Schachweltmeister (Wikipedia)

Schachweltmeister (Wikipedia)

Schachweltmeister weltmeister“ wurden in Abgrenzung zur separa- ten Schachweltmeisterschaft der Frauen historisch auch als „Schachweltmeisterschaft der Männer“ be- zeichnet. Seit einer entsprechenden Klärung in den späten 1980ern steht der Titel aber generell Män- nern und Frauen offen. Beschränkt für Altersstu- fen gibt es die Juniorenweltmeisterschaft (U20), die Jugendweltmeisterschaften in den Altersklassen U8–U18 und die Seniorenweltmeisterschaft – alle ebenfalls offen für beide Geschlechter, aber auch mit eigenen Bewerben für Spielerinnen. Dazu gibt es Weltmeisterschaften im Blitzschach, Schnellschach und Fernschach. Weltmeisterschaften werden als Zweikampf über mehre- re Partien zwischen dem Weltmeister und einem Heraus- forderer ausgetragen. In den Jahren 1948 und 2007 er- mittelte man den Weltmeister dagegen durch ein Run- denturnier mit mehreren Teilnehmern. Der Herausfor- derer muss sich üblicherweise durch den Gewinn des Kandidatenturniers für den WM-Zweikampf qualifizie- ren. Eine zwischenzeitliche Trennung des Weltmeistertitels vom Weltverband FIDE seit 1993 wurde 2006 durch die Schachweltmeisterschaft 2006 behoben. Während dieser Zeit führte die FIDE Weltmeisterschaften durch, deren Sieger jedoch nicht als allgemein anerkannte Weltmeis- ter galten. 1 Die weltbesten Spieler vor Ein- führung der offiziellen Weltmeis- Oben: Logo des Weltschachbundes FIDE terschaftskämpfe Mitte: Weltmeister Michail Botwinnik 0000und Wilhelm Steinitz Unten: Schachweltmeisterschaft 2008 Der Titel Schachweltmeister ist die höchste Aus- zeichnung im Schachspiel, die – in der Regel – nach vorausgehenden Qualifikationsturnieren und schließlich durch einen Zweikampf um die Schachweltmeisterschaft vergeben wird. Als erster offizieller Schachweltmeis- ter gilt der Österreicher Wilhelm Steinitz nach sei- nem Wettkampfsieg gegen Johannes Hermann Zukert- ort im Jahr 1886. Amtierender Weltmeister ist seit 2013 der Norweger Magnus Carlsen, der den Titel bei der Erstes internationales Schachturnier am Hofe König Philipps II. Schachweltmeisterschaft 2013 von Viswanathan Anand von Spanien 1575, Gemälde von Luigi Mussini (1886) eroberte. Die Bewerbe zur Erlangung des Titels „Schach- Das moderne Schach entstand etwa um 1475 vermut- lich im spanischen Valencia durch Änderung der Gang- 1 2 2 GESCHICHTE DER WELTMEISTERSCHAFTEN art von Läufer und Dame. An diesem Prozess wesent- lich beteiligt waren die Literaten Francesc de Castellví i de Vic, Narcís Vinyoles, Bernat Fenollar und Francesc Vicent. Dies dürften auch die besten Spieler ihrer Zeit gewesen sein. Zeugnis dieser frühesten Entwicklungspha- se ist das katalanische Schachgedicht Scachs d’amor.[1] In der Folge erschienen gedruckte Schachabhandlungen von Francesc Vicent (1495), Juan Ramirez de Lucena (1497) und Pedro Damiano (1512), welche an diese Tra- dition anknüpften.[2] Um die Mitte des 16. Jahrhunderts galt der Spanier Ruy López de Segura als bester Spieler der Welt. Er wurde im Jahre 1575 im ersten internationa- len Schachturnier der Geschichte am Hofe des spanischen Königs Philipps II. in Madrid vom Sizilianer Giovanni Leonardo da Cutro mit 2:3 geschlagen. Im Anschluss besiegte Leonardo da Cutro auch den besten portugiesi- Bild vom Zweikampf zwischen Howard Staunton (links) und schen Spieler El Morro „in vielen Spielen“ [3] und, zurück Pierre Saint-Amant (1843) in Madrid, seinen italienischen Landsmann Paolo Boi mit [4] 2:1. kaner beendete allerdings bald danach seine Schachkar- Zu den besten Schachspielern ihrer Zeit gehörte auch riere, sodass Anderssen nun wieder als führender Meister Giulio Cesare Polerio. Diese Persönlichkeiten begründe- der Welt galt. ten das goldene Zeitalter des italienischen Schachs. Diese Nachdem der Österreicher Wilhelm Steinitz 1866 An- Tradition wurde um 1600 durch Alessandro Salvio und derssen in einem in London gespielten Wettkampf be- von etwa 1620 bis 1634 von Gioacchino Greco fortge- zwungen hatte, galt er als unbestritten bester Spieler der setzt. Welt. Um 1700 galt der Schotte Alexander Cunningham als bester Spieler Europas.[5] Ab etwa 1730 blühten die Italiener mit ihren Theoreti- 2 Geschichte der Weltmeister- kern Domenico Lorenzo Ponziani, Ercole del Rio und Giambattista Lolli nochmals auf. Gleichzeitig entwickel- schaften te sich im Café de la Régence in Paris eine rege Schach- szene, welche die italienische Vormachtstellung im euro- Nach seinem überwältigenden Sieg beim großen päischen Schach allmählich überflügelte und ablöste. Die Internationalen Turnier in London 1883 (vor Steinitz) Franzosen Legall de Kermeur (1730–1745), François- betrachtete sich Johannes Hermann Zukertort als André Danican Philidor (1745–1795), Verdoni (1795– Champion of the World und forderte Steinitz’ Füh- 1804), Alexandre Deschapelles (1804–1820) und Louis- rungsanspruch heraus. Die Schachwelt erwartete einen Charles Mahé de La Bourdonnais (1820–1840) lösten Zweikampf dieser Rivalen und bekam ihn: Durch einander als weltbeste Spieler ab. Berühmtheit erlangte seinen 12,5:7,5-Sieg (+10, −5, =5) über Zukertort im La Bourdonnais durch sechs aufeinander folgende Wett- Wettkampf vom 11. Januar bis zum 29. März 1886 gilt kämpfe (insgesamt 85 Partien) gegen den Iren Alexander Wilhelm Steinitz allgemein als der 1. Schachweltmeister. MacDonnell in London 1834, die der Franzose gewann. Nach Steinitz’ Wettkampfsieg fanden sich etliche Her- Nach dem Wettkampfsieg des Engländers Howard Staun- ausforderer, die mit ihm um die Weltmeisterschaft spie- ton über den Franzosen Pierre Saint-Amant in Paris 1843 len wollten. Bis 1948 entschied allein der Weltmeis- galt nun England als führende Schachnation. Staunton ter, wessen Herausforderung er annahm und wem er ei- war es auch, der sich maßgeblich für die Durchführung nen Weltmeisterschaftskampf verweigerte. Der Titelhal- eines der ersten internationalen Schachturniere einsetzte. ter bestimmte die Bedingungen und das Preisgeld fast Dieses Turnier fand anlässlich der Weltausstellung 1851 nach Belieben. in London statt. Überraschend gewann nicht der engli- Insbesondere während der Zeit Emanuel Laskers auf dem sche Vorkämpfer, sondern es siegte der bis dahin gänzlich Weltmeisterthron wurde dies oft kritisiert, da würdige unbekannte Deutsche Adolf Anderssen aus Breslau, der Gegner nicht oder erst nach langjährigen Verhandlungen dabei im Halbfinale auch den direkten Vergleich gegen zum Zuge kamen. Staunton mit 4:1 für sich entschied.[6] José Raúl Capablanca versuchte 1922 klare Regeln ein- Anderssens Sieg ließ ihn nun in der Schachwelt als welt- zuführen, die von seinen potentiellen Herausforderern besten Spieler gelten. 1858 spielte Anderssen in Paris (Alexander Aljechin, Efim Bogoljubow, Géza Maróczy, einen Wettkampf gegen den US-Amerikaner Paul Mor- Richard Réti, Akiba Rubinstein, Savielly Tartakower und phy. Morphy errang einen glänzenden Sieg, der Ameri- Milan Vidmar) akzeptiert wurden. Sie bestanden aus 21 3.2 Weltmeister Emanuel Lasker (1894–1921) 3 Paragraphen, die im Dezember 1923 im American Chess 1896 einen Revanchekampf gegen Lasker ebenfalls ver- Bulletin abgedruckt wurden. Die Hauptpunkte waren: loren hatte. 1. Der Titelhalter muss seinen Titel innerhalb eines Jahres verteidigen, wenn er von einem anerkannten Meister herausgefordert wird, sofern dieser einen Preisfonds von mindestens 10.000 Dollar garantiert 3.2 Weltmeister Emanuel Lasker (1894– und 500 Dollar vorab als Sicherheit hinterlegt. Der 1921) Weltmeister hat aber das Recht, das genaue Datum für den Beginn des Wettkampfes festzulegen. Lasker war insgesamt 27 Jahre von 1894 bis 1921 Welt- 2. Vom Preisgeld gehen 20 Prozent an den Titelhalter, meister. Seine überragende Stellung in der Schachwelt je- der Rest wird im Verhältnis 60:40 zwischen Gewin- ner Zeit ist unbestritten. Allerdings war seine Weltmeis- ner und Verlierer des Wettkampfes verteilt. terschaft auch dadurch geprägt, dass er Zweikämpfen un- gewissen Ausganges durch das Aufstellen nur schwer zu 3. Der Wettkampf geht auf sechs Gewinnpartien, Re- erfüllender Bedingungen aus dem Weg zu gehen wusste. mis zählen nicht. Die Bedenkzeit ist 150 Minuten So kam es nicht zu einem von der Schachwelt gewünsch- für 40 Züge. Nach fünf Stunden Spielzeit gibt es ei- ten Wettkampf mit dem polnischen Meister Akiba Ru- ne Hängepartie. binstein. Das Kräftemessen mit José Raúl Capablanca fand erst 1921 statt. Der Nachfolger Capablancas als Weltmeister, Alexander Im Einzelnen spielte Lasker nach seinem Sieg über Aljechin, hielt sich zwar formal an diese Regeln, einem Steinitz 1894 noch folgende Weltmeisterschaftskämp- Rückkampf mit Capablanca ging er aber dadurch aus fe: 1896 Revanchekampf gegen Steinitz, 1907 gegen dem Weg, dass er die Herausforderungen anderer Spieler den US-Amerikaner Frank Marshall, 1908 gegen seinen stets bevorzugt berücksichtigte. deutschen Rivalen Siegbert Tarrasch, 1910 gegen Carl Von 1948 bis 1993 wurde die Weltmeisterschaft vom Schlechter und ebenfalls 1910 gegen Dawid Janowski. Weltschachbund FIDE ausgerichtet. Der jeweilige Her- 1921 unterlag Lasker dem kubanischen Meister José Raúl ausforderer des Weltmeisters wurde durch ein mehr- Capablanca in Havanna. stufiges Qualifikationssystem (regionale Zonenturniere, Interzonenturnier und Kandidatenturnier) ermittelt. Weil Kasparow 1993 nicht mehr bereit war, seinen Ti- tel unter der Ägide der FIDE zu verteidigen, stellte sich 3.3 Weltmeister José Raúl Capablanca der vor 1948 übliche Zustand wieder ein. Kasparow ver- (1921–1927) teidigte seinen Titel nach seinen eigenen Bedingungen. 2000 verlor er ihn an Wladimir Kramnik. Parallel hier- zu veranstaltete die FIDE ein „offizielle“

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