Orchideen.Pdf

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Naturpark Nassau Vorwort Pflanzen sind ortsgebunden – im Gegensatz zu in der Regel im Raum aktiven Tieren, wie z. B. Libellen, Vögeln oder Heuschrecken. Das ist für uns Naturfreunde von Vorteil. Eine Beschäftigung mit ihnen, wie z. B. die genaue Betrachtung, anschließend Zeichnung oder Anfertigen eines Fotos, ist einfacher möglich als bei Tieren. Zudem sind Pflanzen allgegen- wärtig und die Arten sind teilweise häufig. Von den in Rheinland-Pfalz vorkommenden Pflanzenarten erfreuen sich die Orchideen einer besonderen Attraktivität. Dies hat etwas mit den filigranen, formenreichen und überaus far- bigen Einzelblüten zu tun. Zudem sind viele Arten leider selten geworden oder hatten wegen ihrer hohen Standortansprüche schon immer nur wenige Fundorte. Die von Spezialisten durchgeführten Orchideenkartierungen geben einen Überblick über die Verbreitung, vorlie- gend nunmehr eine solche vom Naturpark Nassau. Insgesamt 25 Arten sind auf der Naturparkfläche von ca. 590 Quadratkilometern nachge- wiesen worden. Die evolutionsbiologisch bescheidenen 20 Erfassungsjahre zeigen schon jetzt die hohe Dynamik der Fundorte. Auch diese Dynamik macht die Beschäftigung mit der Pflanzenfamilie zu einer interessanten Naturbeschäftigung und bildet die Grundlage für so manche Schutzbemühung, die im Offenland in einer extensiven Grünlandnutzung liegt und im Wald in Kenntnis der Standorte zu einer behutsamen forstlichen Bewirtschaftung führt. Dem Naturpark Nassau ist zu der wieder sehr ansprechenden Broschüre zu den „Orchideen im Naturpark Nassau“ zu gratulieren. Ich verbinde damit die Hoffnung, dass das Heft zu einem weiter verbesserten Schutz und lehrreicher Beschäftigung mit alten und neuen Fund- orten führen wird. Margit Conrad Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Impressum: Herausgeber: Zweckverband Naturpark Nassau Bachgasse 4, 56373 Nassau Telefon/Fax: 0 26 04/43 68 Nachdruck aus den Heimatjahrbüchern der Kreise Rhein-Lahn und Westerwald Druck: Verlag + Druck Linus Wittich KG, Rheinstraße 41, 56203 Höhr-Grenzhausen Umschlagentwurf: Werbeagentur Kohn GmbH, Nassau, www.kohn.de Fotos Umschlag: Wolfgang Herrmann, Heinz Strunk Titelbild: Orchideenwiese, Violette Stendelwurz, Hummel-Ragwurz Anschriften der Verfasser: Manfred Braun, Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord, Stresemannstraße 3–5 56068 Koblenz Ursula Braun, Zweckverband Naturpark Nassau, Bachgasse 4, 56377 Nassau Wolfgang Herrmann, Austraße 6, 56379 Geilnau Heinz Strunk, Pfingstwiese 6, 56130 Bad Ems Wir danken dem Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz, Mainz, für die finanzielle Unterstützung bei der Herausgabe dieses Heftes. Nassau, im November 2007 Orchideen im Naturpark Nassau Manfred Braun, Ursula Braun, Wolfgang Herrmann und Heinz Strunk Inhalt angewiesen sind und daher z. B. in weiten 1. Einleitung Teilen der Eifel oft ihre größte Artendichte 2. Äußere Merkmale von Orchideen aufweisen. 3. Bestäubung und Fortpflanzung bei Der Beitrag des Naturparks Nassau über Orchideen Orchideen soll insbesondere für diese 4. Orchideenbiotope im Naturpark Nassau Pflanzenfamilie Werbung betreiben. Die 5. Im Naturpark Nassau vorkommende Schutzbemühungen um Orchideen sollen Orchideenarten begründet und um Verständnis für diese 6. Orchideenschutz im Naturpark Nassau Pflanzengruppe geworben werden. In unse- 7. Literatur rer intensiv bewirtschafteten und genutzten Kulturlandschaft wird der Platz für unsere einheimischen Orchideenarten immer enger. 1. Einleitung Schon seit Jahrhunderten sind Orchideen 2. Äußere Merkmale von für die Menschheit eine faszinierende Pflan- Orchideen zenfamilie. Sie fallen im direkten mensch- lichen Umfeld auf den Fensterbänken insbe- Die Gattung „Orchis“ ist namensgebend sondere mit tropischen Arten auf. Doch es für die Gruppe der Orchideen. Orchideen gibt auch viele einheimische Arten mit gro- besitzen keine gewöhnlichen Wurzeln son- ßem Formenreichtum und schön anzuse- dern bilden in der Regel Knollen, die schon henden Blütenständen und filigranen und zur Blütezeit für das Folgejahr angelegt wer- farbenprächtigen Blüten. Die Entwicklung den. Der Begriff „orchi“ steht für Hoden und der Orchideen ist oft unbekannt, zum Teil somit für die Ähnlichkeit der zwei Knollen auch recht kompliziert. Weltweit sind über einiger Orchideenarten in der Erde. Diese 25.000 Arten bekannt, in Deutschland etwa dienen der Nährstoffspeicherung, wobei 60, wobei die meisten als Epiphyten auf auch verdickte Wurzelstöcke bei manchen Bäumen in den Regenwäldern der Tropen Arten angelegt werden und durchaus Ähn- und der angrenzenden Subtropen leben. lichkeit mit den Erdstängeln des Busch- Wegen des hohen Lichteinfalls und der dort windröschens gegeben ist. In diesen Orga- vorhandenen Wärme ist die Entwicklung in nen wird Wasser gespeichert und vor allem diesen Bereichen unserer Erde günstiger. Stärke für das Folgejahr gesichert. Doch auch weiter nördlich davon, wie z. B. Orchideen gehören zu den einkeimblättri- in unseren Bereichen, ist die Artenvielfalt gen Pflanzen, was bedeutet, dass sie nur noch immer beträchtlich. über ein Keimblatt verfügen. Sie sind daher In den letzten Jahrzehnten sind bei man- von den so genannten Zweikeimblättrigen chen Arten starke Rückgänge zu verzeich- oder Dicotyledonen abzutrennen, deren nen und viele einheimische Orchideenarten Blätter netzartig verzweigt sind. Bei den sind bedroht. Von den etwa 50 in Rheinland- Orchideen, also den Monocotyledonen, sind Pfalz vorkommenden Orchideenarten sind die Blätter daher parallelnervig, so dass vom 25 Arten im Naturpark Nassau nachgewie- Aussehen eine Ähnlichkeit mit Gräsern und sen, recht viele für diese kleine Fläche. Dies Liliengewächsen gegeben ist. Die Blätter ist umso bemerkenswerter, da der Natur- der Orchideen sind in der Regel grün mit park Nassau zu den kalkärmeren Gebieten mehr oder weniger braun-roten Flecken wie gehört, viele Orchideenarten aber auf Kalk z. B. bei dem Gefleckten Knabenkraut 1 Blütenaufbau einer Orchidee Foto: Heinz Strunk (Dactylorhiza maculata). Die Blätter stehen net die Lippe auch als Labellum. Sie ist der ab vom Stängel oder sind mehr oder weni- auffälligste Teil der Blüte, oft verbreitert und ger angelegt, bei manchen Arten auch stän- manchmal landen Insekten dort, so dass die gelumfassend. Der Stängel kann hohl sein Lippe bei der Befruchtung von hoher Be- wie z. B. beim Breitblättrigen Knabenkraut deutung ist. Weiter gehören die Petalen als (Dactylorhiza majalis) oder gefüllt sein wie kleinere Blättchen zu den inneren Blüten- beim Gefleckten Knabenkraut. Viele Arten blättern. Sie sind in Form und Farbe ver- besitzen Blattrosetten, aus denen nur ein schieden. Weiterhin finden sich Griffel, Narbe Blütenstängel herauswächst. Dieser kann und Staubblätter in einer Orchideenblüte, behaart sein wie die Blätter oder auch nicht. letztere oft zu einer Säule verwachsen. Die Oft erscheinen die Blattrosetten im Herbst Pollen sind zu Paketchen verklebt, die auch und sind über den Winter schon zu sehen. als Pollinien bezeichnet werden. Manche Markant ist der Blütenaufbau bei Orchi- Arten besitzen einen Sporn, der teilweise mit deen. Man unterscheidet innere und äußere Nektar gefüllt ist und dessen Eingang sich Blütenblätter. Die äußeren Blütenblätter, die am Grund der Lippe befindet. Sepalen, besitzen zwei seitliche Blätter und ein nach oben gerichtetes mittleres Blatt. Die Sepalen sind oft farbig unterschiedlich. Sie 3. Bestäubung und können rot, rosa, weiß, bräunlich oder auch Fortpflanzung bei Orchideen grünlich-gelb sein. Sie können abstehend, zurückgeschlagen oder helmförmig zusam- Der Bestäubungsvorgang bei Orchideen men stehen, wie z. B. beim Helm-Knaben- mit der anschließenden Fortpflanzung ist ein kraut (Orchis militaris). Die inneren Blüten- komplizierter aber zugleich auch faszinie- blätter bestehen vor allem aus der markanten render Vorgang in der Natur. Interessant ist Lippe, die für die Bestimmung der Art von vor allem die Fremdbestäubung durch entscheidender Bedeutung ist. Man bezeich- Insekten. An den Pollinien sitzen Klebe- 2 scheibchen. Die Insekten nehmen diese auf. anschwillt und zwischen Blüte und Stängel Sie sitzen dann beim Insekt am Kopf oder zu finden ist. Die sehr feinen Samen sind Hinterleib, richten sich auf und neigen sich ohne Nährgewebe und brauchen einen art- nach vorn. Beim nächsten Blütenbesuch spezifischen Pilz zur Weiterentwicklung. Nur kommen diese Pollinien an die Narben und durch diese Symbiose kann eine neue leiten die Befruchtung ein. Die Gründe für Pflanze entstehen. Das Gefleckte Knaben- den Insektenanflug sind je nach Art unter- kraut bildet z. B. 6.200 Samenkörnchen, der schiedlich. Vor allem ist die Farbe der Blüte Frauenschuh (Cypripedium calceolus) be- und ganz besonders der Lippe maßgebend sitzt bis zu 40.000. Da diese sehr klein sind, und für Insekten auffällig. Nektarreich ist oft können sie vom Wind über weite Entfernun- der Sporn, der kurz oder lang sein kann. gen transportiert werden. Die hohe Menge Wird kein Nektar angeboten, bilden sich Se- an Samen ist notwendig, um das entspre- kundärduftstoffe mit hoher Attraktivität für chende Pilzmycel zur Weiterentwicklung zu Bienen und andere Insekten. Die Blüten, erreichen. Der Pilz dringt in die Samen ein insbesondere Lippen, sind oft einem Weib- und versorgt diese mit Nährstoffen, Wasser chen nachgeahmt. Die Männchen fliegen, und Vitaminen. Grundsätzlich sind für Orchi- durch Duftstoffe angelockt, die Blüte an, deen insbesondere magere Böden mit lücki- nehmen dort Kopulationsvorgänge vor, neh- gem Pflanzenwuchs zum Keimen günstig men die Pollinien mit und fliegen zur näch- und

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