor Schirmer, Walter Schmidt, Horst Schneider, Arnold Schölzel, Günter Schumacher, Hans-Joachim Siegel, Gisela Steineckert, Gottfried Stiehler, Armin Stolper, Wolfgang Triebel, Wolfram Triller, Ingo Wagner, Günter Wendel, Laura von Wimmersperg, Dieter Wittich, Winfried Wolf Redaktion: Kurt Pätzold, Hans-Joachim Siegel Berlin, Februar 2005 Preis 2,50 Euro Zum 50. Heft der Schriftenreihe des Marxistischen Forums In diesem Heft werden Beiträge einer Tagung des marxi- Realität in der heutigen Welt wurde eingefügt, selbst das stischen Arbeitskreises zur Geschichte der deutschen Wort Imperialismus wurde kurz vor Schluss aufgenom- Arbeiterbewegung bei der PDS und der Marx-Engels-Stif- men. Es blieben allerdings als Ausgangspunkt des Pro- tung der DKP u. a. dokumentiert. Sie setzen sich mit der gramms Ziele und Werte, mit Vorrang der Freiheit 15 jährigen Geschichte der PDS auseinander. Nun fügt es gegenüber der Gleichheit, nicht aber die Analyse der heu- sich, dass dieses Heft das fünfzigste Heft unserer Schrif- tigen Wirklichkeit, die Abwertung von SED und DDR in tenreihe ist und das Marxistische Forum gleichzeitig auf den ersten Abschnitten, die Ersetzung der Eigentumsfrage eine immerhin zehnjährige Geschichte zurückblicken durch eine Verfügungsfrage und die Ablehnung der Cha- kann. Am 18. Mai 1995 erschien im Neuen Deutschland rakterisierung des Sozialismus als Gesellschaftsordnung. unsere Erklärung „In großer Sorge“, am 29 Mai fand die Das Programm ist, trotz mancher Anleihen bei Marx, kein erste Veranstaltung mit 800 Teilnehmern statt, danach marxistisches Programm. gründete eine Reihe von Unterzeichnern das Marxistische Unsere Sorgen haben sich als vollauf berechtigt erwiesen. Forum. Der Kurs der Anpassung, des Ankommens (André Brie) Unsere Sorge galt der „Aufkündigung“ des Grundkonsen- wurde verlangsamt, nicht gestoppt, die Resignation der ses der Partei unter der absurden Losung „Reformer gegen Mitgliedschaft schreitet voran. Die Lösung von Spitzen- Stalinisten“ in drei Fragen: „Aufweichung des Oppositi- funktionären vom Willen, von den Interessen der Mitglie- onsverständnisses, Verabschiedung vom Klassenkampf der und der Wähler setzt sich fort. Sylvia-Yvonne Kauf- und Ausklammerung der Eigentumsfrage zu Gunsten mann, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, eines Gesellschaftsvertrages; Absage an SED und DDR in bejaht entgegen den Beschlüssen der Partei den Entwurfs Gestalt des Stalinismusverdikts und Einschränkung des der EU-Verfassung (Neues Deutschland vom 21.1.2005), Pluralismus in der Partei. Die sozialistische Zielstellung der Wahlkampfleiter der nächsten Bundestagswahl Bodo verwandelt sich in eine unverbindliche Vision. ... Wir wis- Ramelow verkündet wieder die 1994 zurückgezogene sen nicht, wie groß die Chance dieser Partei ist. Der Weg Idee eines Gesellschaftsvertrages (PID Nr. 51/2 2004 ), der Anpassung führt auf jeden Fall in die Überflüssigkeit, will sich nicht nur für den Mauerbau, sondern gleich für ins Nichts.“ den ganzen Totalitarismus entschuldigen (PID Nr. 2/2005). Den „Reformern“ in der PDS ging und geht es Das Marxistische Forum ist in vielen Tagungen und Kon- nicht um eine Erneuerung des Marxismus, sondern um die ferenzen, mit Veröffentlichungen, mit Anträgen auf Par- Zerstörung dieses Weltbildes, nicht um Konstruktion, son- teitagen diesem Kurs entgegen getreten. Die Mitglieder dern um Destruktion. Aber die Verhältnisse werden früher des Marxistischen Forums waren in ihren Publikationen oder später zu einer Stärkung sozialistischer Gegenkräfte bestrebt, die Lebenskraft eines sich erneuernden Marxis- führen. Viele Aussagen von Marx und Engels vor allem mus unter Beweis zu stellen. Wichtige politische Erfolge, zur kapitalistischen Gesellschaft werden Tag für Tag von an denen auch wir Anteil hatten, waren die Entscheidung der Wirklichkeit bestätigt. Ein auf dem Boden heutiger des Münsteraner Parteitages Anfang April 2000 gegen die Wissenschaft erneuerter Marxismus, ausgehend vom Zulässigkeit einer Zustimmung der Bundestagsfraktion Marxschen Diktum, dass es darauf ankomme, „alle Ver- oder des Bundesvorstandes zu Kriegseinsätzen und die hältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrig- Kritik des Geraer Parteitages im Oktober 2002 am politi- tes, ein geknechtetes, ein verächtliches Wesen ist“, wird schen Kurs des Parteivorstandes, der die Bundestagswahl- gebraucht in der Auseinandersetzung mit dem neolibera- niederlage verursacht hatte. Wir haben in der Programm- len Zeitgeist, für den es Ölinteressen als Kriegsgrund diskussion aktiv mitgewirkt, ich selbst als Mitglied der nicht gibt und der den Zusammenhang von nicht aus der Programmkommission, mit Minderheitsvoten teilweise Mitte, sondern aus der Spitze der Gesellschaft stammen- Breitenwirkung in der Partei erreicht. Die irreführende der medialer Aufwertung des NS-Staates mit dem wach- Leitidee des Modernekonzepts wurde aufgegeben, vom sendem „Rechtsextremismus“ leugnet. Das gilt auch und Totalitarismus war - entgegen manchen Forderungen - gerade für junge Menschen, die von Marx nichts mehr nicht die Rede, eine Reihe von Zugeständnissen an die erfahren. Uwe-Jens Heuer Geleitwort 1 Die sozialistische Linke in Deutschland 1989 bis 2004 Kolloquium am 20. November 2004 in Berlin Inhalt: 1. Dr. Hans Modrow Die sozialistische Linke in Deutschland 1989 - 2004 Seite3 2. Dr. Klaus Höpcke Beherzt im Entschluss - beständig im Grübeln Seite7 3. Prof. Dr. Uwe-Jens Heuer Zwischen Opposition und Regierungsbeteiligung Seite 11 4. Prof. Dr. Harald Neubert Zur heutigen Situation der sozialistisch-kommunistischen Linkskräfte Seite 20 2 Marxistisches Forum 50/2005 Hans Modrow Die sozialistische Linke in Deutschland 1989 - 2004 Eröffnungsvortrag auf dem Kolloquium anlässlich des 15. Jahrestages der Herausbildung der PDS am 20.11.2004 in Berlin Historische Ereignisse sind stets ein Anlass, Geschichte umfas- Bereits im Oktober 1989 war nachdrücklich die Forderung sender zu betrachten. Es scheint daher richtig, sich in den näch- nach einer Neuorientierung der SED erhoben worden, doch die sten Wochen nicht nur auf den 15. Jahrestag der PDS zu wirkliche Wende von der SED in Richtung einer Partei des beschränken und den Blick auf die deutsche Linke zu richten, demokratischen Sozialismus vollzog sich erst mit dem Außer- sondern in die Betrachtung die europäische Linke einzubezie- ordentlichen Parteitag im Dezember. Das Bekenntnis zum hen. demokratischen Sozialismus beinhaltete eine klare Absage an den Stalinismus und die Verbrechen, die im Namen des Sozia- 15 Jahre PDS sind ein kurzer Zeitabschnitt, der schon lismus begangen worden waren, aber es schloss das Festhalten Geschichte geworden ist, was die Möglichkeit bietet, Erkennt- an einer sich verändernden DDR ein. nisse zu gewinnen und Lehren zu ziehen. Unsere Veranstaltung will dazu einen Beitrag leisten. In den Machtstrukturen der DDR hatten sich zu diesem Zeit- punkt bereits bedeutsame Veränderungen vollzogen. Die SED Den Blick von der deutschen auf die europäische Linke zu wirkte im Rahmen einer Regierungskoalition als stärkste Par- erweitern, ist aktuell, weil sich die Linke in Deutschland in tei und war am „Runden Tisch“ vertreten. Mit Gregor Gysi einem neuen Stadium ihrer Entwicklung befindet und sich eine wählte sich die SED/PDS einen Vorsitzenden, der schnell Ver- Europäische Linke Partei zu formieren beginnt, und es ist not- trauen und Achtung in der Partei und darüber hinaus gewinnen wendig, weil die Erfahrungen der PDS damit auch in den konnte. europäischen Kontext gehören. Bis heute hält sich eine ultralinke Auffassung über das Ende der Wenn wir auf den Beginn des Prozesses 1989/90 blicken, dann DDR. Es wird unterstellt, die PDS habe dem Ministerpräsi- haben wir es noch mit zwei deutschen Staaten zu tun. Es gab denten der DDR jene Rückendeckung verschafft, die er noch die Sowjetunion, es existierte keine einheitliche europäi- brauchte, um die DDR gewaltlos auf Kohls Weg zurück in den sche Linke, sondern eine östliche und eine westliche mit ganz Kapitalismus zu führen. Denkt man diesen Gedanken zu Ende, unterschiedlichen Vorstellungen und Bedingungen. dann hätte der Ministerpräsident sich über die Weisung des In der DDR war das Ende der SED angebrochen, ihr Führungs- Vorsitzenden des nationalen Verteidigungsrates vom 4. anspruch wird aus der Verfassung gestrichen, doch bis zum November an die Sicherheitskräfte, keine Gewalt einzusetzen, März 1990 bleibt die politische Macht mit der Nachfolgerin, hinwegsetzen und den Befehl zur militärischen Verteidigung der SED/PDS, verbunden,
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