Agenda Ausgabe 16 | 2018 | Dezember InformationsbriefAGENDA der Bibliothek des Konservatismus Rembrandt van Rijn: Simeon und Hanna im Tempel (1627), Öl auf Eichenholz (Ausschnitt), Kunsthalle Hamburg Editorial Wenn im christlichen Kulturkreis schrecken muß, die früher zu den die Geburt Jesu gefeiert wird, Verteidigern der Kirche gehörten: Inhalt dann feiern diejenigen nicht mit, die Konservativen. denen dieses Wunder vor allem galt: die Juden. Jahrhundertelang Dabei kann Weihnachten gerade Porträt .......................................2 hatten sie den Messias (gr.: chri- Konservativen neue Perspekti- stós) erwartet. In Weissagungen ven eröffnen. Denn es lehrt, die Aus unserem Magazin ..............4 wurde ihnen seine Ankunft an- Geister zu unterscheiden und im gekündigt. Doch als er geboren rechten Moment die Zeichen der Neuerscheinungen ...................5 wurde, erkannten sie ihn nicht. Zeit zu erkennen. Es lehrt, daß Die Zahl der Juden, die Christus sich ein Ausweg aus hoffnungs- Rückblick ...................................6 als ihren Messias annahmen, war los scheinender Lage über Nacht und ist überschaubar. Das Licht, einstellen kann. Und es fordert, Ausblick .....................................7 von dem das Neue Testament das, was sich als Ausweg anbie- spricht, ist im wesentlichen zum tet, an der Überlieferung und Termine ......................................7 Licht der Heiden geworden. Der ihren überzeitlichen Maßstäben „Sohn Gottes“ verwandelte den zu prüfen. Ein solcher Konserva- BdK - Intern ...............................8 griechischen Geist von Grund tismus ist nie perspektivlos, denn auf. 2000 Jahre lang prägte das er hat die Ewigkeit für sich. Impressum ................................8 Christentum Europa. Heute bie- ten die Kirchen ein Erscheinungs- Dr. Wolfgang Fenske bild, das gerade diejenigen ab- Bibliotheksleiter Fasanenstraße 4 | 10623 Berlin Öffnungszeiten des Lesesaals Telefon: +49 (0) 30 - 315 17 37 0 Mo, Di, Mi, Fr: 10 – 15 Uhr Fax: +49 (0) 30 - 315 17 37 21 Do: 10 – 18 Uhr Porträt Konflikt mit seiner Landeskir- che, wird 1925 gleichwohl auf die Pfarrstelle von Albersdorf in Schleswig-Holstein berufen. As- mussen weiß sich von der bäu- erlichen Gemeinde angenom- men und heiratet 1926 Elsbeth Pickersgill, die ihm drei Kinder schenken sollte: „Nicht umsonst wird auf den ersten Blättern der Bibel der Mensch auf den Acker gewiesen, so wie er zum anderen Geschlechte gewiesen wird.“ Gott habe den Menschen zum Herr- scher über die Schöpfung ge- setzt: „Beides ist ein Zeichen von fortgeschrittener Dekadenz: Sich des Geschlechts berauben lassen und auf Gestaltung, Herrschaft und Führung verzichten.“ Hans Asmussen 1932 wechselt Asmussen an die Hauptgemeinde in Hamburg- Hans Asmussen: Der Staat im Dienste Gottes Altona, die in einem kommuni- stisch geprägten Arbeiterviertel Zu den wenigen evangelischen Geistlichen, die den Nationalso- liegt und immer wieder Schau- zialismus von Beginn an aus konservativer Perspektive kritisier- platz gewalttätiger politischer ten, gehörte Hans Asmussen (1898–1968). Als national denkender Auseinandersetzungen wird. Am Lutheraner stieß er in der von Karl Barth geprägten Bekennen- 17. Juli 1932 kommt es infolge ei- den Kirche jedoch theologisch wie politisch auf Vorbehalte. Zeit- nes Aufmarsches der SA zu Schie- lebens stand das Verhältnis von Staat und Kirche im Zentrum sei- ßereien zwischen Kommunisten nes politischen Denkens. Vor 50 Jahren ist er verstorben. und der Polizei, in deren Verlauf 18 Menschen sterben. Auf diesen Hans Asmussen wird am 21. Au- amen wird er 1921 Vikar, 1923 „Altonaer Blutsonntag“ antwor- gust 1898 als jüngstes Kind sei- dann Pfarrer an der Diakonissen- ten die ortsansässigen Geistli- ner Eltern in Flensburg geboren. anstalt Flensburg und befaßt sich chen am 11. Januar 1933 mit dem Nach dem Abitur 1917 wird er mit der dort beheimateten luthe- „Wort und Bekenntnis Altonaer Soldat im Ersten Weltkrieg, aus rischen Orthodoxie, aber auch Pastoren in der Not und Verwir- dem er ohne äußere Verwundun- mit Karl Barth und Søren Kierke- rung des öffentlichen Lebens“. gen, jedoch nicht ohne „innere gaard. Für den jungen Asmussen Darin heißt es unter anderem: Unsicherheit im Lebensgefühl“ macht Barth Ernst mit der Kritik „Weil das Leben [als Gabe Got- heimkehrt. Er beginnt, in Kiel an der liberalen Theologie, aber tes] infolge der Sünde andau- Theologie zu studieren. Die an auch mit der Sündhaftigkeit des ernd bedroht ist, gebietet Gott der Universität vorherrschende Menschen. Doch bereits 1925 dem Staate die Bereitschaft, es liberale Theologie lehnt Asmus- schreibt er an seine Braut: „Al- im Notfall durch Waffengewalt zu sen ab, weshalb er in Kiel den Lu- les, was Barth sagt von dem ganz verteidigen. Wenn es sein muß, therischen Bruderbund gründet. Anderen usw., ist richtig. Aber müssen solche Verträge, die den Dessen Ziel ist es, Schüler und nun kommt das Evangelium und Bestand des Staates gefährden, Kommilitonen gegen die „offiziel- macht es in allen Dingen eben bekämpft und beseitigt werden. le“ Theologie der Universität, vor doch möglich, daß das Endliche Denn das Leben ist größer als al- allem gegen deren Schriftausle- das Unendliche fassen kann. Das les, was Menschen setzen.“ Und: gung, zu „immunisieren“. Letztere weiß Barth noch weniger „Wir verwerfen jede Vergöttli- als Kierke gaard.“ chung des Staates. Wenn sich die Doch an der Universität kann Staatsgewalt zum Herrn über die Asmussen „kaum Eindrücke fürs Aufgrund seiner theologischen Gewissen aufwirft, wird sie anti- Leben“ gewinnen. Nach dem Ex- Positionen gerät Asmussen in christlich.“ Seite 2 Agenda Ausgabe 16 | 2018 | Dezember Porträt Im selben Jahr erscheint Asmus- Nach Kriegsende wird Asmus- sens Buch „Politik und Christen- sen Präsident der Kirchenkanz- tum“. Das Verhältnis beider müs- lei der Evangelischen Kirche in se von der Einsicht bestimmt sein, Deutschland. In dieser Funktion daß das Böse eine Konstante ist: ist er an der Formulierung des „Das ist die Sünde des Bürger- Stuttgarter Schuldbekenntnisses tums, an der es zugrunde geht: vom Oktober 1945 beteiligt, in Das Handeln und Denken aus dem eine deutsche Mitschuld am dem Glauben, daß die Verderbnis „Leid der Völker“ bekannt wird: der Welt wieder heilbar sei.“ „Die Zeitungen haben aus dieser Erklärung ein Bekenntnis zur Al- Wenige Monate später wird leinschuld Deutschlands am Krie- in Kiel eine Kirchenleitung der ge gemacht. Aber das war nicht „Deutschen Christen“ installiert, richtig.“ Als im August 1947 das die Asmussen im Februar 1934 „Darmstädter Wort“ der kirchli- in den Ruhestand versetzt. Der chen Linken die deutsche Schuld Verlust seines Pfarramtes er- in konservativen Traditionen er- möglicht Asmussen die Mitarbeit blickt, reagiert Asmussen heftig. in der Bekennenden Kirche auf überregionaler Ebene. An der Hans Asmussen: Politik und Christentum, Kirchenpolitisch isoliert, zieht Vorbereitung der Bekenntnissyn- Hamburg 1933. sich Asmussen 1949 auf die Stel- ode von Barmen im Mai 1934 ist BdK-Signatur: Rel3-11-7 le eines Propstes in Kiel zurück. Asmussen maßgeblich beteiligt. Er schreibt für konservative Pe- Er hält auch den Einbringungs- 1935 übernimmt Asmussen die riodika und versucht, Einfluß auf vortrag für die barthianisch ge- Leitung der zur Bekennenden die entstehende CDU zu neh- prägte Barmer Theologische Kirche gehörenden Kirchlichen men. 1955 wird er in den Ruhe- Erklärung, interpretiert diese je- Hochschule Berlin. Nachdem die- stand versetzt und entfaltet noch doch lutherisch. Asmussen will so se 1941 geschlossen und Asmus- einmal eine breite literarische einer Spaltung der Bekennenden sens Wohnung 1943 ausgebombt Tätigkeit im Sinne einer „hoch- Kirche in Lutheraner und Barthia- worden war, zieht er nach Süd- kirchlichen“ Theologie, die im ner wehren. Tatsächlich nimmt deutschland, wo er Mitarbeiter Luthertum die einende Mitte der die Synode die Barmer Erklärung des „Einigungswerks“ wird, das Konfessionen erblickt. Am 30. ausdrücklich zusammen mit As- die zerstrittenen Gruppen der Dezember 1968 verstirbt Hans mussens Vortrag an. Bekennenden Kirche einen soll. Asmussen in Speyer. Jetzt neu: ERTRÄGE 7 erschienen! Band 7 der Schriftenreihe ERTRÄGE versammelt wieder interessan- te Vorträge, die in der Bibliothek des Konservatismus gehalten und in erweiterter Form als Aufsätze zur Verfügung gestellt wurden: Michael von Prollius: Vom Niedergang der Demokratie Konrad Badenheuer: Vertriebene als Opfer der Geschichtspolitik Albrecht Jebens: 100 Jahre deutsch-afghanische Freundschaft Peter Seidel: Europa am Scheideweg Björn Schumacher: Alliiertes Morale Bombing 1942–1945 Rainer Waßner: Friedrich Georg Jüngers Perfektion der Technik Sichern Sie sich Ihr Exemplar und bestellen Sie ERTRÄGE 7 (Paperback, 236 Seiten) für nur 14,95 Euro unter [email protected] oder per Fax unter 0 30-315 17 37 21! Sie sammeln die ERTRÄGE? Auch frühere Bände sind noch lieferbar! Agenda Ausgabe 16 | 2018 | Dezember Seite 3 Aus unserem Magazin Die politischen Religionen meinschaft wird zu Proletariat, Rasse oder Volk; der Papst an der Der deutsch-amerikanische Po- Spitze der kirchlichen Hierarchie litikwissenschaftler Eric Voege- wird zum Führer; die Apokalypse lin (1901–1985) war einer der als Offenbarung des zukünftigen bedeutendsten konservativen Reiches wird zur innerweltlichen Denker des 20. Jahrhunderts. Mit Utopie. seinem 1939 erschienenen Es- say „Die politischen Religionen“ Geistesgeschichtlich beginnt die- knüpft er an einen Themenkom- ser Prozeß der Verweltlichung plex an, der insbesondere mit christlicher Symbolik für Voegelin
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