Dokumentation Chronik Mai 1998-Juni 19991 1998 1.5. Ein Untersuchungsverfahren wird gegen den früheren sozialistischen Außenmi• nister Roland Dumas wegen Beihilfe zur Veruntreuung öffentlicher Mittel in der Schmiergeldaffare des staatlichen Erdölkonzerns Elf Aquitaine eingeleitet. Dumas weist alle Vorwürfe zurück und weigert sich, von seinem Amt als Präsi• dent des Verfassungsrates (Conseil constitutionnel) zurückzutreten. 5.5. In Noumea unterzeichnet Premierminister Lionel Jospin offiziell das Abkom­ men über das neue Statut Neukaledoniens für die nächsten 15 Jahre. 5.-6.5. Beim 71. deutsch-französischen Gipfel treffen Bundeskanzler Helmut Kohl, Staatspräsident Chirac und Premierminister Jospin in Avignon (Vauc1use) zu­ sammen. Erstmals findet vor der Gipfelbegegnung eine gemeinsame Konferenz der deutschen und französischen Botschafter aus Bonn, Paris, Brüssel und Wa­ shington statt, die über die Beziehungen Europas zu Amerika beraten. Im Mit­ telpunkt des Gipfels stehen die Reform der europäischen Institutionen, Pläne für Beschäftigung und Wachstum sowie die Beratungen über die Entwicklung im Kosovo und im Nahen Osten. In einem gemeinsamen Brief an EU­ Ratspräsident Tony Blair schlagen Kohl und Chirac vor, insbesondere über die Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips nachzudenken. An dem Gipfeltreffen nehmen auch die Justizminister der beiden Länder, Guigou und Schmidt-Jortzig teil, um Fragen deutsch-französischer Ehe- und Kindschaftsrechtskonflikte zu erörtern. 13.5. In einem Bericht an den Premierminister werden technische Sicherheitsmängel der staatlichen Stromgesellschaft EDF beim Transport von Atommüllbehältern nachgewiesen. Zugleich wird die langjährige Kontrolle des Staates als ungenü• gend bewertet. Premierminister Jospin kündigt einen Gesetzentwurf für mehr Transparenz und Kontrolle bei der nuklearen Sicherheit an. 14.5. Der Vorsitzende der neogaullistischen Partei RPR, Philippe Seguin, und der Vor­ sitzende des rechtsliberalen Parteienbündnis UDF, Fra"fois Uotard, veröffent• lichen ein Vereinbarungsprotokoll zur Schaffung einer gemeinsamen politischen Allianz. Die "Allianz für Frankreich", deren Vorsitz im Rotationsverfahren wahr­ genommen werden soll, lehnt jede Verbindung zur rechtsradikalen Front National ab. Zusammengestellt von Dr. Valerie Guerin-Sendelbach, bis Dezember 1998 Leiterin der Arbeitsstelle Frankreich/deutsch-französische Beziehungen im Forschungsinsti­ tut der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), sowie Jean-Pierre Froehly, seit Januar 1999 Leiter der Arbeitsstelle Frankreich/deutsch-französische Beziehungen der DGAP. 226 Dokumentation 15.5. Infolge einer Einigung zwischen der Brüsseler Kommission und der französi• schen Regierung soll die staatliche Bank Credit Lyonnais vor dem 31.10.1999 privatisiert werden. 16.5 Die Partei "Democratie liberale" des früheren Wirtschaftsministers Alain Ma­ delin beschließt mit großer Mehrheit, aus dem 1978 vom damaligen Staatsprä• sidenten Valiry Giscard d'Estaing gegründeten rechtsliberalen Parteienbündnis UDF (Union für die französische Demokratie) auszuscheiden. "Democratie li­ berale" ist mit 35.000 Mitgliedern die zahlenmäßig größte Kraft der UDF. Zu­ gleich wollen die Liberaldemokraten als eigenständige Partei dem neuen Bünd• nis der bürgerlichen Rechten (,,I..' Alliance") beitreten (s. 14.5.). 18.5. Staatspräsident Chirac empfangt den ägyptischen Staatspräsidenten Hosni Mu­ barak. Beide sprechen sich für eine Konferenz zur Wiederbelebung des Frie­ densprozesses im Nahen Osten aus. 19.5. Die Nationalversammlung verabschiedet den von Arbeitsministerin Aubry vor­ gelegten Gesetzentwurf über die Einführung der 35-Stunden-Woche. Die Neo­ gaullisten (RPR) und die Liberalkonservativen stimmen dagegen. Hiermit wer­ den alle Unternehmen bis zum 1.1.2002 die 35-Stunden-Woche einführen müs• sen; die Unternehmen mit mehr als 20 Angestellten bereits ab dem 1.1.2000. Die Regierung will hierfür die Arbeitgeber mit finanziellen Hilfen (9000 Francs pro Angestellten) unterstützen. Zehn Millionen Angestellte sind von dieser Re­ form betroffen. 20.5. Die Nationalversammlung verabschiedet einen Gesetzentwurf gegen den so­ zialen Ausschluß. Dieser enthält Maßnahmen im Bereich der Arbeitsplätze, der Wohnung und der Verschuldung. Das Gesetz soll u.a. 60.000 Jugendlichen in sehr schwieriger Lage einen Berufseinstieg durch Ausbildung und Praktika er­ möglichen. Dieser dreijährige Plan wird 5,1 Milliarden Francs kosten. 20.5. In Berlin unterzeichnen Frankreich und Deutschland ein Abkommen zur Be­ stellung von je 80 Tiger-Kampfhubschraubern, die vom deutsch-französischen Unternehmen Eurocopter hergestellt werden. 26.5. Beim Treffen des deutsch-französischen Umweltrats in Straßburg kündigen die Umweltrninisterinnen Dominique Voynet und Angela Merkei an, daß nach dem Vorfall mit verstrahlten Castorbehältern ihre bei den Länder die Kooperation in bezug auf nukleare Transporte verstärken wollen. Hierfür wird eine Arbeitsgruppe gegründet, die die Kontarninierung der Atommüllbehältertransporte zwischen Deutschland und der Wiederaufbereitungsanlage La Hague untersuchen soll. 28.5. Die Nationalversammlung verabschiedet einen Gesetzentwurf gegen Ämterhäu• fung, der ab 2002 in Kraft treten soll. Künftig sollen Bürgermeister nicht mehr gleichzeitig in der Nationalversammlung oder im Senat sitzen dürfen. Danach soll es auch nicht mehr möglich sein, zugleich ein Mandat in der Nationalver­ sammlung oder im Europa-Parlament zu haben. Derzeit sind von den 576 Ab­ geordneten mehr als 300 zugleich Bürgermeister einer Gemeinde. Ferner ver­ bietet der Gesetzestext den Vorsitzenden von regionalen Parlamenten wie dem Regionalrat oder dem Generalrat, gleichzeitig einen Sitz im nationalen Parla­ ment innezuhaben. Zugleich wird die Altersgrenze für das passive Wahlrecht auf 18 Jahre gesenkt. 15.6. In einem gemeinsamen Brief an den EU-Ratsvorsitz setzen sich Staatspräsident Chirac und Bundeskanzler Helmut Kohl für die strikte Anwendung des Subsi­ diaritätsprinzips bzw. für die Dezentralisierung der Entscheidungsfindung in Europaein. Dokumentation 227 25.-30.6. Anläßlich seiner Reise durch das südliche Afrika begibt sich Staatspräsident Chirac zunächst nach Südafrika, anschließend nach Namibia, Mozambique und Angola. 3.7. In Paris trifft der SPD-Kanzlerkandidat Gerhard Schröder mit Premierminister Lionel Jospin, Innenminister Jean-Pierre Chevenement, Außenminister Hubert Wdrine und den Oppositionspolitikern Alain Madelin und Nicolas Sarkozy zu­ sammen. Schräder will den deutsch-französischen Beziehungen einen "neuen Impetus" geben. 3.7. Das internationale Festival von Aix-en-Provence (Bouches-du-Rhöne) feiert sein 50-jähriges Bestehen. 9.7. Bildungsminister Claude Allegre stellt eine Reihe von Maßnahmen zugunsten der Studenten vor. Die Hauptmaßnahme betrifft die Zahl und die Höhe der Sti­ pendien. Die Universitäten sollen auch renoviert und neue Unterkünfte gebaut werden. 1,5 bis 1,8 Milliarden Francs sollen von 1999 bis 2004 pro Jahr dem sozialen Studentenplan gewidmet werden. 12.7. Die französische Nationalmannschaft besiegt die Brasilianer im Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft 1998. Damit ist Frankreich zum ersten Mal Sieger der Fußball-WM. Auf den Straßen in Paris sowie in der Provinz feiern mehrere Millionen Franzosen den Sieg ihrer Mannschaft. 16.7. Der syrische Staatspräsident Hafez EI Assad trifft zu einem dreitätigen Treffen mit Staatspräsident Chirac und Premierminister Jospin in Paris zusammen. Frankreich und Syrien wollen sich gemeinsam für den Frieden im Nahen Osten einsetzen. 16.7. Im evangelischen Tempel der Batignolles in Paris beenden die sog. "sans­ papiers" ihren Hungerstreik, nachdem sie mit dem Innenministerium zu einer Einigung gelangt sind. Hiermit sollen die Kriterien zur Aufstellung von Aufent­ haltsgenehmigungen der illegal in Frankreich lebenden Einwanderer flexibler angewandt werden. 23.7. Die Regierung bewilligt die Fusion zwischen dem staatlichen Luft- und Raum­ fahrtkonzern Aerospatiale und Matra Hautes Technologies, der Tochtergesell­ schaft für Verteidigungstechnik des privaten Elektronik- und Kommunikations­ konzerns Lagardere. Durch den Zusammenschluß entsteht in Frankreich der größte Rüstungskonzern Europas (80 Milliarden Francs Umsatz und 56.000 Be­ schäftigte). Gleichzeitig entschließt sich die Regierung zu einer Teilprivatisie­ rung von Aerospatiale und beschließt, ihre Aktienmehrheit an dem Unterneh­ men aufzugeben. 28.7. Der Arbeitgeberverband der Metallindustrie einigt sich mit drei Minderheits­ gewerkschaften (FO, CFE-CGC und CFTC) über die Einführung der 35- Stunden-Woche, die am 1.1.2000 in Kraft treten soll. 16.-17.8. Innenminister Jean-Pierre Chevenement lockert fünf Kriterien zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis für die nach Frankreich illegal eingewanderten Ausländer. Diese Kriterien, an denen die meisten "sans-papiers" bis jetzt gescheitert sind, betreffen das Einkommen, die Dauer und Kontinuität ihres Aufenthaltes, das Bezahlen von Steuern, ihren kinderlosen Familienzustand sowie die Dauer des legalen Aufenthaltes. Hiermit folgt Chevenement dem Rat einer konsultativen Kommission, die zur Lösung der Probleme mit den "sans-papiers" gegründet wurde. 17.8. Die sog. grüne Vignette tritt in Kraft. Hiermit erhalten "saubere" Autos, d.h. elek­ trische, mit Flüssiggas betriebene oder neuere Diesel-Fahrzeuge, kostenlos eine 228 Dokumentation Umweltplakette und dürfen somit auch bei starker Umweltverschmutzung fahren. Insgesamt werden 7,7 Millionen Fahrzeuge diese grüne Vignette erhalten. 25.8. Wegen illegaler Methoden der Parteifinanzierung wird
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