Erfrischung an der „BiblioTheke“ 39 An der Biertheke gab es auch Brezeln und griechische Speisen. WLB Kultur Rückblick: Zeitoper X „Die Geisterinsel“ Der Einzug des „Bibliotheksschlafs“ in den Lesesaal der WLB: Ming Tsaos Inszenierung der „Geisterinsel“ Wie die jüngst durchgeführten Dreharbeiten zur Deutlich exotischer als die Krimis muteten die neuen Folge von „SOKO Stuttgart“ (gesendet vor- Inszenierungen von Pro7 („Schreie der Vergesse- aussichtlich im Herbst 2012) gezeigt haben, ist der nen“) und der Staatsoper („Die Geisterinsel“) an, Lesesaal der Württembergischen Landesbibliothek über die bereits im letzten Heft berichtet wurde. eine immer beliebter werdende Kulisse für Oper, Wenngleich der Lesesaal sowie weitere Örtlichkei- Film und Fernsehen. Bereits 1972 wurden hier ten der WLB in dem im Oktober 2011 gesendeten erstmals kurze Szenen für einen Krimi gedreht, Mystery-Thriller von Pro7 zum Teil gut zu erkennen und zwar für den im April 1973 ausgestrahlten waren und atmosphärisch spannungsreiche Im- 28. „Tatort“ („Stuttgarter Blüten“) mit Werner pulse lieferten, litt der gesamte Film leider spürbar Schumacher und Willy Reichert. unter der haarsträubenden Handlung und einer we- nig überzeugenden schauspielerischen Leistung der Protagonisten. WLBforum Ausgabe 2012/1 Ausgesprochen interessant dagegen war die ein neunköpfger Geisterchor. Aufgegriffen wurde Inszenierung der „Geisterinsel“ im Mai 2011 durch auch das Motiv des Zauberschlafs. Um den Schlaf die Staatsoper Stuttgart, auf die hier näher einge- zu bannen, fangen die Verbannten der Insel gemäß gangen werden soll. Von Zumsteegs Vorlage war der Anordnung Prosperos immer wieder an zu in dem letzten Stück der Zeitoper-Reihe von Xavier zählen: „Eins zwei drei vier...“. Umgeben von Bü- Zuber freilich nicht mehr viel zu erkennen. Sie cherstapeln, überwältigt sie der Schlaf jedoch nach klingt nur noch ansatzweise an. Denn dem Kom- und nach. Am Ende trifft es auch Prospero selbst, ponisten Ming Tsao ging es hier um eine selbst- der sich damit gleichzeitig Calibans Revolution ent- ständige, moderne Adaption der Vorlage. Diese zieht. Seine geordnete Bücherwelt geht schließlich bezog ihre Wirkungskraft insbesondere aus dem unter, inszeniert durch Bücherkanonaden, zerfetzte besonderen Aufführungsort und dem gespenstisch Folianten und herabfallenden Papierregen (die erscheinenden Sprechgesang – begleitet von säu- Bücher kamen verständlicherweise nicht aus dem selnden Klängen und diversen Geräuschen. Bestand der WLB!). 40 Fernando (Daniel Kluge), Prospero (Tito You), Miranda (Tajana Raj) Miranda wird vom Schlaf übermannt Foto: Martin Sigmund Foto: Martin Sigmund Im Lesesaal, dem Reich des Wissens und der Bei der Inszenierung wurde der gesamte Lese- Ordnung, herrscht die Figur des Prospero (Tito saal miteinbezogen, die Zuschauer waren mitten You). Sinnbild für die Welt des Prospero sind die im Geschehen und durften die Handlung hautnah systematisch strukturierten Buchreihen und die miterleben. Auch die Musiker des Staatsorches- symmetrisch gestellten Lesetische. Seine Macht ters waren geschickt zwischen den einzelnen ist auf dieser Bücherwelt begründet. Bedroht wird Buchregalen aufgeteilt. Nicht zuletzt gewährte die sie von dem aufständischen Sklaven Caliban, der, besondere Architektur des Lesesaalgebäudes ein vertreten durch zwei Sänger, hier als wild-zivilisier- eindrucksvolles Klangerlebnis. Einziger Wermuts- te Doppelfgur (halb Mensch, halb Fisch) erscheint. tropfen: die räumlich bedingte Begrenzung der Zuschauerzahl. Die Figurenkonstellation wurde aus Shake- speares „The Tempest“ („Der Sturm“) übernom- Das Kooperationsprojekt von Staatsoper Stutt- men und mit anderen Adaptionen vermischt. Sie gart und Württembergischer Landesbibliothek war wurde dabei deutlich reduziert. Es verblieben: ein großer Erfolg. Der Premiere am 2. Mai 2011 Prospero, seine Tochter Miranda, ihr Geliebter folgten fünf weitere Aufführungen. Fernando, Prosperos Gegenspieler Caliban sowie Jörg Ennen WLBforum Ausgabe 2012/1.
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