Inaugural – Dissertation Zur Erlangung Der Doktorwürde Der Medizinischen Fakultät Der Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Inaugural – Dissertation Zur Erlangung Der Doktorwürde Der Medizinischen Fakultät Der Julius-Maximilians-Universität Würzburg

DIE TAGE VOR DEN TAGEN DARSTELLUNGEN DES PRÄMENSTRUUMS IN MEDIZINISCHEN TEXTEN VOM ANFANG DES 19. JAHRHUNDERTS BIS IN DIE GEGENWART Inaugural – Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Medizinischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg Cornelia Henrike Lenzen Würzburg 2020 Aus dem Institut für Geschichte der Medizin der Universität Würzburg Vorstand: Prof. Dr. med. Dr. phil. Michael Stolberg DIE TAGE VOR DEN TAGEN DARSTELLUNGEN DES PRÄMENSTRUUMS IN MEDIZINISCHEN TEXTEN VOM ANFANG DES 19. JAHRHUNDERTS BIS IN DIE GEGENWART Inaugural – Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Medizinischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg vorgelegt von Cornelia Henrike Lenzen aus München Würzburg, August 2020 Referent: Prof. Dr. med. Dr. phil. Michael Stolberg KorreferentIn: Prof. Dr. med. Achim Wöckel Dekan: Prof. Dr. med. Matthias Frosch Tag der mündlichen Prüfung: 19.01.2021 Die Promovierende ist Ärztin „Ich kann in gut und böse die Welt nicht teilen; nicht in zwei Zweige der Vernunft, nicht in gesund und krank. Wenn ich die Welt teilen wollte, müßt ich die Axt an mich selber legen, mein Inneres spalten […].“ Christa Wolf, Kein Ort. Nirgends INHALTSVERZEICHNIS 1 Einleitung ................................................................................................................ 1 2 Vom menstruellen Symptomenkomplex zum Prämenstruellen Syndrom .............. 5 2.1 Prämenstruelle Veränderungen als Teil des menstruellen Symptomen- komplexes (19. und frühes 20. Jahrhundert) ................................................. 7 2.2 Definition eines Syndroms durch R. T. Frank - Geburtsstunde des PMS? . 11 2.3 Karen Horneys Prämenstruelle Verstimmungen ......................................... 13 2.4 Katharina Dalton - die Namensgeberin des Prämenstruellen Syndroms ..... 15 2.5 Das Prämenstruelle Syndrom in der gegenwärtigen Fachliteratur .............. 18 2.6 Entstehung einer neuen psychiatrischen Diagnose ...................................... 21 2.7 PMDD- und PMS-Diagnose in der Kontroverse ......................................... 23 Debatte um die PMDD als psychische Diagnose ............................ 25 Das Prämenstruelles Syndrom und seine sozialen Folgen ............... 30 Die Existenzberechtigung des PMS und der PMDD im Diskurs .... 33 3 Pathomechanismus prämenstrueller Beschwerden im Wandel ............................ 40 3.1 Von der Katharsis zum Gift ......................................................................... 41 Antike Menstruationsvorstellungen - Gift und Katharsis ................ 41 Renaissance - Wiederaufleben antiker Menstruationsbilder (15. und 16. Jahrhundert) ................................................................. 42 Die Menstruation eine Gärung (17. und 18. Jahrhundert) ............... 43 Von der 'monatlichen Reinigung' zum Menotoxin (19. und 20. Jahrhundert) ................................................................. 44 3.2 Plethora - ein langlebiges Pathomechanismuskonzept ................................ 49 Plethora, Nervenlehre und Menstruation im 19. und 20. Jhdt. ........ 51 Plethora und prämenstruelle Symptomatik (16. bis 20. Jhdt.) ......... 52 3.3 Alles nur die Nerven .................................................................................... 57 Geschichte der Hysterie ................................................................... 57 Die Menstruation wird zum nervalen Reflex ................................... 61 Prämenstruelle Veränderungen als Ausdruck von Nervenschwäche63 Psychische prämenstruelle Veränderungen im Fokus ..................... 68 3.4 Die Frau wird zum Spielball der Hormone.................................................. 76 Die Lehre von den Hormonen entsteht - Meilensteine der gynäkologischen Endokrinologie .................................................... 76 Die Menstruationswelle - ein neues Zyklusverständnis .................. 78 Endokrinologie - Pathomechanismus prämenstrueller Beschwerden im Wandel ........................................................................................ 84 Experiment Hormontherapie - Behandlung prämenstrueller Beschwerden .................................................................................... 92 Die Frau ein Spielball der Hormone? ............................................ 101 4 Das Prämenstruum im Spannungsfeld zwischen Krankheit und Wohlbefinden, zwischen physiologisch und pathologisch .......................................................... 109 5 Krankende Frau oder krankende Gesellschaft? (spätes 19. bis frühes 20. Jahrhundert) ................................................................ 116 6 Alles eine Frage der Konstitution (Jahrhundertwende und NS-Zeit).................. 123 6.1 Entwicklung der 'modernen' Konstitutionslehre im deutschsprachigen Raum ................................................................................................................... 123 6.2 Beeinflussung der Gynäkologie durch die Konstitutionslehre .................. 125 6.3 Einfluss der Konstitutionslehre auf die Deutung prämenstrueller Beschwerden .............................................................................................. 132 7 Die Emanzipationsbewegung schlägt Wellen: Frauenbewegung und Frauenheilkunde .................................................................................................. 136 7.1 Frauenemanzipation im Kaiserreich und der Weimarer Republik ............ 137 7.2 Schonungsbedürftigkeit und Menstruationsdiätetik – 'Vorsicht Bildung' 139 7.3 Rückbesinnung auf die Mutterschaft zur Rettung des Volkes? ................. 146 8 Unzurechenbare Frau - prämenstruelle Veränderungen und Forensik ............... 150 9 Fazit ..................................................................................................................... 157 10 Literaturverzeichnis............................................................................................. 164 11 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis................................................................. 190 Anmerkung: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Dissertation lediglich das generische Maskulinum bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen ver- wendet. Ist es nicht explizit zu unterscheiden, sind hiermit immer beide Geschlechter gemeint. Dies impliziert keine Benachteiligung des weiblichen Geschlechts, sondern soll im Sinne der sprachlichen Vereinfachung als geschlechtsneutral zu verstehen sein. 1 Einleitung Nicht nur unter Medizinern und Psychologen, auch in der Allgemeinbevölkerung gelten die 'Tage vor den Tagen' nicht selten als kritische Tage im Zyklus einer Frau. Neben Fachbeiträgen setzten sich mittlerweile mehr und mehr Zeitungs-, Zeitschriften- und In- ternetbeiträge mit den prämenstruellen Diagnosen des Prämenstruellen Syndroms (PMS) und der Prämenstruellen Dysphorischen Störung (PMDD) auseinander. In Anbetracht der Aufmerksamkeit, die PMS und PMDD derzeit erfahren, ist es bemer- kenswert, dass es zu der Geschichte dieser beiden 'Störungsbilder' und der Darstellung des Prämenstruums vor deren Etablierung bislang wenig einschlägige Untersuchungen gibt. Dies umso mehr, als die Thematik eindrucksvoll belegt, wie Vorstellungen von Geschlechterunterschieden und dem 'Wesen' der Frau die Medizin beeinflussen; und wie medizinische Lehren umgekehrt zur Aufrechterhaltung eben dieser Frauen- und Ge- schlechterbilder beitragen. Immer wieder gibt es jedoch auch Mediziner, insbesondere Frauen, welche die tradierten Darstellungen des Prämenstruums und die damit verbun- denen Geschlechtervorstellungen infrage stellen. Dabei ist auffällig, dass ein kritischer Diskurs zu PMS und PMDD vor allem im englischsprachigen Raum, kaum aber im deutschsprachigen Raum geführt wird. Um hinsichtlich der historischen Forschungslage eine Lücke zu schließen, soll sich die vorliegende Dissertation mit der Etablierung der PMS- und PMDD-Diagnosen, sowie mit der Darstellung des Prämenstruums im 19. und 20. Jahrhundert vor der Entstehung der beiden 'Störungsbilder' auseinandersetzen. Herausgearbeitet werden sollen dabei insbesondere Einflüsse durch soziokulturelle Entwicklungen, sowie durch unterschiedli- che medizinische Lehren. An Sekundärliteratur sind für die vorliegende Arbeit aufgrund der Parallelität zur Ge- schichte des Prämenstruums vor allem Beiträge zur Menstruationsgeschichte relevant, insbesondere Esther FISCHER-HOMBERGERS Beitrag Krankheit Frau (1979) ist hier zu nennen. Auch Michael STOLBERGS Beitrag über Das monatliche Unwohlsein (engl. Ori- ginaltitel: The monthly malady; 2000) bildet eine wichtige Grundlage der Arbeit, vor al- lem in Bezug auf die medizinischen Darstellungen prämenstruellen Unwohlseins vor dem 19. Jahrhundert. Da es im Vergleich zur Menstruationsgeschichte insgesamt wenig Literatur gibt, die sich mit der Geschichte des Prämenstruums auseinandersetzt, stützt 1 sich die vorliegende Arbeit jedoch in erster Linie auf Primärliteratur des 19., 20. und 21. Jahrhunderts. Dabei werden sowohl die Darstellungen in populärwissenschaftlichen als auch in fachlichen Beiträgen (v.a. gynäkologisch und psychiatrisch, aber auch psycholo- gisch und psychosomatisch) berücksichtigt. Besonderes Augenmerk liegt auf den Unter- schieden in den Darstellungen männlicher und weiblicher Autoren. Zur Vertiefung des historischen Hintergrundes, sowie verschiedener historischer wissenschaftlicher Kon- zepte und medizinischer Lehren, welche die Autoren des 19. und 20. Jahrhunderts be- einflussen, wurde vorwiegend Sekundärliteratur verwendet, ebenso

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