srB-aktuEll chronoLogie der geschichte der Leipziger radrennBahn Aufstieg, Glanzzeit und niedergang einer einmaligen leipziger sportstätte Die Turbulenzen der letzten zwei am „Stötteritzer Dreieck“, bei Jahre haben die Redaktion veran - „Rund in Volkmarsdorf“ sowie in lasst, die wechselvolle Geschichte Leutzsch, Lindenau oder Schöne - der Leipziger Radrennbahn noch feld säumten tausende begeisterte einmal darzustellen. Beim Schrei - Zuschauer die Straßen. Der Ruf ben dieser Chronik wissen wir wurde laut, wieder eine Radrenn - nicht, wie es weitergehen wird mit bahn zu errichten, denn der be - einer Sportstätte, die man getrost rühmte „Lindenauer Zement“ war als eine der bedeutendsten Rad - bereits 1938 abgerissen worden, rennbahnen der Welt bezeichnen um Platz für eine Gutenbergaus - konnte. Bis zur politischen Wende stellung zu schaffen, die jedoch nie 1990 war sie das „Mekka des Ama - verwirklicht werden konnte. Doch teursports“ und in den ersten Jah - Geld war knapp, es standen wichti - ren danach fuhr auf ihr die absolute gere Vorhaben auf dem Plan der Weltklasse der Sprinter, Verfolger Stadt. Also war Selbsthilfe ange - und auch der Steher. Jetzt ist es ru - sagt. hig geworden um die Bahn, denn So fuhr man zunächst Rennen auf In aller Stille erbaut: Die Aschenbahn auf dem Sportplatz Windorfer trotz der Sanierung des Daches mit den schnell errichteten Aschenbah - Straße. Hilfe des Konjunktur-Programmes nen im Stadion Probstheida (später ist es nicht weitergegangen, so dass Bruno Plache-Stadion) sowie im Überhöhung von 80 Zentimetern gleich auf Anhieb die vorzügliche es in den Sternen steht, ob und Stötteritzer Südost-Stadion. mit einem Filterasche-Belag zu ver - Eignung als Baumaterial nachzu - wann denn auch noch Fahrfläche, Als Dritte im Bunde agierten die sehen, der aus dem Trägerbetrieb weisen vermochte. Sieger des die teilweise fehlende Beleuchtung rührigen Funktionäre um den Spar - des VEB Eisen- und Stahlbau Leipzig Hauptrennens, dem „Großen Eröff - und Beschallung sowie der Sozial - tenleiter Radsport, Rolf Rösch, und stammte. „In der ganzen Zone gibt nungspreis“ über 75 Runden, wur - trakt saniert werden können. Werner Schmidt von der SG Groß - es keine schönere Bahn“, lobten de die Kombination Gerd Thiemi - zschocher, die in aller Stille im Ok - vor allem die erfahrenen Berliner chen/Jürgen Müller (SG Probsthei - Eine Behelfsbahn entstand tober 1948 angefangen hatten, auf Aktiven zum Eröffnungstag, dem da) vor den punktgleichen Erich in Kleinzschocher dem Sportplatz an der Windorfer 30. April 1949, die fertig gestellte Stammer/Rolf Hempel (SG Stötte - Straße in Kleinzschocher eine 400 Anlage. Obwohl es den ganzen Tag ritz). Der verheerende II. Weltkrieg war Meter Behelfsbahn errichten zu las - geregnet hatte, kamen weit über Bereits zwei Monate später gab es vorbei, und inmitten der Trümmer sen. Dem Bauleiter, Hermann Koch, 5.000 Zuschauer und erlebten mit, eine provisorische elektrische Anla - fanden bereits 1946 kleine Rund - gelang es dabei außerordentlich dass nach anderthalbstündiger Ver - ge, um Abendrennen zu veranstal - streckenrennen in Leipzig statt. Im gut, die 400 Meter Aschenbahn mit spätung die Fahrfläche durch ihre ten, und der Kreissportausschuss Zentrum „Rund um das Rathaus“, weit ausladenden Kurven und einer Wasser aufsaugende Wirkung Leipzig – Sparte Radsport – organi - Links: Eröffnung der Bahn mit Ehrung der Initiatoren. Rechts: Titelseite des Programmes zum „Großen Eröffnungspreis“ auf dem Sportplatz Windorfer Straße vom 30. April 1949. RADSPORT IN SACHSEN 1/2016 I 7 srB-aktuEll sierte die Bahnmeisterschaften der 1945 bei der Verteidigung von In nur 68 Tagen wurde eine 150 Runden Mannschaftsfahren. Stadt. Hierbei erhielt die Anlage Viehbeständen zur„Sicherung der Zementpiste errichtet Leipzigs Bürgermeister Leopold den damals verpflichtenden Namen Volksernährung“ am Rittergut würdigte in Anwesenheit des „Alfred- Rosch-Kampfbahn“, zu Eh - Großzschocher von einem ehemali - Nach fast zweijähriger Nutzung DDR- Radsportpräsidenten Werner ren eines Arbeiterfunktionärs, der gen polnischen Zwangsarbeiter er - stellte sich Anfang 1951 heraus, Scharch in seiner Ansprache neben in der Nacht vom 4. zum 5. Juli schossen worden war. dass die Fahrfläche nicht mehr den den Baufirmen vor allem den groß - Anforderungen genügte, so dass artigen freiwilligen Arbeitseinsatz sie ab 9. Juni für weitere Wett - vieler hunderter Menschen. Allein kämpfe gesperrt werden musste. die BSG-Mitglieder von Stahl Süd - Der unermüdlich wirkende Rolf west hatten 7.497 Stunden abge - Rösch, von der jetzt „BSG Stahl leistet. Südwest“ genannten Gemeinschaft, Bereits einen Monat später, am war es wiederum, der Anfang Juli 14. Oktober 1951 erlebten 15.000 1951 die notwendigen Finanzen Zuschauer nach einer 13-jährigen über die Stadtverwaltung, der Ber - Abstinenz auf der nunmehr kom - liner Zentrale des Freien Deutschen pletten Anlage, die sogar eine neue Gewerkschaftsbundes und dessen elektrische Beleuchtung aufwies, Leipziger Ortsvorstandes sowie wieder ein Steherrennen, den dem Trägerbetrieb der BSG, den 33. Preis der Stadt Leipzig, der mit Leipziger Eisen- und Stahlwerken, einem Sensationssieg des gerade absicherte, um damit die Grund - 19-jährigen Leipzigers Fritz Hein - lagen für den Bau einer Zement - rich endete. Nach drei Läufen über bahn zu schaffen. insgesamt 75 Kilometer triumphier - Als Bauherr fungierte das Architek - te er klar vor Gerd Thiemichen und turbüro Richard Ludwigs Witwe dem Erfurter Paul Scherner. aus Markkleeberg, das bereits zahl - reiche Radrennbahnen konstruiert Weltkriterium der hatte, weitere Leipziger Firmen für Dauerfahrer stellte Erd-, Beton-, Entwässerungs- und Weichen für eine WM Asphaltarbeiten sowie das Stadt - vermessungsamt. Es war eine gi - Die nächsten Jahre fanden eine gantische Leistung, dass nach ge - Vielzahl von Großveranstaltungen nau 68 Tagen Bauzeit bereits am und Meisterschaften statt, darunter 15. September ein Rennen durch - auf Antrag des DDR-Verbandes an geführt werden konnte. Über die UCI vom 17. bis 22. September 11.000 Zuschauer sahen beim 1957 ein Weltkriterium der Ama - „Preis der Deutsch-Sowjetischen teur-Dauerfahrer, in Verbindung mit Freundschaft“ auf den allerdings einem Europa-Kriterium im 4000 noch nicht fertig gestellten Zu - Meter Mannschaftsfahren. Dazu schauer-Traversen, die dann Platz wurden die Tribünenplätze auf für 20.000 Besucher haben sollten, 2.500 aufgestockt, ze hn Schritt - einen Sieg der Erfurter Kombina - macherboxen und ein Anbau mit Bau und Fertigstellung der Zementbahn. tion Bruno Zieger/Georg Stoltze im zehn Kabinen, Toiletten, Duschen Eröffnungsrennen um den „Preis der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft“ am 15. September 1951. 8 I RADSPORT IN SACHSEN 1/2016 srB-aktuEll Steher-WM 1958 auf der Alfred- Rosch-Kampfbahn: Titelträger wurde Lothar Meister mit Schrittmacher Horst Aurich. sowie einer Werkstatt errichtet. erschienen 30.000 Zuschauer. Am Grandiose WM für Profis, Bedingungen zu ermöglichen. In Aktive aus 17 Ländern waren dabei Finaltag jubelten 16.000 Fans vor Amateure und Frauen absoluter Rekordzeit von nicht ein - und an den ersten drei Wettkampf - allem den beiden DDR-Fahrern zu, mal anderthalb Jahren errichtete tagen frequentierten über 32.000 denn Lothar Meister (Karl-Marx- Nach dem großen Erfolg der Steher- man ein neues Sozialgebäude, in - Besucher die Bahn. Nochmals Stadt) gewann das Regenbogen - WM vergab die UCI zum ersten Mal stallierte eine elektrische Zeitmess - 15.000 erlebten dann am Finaltag trikot und Heinz Wahl (Berlin) er - eine komplette WM an ein sozialis - anlage und baute einen Tunnel vom einen überlegenen Sieg des Italie - rang nach einer Stunde noch Sil - tisches Land, die DDR. Aus diesem Hauptgebäude in den Innenraum. ners Virginio Pizzali, der das Stun - ber. Bronze ging an den Holländer Anlass begann auf dem Gelände Mit einer verbesserten, fernseh - denrennen der Steher mit einem Arie van Houwelingen. Der neue der Radrennbahn der Messestadt freundlichen Lichtanlage von 145 Schnitt von 68,980 Kilometern vor Weltmeister legte 68,060 Kilome - eine rege Betriebsamkeit, um den Lux und schließlich dem Aufbringen seinem Landsmann Pietro Musone ter zurück. Bahnradsportlern 1960 die besten eines neuen Bahnbelages wurden (1.080 Meter zurück) und dem tolle Bedingungen für Amateure, Holländer Arie van Houwelingen Frauen und Berufsfahrer geschaf - (1.810 Meter zurück) gewann. Erst fen. Nicht zu vergessen, dass der auf Rang vier folgte mit Lothar Meis - Eingangsbereich großzügiger ge - ter der beste DDR-Fahrer (2.840 staltet und die Zuschauerkapazität Meter Rückstand), der zweite Ver - auf über 20.000 erhöht wurde, wo - treter des DRSV, Bruno Zieger, wur - runter sich jetzt auch statt 2.500 de nur Achter und Letzter mit dem nunmehr 3.000 Sitzplätze befan - enormen Rückstand von 6.590 Me - den. Insgesamt 2,5 Millionen Mark tern. Das Mannschaftsfahren ent - stellte der Staat dafür zur Verfü - schied Dänemark vor Ungarn und gung! Belgien für sich, während das inter - Bereits am 19. und 20. Juli 1960 er - nationale Sprinterrennen der Fran - folgte mit den DDR-Titelkämpfen zose Andre Gruchet beherrschte. die gelungene Generalprobe und Für die beispielhafte Organisation vom 3. bis 7. August kamen schließ - bekam der DDR-Verband die Welt - lich Aktive aus 35 Ländern, um die meisterschaft der Amateur-Steher begehrten Regenbogentrikots zu 1958 nach einer 44-jährigen Absti - erringen. Viel ist über diese Tage ge - nenz zugesprochen. schrieben und gesprochen worden, Einige Zahlen verdeutlichen die Prä - in Erinnerung bleiben vor allem
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