VIERTELJAHRSHEFTE FÜR Zeitgeschichte Im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte München herausgegeben von KARL DIETRICH BRACHER HANS-PETER SCHWARZ HORST MÖLLER in Verbindung mit Rudolf v. Albertini, Dietrich Geyer, Hans Mommsen, Arnulf Baring und Gerhard A.Ritter Redaktion: Manfred Kittel, Udo Wengst, Jürgen Zarusky Chefredakteur: Hans Woller Stellvertreter: Christian Hartmann Assistenz: Renate Bihl Institut für Zeitgeschichte, Leonrodstr. 46b, 80636 München, Tel.1268 80, Fax 12317 27, E-mail: [email protected] 49. Jahrgang Heft 3 Juli 2001 INHALTSVERZEICHNIS AUFSÄTZE Johannes Hürter Die Wehrmacht vor Leningrad. Krieg und Besat­ zungspolitik der 18. Armee im Herbst und Winter 1941/42 377 Konrad Dussel Kulturkonzepte im Konflikt. Britische, deutsche und schweizerische Hörfunkprogramme während des Zweiten Weltkriegs 441 Hermann Wentker Ein deutsch-deutsches Schicksal. Der CDU-Politi­ ker Helmut Brandt zwischen Anpassung und Widerstand 465 MISZELLE Markus Huttner Der Historiker als Gutachter im Strafprozeß. Eine Replik auf Volker Dahms rechtspolitisches Plädoyer „Freibrief für Rechtsextremisten?" 507 II Inhaltsverzeichnis DOKUMENTATION Andreas Wirsching „Man kann nur Boden germanisieren". Eine neue Quelle zu Hitlers Rede vor den Spitzen der Reichs­ wehr am 3. Februar 1933 517 NOTIZEN Zum 25. Todestag von Hans Rothfels (1891-1976) (Karl Dietrich Bracher) 551 OPAC der IfZ-Bibliothek im Internet 553 Zur Kontroverse über den Reichstagsbrand 555 ABSTRACTS 557 MITARBEITER DIESES HEFTES 559 Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte im Internet: http://www.vierteljahrshefte.de Redaktion: http://www.ifz-muenchen.de GESCHÄFTLICHE MITTEILUNGEN © 2001 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH, München Die Lieferung geschieht auf Kosten und Gefahr des Empfängers. Kostenlose Nachlieferung in Ver­ lust geratener Sendungen erfolgt nicht. Das Abonnement verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn es nicht spätestens zwei Monate vor Ablauf des Kalenderjahres gekündigt wird. Werbeanzeigen und Werbebeilagen besorgt der Verlag. Verantwortlich: Ulrike Staudinger. Hinweis gemäß § 26 Absatz 1, Bundesdatenschutzgesetz: Die Bezieher der „Vierteljahrshefte für Zeit­ geschichte" sind in einer Adreßdatei gespeichert, die mit Hilfe der automatisierten Datenverarbeitung geführt wird. Gemäß unserer Verpflichtung nach § 8 Abs. 3 PresseG i.V.m. Art. 2 Abs. 1c DVO zum BayPresseG geben wir die Inhaber und Beteiligungsverhältnisse am Verlag wie folgt an: Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH, Rosenheimer Str. 145, 81671 München. Alleiniger Gesell­ schafter des Verlages ist die R. Oldenbourg Verlag GmbH unter der gleichen Anschrift. Alleiniger Gesellschafter der R. Oldenbourg Verlag GmbH ist die R. Oldenbourg GmbH & Co. KG, ebenfalls unter der gleichen Anschrift. Verlag und Anzeigenverwaltung: Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH, Rosenheimer Straße 145, 81671 München. Für den Inhalt verantwortlich: Horst Möller; für den Anzeigenteil: Ulrike Staudinger. Erschei­ nungsweise: Vierteljährlich. Jahresabonnement: Inland DM 110,- (DM 94,-+ DM 16,- Versandspesen); Ausland DM 116,- (DM 94,-+ DM 22,- Versandspesen). Studentenabonnement (nur Inland) DM 87,- (DM 71,- + DM 16,- Versandspesen); Einzelheft DM 32,- zzgl. Versandspesen. Die Preise enthalten bei Lieferung in EU-Staaten die Mehrwertsteuer, für das übrige Ausland sind sie Bruttopreise. Ermittlung der gebundenen Ladenpreise für Österreich und die Schweiz: Österreich: DM-Preis x 7,3 = öS-Preis (ab 0,5 aufgerundet, bis 0,4 abgerundet auf volle Schillinge). Schweiz: DM-Preis x 0,86 = sFr-Preis (aufgerundet auf volle Franken). Bezieher der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte sind berechtigt, die der Zeitschrift an­ geschlossene Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte (2 Bände im Jahr) im Abonnement zum Vorzugspreis von DM 65,- zuzüglich Versandkosten zu beziehen. Die in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Fotokopien für den per­ sönlichen und sonstigen eigenen Gebrauch dürfen nur von einzelnen Beiträgen oder Teilen daraus als Ein­ zelkopien hergestellt werden. Jede darüber hinausgehende Vervielfältigung bedarf der Genehmigung des Verlages und verpflichtet zur Gebührenzahlung. Satz und Druck: Appl, Senefelderstraße 3-11, 86650 Wemding Ein Teil dieser Auflage enthält folgende Beilagen: Oldenbourg Wissenschaftsverlag: Gesamtverzeichnis Bundesarchiv Chronos-Film GmbH: 300 Jahre Preußen JOHANNES HÜRTER DIE WEHRMACHT VOR LENINGRAD Krieg und Besatzungspolitik der 18. Armee im Herbst und Winter 1941/42 Kaum war die größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts, der Zweite Weltkrieg, been­ det, begann die bis heute währende Debatte um Anteil und Schuld der Wehrmacht an dieser Katastrophe. Das Urteil irrlichterte von Anfang an zwischen den Extremen der „sauberen Wehrmacht" und der „verbrecherischen Wehrmacht" hin und her, ohne sich zu einem ausgewogenen und objektiven Bild beruhigen zu können. Dieser Teil der deutschen Vergangenheit scheint noch so gegenwärtig, daß die Bemühungen der Forschung seit den späten sechziger Jahren um eine kritische Annäherung an die historische Wirklichkeit kaum Einfluß auf das allgemeine Bewußtsein hatten. Daran konnte auch die überfällige Intensivierung dieser Bemühungen in jüngster Zeit wenig ändern. Die Vermittlung eines differenzierten Geschichtsbilds in der Öffentlichkeit ist bisher nicht gelungen. Doch auch bei den Historikern selbst besteht nach wie vor eine große Unsicherheit über die Einordnung der Wehrmacht in Krieg und Diktatur. Die Begriffsverwirrung fängt meist schon bei der Frage an, wer „die Wehrmacht" überhaupt war. Ist damit zuerst die oberste militärische Führung, also Hitler und das Oberkommando der Wehrmacht (OKW), gemeint oder die Spitze der einzelnen Wehrmachtsteile, d. h. das Oberkommando des Heeres (OKH), die Luftwaffenfüh­ rung und das Oberkommando der Kriegsmarine (OKM)? Spricht man vorrangig die obere Truppenführung an, im Heer also die Generalität vom Oberbefehlshaber einer Heeresgruppe bis zum Kommandeur einer Division? Oder bezieht sich dieser Begriff vor allem auf die „einfachen Soldaten", die Truppe? Inwieweit wird durch ihn auch die Luftwaffe, die Marine, die Waffen-SS bezeichnet? Viele sehen in der Wehrmacht die Gesamtorganisation vom Obersten Befehlshaber Hitler bis zum Ge­ freiten. Doch wie sind „das" Denken und „das" Handeln dieser insgesamt 18 Millio­ nen Soldaten zu fassen? Wie ansteigend schwer ist es schon, von „der" Wehrmachts­ führung, „der" Generalität, „dem" Generalstab, „dem" Offizierskorps und „der" Truppe zu sprechen. Natürlich muß der Historiker generalisieren. Doch kann dies nichts daran ändern, daß es „die Wehrmacht" als geschlossenen, leicht zu fassenden Block nie gab und daß unter diesem Sammelbegriff meist ganz unterschiedliche Teile des militärischen Apparats gemeint werden. Dieser Beitrag greift aus dem fast unüberschaubaren Geflecht von Institutionen und Persönlichkeiten einen Ausschnitt heraus und konzentriert sich außerdem auf V/Z 49 (2001) © Oldenbourg 2001 378 Johannes Hürter den sowjetischen Kriegsschauplatz. Am Beispiel der 18. Armee vor Leningrad von September 1941 bis Januar 1942 soll untersucht werden, wie sich ein Groß verband der Wehrmacht abseits des Gefechts gegenüber den Zivilisten und Kriegsgefangenen verhielt1. Damit gerät die Frage der Ernährung, besser gesagt der Nichternährung und des Hungers2, in den Mittelpunkt des Interesses, denn in den hier behandelten Monaten wurde diese Frage für die 18. Armee zur Wegscheide zwischen einer „nor­ malen" und einer „verbrecherischen" Besatzungspolitik. Die Pläne für die 3-Millio- nen-Stadt Leningrad sowie die Behandlung der Bevölkerung und der Kriegsgefange­ nen im Armeegebiet erhielten symptomatische Bedeutung. Dabei wurde das Verhal­ ten der Wehrmachtseinheiten maßgeblich vom Armeeoberkommando bestimmt. Da­ her muß zunächst die Zusammensetzung und Funktion dieser maßgeblichen Kom­ mandobehörde erläutert werden, bevor auf dieser Grundlage die Beschreibung ihres Handelns folgen kann. Die „Politik" der Armee bzw. ihres Oberkommandos war auch von den Vorgaben der vorgesetzten politischen und militärischen Instanzen ab­ hängig. Eine wichtige Frage wird daher sein, wie das Verhältnis von Erwartungen, Plänen und Befehlen der obersten Führung auf der einen Seite und von Handlungs­ spielräumen, Notlagen und Aushilfen der Armee vor Ort auf der anderen Seite war. Diese Fallstudie wird das historiographische Problem der Standortbestimmung der Wehrmacht zwischen Kriegführung und Verbrechen nicht lösen können. Vielleicht vermag sie aber einige Anregungen dafür zu geben, daß man über die Untersuchung einer Armee und dann - als nächsten Schritt - den Vergleich mehrerer Armeen der Klärung dieses Problems erheblich näher käme3. 1. Armee und Armeeoberkommando Die Armee war ein eigentümliches, fast amorphes Gebilde. Ständig wurden Stäbe verlegt oder ausgetauscht, Divisionen herausgezogen oder zugeführt, Frontabschnit­ te von Nachbararmeen übernommen oder an sie abgegeben, so daß die Zusammen­ setzung der Armee dauernd im Fluß war. Selbst für die 18. Armee, die von Septem­ ber 1941 bis Januar 1944 ohne große Bewegungen im Gebiet vor Leningrad verharr- 1 Die Eckdaten des Zeitausschnitts sind einmal der Übergang der 18. Armee zum Stellungs- und Belagerungskrieg vor Leningrad Mitte September 1941, zum anderen das Revirement in der Be­ setzung des Armeeoberkommandos Mitte Januar 1942. 2 Auf die Bedeutung der Ernährung für die deutsche Besatzungspolitik im Osten hat vor kurzem - am Beispiel Weißrußlands und in Anknüpfung an die Forschungen Rolf-Dieter Müllers - Christi­
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