SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Musikstunde Im Rosengarten Von klingenden, swingenden, singenden Rosen (5) Von Ulla Zierau Sendung: Freitag, 28. November 2014 9.05 – 10.00 Uhr Redaktion: Ulla Zierau Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Mitschnitte auf CD von allen Sendungen der Redaktion SWR2 Musik sind beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden für € 12,50 erhältlich. Bestellungen über Telefon: 07221/929-26030 Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de SWR2 Musikstunde mit Ulla Zierau, 2 Freitag, 28.11.2014 16‘45 Im Rosengarten Von klingenden, swingenden, singenden Rosen (5) Signet Mit Ulla Zierau - Die Rose als letzter Gruß am offenen Grab, als Zeichen der Verehrung, der Verbundenheit und der Wertschätzung – willkommen zu unserem letzten Gang durch einen Rosengarten, in dem schwarze Rosen blühen, Rosen der Trauer und des Todes. (0’18) Titelmusik Schon in altägyptischen Pharaonengräbern hat man getrocknete Rosen gefunden als Geschenk für den König oder die Königin. Zum Totenkult der Ägypter gehörte auch, dass die Körper der Toten mit Rosenwasser gewaschen wurden. Rosenschmuck auf Gräbern gab es schon in der griechischen und orientalischen Kultur. Rosen als Seelengruß an die Verstorben. Das erloschene Leben leuchtet in den Blumen nach. Die Rose spannt einen Bogen vom Jetzt in die Ewigkeit. Sie wird zu einem zeitlosen Symbol. Waren Sie schon mal auf dem Père-Lachaise in Paris oder auf dem Wiener Zentralfriedhof zu einem Besuch der Ehrengräber. Da liegen oft einzelne oder mehrere Rosen, manche mit einer Schleife gebunden. Ich hatte dort auch schon eine Rose in der Hand, um einem geschätzten Komponisten die Ehre zu erweisen. Chopin, Bizet, Beethoven, Schubert, Brahms, oder Hugo Wolf – der Goethes Gedicht vertont an: 3 Anakreons Grab: Wo die Rose hier blüht, wo Reben um Lorbeer sich schlingen, /Wo das Turtelchen lockt, wo sich das Grillchen ergötzt: / Welch ein Grab ist hier, das alle Götter mit Leben / Schön bepflanzt und geziert? /Es ist Anakreons Ruh'. (1’22) Musik 1 Hugo Wolf: Anakreons Grab Matthias Goerne Königliches Concertgebouw Orchester / Riccardo Chailly M0012988 004, 3’23 Matthias Goerne und das Königliche Concertgebouw Orchester unter der Leitung von Riccardo Chailly mit der Goethevertonung Anakreons Grab von Hugo Wolf. Eine weiße Rose als Zeichen der Trauer, als Verneigung vor einem Toten oder gar eine schwarze Rose, die es nur selten gibt. Jean Sibelius hat schwarze Rosen in Musik gesetzt, ein Gedicht des schwedisches Schriftstellers Ernst Josephson – es geht um ein trauerndes, unruhiges lyrisches Ich. In der zweiten Strophe heißt es: Hier im Herzen, da wuchert ein Rosengerank. Das niemals, niemals die Ruhe mir schenkt, Auf den Stängeln da spreizen sich Dorn an Dorn, / Und die quälen mich fort mit brennendem Sporn. Denn Trauer trägt nachtschwarze Rosen. Höhepunkt der dritten und letzten Strophe die Zeilen: „Bald röter als Blut, bald so bleich wie der Tod. Das wuchert und wuchert. Ich galub, ich vergeh. Ich vergeh‘ an Herzmarkes wurzeln, da zerrt es so weh.“ Hochdramatisches bringt Sibelius diesen Schmerz zum Ausdruck. 4 (1‘15) Musik 2 Jean Sibelius: Schwarze Rosen, Lied op.36 Nr. 1 Anne Sofie von Otter / Bengt Forsberg M0340994 005, Bis; 1‘34 Anne Sofie von Otter und Bengt Forsberg mit dem schwedischen Lied „svartar rosor“, schwarze Rosen von Jean Sibelius. Röter als Blut und so bleich wie der Tod sind die Rosen in Sibelius Lied, blasse Rosen beschriebt auch Heinrich Heine, sie sind ihm ein deutliches Zeichen des Todes. Warum sind denn die Rosen so blaß, / Warum singt denn mit so kläglichem Laut / Die Lerche in der Luft? / Warum steigt denn aus dem Balsamkraut / Hervor ein Leichenduft? Aribert Reimann hat dieses Liedfragment von Felix Mendelssohn mit acht anderen Mendelssohn-Liedern für Singstimme und Streichquartett bearbeitetet und sie mit sechs Intermezzi verbunden. Es klingt kalt, fahl, fragend. Titel des Gesamtwerks „...oder soll es Tod bedeuten?“ Hier das 6. Intermezzo und das Lied „Warum sind denn die Rosen so blass“ nach einem Gedicht von Heinrich Heine. (0’55) Musik 3 Felix Mendelssohn / Aribert Reimann Warum sind denn die Rosen so blass Christine Schäfer / Petersen Quartett M0267698 015 + 016, Capriccio 71090, 2‘27 5 Christine Schäfer und das Petersen Quartett mit dem Mendelssohn Lied „Warum sind denn die Rosen so blass“ in einer Bearbeitung und einem hinzugedichteten Intermezzo von Aribert Reimann. „Ich habe so mit Rosen / Dich zugesteckt, / Es blieb, dass du gestorben, /Mir unentdeckt“. Hier verdrängt jemand den Tod, verdeckt ihn unter Rosen und erkennt erst in den letzten Zeilen die bittere Wahrheit: „Doch wenn der Wind die Decke / Der Rosen hebt, / Entdeck' ich, und / erschrecke, / Dass du gelebt.“ So heißt es in einem der Kindertotenlieder von Friedrich Rückert. Der Dichter verlor innerhalb von drei Wochen seine beiden jüngsten Kinder an Scharlach. Die vierjährige Tochter Luise starb an Silvester 1833. Nach dem Tod der Tochter teilte Rückert seinem Vater die inständige Bitte mit: „Gott verschone uns mit mehr Leid“ – mitnichten. Zwei Wochen später erlag auch der Sohn Ernst den Folgen dieser Krankheit, mit nur fünf Jahren. Trost will Rückert nicht, er sucht das Leid. „Über alle Gräber wächst zuletzt das Gras / alle Wunden heilt die Zeit, ein Trost ist das / wohl der schlechteste, den man dir kann erteilen / Armes Herz, du willst nicht, dass die Wunden heilen / Etwas hast du, solang es schmerzlich brennt / Das verschmerzte nur ist todt und abgetrennt.“ (1’25) Musik 4 Johannes Brahms: Nachtwache, bearbeitet Streichsextett Wiener Streichsextett M0016042 009, SAS 510127, 2‘25 6 „Nachtwache“, ein Rückert-Lied von Johannes Brahms, das Wiener Streichsextett spielte diese Bearbeitung. Innerhalb weniger Wochen hat Friedrich Rückert zwei Kinder an Scharlach verloren, mit Rosen hat er sie zugesteckt, zum Schutzengel sind sie den beiden Kindern nicht geworden – anders in dem romantischen Kunstmärchen „Der Rose Pilgerfahrt“, ein Liederzyklus von Robert Schumann auf einen Text von Heinrich Moritz Horn. Ein Fest zur Zeit der Sommersonnwende. Die Tochter der Elfenkönigin möchte ein Menschenmädchen werden und in der ihr fremden Welt Freundschaft, Liebe, Schmerz, eben Gefühle kennenlernen. Schweren Herzens lässt die Elfenkönigin die Tochter ziehen, gibt ihr aber als Totem, als Schutzengel eine Rose mit, auf die soll sie gut achten, sie immer an der Brust tragen, wenn sie nämlich verloren gehe, müsse das Mädchen, sterben und ins Elfenreich zurückkehren. Hören wir den Rat, den die Mutter, der Tochter mit auf den Weg gibt (1’00) Musik 5 Robert Schumann: Der Rose Pilgerfahrt; Ausschnitt „Die Rose sollst du tragen“ Claudia Schubert, Mezzo, Chorus Musicus Köln, Das Neue Orchester, Christoph Spering M0043824.004, OPS 30-190, 2‘42 Ein Ausschnitt aus Robert Schumanns Liederzyklus „Der Rose Pilgerfahrt“ mit Claudia Schubert, Mezzosopran, dem Chorus Musicus Köln und dem Neuen Orchester unter der Leitung von Christoph Spering. Eine Rose als schützende Hand hat das Mädchen von seiner Mutter mit auf seine Pilgerreise zu den Menschen bekommen. Dort nennt es sich 7 fortan Rose. Nach einigen unerfreulichen und abweisenden Begegnungen in der Menschenwelt, lernt Rose einen Totengräber kennen, der sich herzensgut um sie kümmert und ihr die Geschichte von der armen Müllerstochter erzählt, die aus Liebeskummer gestorben sei. Der Totengräber führt Rose zu den Müllersleuten, wo sie liebevoll wie eine Tochter aufgenommen wird. Rose lernte einen jungen Jäger kennen, verliebt sich – die beiden heiraten und Rose bekommt ein Kind. In dieser freundvollen Zeit lernt sie Herzenswärme, Liebe und Treue kennen. Die einstige Elfentochter erlebt alles irdische Glück. Als Dank schenkt sie ihrem Kind ihr Totem, die Rose, damit verliert sie selbst ihre menschliche Existenz. Sie opfert ihr Leben für das ihres Kindes. Ohne ihre schützende Rose muss die Elfentochter sterben, aber sie ist glücklich: „weil ich im Glück von hinnen geh, das ist kein bleicher schwarzer Tod, das ist ein Tod voll Morgenrot“. Rose kehrt jedoch nicht zurück zu den Elfen, sondern wird wie eine menschliche Seele erlöst und kommt in das Reich der Engel. Ans Ende des Werkes setzt Schumann eine romantisch verklärte Apotheose. (1’45) Musik 6 Robert Schumann: Der Rose Pilgerfahrt; Finale Christiane Iven Sopran, Lothar Odinius, Erzähler, SWR Vocalensemble, Andras Schiff, Klavier / Leitung: Heinz Holliger M0052173.041, Chorkonzert Ittingen 19.7. 2006, 5‘53 Finale aus Robert Schumanns „Der Rose Pilgerfahrt“ in der Klavier- fassung, mit Christiane Iven Sopran, Lothar Odinius als Erzähler, dem SWR Vocalensemble, Andras Schiff am Klavier und das Ganze unter der 8 Leitung von Heinz Holliger, ein live Mitschnitt vom Chorkonzert Ittingen im Juli 2006. "Sie sagte, sie würde mit mir tanzen, wenn ich ihr rote Rosen brächte, rief der junge Student, aber in meinem ganzen Garten ist keine rote Rose. In ihrem Nest auf dem Eichbaum hörte ihn die Nachtigall, guckte durch das Laub und wunderte sich“. So beginnt Oscar Wildes Märchen „Die Rose und die Nachtigall“.
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